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keinort.nirgends Wortedrechsler
Beiträge: 62
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27.05.2015 03:07 rumination morgens (sieben messzeitpunkte) von keinort.nirgends
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rumination morgens (sieben messzeitpunkte)
ach die immer zu kurze decke:..............................................................................................................[8:45]
unscharf auf der bettkante zwei
bilder der gestrigen nacht:
die discokugel als lichtkegel einer taschenlampe
und draußen zwei kotzende: wie stars
kritzeln sie dem asphalt ihre signaturen auf
das hemd. und inwendig: ich
als fensterbild als staunender
anhänger.
küchentischmeditationen:.........................................................................................................................[9:37]
taxiquittung stofftaschentuch (stick)
und ein korken geben hinweise
aber ungenaue. ich befrage
den kaffeesatz zu ersten einsichten:
wenn fahrtbelege auch stadtpläne wären
ließe sich zumindest ein ort bestimmen
.....................Wo, o wo ist der Ort
.....................Denn Bleiben ist nirgends
halbstündige duschbäder: die kacheln meine zuflucht.....................................................................[9:46]
vor dem posteingang und dem blick
vor die haustür (nach draußen einen ort bestimmen)
dann kopfgeburten: wenn es stimmt
dass der weltraum sich ausdehnt dann
schrumpft mit ihm der mensch wenn
es stimmt sind wir dann nicht
unheimlich kleine tiere wenn
es stimmt wenn es stimmt.
vom handtuch schwärmen: im spülkasten schwimmen...................................................................[10:20]
neuerdings zwei süßwasserfische zum glück
können sie nicht sprechen (wenn es stimmt)
sicher beschwerten sie sich und jammerten unentwegt
und drohten mir womöglich ich
stelle mir das schlimm vor:
immer in angst zu leben
jeden moment spüle mich
mein zuhause weg.
kahlschlagrasur: in dieser stadt.............................................................................................................[10:24]
ersetzen kopfsteinpflastermaserungen
die straßennamen in dieser stadt
kenne ich mich aus weiß wohin
man geht für premiere-karten weiß wohin
man geht bei migräne (schlimm) weiß wohin
man geht um einem freund ein mädchen zu besorgen
weiß wohin weiß wohin
.....................Wo, o wo ist der Ort
.....................Denn Bleiben ist nirgends
und der immer zu leere kühlschrank: zwei bier..................................................................................[10:32]
und ein glas oliven starren mir unsicher entgegen
müsste einkaufen gehen wenn es stimmt
sind wir unheimlich kleine tiere
die oliven und ich wenn es stimmt
eine falsche bewegung (weiß wohin)
und wir werden weggespült
wenn es stimmt die fische und ich.
letzte beschlüsse: rückzug..........................................................................................................................[10:34]
ins bett mit einem gedanken
aufgelegt von einem gedicht
zu ende gedacht von mir
.....................Wo, o wo ist der Ort
.....................Denn Bleiben ist nirgends
.....................wo ist dieser ort
ach diese immer zu kurze decke ..............................................................................................................[--:--]
_____________
Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass von einem Teilchen, z. B. einem Elektron, niemals gleichzeitig Ort und Impuls genau bestimmt werden können.
Bestimmt man eine Variable sehr genau, ist die jeweils andere sehr unscharf. Man kennt also entweder den Ort oder den Impuls eines Teilchens. Dies ist nicht auf
technische Mängel zurückzuführen, sondern liegt in der Natur der Teilchen. Der Impuls gibt hierbei die Richtung und die Geschwindigkeit des Teilchens an.
Rumination: Bestimmte Form des Grübelns, beim der sich die Gedanken im Kreis drehen und immer wieder zum gleichen Ausgangspunkt gelangen, ohne eine
wirkliche (Auf-)Lösung zu erreichen.
Wo, o wo ist der Ort/Denn Bleiben ist nirgends: Aus Rainer Maria Rilkes Duineser Elegien (Fünfte und Erste Elegie)
Weitere Werke von keinort.nirgends:
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keinort.nirgends Wortedrechsler
Beiträge: 62
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28.05.2015 00:00
von keinort.nirgends
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Ich bin mir bewusst, dass da ein paar holprige Stellen drin sind. Aber ich stehe hinter der Grundidee des Gedichts, die ich wirklich mag - und die mir sofort nach Themenbekanntgabe gekommen ist (durch das graphische Auseinanderreißen von zeit [ ] raum). Mit ein bisschen mehr Arbeit glaube ich, kann daraus ein gutes Gedicht werden.
So oder so hat es auf jeden Fall ziemlich viel Spaß gemacht, zu schreiben und mitzumachen!
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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28.05.2015 18:58
von Mardii
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Hallo Lyriker/in,
der Text wirft ein selbstironisches Licht auf das lyrische Ich. Dessen Gedanken im ewigen Kreisen um sich selbst auch schon mal in theoretisch-philosophische Dimensionen abschweifen und in Paradoxe driften. Dabei ist nichts ungewisser als das eigene Denken und vor allem das Leben in einem Universum der Ungewissheiten.
Es ist auch ein Abstecken der eigenen Hemisphäre des L-Ichs. Die wesentlichen Orte sind benannt und werden beschrieben: Die Küche mit dem fast leeren Kühlschrank, die Toilette mit ihrem Eigenleben. Die Fische stehen vielleicht sinnbildlich für die Welt außen vor der Tür der Wohnung. Außerdem sind sie Sinnbild für das Christentum und die Fruchtbarkeit. Es kann also nichts außen vor bleiben, es dringt etwas ein.
Das ist auch so ein Punkt: scheidet sich hier jemand von der Außenwelt ab, mit seinem Leben zwischen Bett und Kühlschrank, verbringt seine Zeit mit Gedanken, die um seine kleine Welt kreisen und schafft er es nicht die Welt außen vor zu lassen?
Jedenfalls für diesen Tag, seinen sieben Messpunkten bleibt es einstweilen so. Der Tag endet schon mit dem Vormittag, scheint es, der Zeitpunkt des Zu-Bett-Gehens ist nicht benannt.
Und am Schluss endet der Tag, vollkommen normal, wo er begann: im Bett.
Aufschlussreicher Text für Selbstbegrenzer.
lg Mardii
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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28.05.2015 22:25
von firstoffertio
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Die nächsten zwei Wochen werde ich wenig Zeit für Computer haben. Deswegen heute noch ein Kurzkommentar von mir.
Das lese ich als, wenn auch etwas lange, Momentaufnahme.
Die immer zu kurze Decke am Anfang und Ende. Super.
Das Dazwischen: Anschaulich, ich erlebe mit.
Lieblingszeilen:
sind wir unheimlich kleine tiere
die oliven und ich wenn es stimmt
Rumination: Ist mir vertraut als Wiederkäuen.
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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29.05.2015 13:52
von Literättin
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Hier kommt etwas rüber, ich kann noch nicht genau benennen was. Mal sehen: Die Herleitung von Heisenbergs Unschärferelation erscheint mir eine Spur zu künstlich. Ich weiß nicht, was sie dem Ganzen beitragen sollen.
Was mich hier bewegt, ist diese latente Verunsicherung des LI: wo befindet es sich, wo kennt es sich aus. Wo findet es einen Halt und eine Verortung.
Es gibt einige Bilder, die ich für sehr gelungen halte:
Zitat: | wenn fahrtbelege auch stadtpläne wären
ließe sich zumindest ein ort bestimmen
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Und diese hier:
Zitat: | dann kopfgeburten: wenn es stimmt
dass der weltraum sich ausdehnt dann
schrumpft mit ihm der mensch wenn
es stimmt sind wir dann nicht
unheimlich kleine tiere wenn
es stimmt wenn es stimmt. |
Oder diese:
Zitat: | und ein glas oliven starren mir unsicher entgegen
müsste einkaufen gehen wenn es stimmt
sind wir unheimlich kleine tiere
die oliven und ich wenn es stimmt |
Während ich die Fische im Spülkasten zwar nett finde und das Bild des weggespült Werdens auch rüberkommt, erscheinen sie mir andererseits aus der sonst sparsam eingerichteten Alltagsszenerie zu "absichtlich surreal", zu "interessant gemacht". Da gefällt mir das real-alltägliche einfach besser.
Rilkes Verse passen. Die lyrischen Antworten des Autors hier auch.
Insgesamt einer meiner Favoriten, auch wenn ich persönlich den Heisenberg-Zusatz nicht bräuchte.
Und auch mit einigem Zeitabstand habe ich es gerne wieder gelesen.
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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30.05.2015 09:19
von Rainer Zufall
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Irgendwie hats mir dein Gedicht angetan. Bist daher in meinen pers. TopTen gelandet. Aus Zeitgründen will ich keinen ordentlichen Komm schreiben.
Viele Grüße von Zufall
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finis Klammeraffe
F
Beiträge: 577 Wohnort: zurück
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F 31.05.2015 18:23
von finis
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Hallo unbekannte verwaltete Identität.
Zitat: | ach die immer zu kurze decke: |
Was für ein wunderbarer Einstieg! Ich denke sofort an den Club der Toten Dichter ("Die Wahrheit ist wie eine Decke, bei der man immer kalte Füße hat") und das berührt ein für mich wesentliches Element dieses Gedichtes: das Tasten nach Wahrhaftigkeit ("wenn es stimmt" z.B. als Indiz in diese Richtung), Greifbarkeit in der Unschärfe.
Zu sieben Messzeitpunkten wird gewissermaßen Ort und Impuls des lyrischen Ichs gemessen, der Ort bleibt aber unscharf, lässt sich nicht genau bestimmen (danke für den Hinweis zu Heisenberg, das wäre sonst an mir vorbeigegangen). Sieben Gegenwarten, die einen geschlossenen Kreis bilden - keine ordnende Kraft der Zeit: der Versuch aus den Fahrtbelegen einen Ort zu bestimmen, ein Netz auf einen Punkt zu fokussieren. Wissen, wohin man geht, wann man wohin geht, aber nicht wo man ist.
Dann der Mensch im sich ausdehnenden Raum: ich finde den Gedanken unheimlich stark, dass der Mensch immer kleiner wird. Das lyrische Ich und die beiden Süßwasserfische - einander ähnlich durch ihre Winzigkeit im Raum - bangen dann beide um ihren Ort, aus einer Unbestimmtheit heraus.
Und dann Rilke. Das Gedicht ist wie ein Kommentar zu den Elegien:
Zitat: | letzte beschlüsse: rückzug
ins bett mit einem gedanken
aufgelegt von einem gedicht
zu ende gedacht von mir |
Anstatt Einkaufen zu gehen, zieht sich das lyrische Ich in seine Enklave zurück und denkt Rilke weiter (ich frage mich tatsächlich, ob es Rilke nicht eher weiter denkt, als zu ende; nicht zuletzt weil es ja eine Rumination sein soll, aber auch auch so...).
Zitat: |
Wo, o wo ist dieser Ort
Denn Bleiben ist nirgends
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"ich trag ihn im herzen", meint Rilke. Ich finde die Verknüpfung der beiden Zitate faszinierend. Das trägt auch das um sich selbst kreisende des Gedichtes und der Gedanken des lyrischen Ichs in sich und spiegelt zugleich die Grundthematik wieder. Die Decke ist aber zu kurz als dass es greifbar würde.
Zitat: | und der immer zu leere kühlschrank: zwei bier
und ein glas oliven starren mir unsicher entgegen
müsste einkaufen gehen wenn es stimmt
sind wir unheimlich kleine tiere
die oliven und ich wenn es stimmt
eine falsche bewegung (weiß wohin)
und wir werden weggespült
wenn es stimmt die fische und ich. |
Finde es beeindruckend, wie die Elemente des Gedichtes wie selbstverständlich hier wieder aufeinander treffen und sich im Gedankengang verbinden. Da ist so viel in den sensiblen und fein gesetzten Bildern, das sich findet und finden lässt.
Sehr gern gelesen. LG.
finis
_________________ "Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky) |
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Gefühlsgier Eselsohr
Alter: 31 Beiträge: 421
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01.06.2015 11:52
von Gefühlsgier
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Mir fällt es wirklich schwer, mich zu dem Stil der hier eingestellten Texte zu äußern. Das möchte ich lieber anderen überlassen und sowohl zu diesem als zu den anderen Beiträgen die inhaltlichen Eindrücke schildern, die ich beim Lesen bekommen habe, sowie im Anschluss ein kleines Fazit geben, woran man bei mir hier in etwa ist.
Ein Interessanter Bezug, den du hier zwischen einer Definition aus der Physik und dem Alltag geschaffen hast. Hier taucht zum ersten Mal die zu kurze Decke auf. Während dein LI in der ersten Strophe feiernde Menschen aus der sicheren Distanz der eigenen vier Wände beobachtet, scheint es das Geschehen aus einer Mischung aus Skepsis und Bewunderung aufzunehmen.
Der zweite Abschnitt bezieht sich auf Gedanken innerhalb der eigenen vier Wände - dort hast die innere Orientierungslosigkeit deines LI hier sehr deutlich gemacht.
Dann taucht hier zum ersten Mal Rilke auf:
Zitat: | Wo, o wo ist der Ort
.....................Denn Bleiben ist nirgends |
immer wieder einfließende Titel Rilkes ist hier noch sehr greifbar für mich, d.h., ich kann hier für mich noch einen Bezug erkennen, da:
Zitat: | wenn fahrtbelege auch stadtpläne wären
ließe sich zumindest ein ort bestimmen |
Außer in diesem Abschnitt wird es mit diesem Titel sehr schwierig für mich, was vielleicht auch daran liegt, dass ich im naturwissenschaftlichem Bereich schon immer meine Schwierigkeiten hatte und mir manche Dinge diesbezüglich nur schwer vorstellen kann, bzw. sowieso manchmal nur schwer in der Lage zu Transferleistungen bin. Darum würde ich es hier eher noch verstehen, wenn der Impuls(im übertragenen Sinne) gesucht wird (statt umgekehrt) , da ich hier jederzeit einen "tatsächlichen" Ort ausmachen kann(die Wohnung des LI, die Wege,die es kennt), das LI aber sehr mechanisch, "unangeregt" handelt . Vielleicht ist aber einfach nur ein Ort gesucht, in dem dein LI innerlich "ankommen" kann. Manchmal denke ich zu komplex. Andererseits ist der Impuls (auch beim ganz mechanischen Alltagserleben) beim LI doch vorhanden- durch sein inneres Suchen nach einem Ankerpunkt, einem "Ort", an dem er sich gedanklich aufgehoben fühlt, wäre es dann, nach weiteren Überlegungen, doch auch für mich wieder logisch.
Dein Schluss ist dir mMn sehr gelungen.
Zitat: | ach diese immer zu kurze decke ..............................................................................................................[--:--] |
Die Gedanken, hier um die zu kurze Decke, wiederholen sich. Rumination, wie du sie beschreibst. Hier bedarf es auch keiner Uhrzeit mehr, wenn sich alles nur im Kreise dreht.
Für mich bewegt sich dein interessantes Gedicht im oberen Mittelbereich. Leider war und ist mir in der Mitte einiges nicht ganz schlüssig, wodurch ich Probleme hatte, deine Worte nachzuempfinden (weswegen es für mich leider nicht für für den oberen Wertungsbereich gereicht hat), doch ich fand das Konzept sehr interessant und hatte beim Lesen starke Bilder vor meinen Augen.
Gerne gelesen!
_________________ "Exhaustion pays no mind to age or beauty. Like rain and earthquakes and hail and floods."
Haruki Murakami - "Dance Dance Dance"
~
Some people live in Hell
Many bastards succeed
But I, I've learned nothing
I can't even elegantly bleed
out the poison blood of failure
"Swans - Failure"
~
semidysfunktional |
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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01.06.2015 19:55
von Einar Inperson
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Hallo du, irgendwo in Raum und zeit,
ach die immer zu kurze decke oder wenn es stimmt, wollen mir dich verraten, aber noch ist da ein Blockade. Mal schauen, ob es bei der Auflösung dann ein Nicken gibt.
Die Erklärungen unten. Hm, der Verweis auf die Quelle Rilke ist o.K. Wobei ich diese Verse immer als störend empfunden habe, als Fremdkörper, der sich nicht integrieren inklus(d)ieren assimilieren lässt. Aber vielleicht ist es ja gerade das.
Nur die Erläuterungen haben mich sogar geärgert. Führen mich als Leser vor, geben vor, wie ich zu lesen habe zu verstehen.
Jetzt habe ich (fast) gar nichts über dein Gedicht gesagt.
Vielleicht wunderst du dich auch über die 3 Punkte
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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01.06.2015 21:39
von BlueNote
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Diese These ist zumindest originell: wenn es stimmt
dass der weltraum sich ausdehnt dann
schrumpft mit ihm der mensch
Längendilatation, vielleicht (wenn es stimmt)
Genial diese "wenn es stimmt" Einwürfe und die zwei kotzenden, die wie stars
dem asphalt ihre signaturen auf das hemd kritzeln". Gute Idee: Das Zeitthema mit einzelnen Zeitpunkten umgesetzt.
Bei dem alten Punktesystem hätte dieser Text eine viel höhere Punktzahl bekommen.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 03.06.2015 23:40
von tronde
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Hallo!
Nach dem ersten Lesen war ich irritiert, Ruminationen kannte ich bis dahin als Essen wieder raufwürgen und drauf rumkauen. Dann musst ich grinsen, weil "Heisenberg" war der Arbeitstitel meines Versuchs.
Copy-Paste: Da bin ich altbacken: bei durchgehender Kleinschreibung und fehlender Zeichensetzung muss ich an linksextremistische Bekennerbriefe denken und ärgere mich immer über die Leseerschwernis. Der Inhalt soll mich zum Genau-Lesen zwingen, nicht die Form. Paste-Copy.
Es ist zwar bauchmäßig ein schönes Gedicht, aber beim eher lebensumspannenden - zumindest längeren - Zeiträume erfordendern Thema (wie ich es verstehe) scheint es mir hier eher um Zeitpunkte zu gehen.
6 Punkte
Grüße
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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04.06.2015 02:19
von Constantine
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Bonjour!
Du hast dich von einer Vorlage von Rilke formal inspirieren lassen. Der Klage und Widersprüche der menschlichen Existenz stellst du Goldfische, Oliven und das Universum zwischen Kaffee, Duschen, Rasur und Mittagessen entgegen und lässt dein LI über die Vorlage sinnieren, am Ende sogar das Gedicht ruminierend zu Ende denken. Das kommt alles sehr leichtflüssig und voller Ironie daher. Prima.
Deine Punktsetzung variiert, mal beendest du eine Strophe mit einem Punkt, mal nicht. Warum?
Die Klammern und ihre Inhalte sind angelehnt an Rilkes Vorlage, dennoch empfinde ich sie als störend und plump im Vergleich zur Vorlage. Vielleicht, wenn du mehr Zeit gehabt hättest, wären dir sinnvollere Inhalte eingefallen als die bereits im Gedicht verwendeten "(wenn es stimmt)" und "(weiß wohin)". Auch die Uhrzeitangaben hätte es mMn nicht bedurft, denn dadurch wird auch den Zeitspannen anstelle den Zeitpunkten etwas zu sehr eine Bedeutung gegeben.
Insgesamt ist die Themenvorgabe gut gelöst worden und dein Gedicht hat es in meine Top 10 geschafft: trois points.
Merci beaucoup.
LG,
Constantine
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2832
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R 04.06.2015 09:33
von Rübenach
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fünf punkte
_________________ "Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams |
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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05.06.2015 10:37
von Stimmgabel
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zu / rumination morgens (sieben messzeitpunkte) :
bei dem Wort “rumination“ blieb ich schon stecken [ geht’s hier wirklich um ein quasi geistiges Wiederkäuen [ reflektiert oder nicht ] oder doch mehr um ein gelangweiltes Li, das sich nach einem mal wieder unergiebigen Tagesanfang sofort wieder ins Bett legt ???
/ was passiert hier textal wirklich:
mMn eine wahlose Aneinanderreihung von flash_Gedanken [ ohne innere Dehnung, Kontur und Konjunktion zur eigenen Umgebung ] ... ein wohl noch Schlaftrunkener am Morgen; der dann fabulierend feststellt, dass der Tag wohl nichts weiter als Berührloses, Daseins_schrumpfung, Leere und “Bleiben ist nirgends“ bedeutet.
ergo beschließt Li wieder ins Bett zu gehen ... und das war der gesamte über_wortreiche Slapstick.
für mich verwunderlich: mMn kann der Autor lyrisch Schreiben ... aber hier doch wirklich einzig nur plaudernde, breite Allgemeinplätze rausgelangweilt...
und: die angehängten Erklärungen sind dann mMn noch zusätzlich ein Grabstein des Textes.
... mal ehrlich , wo greift hier im Text die Heisenberg’sche Theorie ein ??? und dann noch diese unklare "rumination" [ leer heischend ],
und zuletzt das wahllos rumhängende Intertextual fremd_gedingst reingepfropft ...
Gruß Stimmgabel
-
_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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MrPink Lyromane
Alter: 53 Beiträge: 2431 Wohnort: Oberbayern
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05.06.2015 11:14
von MrPink
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Sorry,
hab es leider sehr eilig, bin spät dran und überhaupt..
Ich mag einige Bilder, z.B. Die Kotzenden. Auch formal überzeugt es mich. Die abschließenden Erklärungen mag ich nicht, weil ich keine Erklärungen unter Gedichten mag.
MrPink:
five points
_________________ „Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk) |
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crim sex, crim & rock'n'roll
Beiträge: 1578 Wohnort: München
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05.06.2015 19:33
von crim
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Fang ich mal hier an, weil der Text es mir sehr leicht macht. Gefällt mir sehr gut. Klar strukturiert, Bilder, die mir im Kopf bleiben. Habe das auch laut gelesen und es wirkt. Sehr weit oben, wenn nicht gar Erster.
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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05.06.2015 23:08
von Lorraine
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Hallo
Für Analysen und Kommentare ist leider keine Zeit. Alle Texte habe ich mit großem Interesse mehrfach gelesen. Beste Grüße,
Lorraine.
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anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
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05.06.2015 23:46
von anderswolf
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Knapp an meinem ersten Platz vorbeigeschrammt. Die Erklärung am Schluss ist zuviel; wer dem eigenen Gedicht nicht zutraut, die Botschaft zu überbringen, den erwartet nicht die höchste Bepunktung.
Tatsächlich hat mir die Heisenbergsche Unschärferelation nicht zum Verständnis geholfen, das Rilke-Zitat bräuchte es nicht und wirkt wie reingeklebt, um der "Strukur durch wederholten Vers"-Vorgabe zu entsprechen. Und was eine Rumination ist, schaue ich entweder nach oder weiß es so.
Der Rest ist großartig (bis auf den Rilke). Die Reflexion ins Leere, ins Unnütze, das zersplitterte Denken und die Erkenntnis um 10:20, überhaupt die Struktur des Gedichts, großartig. Aber eben nicht für den ersten Platz gedacht.
Zehn Punkte.
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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06.06.2015 18:16
von Zinna
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Hallo Inko,
die Zeit war knapp zum schreiben und kommentieren, passt ja zum Thema. Irgendwie.
Ich bitte um Verzeihung, dass meine Kommentare diesmal besonders kurz ausfallen.
Hier überzeugen mich Sprache und die Stimmung, dieses Widerkäuen das deutlich zum Ausdruck kommt.
Der Titel ist treffend, gefällt mir gut.
LG
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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07.06.2015 01:08 aw:Rumination von lilli.vostry
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Hallo,
nach all den schweren, teils recht zähflüssigen Texten endlich mal ein leichter, locker und flüssig geschrieben! (auch wenn der Titel anderes vermuten lässt).
Sehr gerne gelesen. Witzig und einfallsreich von der Idee, Sprache und Form und auch die Erklärungen am Schluss sind gut, runden das Ganze ab. Braucht es aber nicht zwingend.
Meinen Textgenuss störte es nicht, nicht zu wissen was Rumination ist...
Die Gedanken kreiseln am Morgen nach einer Partynacht; LI weiß nicht wo es ist; unklar ob es auf der Durchreise ist, zu Besuch oder ein Obdachloser?
Es sinniert über die zurückliegende und gerade erlebte Zeit, die minutiös mit am Rand dargestellt wird.
Sehr schön das Bild mit den Fischen im Spülkasten: "stelle mir das schlimm vor: immer in angst zu leben/jeden moment spül(t)e mich mein zuhause weg."
Witziges Pathos mit der wiederholenden Rilke-Zeile: "Wo, o(h) wo ist der Ort/denn Bleiben ist nirgends".
Ich gebe Dir 8 Punkte, Platz 3 für mich. Ich glaub Du wirst sogar noch weiter vorne oder sogar auf der Siegertreppe landen!
Viele Grüße,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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