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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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01.12.2016 20:00 Von Ewigkeit zu Ewigkeit von Literättin
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Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Blick von oben. Die Beine im Schneidersitz gekreuzt, sitzt sie mit aufrechtem Rücken auf dem Teppich. Gesicht verschlossen. Augen aus Porzellan. Fehler, das geht so nicht. Sie wird Witterung aufnehmen – wie kannst du das wissen? - und davonlaufen. Sie springt auf, stürzt an den Schreibtisch, fährt den Rechner hoch, der Rechner hängt, sie fährt den Rechner wieder hinunter.
Oder: Sie stürzt zum Kühlschrank, öffnet die Kühlschranktür. Sie entnimmt dem Kühlschrank Butter, Toastbrot, eine Dose Makrelen. Sie schließt die Kühlschranktür oder eine andere. Eine andere Tür? Sie bereitet sich ein Toastbrot mit Butter und Dosenmakrelen. Dann eines mit Nougatcreme. Oder schneeweißer Marshmallowcreme. Sie schlingt: Eine Packung Kekse. Einen Apfel. Ein Brot mit einer dicken Scheibe Käse. Und eine Zwiebel. Eine ganze. Sie taucht ab. Taucht wieder auf. Ihr Kinn glänzt fettig. Sie schluckt und schluckt. Er saß am Steuer des Autos, reichte ihr Zwiebeln nach hinten, die sie ihm geschält zurück gab. Eine nach der anderen. Er fraß die Zwiebeln unter behaglichem Schnaufen. Er fraß sie aus ihrer Hand. Drehte sich um zu ihr auf dem Rücksitz. Ihr tränten die Augen. Zurück! Das geht so nicht.
Von schräg oben, ihr folgend. Sie geht zu Bett und schaltet den Fernseher ein. Sie steht wieder auf. Springt auf. Jetzt steht sie wieder in der Küche. Kramt im Hängeschrank, geht zurück ins Schlafzimmer. Es läuft eine Sendung im Fernseher. Oder im Fernsehstudio. Oder durch die Kabel. Datenpaketweise. Eine Sendung über … Es interessiert sie nicht. Schweif' nicht ab! Sie springt aus dem Bett, läuft ins Bad und verlässt das Bad wieder. Sie setzt sich an den Schreibtisch, greift nach dem Mobiltelefon, wirft einen Blick darauf, sie legt das Mobiltelefon hin, sie steht auf.
Sie geht ins Schlafzimmer, nimmt die Fernbedienung und schaltet den Fernseher aus. Sie geht ins Wohnzimmer, setzt sich auf den Teppich, Beine gekreuzt. Sie will dort bleiben. Kannst du das wissen? Sie setzt sich sehr aufrecht hin. Stille sickert in sie ein, wie Dunst aufsteigt von einem Fluss im Herbst in einer Stadt. Kopfschütteln. Die Feuchtigkeit schmerzt in ihren Gliedern. Nein, das geht so nicht.
Was meinst du?
Sie ist außer sich.
Sie schläft.
Auf dem Teppich?
Sie träumt. Die Augen irren hin und her.
Der Vater irrt sich in der Tür und steht ganz so ganz plötzlich da. Das Kind verkriecht sich im Badeschaum. Er schließt die Tür von innen ab. Auf jeden Fall, schreit die Mutter, würde ich das Land eher niederbrennen, als dass jemand anders. Es ist nur ihre Stimme im Raum, sie selbst ist nicht zu sehen. Die Mutter.
Im Innern. Im Dunkel. Mit geschlossenen Augen. Geht das? Wie ist das mit der Verzweiflung, fragt sie - sie, nicht die Mutter - später jemanden. Einen, der etwas über das Selbst bei Kierkegaard zu erzählen weiß, das im Verhältnis zu sich selbst daran verzweifelt, nicht es selbst zu sein. Oder daran, es selbst zu sein und genau das nicht zu ertragen. Und sie versteht es nicht, dass die Verzweiflung auf die Ewigkeit zeigen soll. Weil das Selbst, selbst in aller Verzweiflung, sich nicht verzehren könne. Nein? Das sei unmöglich. Sagt er. Laut Kierkegaard. So wie ein Feuer sich nicht selbst verzehren könne. Sie starrt auf das Moment der Unfassbarkeit. Es bewegt sich etwas im Dunkel, das sich nicht einfangen lässt. Kierkegaard halt, sagt er und zuckt mit den Schultern, als sei er ein bisschen verrückt und sie weiß nicht, wer von ihnen. Und wenn sie sich doch selbst verzehren könnte, wie das Feuer das Land, das ihres hätte sein sollen. Oder hätte es ohnehin nie ihres sein können, ob verbrannt oder nicht?
Von wo aus jetzt?
Aufsicht innen. Sie sitzt still und lässt den Dunst aufsteigen. Sie springt auf, sobald es still wird: Es könnten sich Wolken bilden. Schwere, nasse Wolken, die abregnen. Sie verkriecht sich im Schaum. Was meinst du?
Ich weiß nicht.
Es passt alles nicht.
Von egal woher aus der Dunkelheit. Sie schreit, lange nach Mitternacht, sie springt auf, tastet sich vor bis zur Wohnungstür und späht durch das winzige Bullauge des Türspions, sieht, wie darin ein Lichtschimmer verschwindet, zuckt zurück. Sie tastet nach dem Schlüssel, der steckt, und bis zum Anschlag vielleicht drei Grad braucht oder weniger. Das Knirschen des Schlüssels im Schloss ist zu laut. Der Lichtschimmer ist wieder zu sehen. Ihr Auge, verblichene Porzellanmalerei. Zerkratzt. Geh’ nicht so nah ran.
Am frühen Morgen springt sie aus dem Bett, stürzt an den Schreibtisch, fährt den Rechner hoch. Der Rechner fährt zu langsam hoch. Sie schaltet das Mobiltelefon ein, schaltet den Fernseher ein, schaltet das Radio ein, die Kaffeemaschine … Von hinter ihrem Rücken aus. Ich will, sagt sie dem Monitor, der das Zimmer in bleiches, blaues Licht hüllt; ich will heute alles von neuem, und sie fährt den Rechner herunter, schaltet den Fernseher ab, das Mobiltelefon aus, das Radio; das Wasser verebbt in den Leitungen der Kaffeemaschine. Sie setzt sich auf den Teppich, sie kreuzt die Beine, sie schließt die Augen. Als sei alles nie gewesen. Die von innen verschlossenen Türen. Dass er die Zwiebeln fraß, während der Fahrt, und sie seine Zähne die silbrigen Häutchen zerreißen sah und das Knirschen des Zwiebelfleisches in ihren Ohren krachte. Und sie sich ausmalte, wie sein Atem, der eben noch in ihm gewesen war, jetzt bis in ihre Lungenbläschen drang. Und das Selbst und die Verzweiflung, dass es nicht es selbst sei, oder doch gerade es selbst, und dies für immer. Und wie all das nicht anders sein konnte. Der Dunst, der nicht mehr Fluss ist, steigt. Feuchtigkeit, die gestaltlos schwebt. Die nirgends hingehört. Nicht Wolke wird und nicht abregnen kann. Es zuckt in ihren Beinen, eine Hand tastet nach dem Teppich. Die Augenlider flattern. Porzellanpuppen-Augen. Zerkratzt. Sie beißt die Zähne zusammen.
Sie müssen ihr Land neu bestellen, sagt jemand zu ihr. Nicht der Jemand mit Kierkegaard, sondern ein anderer.
Ich habe kein Land, das mir gehörte.
Erobern Sie sich eines.
Es jemandem wegnehmen?
Vielleicht finden Sie eines, das niemandem gehört.
Das Zimmer von oben. Wo ist sie? Sie hat die Tür von außen verschlossen. Es ist also niemand zuhause.
Die Tochter verkriecht sich im Badeschaum. Wo sind wir? Im Kinderzimmer. Nein, im Bad. Nein, im Traum, die Tür ist von innen verschlossen. Fehler. Sie irrte. Sie irrten. Sie fehlte. Verfehlte. Ihr Land.
Beschreiben Sie es.
Was?
Das Land, wie es wäre, wenn Sie es besäßen und bestellen könnten.
Es gäbe einen Fluss, eine Bergkette am Horizont, Regenwolken und Sonnenflecken huschten über die Bergflanken …
Sie fragte vom Rücksitz aus, weshalb er die rohen Zwiebeln aß. Eine nach der anderen. Nur einen Bissen Brot dazwischen. Weiß nicht, schnaufte er. Sie atmete seinen Atem ein, ob sie wollte oder nicht. Ich spüre mich dann besser. Die Schärfe. Sie befreit meinen Kopf. Vertreibt den Nebel darin. Ein Flug aus dem Auto heraus über die Landschaft. Ein Drohnenflug. Auf jeden Fall, schreit sie, würde ich das Land eher niederbrennen, als dass jemand anders. Bergketten am Horizont, Sonnenflecken auf den Bergflanken. Es ist sein Land, nicht ihres. Oder das von niemandem. Oder seines. Das kannst du - das können wir doch gar nicht wissen. Und er aß sie nicht, er fraß.
Beschreiben Sie das Land, das Ihres sein könnte, wenn es Ihnen gehörte.
Ich kann das Land nicht sehen, ich sehe Dunst.
Sie springt auf, sie läuft zum Kühlschrank, sie öffnet die Kühlschranktür. Es ist nichts darin. Sie setzt sich auf den Teppich.
Weitere Werke von Literättin:
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6155 Wohnort: Nullraum
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01.12.2016 22:48
von V.K.B.
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Hallo Inko,
interessanter Text, von dem man sich tragen und mitnehmen lassen kann. Sehr nahe dran an deiner Protagonistin, man kann in sie eintauchen, ihre Gedanken mitfühlen, beinahe sie werden. Schön geschrieben und hat mir gefallen.
Obs für Punkte reicht kann ich noch nicht sagen, ist erst der zweite Text, den ich lese.
Nach langer Überlegung, ewigen Vergleichen, alles vergessen und immer wieder von vorne beginnen wie neu, meine endgültige Wertung: 5 Punkte.
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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MoL Quelle
Beiträge: 1838 Wohnort: NRW
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03.12.2016 23:18
von MoL
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10 Punkte von mir.
Ich denke mal, lieber Autor, du hast so oft auf "Enter" gedrückt, um die Anführungszeichen einzusparen. In diesem Fall sei es dir erlaubt. *Gnädig bin*
Ja, was soll ich sagen?
Themen sauber "abgearbeitet", interessante Geschichte, Emotionen, die mich packen, vom nackten Grauen bis zum zarten Hoffnungsschimmer, was will man mehr?
LG, MoL
_________________ NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021. |
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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04.12.2016 02:16
von Constantine
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Bonjour,
bei deinem Beitrag habe ich mit zunehmender Lesedauer immer mehr das Interesse verloren und langweilte mich. Liest sich wie ein Drehbuch. Die Handlung plätschert vor sich hin, den vom Wettbewerb geforderten "Anspruch", wie auch immer man den definieren mag, vermisse ich leider. Ein Text, der mich nicht angesprochen hat, der in mir nichts ausgelöst hat, außer inhaltliche und sprachliche Langeweile.
Sorry, du hast es nicht in meine Top Ten geschafft: zéro points.
Merci beaucoup,
Constantine
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Seraiya Mondsüchtig
Beiträge: 924
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05.12.2016 14:26
von Seraiya
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Hallo Inko,
Leider fehlt mir die Zeit alle Texte so zu kommentieren, wie ich es gerne würde und wie sie es verdienen.
Ich hatte Schwierigkeiten den Text zu verstehen, doch ich bin dran geblieben, vielleicht auch deswegen. Denke auch nicht, dass ich ihn wirklich gecheckt habe und freue mich auf die Auflösung.
Der Text besitzt ein ordentliches Tempo, das mit nicht zu schnell und nicht zu langsam gewesen ist, so, dass ich die Unruhe spüren konnte. Ich hatte die ganze Zeit ein anstrengend hibbeliges Bild vor Augen, Szene für Szene, Sprung um Sprung. Hat mir soweit gefallen, lässt mich jedoch noch etwas ratlos zurück.
Keine Punkte
LG,
Seraiya
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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05.12.2016 21:37
von Heidi
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Ich hab gerade diese Geschichte gelesen. Glaubst du mir, dass ich völlig fertig bin? Ich bin ins Schwitzen gekommen, außerdem frage ich mich, ob ich den Zwiebelgeruch jemals wieder aus der Nase kriege. Schlecht ist mir auch (waren zu viele Makrelen auf dem Toast und ich esse ja keinen Fisch). Sollte ich dir deshalb böse sein? Nein, natürlich nicht. Das ist eine gute Geschichte, sogar eine sehr gute – eine zum Empfinden, nicht zum Verstehen.
Die gehetzten Sätze erfüllen das Motto schon beinahe von selbst, der Inhalt davon: fantastisch (also, wenn da keiner neu loslegt wie neu, wer dann?). Besonders gefallen mir die „Regieanweisungen“ - so was mag ich. Auch das Thema hast du geschickt und mit viel Tiefe in die Geschichte gewoben.
Und nicht zuletzt, hast du, so wie es sich für diesen Wettbewerb gehört, einen inhaltlich anspruchsvollen, (vor allem) ungefügigen und mehrschichtigen Text geschrieben.
Das hier ist mein persönlicher Siegertext. Zwölf Punkte.
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Oktoberkatze Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 314
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06.12.2016 23:58
von Oktoberkatze
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Thema: sehe ich in anderen Texten deutlicher umgesetzt
Motto: sehe ich formal und inhaltlich umgesetzt
Inhalt: sehr bildreicher Text, hat was von wechselnder Kameraeinstellung
Fazit: vielleicht liegt es an mir, doch der Funke sprang leider nicht wirklich über
_________________ Die meisten Denkmäler sind innen hohl |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4298
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09.12.2016 22:11
von hobbes
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Hm. Noch so ein Text, zu dem mir so gar nichts einfallen will. Bei dem ich auch nicht weiß, wo er zu finden ist, auf meiner Bepunktungsliste. Sicher nicht im letzten Drittel.
Muss ich wohl noch mal wiederkommen.
Und das Problem ist, ich habe eigentlich keine Lust dazu (zum Wiederkommen). Weil es mir zu anstrengend ist, der Text ist mir zu anstrengend. Das kann man ja eigentlich nicht schreiben bei einem Zehntausender-Wettbewerb, aber nun ja, es gibt anstrengend und anstrengend. Ist ja nicht so, als wäre hier nichts für mich drin, aber die schönen Dinge wiegen das Anstrengende nicht unbedingt auf.
Hm.
edit: Immer wieder erstaunlich, diese Wettbewerbe. Hätte ich zuerst auch nicht gedacht, dass dieser Text mein zweiter Platz wird. Ist aber so. Von wegen anstrengend.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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10.12.2016 14:54
von Jenni
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Hat man ein paar Zehntausender hier mitgemacht, dann findet sich letztlich in jedem diese Geschichte über jemanden, der am Leben gescheitert ist und allein in seiner Wohnung die Herausforderung des Alltags zu meistern versucht. Und das passt ja nun mal auch gut zu diesem Thema und dieser Vorgabe. Ungefähr die ersten zwei Absätze dieser Geschichte haben mir ein entsprechendes Abnicken abgerungen, aber dann, dann springt das an und wird persönlich und gefällt mir doch irgendwie richtig gut. Dann passt die Metaphorik und Sprache, höre ich die Stimme dieser Figur. Das Wie gefällt mir.
Das gibt wahrscheinlich Punkte von mir.
5 Punkte.
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weltensegler Wortedrechsler
Beiträge: 85 Wohnort: Nürnberg
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12.12.2016 12:40
von weltensegler
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Deinen Text habe ich einige Male lesen müssen, um ihn überhaupt zu erfassen. Ich ahne die Situation mehr, als das ich sie dem Handlungsstrang entreissen könnte - aber gerade das macht es ja auch so wirkungsvoll. Die Sache mit der Zwiebel nimmt mich mit... Danke
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3374 Wohnort: bei Freiburg
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12.12.2016 13:34
von Michel
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Das ist E. So E, dass ich den Text mehrfach durchgehe, mich darin verheddere, nach Perspektiven und Figuren taste und nur bedingt Klarheit gewinne. Und er spricht mich an, durch seine Un-Verlässlichkeit, das stetige Neu-Ansetzen des Stifts, die Beschäftigung, wer jetzt gerade spricht/denkt/schreibt. Dass Erfahrungen nur angerissen werden, dass kein Anamnese-Porno stattfindet, macht das Ganze irgendwie stimmig.
Und sauschwer zu lesen. E, echtjetzt.
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rieka Sucher und Seiteneinsteiger
Beiträge: 816
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12.12.2016 14:16
von rieka
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Sehr indirekt, verschlüsselt, aber doch, oder grade deshalb, gut, heftig.
Die Prota, eine Autorin möchte arbeiten, eine an einer Essstörung leidenden Frau schriftlich zum Leben bringen, sieht die zu beschreibenden Szenen vorm inneren Auge. Sie möchte arbeiten an einem Text, der umfangreich autobiografische Anteile hat, belastende Anteile. Es ist ein Auftrag. Mit ihrem Schreiben dieser Erzählung oder dieses Romans möchte (soll) sie sich Teile ihres Lebens nehmen/zurückerobern. Es gelingt nicht, sie ist wie gelähmt. Sie ist aus sich herausgetretene und schaut wie von oben auf sich herab, aus dem Niemandsland heraus. Von hier ‚sieht‘ sie ihre Planung der Szenen ihrer Prota, aber auch ihre Absichten, ihre Gedanken, mit ihrem Text verwobene eigene Geschichte, ihr paralysiert-sein. Das Leben, deren Szene ihr, selbst völlig vernebelt (wie soll ich es sonst nennen, das Nichts, das grausig sein kann), vor ‚Augen‘ tritt, beschreibt entfliehende, grausige, mit Worten das schwer zu fassende innere Geschehen.
Ich bin beeindruckt. Kann deiner Geschichte gut folgen.
Lediglich eine Stelle irritiert mich, die Rückfrage: >>Es jemandem wegnehmen? << Das passte hier, wenn ich den Text denn richtig verstanden habe, nicht. Denn das wäre ja, wenn ich den Text denn richtig verstanden habe, nicht nötig. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, geht es darum, das Eigene zu finden und es sich zu nehmen. Es gehört doch niemand Anderem.
Allerdings ist dann dort der am Ende von der Protagonistin wiederholte Satz der Mutter: >>… würde das Land eher niederbrennen, als dass jemand anders.<< Und schon wird der weitere Konflikt dieses inneren Dramas offengelegt.
Inco, dein Text ist Klasse.
Tiefgründig, mehrschichtig. Einer der Texte, der mich in dieser Wettbewerbssituation etwas überfordert, weil ich mit meiner Wahrnehmung und meinen Gedanken nicht bei ihm verweilen kann. Da sind die anderen Texte, ich muss springen, kann mich nicht ausreichend konzentrieren, um ihn zur Gänze zu erfassen. Was ich erfasst habe reicht, um ihm die Punkte zu geben.
12 Punkte
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2699 Wohnort: in der Diaspora
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12.12.2016 16:53
von Lapidar
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Sehr intensiv, dieses Niemandsland.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Piratin Exposéadler
Alter: 58 Beiträge: 2186 Wohnort: Mallorca
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12.12.2016 18:14
von Piratin
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Hallo Inko,
Inneneinsichten eines Opfers, das durch Routinen versucht, sich das Leben zurückzuerobern oder auch neu zu entdecken. Interessante Themaumsetzung und 5 Punkte,
viele Grüße
Piratin
_________________ Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen. |
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 12.12.2016 22:42
von tronde
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Hallo!
Was ist hier das Niemandsland? Das, welches sie sich (in der Therapie?) erschaffen soll (als sicherern Ort?)? Geht der Rest des Textes um ein Niemandsland? Mmh.
Das Motto: Der Neubeginn ja, das Vergessen sehe ich eher weniger.
Als Text berührend nach anfänglicher Länge.
Am Ende knapp keine Punkte
Liebe Grüße
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gold Papiertiger
Beiträge: 4943 Wohnort: unter Wasser
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12.12.2016 23:15
von gold
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Hallo Inko,
ich finde, du hast die verschiedenen Szenen, teilweise beschrieben als Andeutungen von Handlungen, gut eingefangen. Die Perspektive, wie Kameraausschnitte von oben aufgenommen, ist interessant. Das Zurückspulen und Weitermachen ist dir ebenfalls gut gelungen.
Jedoch sind mir die Fragen nach dem Niemandsland zu aufgesetzt.
Liebe Grüße
gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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bamba Eselsohr
Beiträge: 201
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13.12.2016 15:32
von bamba
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Schwieriger Sachverhalt, schwer zu lesen für mich, finde keinen Rhythmus, werde herumgeschleudert von Gefühlen und Gedanken, die ich nicht recht nachvollziehen kann. Sprachlich hat der Text was zu bieten, inhaltlich bleibt er für mich im Klischee eines Traumas. Zerkratzte Porzellanaugen erinnern an Horror, dann kommt noch Kierkegaard (obwohl der keine Rolle spielt in der Geschichte). Den Titel konnt ich gar nicht verstehen. Dürfte von mir aus deutlicher sein bezüglich der Vergangenheit, dann könnte ich die Gefühle besser nachvollziehen. Sorry, keine Punkte.
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Tjana Reißwolf
Alter: 63 Beiträge: 1786 Wohnort: Inne Peerle
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14.12.2016 15:24
von Tjana
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Wow!
Es läuft ab, wie ein Film, als wenn jemand ein Drehbuch schreiben will. Mir scheint, es ist ihr Film und er soll helfen. Da gibt es eine Menge zu verarbeiten in ihr. Sie will neu beginnen, tut es ständig und schafft es letztlich doch nicht. Weil ihr das Vergessen nicht gelingt.
Sehr gerne gelesen.
_________________ Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein) |
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Municat Eselsohr
Alter: 56 Beiträge: 353 Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt
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15.12.2016 13:38
von Municat
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Lieber Unbekannter Autor
Dein Text liest sich (zumindest zum Großteil) wie eine Diskussion zwischen Drehbuchautor und Regisseur, die über verschiedene Szenen eines zukünftigen Blockbusters diskutieren. Der eine gibt die Regieanweisungen und baut auch Dinge ein, die man kaum so darstellen kann, dass sie dem Zuschauer klar werden. Genau an diesen Stellen hakt der andere nach ... stellt in Frage. In den letzten Abschnitten habe ich dann allerdings den Eindruck, die Dame, die all die Szenen tatsächlich erlebt hat (Badewanne, Zwiebel-Auto, Fressattacke, Angst) sitzt beim Therapeuten, der sie bittet, einen Ort zu beschreiben, an dem sie sich wohlfühlen könnte, der ganz und gar ihr gehört. Sie schafft das jedoch nicht, weil immer wieder die Szenen ihres Lebens dazuwischenfunken.
Umsetzung der Vorgaben
Das persönliche Niemandsland in der Vorstellung wird im letzten Drittel sogar erklärt.
Immer wieder neu sind die Szenen am Amfang des Textes. Ich habe dabei den Eindruck, dass bestimmte Szenen immer wieder durchgespielt, verworfen und neu konstruiert werden.
Vom Aufbau her weicht die Geschichte deutlich von der üblichen Unterhaltungsliteratur ab ... passt also.
Punkte vergebe ich erst, wenn ich alle Texte kommentiert habe.
_________________ Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt |
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Lionne Eselsohr
Alter: 49 Beiträge: 449
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15.12.2016 16:27 Re: Von Ewigkeit zu Ewigkeit von Lionne
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Bin mir nicht sicher, ob ich diesen Text richtig verstehe. Erst dachte ich, das ist so, als versuchte ich, an meiner Geschichte zu schreiben, obwohl da grad ein grosses Plotloch ist. Also, der Autor probiert verschiedene Möglichkeiten durch. Schien mir erst mal recht sympathisch. Aber dann entwickelt sich doch eine Geschichte, allerdings eine, die mich etwas ratlos zurücklässt.
Mein Fazit: Hat ein paar Stellen drin, die mir gut gefallen. Alleine dieser Satz hier löst viele Gedanken aus, weil er eigentlich leicht unlogisch scheint: Guy Incognito hat Folgendes geschrieben: | Beschreiben Sie das Land, das Ihres sein könnte, wenn es Ihnen gehörte. | gefällt mir
... aber ansonsten, im Grossen und Ganzen, hinterlässt mich dieser Text ein wenig ratlos.
_________________ Wenn wir in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, dass wir für eine andere Welt erschaffen sind.
C.S. Lewis |
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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16.12.2016 14:12
von Ithanea
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Nur ganz knapp an Punkten vorbei. Leider.
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Lilly_Winter Eselsohr
Alter: 43 Beiträge: 250 Wohnort: Dortmund
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16.12.2016 14:36
von Lilly_Winter
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Lieber Inko,
der Text nimmt mich mit in die Abgründe der Protagonistin, man springt hin und her zwischen dem, was sie tut und ihrer Gefühlswelt.
Es scheinen sich Erinnerungsfetzen zu vermischen, das macht die Situation nicht greifbar, unterstützt damit aber diesen Wahn, der vom Text ausgeht.
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