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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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06.05.2018 19:00 RB90 von Literättin
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RB90
Der Zug stand im Gleis und ich wusste
sieben Minuten über die Abfahrtszeit hinaus
während wir im Abteil in unseren Sitzen
schwitzten, wusste mehr als die anderen
wusste in erregender Überlegenheit: ich
würde derjenige sein, der nach vorn lief
zum Fahrer, der nicht am Platz war
wie ich wusste, vibrierender Diesel im Leerlauf
während die anderen stumpf in den Sitzen
brüteten oder aufschauten, wie ich
an ihnen vorbei eilte, frei, aus dem Zug
die Dinge in die Hand nahm; ich
lächelte schamlos: ließ ich es bleiben
wie lange säßen sie, brüteten, ahnungslos
und schauten nicht auf zu mir, der ich -
nahm den Stift, den Notizblock
notierte: RB90 und verdarb den Vers
aus dem nichts folgen sollte.
Weitere Werke von Literättin:
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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14.05.2018 10:03
von Literättin
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Zentrale Rolle des Themas Un-Gewissheit - LI spielt selbstherrlich mit der Gewissheit über die eigene Überlegenheit und "geistige Hochfliegerei", Freiheit zu Gedankenspielen und "darüber dichten", den anderen gegenüber und scheitert.
Aufgehängt wird dieses Thema leider etwas willkürlich an diesem Ungewissheits-Ding was nun mit dem Zug und dem Zugführer los ist.
Einarbeitung des Zitats - Zu bemüht, am Schluss, um irgendwie das thematische Ruder so rumzureißen, dass es zum Zitat passt. Die Autorin scheint mir hier zwei Dinge im Thema zusammenschweißen zu wollen, die eigentlich ein Eigenleben führen wollen (s.o.).
Lyrischer Gesamteindruck - Im Ganzen doch noch ziemlich unrund. So was entsteht wohl, wenn da ganz lange keine Idee kommen wollte und plötzlich wird da wie auf den letzten Drücker etwas zusammengeschustert, was sich dann nicht wirklich schlüssig fügen will. Dabei war tatsächlich noch ein Tag Zeit, aber die Autorin zu hochfliegend ungeduldig und zu überzeugt von diesem Geistesblitz, an dessen Anfang tatsächlich eine reale Alltagssituation stand, was ich jetzt aber gar nicht verraten will: jener RB90 Richtung Limburg stand tatsächlich ohne Fahrer am Bahnhof, minutenlang, letztlich eine halbe Stunde und tatsächlich schwante es mir, dass kein Fahrer zugestiegen war und tatsächlich wusste ich, dass ich diejenige sein würde, die nach zehn Minuten ausfsteht und sich kümmert und tatsächlich fragte ich mich, wie lange die anderen wohl verharren würden in Ungewissheit, die ich dann thematisch etwas in Richtung selbstherrlicher Gewissheit verschoben habe ...
Interessant fand ich, dass ich LIs Geschlecht kurz vorm absenden gewechselt habe, denn als weibliches LI gefiel mir der Text besser, aber irgendwie wollte ich dass der Text "neutraler" wird und nicht das weibliche so fokussiert, als spielte genau das eine Rolle. Dabei hat mir das überziehen weiblich-handelnder Selbstherrlichkeit richtig Spaß gemacht, beim verfassen.
Ehe ich jetzt richtig ins Quatschen komme: Bin gespannt auf eure Kommentare.
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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15.05.2018 11:26
von Constantine
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Da ich leider nur 10 Beiträge bepunkten kann, war die Auswahl schwierig.
Dein Beitrag erhält von mir leider 0 Punkte.
Sorry.
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lebefroh Eselsohr
L Alter: 43 Beiträge: 364 Wohnort: Berlin
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L 15.05.2018 15:38
von lebefroh
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Ich las, las gerne, Spannung baute sich auf, Neugier wurde geweckt - und dann enttäuscht. Das Ende hat mich irgendwie sehr unbefriedigt zurückgelassen.
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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16.05.2018 15:48 Re: RB90 von Stimmgabel
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RB90
Der Zug stand im Gleis und ich wusste
sieben Minuten über die Abfahrtszeit hinaus
während wir im Abteil in unseren Sitzen
schwitzten, wusste mehr als die anderen
wusste in erregender Überlegenheit: ich
würde derjenige sein, der nach vorn lief
zum Fahrer, der nicht am Platz war
wie ich wusste, vibrierender Diesel im Leerlauf
während die anderen stumpf in den Sitzen
brüteten oder aufschauten, wie ich
an ihnen vorbei eilte, frei, aus dem Zug
die Dinge in die Hand nahm; ich
lächelte schamlos: ließ ich es bleiben
wie lange säßen sie, brüteten, ahnungslos
und schauten nicht auf zu mir, der ich -
nahm den Stift, den Notizblock
notierte: RB90 und verdarb den Vers
aus dem nichts folgen sollte.
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Hallo Inko,
sprachlich wie auch inhaltlich begeistern mich die ersten drei Strophen für sich alleine; eine feine konjunktive Denkreise eines im Zug sitzenden LI’s, das mit einem Kopfkino die Zeit des Wartens im stillstehenden Zug überbrückt ... mMn sehr gelungen; ebenso gelungen dieser lyrische Prosa-Umbruch-Stil.
LI: wenn es denn seine kopfkino_Aktivitäten umsetzte, würde LI die Dinge in die Hand nehmen;
verbleibt LI dann doch bei diesem Konjunktiv ... nimmt einen Schreibstift und konstatiert sich, es dann doch nicht getan zu haben. Die Wendung finde ich okay, dieses Abrupt, in dem angehängten drei_Verse Ende ist mir dann doch zu einfaltslos. Als wäre dem Autoren/In die schreib_Puste ausgegangen; schade.
Auch sehe ich die Vorgabe des Hin –und Her von Gewissheit und Ungewissheit nicht genügend getrennt ... sehe hier mehr das durch den Konjunktiv vorab eingeleitete Gewiss, es nicht zu machen, bleibt mir der Part der Ungewissheit etwas auf der Textstrecke brach liegen.
Ungeachtet, ein auffallend gelungener Text, die ersten drei Strophen ... Gruß Stimmgabel ...
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_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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17.05.2018 00:39
von firstoffertio
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Die Absicht des Verses ist gelungen. Wobei der Anfang gar nicht schlecht ist.
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 17.05.2018 12:18 infam von Aranka
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Hallo Inko!
Ein für mich spannender und gut geschriebener Text: eine Zugfahrt auf der Schiene, im Kopf-Konjunktiv des Li und auf dem Papier hier im Wettbewerb. Welche davon ist realer?
Das Spiel zwischen diesen Ebenen, die unsichtbar gesetzten Anführungszeichen, das hat mir gefallen und die Frage nach Gewiss und Ungewiss ist hier die Frage nach dem Grad der tatsächlichen und fiktiven Wahrscheinlichkeit . Letztere ist hier recht hoch. Für einen Lyriker sowieso.
ES beginnt ganz real, mit dem Titel: RB90
Und ich steige gerne mit dem LI ein in die Drei Länder Bahn: Limburg – Siegen.
Ich gehe hier mal am Text entlang vor, weil es so Vieles zu bemerken gibt und sich das so besser zuordnen lässt.
Zitat: | Der Zug stand im Gleis und ich wusste
sieben Minuten über die Abfahrtszeit hinaus
während wir im Abteil in unseren Sitzen
schwitzten, wusste mehr als die anderen
wusste in erregender Überlegenheit: ich |
In einem Zug sitzen und warten, wie all die anderen, warten, dass es endlich los geht, doch der Zug steht. Und dann das Ungewiss des Wartens umwandeln in ein Gewiss des Handelns: Es ist, was ich denke, was ich weiß. Und das LI weiß, was es tun könnte, tun wird in seinem Kopf. Und die andern wissen es nicht. Und wie gut dieses mehr Wissen tut: erregende Überlegenheit.
In seinem Kopf schreibt LI die Geschichte dieser Reise, und ist der Autor seiner selbst und der Mitreisenden. Und allein schon die Vorstellung, es tun zu können, erregt das LI.
Hier stimmen für mich neben Inhalt, auch Rhythmus und sich steigernde Intensität durch Wort-Wiederholung und Reim, alles angenehm unauffällig.
Das „ICH“ am Strophenende, an jedem Strophenende. Das ICH, seine jeweilige Realität, sein Hochgefühl, der Motor des Textes.
Zitat: | würde derjenige sein, der nach vorn lief
zum Fahrer, der nicht am Platz war
wie ich wusste, vibrierender Diesel im Leerlauf
während die anderen stumpf in den Sitzen
brüteten oder aufschauten, wie ich
an ihnen vorbei eilte, frei, aus dem Zug
die Dinge in die Hand nahm; ich |
Hier nun begibt sich das ICH in die Konjunktiv-Denke und genießt seine frei-phantasierten Aktionen. Sich selbst nach wie vor „zentral“ im Blick. „Das LI ist derjenige der …, handelt …, frei agiert …, die Dinge in die Hand nimmt …, weil er es könnte.
Fantasie keine erfundene Wirklichkeit, sondern die optimale Erweiterung und Ausnutzung der Wirklichkeit.
Sein sich-genießender Blick auf die anderen! Das ist so gut gewortet, dass eine Szene entsteht. Ich sehe das LI erhobenen Hauptes durch den Zug schreiten und es selbst sieht sich auch dabei zu. Und was es sich erdenkt ist real, realer als der stehende Zug.
Zitat: | lächelte schamlos: ließ ich es bleiben
wie lange säßen sie, brüteten, ahnungslos
und schauten nicht auf zu mir, der ich - |
Schamlos ist hier das genau richtige Wort. Denn … er denkt diese Konjunktive "ich könnte" weiter in eine neue Konjunktiv- Ebene, was wäre (mit mir, mit den anderen) wenn … ich es bleiben ließe?
Ich spiele Gott! Im Kopf bin ich frei! Unabhängig von jedem Zug!
Und dann der überraschende Schluss. Oder ist er für einen "Schreiber" gar nicht so überraschend?
Ich nahm den Stift, den Notizblock / notierte: RB90 ...
Hier müsste das Gedicht für mich enden. Es müsste mich in diesen offenen Un-Gewiss-Raum von "ICH KANN ES TUN / ICH KANN ES BLEIBEN LASSEN" entlassen, diesen Raum, der es wert war, notiert zu werden, der in der Realität eines RB 90 begann oder seinen Auslöser fand, und eine Möglichkeitsreise, eine Autorschaft eröffnete.
Der RB90 nicht mehr die Drei Länder Bahn sondern die ICH KANN TUN - ICH KANN ES BLEIBEN LASSEN - Bahn?
Das Zitat, hier angehängt ergibt für mich keinen wirklichen Nähr- oder Mehrwert, hat eher einen Verderb-Wert.
Dieses Gedicht ist in sich so stimmig, dass dieses angehängte Zitat mir einzig als Erfüllung der Wettbewerbsbedingung erscheint. Und da möchte ich durchaus ein Fragezeichen ansetzen.
Ohne dieses Anhängsel wäre die Punktzahl klar. Es wird auf jeden Fall ganz mit oben landen.
Gerne gelesen und mitgereist. Aranka
Anhängsel: Meine Treppchen-Texte stehen fest. Und hier ist meine Nummer EINS.
Der Text wird mir unvergessen bleiben und der Ort, an dem die Wirklichkeit sich in einen Möglichkeitsraum verwandelt, also der Ort des Schreibens, hat einen Namen bekommen: RB90
Es war mir ein Vergnügen!
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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AchWiesoNicht Gänsefüßchen
A Alter: 28 Beiträge: 15 Wohnort: Leipzig
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 835 Wohnort: nach wie vor
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17.05.2018 18:20
von poetnick
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Hallo edler Abteil-Hero,
auf diesen Zug bin ich gerne aufgesprungen. Eine Geschichte mit Humor und Geistesgegenwart,
erzählt in der Bruthitze mitten in einer hessischen (?) Steppe, mit einer alle Voraussetzungen erfüllenden Pointe.
Komme zurück wegen der Points!
Liebe Grüße - Poetnick
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4298
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17.05.2018 20:58
von hobbes
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Punkte*-Vergeb-Kommentar.
* sechs
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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17.05.2018 21:04
von Heidi
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Ach, schöner Fluss in der Kurz-Kurz-Geschichte.
Mir gefällt vor allem auch diese Eigeninitiative. Dieses LI ist sehr aktiv, weiß was es will. Eine interessante Figur mit der ich mich gerne mal unterhalten würde, wenn es sie denn gäbe, aber Figuren existieren in Köpfen, werden in Köpfen erschaffen und diese hier finde ich interessant. Auch weil dieses LI mehr weiß. Warum weiß es mehr? Warum ist es sich seiner Sache gewiss? Weil es zum Handeln bereit ist, auch in die Zukunft hineinlebt, sich vorstellt, was Eigenes passieren könnte und es dann in die Tat umsetzt. Es sieht klar vor seinen Augen, dass es nach vorne laufen wird und genau diese Handlung vollziehen wird, die es vollziehen möchte - ein Akt des Willens der die Vorstellung vorweg unterstützt und begleitet. Es wird RB90 in den Notizblock schreiben und dann diesen Vers verderben und mit diesem Verderben tut LI etwas ganz Besonderes: Es drückt seinen individuellen Ausdruck in die Welt, das Nichts hat ein Ende, jetzt existiert wieder etwas, es ist Ausdruck vorhanden – der LI-Ausdruck. Es ist völlig egal, dass es sich bei RB90 vermutlich um die Bezeichnung der Bahn handelt; die Tat zählt, die Initiative, denn dieser Ausdruck konnte nur aus diesem LI entspringen.
Bei LI muss es sich um einen Künstler handeln.
Mag ihn sehr den Text.
Herrje, so ´ne kurze Kritik und dann so vielealle Punkte?
Hast du sie verdient? Ich hoffe es.
Ja, ich sage: Text hat sie verdient.
Sag Bescheid wenn du mehr Kritik haben willst.
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6155 Wohnort: Nullraum
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20.05.2018 22:29
von V.K.B.
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Vorweg: Ich bin kein Lyrik-Experte und fühle mich nicht wirklich qualifiziert, Lyrik zu bewerten. Daher muss ich mich auf mein Bauchgefühl beschränken und mehr danach gehen, was mir von Gedanken, Sprache und Inhalt gefällt, statt wirklich nach lyrischem Können zu beurteilen. Das „un“ in un-Gewissheit interpretiere ich wie cummings die Vorsilbe verwendet hat.
Hallo Inko,
also, dein Gedicht hat was. Es setzt im Kopf so einiges in Gang, aber endet dann ganz banal. Klar, das Leben ist kein Actionfilm. Der Vers ist schön eingebaut, aber die Un-Gewissheit ist etwas undeutlich. Dass alles nur Ideen und Tagträume sind und bleiben werden? Trotzdem, hat mir gefallen.
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1129 Wohnort: berlin
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1129 Wohnort: berlin
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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21.05.2018 19:41
von Zinna
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Hallo Inko,
bei diesem Wettbewerb werde ich meinen Kommentar nach einem Schema erarbeiten.
Titel
Regionalbahn oder Ruheblatz?
Weckt Neugier.
Thema
Das LI schnickert sich eins bei der Vorstellung, dass/wie die Fahrgäste es anschauen würden, würde er zum Führerstand gehen.
LI sonnt sich in seiner „Macht“, ungewiss sind doch die etwaigen Reaktionen.
Zitat
Als Schlussvers wirkt es eher absurd?
Weiteres
Eine Geschichte!
Das LI selber ist der Zugführer oder es hat ihn abhanden kommen lassen?
Punkte? Mal sehen.
LG
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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menetekel Exposéadler
Alter: 104 Beiträge: 2452 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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22.05.2018 08:04
von menetekel
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Halo Anonymus,
irgendwer hat mal gesagt, dass gute Gedichte Texte seien, die Sinn machen, ohne auf eine Bedeutung abzuzielen.
Vielleicht wie das Leben selbst.
So ergeht es mir mit deinem Werk. Von mir wird Bedeutungsverzicht gefordert und gleichzeitig Einsicht in die Möglichkeiten der Sprache.
Kurzum: Für mich ist das ein gelungenes Gedicht.
Liebe Grüße
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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Sue Rovia Klammeraffe
Alter: 30 Beiträge: 586 Wohnort: Metronom
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22.05.2018 23:44
von Sue Rovia
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ich würde sagen, dem Gedicht fehlt seine Dichte.
Aber es hat seine Pointe...
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2832
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R 25.05.2018 05:40
von Rübenach
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Vorab: Das Problem bei den Wettbewerben im dsfo ist, dass es nur sehr eingeschränkt möglich ist, einen Text einige wochen liegen zu lassen, um ihn dann mit etwas Abstand neu zu betrachten und gegebenenfalls nochmal zu verändern. Andererseits ist eine Woche eine Menge Zeit, da können die Bewertungsmaßstäbe schon etwas strenger sein als beim fff.
Der zehnte Text, die achte unzulässige Veränderung des Zitats. Hier wurde auf die konsequente Kleinschreibung verzichtet, das Komma weggelassen und ein Zeilenumbruch eingefügt.
Einer der Texte, bei denen ich glaube, den Autor zu erkennen. Und das bereits am Titel.
Einer der wenigen Texte im Wettbewerb, die ich als gelungen bewerten kann. Die Sprache ist zwar sehr prosanah, aber das passt schon. Wahrscheinlich Platz drei.
Edit: Ist so geblieben, 8 Punkte!
_________________ "Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams |
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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25.05.2018 11:48
von Lorraine
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Fast alles, was als Konsequenz dieser inneren, manisch-jauchzenden Überzeugung des LI in seiner Vorstellung passieren würde, sollte, findet ausschließlich in dessen Kopf statt, man spürt die Aufregung, das Herzklopfen in diesen wenigen Minuten, die wie ein Zeit-Raum der Offenbarung oder Inspiration erfahren werden, LI fühlt sich stark, unbesiegbar, überlegen – soviel zur Gewissheit. Sie zeigt ihre Kehrseite im Konjunktiv, alles, was erwartbar ist, durchführbar sein könnte, befindet sich noch im Reich der Möglichkeiten: Un-Gewissheit.
Das Handeln beschränkt sich am Ende auf dieses eine Ding, das in die Hand genommen wird: den Stift. »RB90« wird notiert und der Vers (die Wendung?) wird vom LI verdorben, seine Revolution findet nicht statt, das Gefühl der Überlegenheit schafft es nicht in den Indikativ, schon gar nicht bis zum Imperativ. Auch LI wird an seinem Platz bleiben, Teil der (ahnungslosen) Menge derer, die sich führen lassen werden, hoffen, dass die Verspätung noch aufgeholt würde. Irgendwann gibt es ja vielleicht eine Fernreise, öffnet sich noch mal der Horizont?
Soviel zum Ganzen, besser kann ich im Moment meine Lesart nicht beschreiben, mir fiel auf, dass
mir hier
Zitat: | während die anderen stumpf in den Sitzen
brüteten oder aufschauten, wie ich
an ihnen vorbei eilte, frei, aus dem Zug
die Dinge in die Hand nahm; ich
lächelte schamlos: ließ ich es bleiben
wie lange säßen sie, brüteten, ahnungslos
und schauten nicht auf zu mir, der ich - |
unklar ist, warum statt »nahm« nicht »nähme« steht und nicht »ließe«, wo du »ließ« gewählt hast, aber jetzt schwirrt mir der Kopf und ich merke nur noch an, wie aufdringlich mir »erregend« und »schamlos« vorkommen, wobei mir klar ist, dass gerade der Eindruck des Manischen, des Überheblichen nur schwer im Kontext herzustellen ist, vielleicht aber wäre Platz gewesen im Abteil, für entsprechende Bilder als Ersatz für diese Attribute.
Grüße,
Lorraine
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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26.05.2018 13:36
von Literättin
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Und jetzt hier: Ich kann noch gar nicht. Kann wirklich noch nichts sagen. Weil ich einfach noch zu platt bin. kommt aber noch. Dieser Tage. Irgendwann.
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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29.05.2018 10:43
von Literättin
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Dann will ich mal anfangen - wundere mich beim Titel suchen meines eigenen Textes immer noch, dass er da oben hin gerutscht ist und freue mich immer noch darüber, zumal eure Kommentare mir seine durchaus vorhandenen Qualitäten bestätigt haben. Im Grunde könnte ich sagen: Ihr habt recht, wir sind uns einig, unterm Strich, insgesamt, aber ich will noch ein paar Worte hier lassen.
@lebefroh - In deiner kurzen Ausführung, steckt erst einmal schon alles drin lebefroh hat Folgendes geschrieben: | Ich las, las gerne, Spannung baute sich auf, Neugier wurde geweckt - und dann enttäuscht. Das Ende hat mich irgendwie sehr unbefriedigt zurückgelassen. | Ich kann das nachvollziehen und bestätigen, wenn auch in dieser Kürze was verloren geht vom Text.
@Stimmgabel - Ich bin froh, dass Du einen verständlichen Kommentar verfasst hast, dem ich ohne Umschweife folgen kann, zumal ich herauslese, dass Du genau die Stärken und Schwächen benennst, die ich erst als schwammiges Gefühl und dann immer klarer wahrnehmen konnte. Vor allem dies: Stimmgabel hat Folgendes geschrieben: | Auch sehe ich die Vorgabe des Hin –und Her von Gewissheit und Ungewissheit nicht genügend getrennt ... sehe hier mehr das durch den Konjunktiv vorab eingeleitete Gewiss, es nicht zu machen, bleibt mir der Part der Ungewissheit etwas auf der Textstrecke brach liegen.
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@Aranka - Ich könnte deinen kompletten Kommentar hier noch einmal reinkopieren, weil er mich so positiv trifft und auf den Punkt, bzw. gleich alle Punkte kommt, dass ich jede Zeile einfach genießen und so stehen lassen kann, ohne irgendeinen Einwand zu haben. Ich freue mich vor allem aber, dass dich das hier erreicht hat, was der Kern und Ursprung des Ganzen war: Aranka hat Folgendes geschrieben: | Sein sich-genießender Blick auf die anderen! Das ist so gut gewortet, dass eine Szene entsteht. Ich sehe das LI erhobenen Hauptes durch den Zug schreiten und es selbst sieht sich auch dabei zu. Und was es sich erdenkt ist real, realer als der stehende Zug.
| Und hier bin ich völlig eins mit dir: Aranka hat Folgendes geschrieben: | Hier müsste das Gedicht für mich enden. Es müsste mich in diesen offenen Un-Gewiss-Raum von "ICH KANN ES TUN / ICH KANN ES BLEIBEN LASSEN" entlassen, diesen Raum, der es wert war, notiert zu werden, der in der Realität eines RB 90 begann oder seinen Auslöser fand, und eine Möglichkeitsreise, eine Autorschaft eröffnete. | UNd jeden weiteren Satz ohnehin. Was mich so beglückt, dank deines Kommentras, ist, dass mir in diesem Hals über Kopf entstandenen Text, dennoch mit recht fixen aber klaren Überarbeitungen (und Du zeigst mir genau auf die Stellen, die ich selbst am Ende bewusst so gesetzt stehen lassen konnte) da schon etwas gelungen ist, was trotz "Hals über Kopf"-Aspekt nicht hingewurschtelt war und ist. Bis auf das Zitatende halt.
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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30.05.2018 06:40
von Literättin
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Weiter geht es, wobei ich hier anmerken will, dass ich nicht auf jeden einzelnen Kommentar eingehen werde, weil manches schon in anderen Antworten oder meinem Selbst-Kommentar deutlich wird und ich manchmal sowieso nur kurz und verständig nicken kann, was aber nicht bedeutet, dass mir nicht jeder auch kurzer Kommentar willkommen ist, weil jeder einzelne das Bild rund macht! Und an dieser Stelle auch einmal ein Danke für alle, die reingesschaut und kommentiert und vielleicht sogar Punkte hinterlassen haben. Jedes Wort, jeder dagelassene Gedanke ist mir wert.
@poetnick - ich freue mich, dass Du Humor und Geistesgegenwart in der Bruthitze des stehenden Zugs in der rheinlandpfälzischen Steppe ausgemacht und benannt hast und den "Heroen" so schalten und walten lässt !
@hobbes - !
@Heidi - Nö, nicht mehr Kritik bitte, zumal ich dir deine Schlussfrage...
Heidi hat Folgendes geschrieben: | Herrje, so ´ne kurze Kritik und dann so vielealle Punkte?
Hast du sie verdient? Ich hoffe es. |
...ja gar nicht so eindeutig mit Ja beantworten kann . Zu deutliche Schwachstellen trotz Stärken (siehe meine Kommentare weite roben) und doch freue ich mich natürlich, dass Du dem LI trotz überbordender Selbst-Herrlichkeit so viel Gutes attestierst. Liegt vielleicht daran, dass ein guter Teil des LI - wie hieß es anderswo - mein Alter Ego ist, dem ich noch ein wenig Zunder mitgegeben habe. Jedenfalls...:
Heidi hat Folgendes geschrieben: | Eine interessante Figur mit der ich mich gerne mal unterhalten würde, wenn es sie denn gäbe, (...) | ... ein Teil dieser Figur agiert hier tatsächlich im Einzugsgebiet des RB90 herum und experimentiert mit Notizblock und realsatirischem Alltagsmalässen herum.
@V.K.B - ja, ich nicke und freue mich:
Zitat: | Hallo Inko,
also, dein Gedicht hat was. Es setzt im Kopf so einiges in Gang, aber endet dann ganz banal. Klar, das Leben ist kein Actionfilm. Der Vers ist schön eingebaut, aber die Un-Gewissheit ist etwas undeutlich. |
Und bestätige die Undeutlichkeit der Un-Gewissheit und moniere im Gegensatz zu dir den halbseidenen Einbau des Zitats am Ende.
@d.frank - Nein, nein, da gibt es nichts das Du wissen müsstest - außer vielleicht, dass da eher was im Kleinen dahinter steckt hätte jedenfalls nicht vermutet, dass mein LI so blenden kann, aber er ist halt schon sehr herrlich: d.frank hat Folgendes geschrieben: | Also ganz ehrlich:
Hier steckt bestimmt was dahinter. Irgendeine kluge Weltsicht, irgendetwas über Schuld und Heldenhaftigkeit, alles versteckt hinter einfachen Zeilen, einer einfachen Abfolge, dem Tun oder Auslassen von etwas, dem Wissen oder Nichtwissen von etwas.
Aber ich bleibe an diesem Titel hängen. Warum gerade dieser Titel?
Gibt es etwas, das ich über ihn wissen müsste? | Hat dich ganz schön geleimt, der Gute, dabei ist er so einfach gestrickt, wie er da herum-geistert .
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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