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Uwe Helmut Grave Opa Schlumpf
Alter: 69 Beiträge: 1016 Wohnort: Wolfenbüttel
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01.12.2016 20:00 Ausgebrannt von Uwe Helmut Grave
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AUSGEBRANNT
„Wo kommst du her?“
„Das könnte ich dich ebenfalls fragen.“
„Ich habe zuerst gefragt – außerdem war ich als Erster hier.“
„Du irrst dich, ich bin genauso lange hier wie du und war stets in deiner Nähe, sehr nahe sogar.“
„Und warum sind wir uns nie begegnet?“
„Weil ich mich die meiste Zeit über in Niemandsland aufhalte.“
„Weshalb hast du es jetzt verlassen?“
„Ist ausgebrannt.“
„Verstehe ich nicht.“
„Das war eine Metapher: Niemandsland ist ausgebrannt.“
„Metapher?“
„Übertragende Bedeutung.“
„So schlau bin ich selbst. Übertragen auf was?“
„Auf dich, beziehungsweise auf uns: Du bist ausgebrannt, und wenn du es bist, bin ich es auch, denn ich bin du.“
„Siehst du deshalb aus wie ich?“
„Das ließ sich nicht vermeiden.“
„Was willst du von mir?“
„Dir helfen, damit auch mir geholfen ist.“
„Wobei?“
„Ahnst du das nicht?“
„Du sprichst in Rätseln.“
„Jeder Mensch ist ein Rätsel.“
„Aber du bist kein Mensch.“
„Nicht in Niemandsland, aber hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“
„Du kannst unmöglich ein Mensch sein. Menschen erscheinen nicht einfach so auf der Lebensbühne, sie werden unter Schmerzen in diese Welt hineingeboren.“
„Meine Geburt erfolgte ebenfalls unter Schmerzen, womit ich keine körperlichen, sondern geistige Qualen meine.“
„Verstehe … ja, jetzt verstehe ich es!“
„Ganz bestimmt?“
„Ganz bestimmt. Du bist nicht ich, sondern eine Phantasieerscheinung, schmerzvoll geboren aus meinen Gedanken, wahrscheinlich eine Heldenfigur aus einem meiner Werke.“
„Und weshalb sehe ich dann aus wie du? Hattest du Selbstdarstellung in deinen Schriften nicht stets abgelehnt?“
„Manche meiner Protagonisten sind mir halt ein bisschen ähnlich, vom Aussehen oder vom Charakter her, das ergibt sich beim Schreiben, ohne dass man es verhindern kann.“
„Und wer wäre ich dann deiner Meinung nach?“
„Lass mich nachdenken. Ja, ich glaube … es ist ungefähr fünfzig Jahre her … später schrieb ich noch eine zweite Fassung …“
„Du meinst sicherlich jenes in Briefform verfasste Werk, das uns sozusagen über Nacht berühmt machte.“
„Du übertreibst, davor hatte ich schon Besseres geleistet.“
„Aber du hast nie zuvor jemanden dermaßen leiden lassen, und das hat sich in den Köpfen deiner Leser auf ewig verankert.“
„Ich habe dich damals erschaffen – und gewissermaßen im gleichen Atemzug getötet. Willst du mir das jetzt vorhalten? Schließlich war es ja genaugenommen ein Selbstmord.“
„Du irrst dich, du hast mich nicht erschaffen.“
„Demnach bis du nicht dieser junge verliebte Bursche?“
„Sehe ich denn so jung aus? Immerhin bin ich ein Abbild von dir, und du bist inzwischen Mitte Siebzig.“
„Auch Phantasieschöpfungen können altern, wenn ihr Autor es so will. Na schön, wenn du nicht der bist, für den ich dich halte, dann vielleicht …“
„Beabsichtigst du, chronologisch all deine Werke aufzuzählen, in der Hoffnung, dass du früher oder später damit richtigliegst?“
„Warum denn nicht?“
„Weil ich sinnlose Tätigkeiten grundsätzlich ablehne, und du somit ebenfalls. Im Übrigen befindest du dich auf der falschen Fährte.“
„Gib mir einen Hinweis.“
„Deine Gedanken etwa fünfzig Jahre zurückschweifen zu lassen, war nicht ganz und gar falsch.“
„Hm, um diese Zeit herum brachte ich nicht nur den Weltschmerz jenes selbstmitleidigen Jünglings zu Papier, ich erschuf auch die erste Version meines späteren Monumentalwerks. Bis zu dessen Vollendung war es jedoch noch ein weiter Weg, denn zuvor fertigte ich erst einmal ein Fragment an. Der gesamte Schreibprozess zog sich überaus lange hin, und ich bin heilfroh, dass diese Tragödie vor vielen Jahren ihren endgültigen Abschluss fand. Hinterher benötigte ich erst einmal eine kreative Schaffenspause. Apropos Tragödie: Du bist doch nicht etwa der Gottseibeiuns? Oder der, der sich leichtsinnigerweise mit ihm eingelassen hat?“
„Ganz sicher nicht, doch du näherst dich allmählich der Antwort.“
„Welcher Antwort? Bisher kenne ich noch nicht einmal die Frage. Du tauchst hier plötzlich auf, sagst mir, du kämst aus dem Nirgends …“
„Niemandsland.“
„Meinetwegen, das macht für mich keinen Unterschied, ich kenne beides nicht.“
„Weil beides nicht existiert, ich erwähnte doch schon, dass das nur im übertragenen Sinne gemeint ist.“
„Das habe ich durchaus begriffen. Jetzt hast du mich völlig aus dem Konzept gebracht – wo waren wir stehengeblieben?“
„Ich stand plötzlich vor dir.“
„Richtig, und du sagtest, wir seien innerlich ausgebrannt.“
„Den Begriff innerlich habe ich zwar nicht verwendet, doch es trifft den Nagel auf den Kopf.“
„Meinethalben, dann bin ich eben ausgebrannt. Damit erzählst du mir wahrlich nichts Neues. Schließlich merke ich selbst, dass ich kaum noch gute Einfälle habe –abgesehen von diesem Ehedrama … wie hieß es doch gleich? Egal, jedenfalls ist seit geraumer Zeit nichts mehr, wie es war. Zwar habe ich zwischendurch immer mal wieder ein bisschen was verfasst, doch ich war nie so recht zufrieden damit. Ich stecke im kreativen Morast fest!“
„Ich weiß, ich weiß, genau das ist dein fortwährend wiederkehrendes Dilemma, und ich befürchte, es endet erst mit deinem Tod.“
"Wiederkehrend? Bedeutet das, ich befand mich schon einmal in einer solch ausweglosen Situation?"
"Mehrmals."
"Und warum hast du mir früher nicht zur Seite gestanden?"
"Ich war jedes Mal bei dir und half dir aus deinem inneren Tief."
"Das wüsste ich aber!"
"Das weißt du eben nicht – weil du dich nach meinem Weggang nicht mehr an mich erinnerst. So wird es auch diesmal wieder sein."
"Wir sind uns demnach bereits mehrfach begegnet? Wie oft?"
"Bitte verzeih mir, wenn ich dir diese Auskunft verweigere, die ehrliche Antwort könnte dich noch tiefer herunterziehen, und daran ist mir weiß Gott nicht gelegen."
"Resümieren wir: Du bist also gekommen, um mir frische Einfälle zu verschaffen. Na, dann fang mal an."
"So einfach geht das nicht, mein Lieber. Meine Aufgabe ist es, dich anzuspornen, nicht, dir die Denkarbeit abzunehmen."
"Ahnte ich's doch, dass du mir von keinerlei wirklichem Nutzen bist. Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor."
"Zuvor – das perfekte Stichwort. Wir sprachen gerade über deine vorherigen Werke, unter anderem über dein bisher größtes, unübertroffenes."
"Ja und? Wie soll mir das weiterhelfen? Es ist fertig, erledigt, aus und vorbei. Nie wieder in meinem Leben, das wohl nicht mehr lange währt, befürchte ich, werde ich je etwas Vergleichbares zu Wege bringen."
"Damit dürftest du richtigliegen. Und was tut ein kluger Autor, wenn er glaubt, sich nicht mehr selbst übertreffen zu können?"
"Er ... schreibt eine Fortsetzung?"
"Na bitte, geht doch. Behauptest du noch immer, ich sei zu nichts nutze?"
"Eine Fortsetzung! Ein zweiter Teil, vielleicht sogar ein dritter! Das also war des Pudels Kern!"
"Endlich hast du es begriffen! Dann kann ich ja wieder ins Niemandsland zurückkehren, bildlich gesprochen."
"Sehen wir uns wieder?"
"Kann schon sein. Zwei Seelen wohnen, ach, in unsrer Brust, weshalb es mich ständig zu dir hinzieht."
"Wieso vereinigen wir uns nicht?"
„Wozu soll das gut sein?“
„Dann wären wir eine Person – und ich wäre nie mehr ausgebrannt."
„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Aber wir können es ruhig versuchen.“
„Eben. Was haben wir schon zu verlieren?“
*
„Kannst du mich sehen oder hören?“
„Nein, aber spüren und vernehmen.“
"Sehr gut, dann sollten wir unverzüglich anfangen, die Schilderung der mystischen Erlebnisse fortzuführen. Wahrlich, ich sage dir: Sobald der epochale zweite Teil fertig ist, wird der erste fast in Vergessenheit geraten. Die Leute werden nur noch über die Fortsetzung reden, und das Vorangegangene dürfte kaum noch jemand erwähnen. Niemand wird je wieder nach Gretchen fragen ..."
"Das ist aber sehr schade, denn sie war ein wichtiges Element des ersten Teils der Tragödie. Ist eine Fortsetzung ohne Gretchen überhaupt denkbar?"
"Das hoffe ich doch sehr, uns wird schon etwas einfallen. Wenn ich mich nur nicht so ausgebrannt fühlen würde ..."
"Leider geht es mir genauso – trotz unserer Vereinigung. Könnte es sein, dass wir dadurch alles nur noch schlimmer gemacht haben?"
„Spürst du das auch? Wir sind nicht allein. He, du da! Wo kommst du her?“
„Das Gleiche könnte ich euch ebenfalls fragen.“
Weitere Werke von Uwe Helmut Grave:
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Seraiya Mondsüchtig
Beiträge: 924
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03.12.2016 16:06
von Seraiya
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Hallo Inko,
Leider schaffe ich es nicht alle Texte so zu kommentieren, wie ich es gerne würde.
Eine sehr interessante Umsetzung des Themas.
Der Dialog weckte direkt mein Interesse und konnte es bis zur ungefähren Mitte problemlos aufrechterhalten. Dann empfand ich ihn, als wäre er unnötig in die Länge gezogen.
Das Ende hat mir gut gefallen, dennoch keine Punkte, weil das für mich nicht unter E-Literatur fällt.
LG,
Seraiya
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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03.12.2016 20:08
von Babella
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Ich finde die Dialogform sehr ermüdend. Vielleicht sind die Sätze zu kurz, vielleicht hat die "Erscheinung" aus dem literarischen Werk der Erzählers auch einen zu belehrenden Zungenschlag, erklärt eine Metapher, naja, und dann die Anspielungen auf den Faust, noch mehr naja.
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MoL Quelle
Beiträge: 1838 Wohnort: NRW
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03.12.2016 22:47
von MoL
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Lieber Schreiber!
Du bekommst leider keine Federn von mir. Das tut mir sehr leid, weil ich deine Geschichte mag und deinen Einfall echt klasse finde!
Nur leider kann ich deiner Umsetzung des Themas "Niemandsland" nicht folgen, sehe es für mich nicht hinreichend umgesetzt.
Trotzdem: Tolle Geschichte!
LG, MoL
_________________ NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
----------------------------------
Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021. |
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2699 Wohnort: in der Diaspora
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03.12.2016 23:24
von Lapidar
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geschickter Schachzug Herrn Goethe mit dem Herrn Goethe kommunizieren zu lassen.
Und dass dann das näschste Schaffenswerk auch wieder in diesselbe Krise führt und letztendlich zum nächsten Werk.
Interessante Umsetzung des Themas.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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04.12.2016 02:10
von Constantine
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Bonjour,
Das Experimentelle hier besteht darin, eine Geschichte nur aus direkter Rede bestehend zu erzählen. Soweit so gut. Leider kommt Langeweile auf, der Dialog des Autor-Protagonisten mit einem seiner literarischen Egos ist mir zu geschwätzig, als dass er to-the-point verfasst ist und mich packt. Die Grundidee an sich birgt Potential, aber mMn wurde hier zu sehr gestreckt, damit man minedstens die minimal verlangte Zeichenvorgabe erreicht. Somit verliert der gesamte Dialog für mich an Intensität und Spannung.
Ich würde deutlich straffen.
Es tut mir leid, du hast es nicht in meine Top Ten geschafft: zéro points.
Merci beaucoup,
Constantine
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Oktoberkatze Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 314
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04.12.2016 23:23
von Oktoberkatze
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Thema: sehe ich im übertragenen Sinne umgesetzt
Motto: sehe ich in einer angedeuteten Endlosschleife umgesetzt
Inhalt: die Mehrschichtigkeit sehe ich auf jeden Fall umgesetzt
Fazit: witzige Idee, sehr gern gelesen, 1 Punkte
_________________ Die meisten Denkmäler sind innen hohl |
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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05.12.2016 15:48
von Heidi
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Du hast Thema und Motto gut umgesetzt. Ein bisschen zu lang kommt mir der Dialog vor, aber ansonsten gefällt mir die originelle Idee, Autor und Figur miteinander sprechen zu lassen. Die Faust-Zitate bieten sich ja sehr an beim Motto „Alles, was man weiß, vergessen. Immer neu loslegen wie neu.“
Du hast subtilen, tiefgründigen Humor eingestreut und zum Schluss dämmert mir, dass es sich bei deinem ringenden Autor, um Goethe handelt (was ich lustig finde). Ich mag den Faust, das hast du wohl geahnt.
Hab den Text eben noch mal gelesen und er war noch besser als beim ersten Mal.
Zitat: | "Sehr gut, dann sollten wir unverzüglich anfangen, die Schilderung der mystischen Erlebnisse fortzuführen. Wahrlich, ich sage dir: Sobald der epochale zweite Teil fertig ist, wird der erste fast in Vergessenheit geraten. Die Leute werden nur noch über die Fortsetzung reden, und das Vorangegangene dürfte kaum noch jemand erwähnen. Niemand wird je wieder nach Gretchen fragen ..." |
Du bekommst Punkte, mal sehen wie viele es werden.
Es sind acht geworden.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 05.12.2016 22:07
von tronde
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Hallo!
Ist das ein innerer sokratischer Dialog? Mich als handlungsorientierten Leser schrekckt das auf den ersten Blick immer ab. Mmh. Nur die Behauptung steht, es gehe um ein Niemandsland. Das Motto ist da, allein, ist eine Fortsetzung ein Neubeginn? Mmh.
Wahrscheinlich nicht in den Punkten.
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gold Papiertiger
Beiträge: 4944 Wohnort: unter Wasser
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05.12.2016 22:24
von gold
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Hallo Inko,
der reine Dialog macht für mich das Ganze eintönig und auch anstrengend zu lesen. Durch die Zitate wirkt dein Text bemüht.
Tut mir Leid, daher keine Punkte. Auch wenn du das Thema richtig umgesetzt hast.
LG gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6158 Wohnort: Nullraum
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06.12.2016 00:51
von V.K.B.
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Hallo Inko,
erstmal vorweg, ich mag dialoglastige Geschichten. Aber hier kommt mir ein bisschen zu sehr der Erklärbär durch: Zitat: | „Ganz bestimmt. Du bist nicht ich, sondern eine Phantasieerscheinung, schmerzvoll geboren aus meinen Gedanken, wahrscheinlich eine Heldenfigur aus einem meiner Werke.“ | Du musst nicht alles auf dem Silbertablett servieren, was sich der Leser schon lange gedacht hat.
Das mit dem Erklärbär zieht sich durch, da habe ich fast erwartet, dass du am Ende noch seinen Namen erwähnst. Die zahlreichen Zitate kamen ja auch eher mit dem Vorschlaghammer, ob sie jetzt passten oder nicht, Hauptsache drin.
Vieles ist außerdem anachronistisch, zum Beispiel mit dem zweiten Teil, das war zu Goethes Zeiten eigentlich noch nicht so üblich. Die saloppe Sprache passt auch nicht wirklich in die Zeit, sondern wirkt eher modern. Auch wenn der Dialog metaphorisch stattfindet.
Die Idee an sich finde ich nett, der große Dichter hat ein Burnout und tritt sich selbst zu einer Evaluation und als eigene Muse gegenüber. Leider wird seine Sprache Goethe in keinster Weise gerecht, sodass ich mich beim Lesen ständig gefragt habe, ob ich da wirklich diesen großen Dichter vor mir sehen soll, oder ob du eine falsche Spur legst.
Die Umsetzung des Themas und des Mottos ist dir dagegen sehr gut gelungen, du hast dir Gedanken darum gemacht und versucht, einen Text darum herumzubauen, das merkt man deutlich. Einer der wenigen Texte, in denen die Vorgaben klar enthalten sind und man sie nicht mit der Interpretationslupe suchen muss. Das weiß ich zu würdigen, also mal sehen, ob ich am Ende noch ein paar Punkte für Idee und Vorgabeneinhalten übrig habe, auch wenn die Umsetzung mich nicht wirklich überzeugt hat.
Nach langer Überlegung, ewigen Vergleichen, alles vergessen und immer wieder von vorne beginnen wie neu, meine endgültige Wertung: 1 Punkt.
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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06.12.2016 17:44
von Literättin
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Das ist wahnsinnig anstrengend zu lesen, dieser lange innere Dialog vom ausgebrannten Goethe mit seiner inneren Muse und in sich stimmig erscheint mit die sperrige Geheimnistuerei derselben zu Beginn eigentlich auch nicht.
Ja, da ist Witz drin. Ein leises Schmunzeln stellt sich hie und da ein. Aber mehr gibt das nicht her.
Darüber hinaus überzeugt mich das Niemandsland hier nicht und auch nicht der Neubeginn. Es ist wohl eher der Versuch, ob so ein Stück über Goethe in ausgebrannt klappen könnte. Geht schon. Überzeugt aber nicht.
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4299
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06.12.2016 23:08
von hobbes
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Tja. Ich mag Dialoge ja. Letzte Woche erst habe ich ein Buch aus der Buchhandlung nach Hause getragen, das fast nur aus Dialogen besteht, noch dazu aus unübersichtlichen, was in dem Fall so viel bedeutet wie: es ist schwierig, zu wissen, wer gerade spricht. Macht aber nichts, mir gefällt es.
Das hier gefällt mir leider nicht. Ich finde es fürchterlich anstrengend, überhaupt dranzubleiben und das liegt an dieser klugscheißerischen Art, die geheimnisvoll und "ich bin der Käse" tut, obwohl sie nun wirklich kein Recht dazu hat.
Tut mir leid, dem mag ich nicht folgen.
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3374 Wohnort: bei Freiburg
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07.12.2016 10:14
von Michel
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Oh mein Gott. Goethe wird multipel.
Ein Endlos-Dialog. Ganz ehrlich, ich habe nach kurzer Zeit nur noch grob überflogen, und hätte ich mich nicht bis zum Ende gezwungen, wären mir beide Pointen durch die Lappen gegangen. Einen reinen Dialogtext finde ich häufig unlesbar, und auch hier gelingt es mMn nicht, den Textinhalt über das lange Zwiegespräch zu retten. Sorry, nicht so meins.
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Municat Eselsohr
Alter: 56 Beiträge: 353 Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt
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07.12.2016 14:43
von Municat
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Lieber Unbekannter Autor
Johann Wolfgang von Goethe im Zwiegespräch mit einem Teil von sich selbst, der im Niemandsland seiner eigenen Persönlichkeit verborgen liegt und immer dann in Erscheinung tritt, wenn er eine Schaffenskriese hat ... klasse Idee! Da bekommt das Zitat Zitat: | Zwei Seelen wohnen, ach, in unsrer Brust, weshalb es mich ständig zu dir hinzieht. | gleich noch eine zusätzliche Bedeutung verpasst. Auch die Umsetzung gefällt mir wirklich sehr gut. Die Anspielungen und Zitate auf Goethes Werke wirken nicht aufgesetzt, sondern passen zum Kontext des Gesprächs mit sich selbst.
Zitat: | "Resümieren wir: Du bist also gekommen, um mir frische Einfälle zu verschaffen. Na, dann fang mal an."
"So einfach geht das nicht, mein Lieber. Meine Aufgabe ist es, dich anzuspornen, nicht, dir die Denkarbeit abzunehmen."
"Ahnte ich's doch, dass du mir von keinerlei wirklichem Nutzen bist. Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor." | herrlich
Zur Umsetzung der Vorgaben
Das Niemandsland zwischen dem Gedachten und dem Erlebten ... zwischen der offen gelebten Persönlichkeit und den Randerscheinungen der eigenen Persönlichkeit ... gute Idee, gefällt mir.
Den immer wiederkehrenden Neustart und das Vergessen bringt Du mehrfach unter. Ganz offensichtlich, als das Motivations-Ich aus dem Niemandsland seinem Gegenüber mitteilt, dass es bereits mehrfach aufgetreten ist, aber vom Schriftsteller selbst nach jeder Begegnung wieder vergessen wird. Zum Schluss tritt der Effekt dann auf einer neuen Ebene (bzw. aus einer neuen Perspektive) auf: Der Akteur und sein innerer Motivator sind verschmolzen und stecken nun gemeinsam in der Blockade. Was passiert? Genau ... ein neuer innerer Motivator tritt auf den Plan ... passt Auch im Dialog selbst wird das Thema aufgegriffen (Faust 1 wird in Vergessenheit geraten, wenn Faust 2 geschrieben ist).
Deine Geschichte ist definitiv vielschichtig und hebt sich von der üblichen Unterhaltungsliteratur ab. Und ich mag sie sehr.
Meine Punkte vergebe ich erst, wenn ich alle Texte kommentiert habe.
_________________ Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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08.12.2016 12:12
von holg
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Sehr anstrengender Dialog mit Goetheschen Motiven.
_________________ Why so testerical? |
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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10.12.2016 13:10
von Ithanea
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Das ist auf eine Art eine 1:1-Umsetzung, die du da hinbekommen hast, also was die Prämisse betrifft. Das Niemandsland empfinde ich eher als benannt, als als thematisch aufgegriffen, was auf die Bewertung bei mir jetzt nichts so großen Einfluss hat. Geschrieben find ichs gut, keine Probleme mit dem Dialog.
Allerdings hab ich, insbesondere beim 10K, gerne etwas, das reinhaut, so im Sinne von Gedanken anregen, ein neues Thema bringen oder ein Thema neu anbringen. Das fehlt mir hier etwas.
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Tjana Reißwolf
Alter: 63 Beiträge: 1786 Wohnort: Inne Peerle
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10.12.2016 15:02
von Tjana
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Goethe plant eine Fortsetzung des Faust. (?)
Interessante Idee, ebenso, sie komplett als Dialog umzusetzen.
_________________ Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein) |
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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11.12.2016 16:13
von Jenni
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Auch Goethe hat mal eine Schaffenskrise. Und beratschlagt sich darüber mit einer inneren Stimme, bei der es sich dann wohl in Wahrheit um Faust handelt. Und am Ende wird auch der Verfasser dieses Textes noch mit hineingezogen.
Das alles ist als reine Dialogszene verfasst, was sowohl sprachlich einschränkt (wobei, auch ein Dialog müsste nicht unbedingt so schlichte Umgangssprache sein, hätte man in diesem Fall auch anders angehen können) als auch von der gedanklichen Tiefe her (wobei, eigentlich gar nicht). Das ist ganz amüsant, mit ganz originellen Anspielungen (sehr wahrscheinlich mehr, als ich zu schätzen weiß, so lange die Faust-Lektüre bei mir her ist), aber weiter geht das nicht, wlll das auch gar nicht, so mein Eindruck.
Das Niemandsland, ja, das leuchtet mir ein. Das Motto hätte man aber gerade in einem solchen inneren Dialog noch sehr viel überzeugender umsetzen können.
Für mich kein Punktekandidat in diesem Wettbewerb - aber amüsiert gelesen habe ich das.
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weltensegler Wortedrechsler
Beiträge: 85 Wohnort: Nürnberg
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12.12.2016 12:09
von weltensegler
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Das fällt mir jetzt schwer... Ich finde es mutig, sich in den Kopf eines Goethe vorzuwagen, der so anders und unter so anderen Umständen gelebt hat. Der Text hat mir auch Spaß gemacht, ich habe ihn gern gelesen. Wenn aber der Goethe, dann auch die Sprache seiner Zeit. So ist es mir irgendwie zu flapsig und steht dann für mich im krassen Kontrast zu anderen Beiträgen in diesem Wettbewerb.
Alles, was man weiß, vergessen. Immer neu loslegen wie neu - das findet auch keinen ausreichenden Raum, oder habe ich was nicht verstanden?
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rieka Sucher und Seiteneinsteiger
Beiträge: 816
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12.12.2016 13:52
von rieka
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Eine auf launig-humorige Art dargestellte Auseinandersetzung eines von Burnout betroffenen Schriftstellers - dem sich die Protagonisten entzogen haben - mit seiner inneren Befindlichkeit mit Hilfe des Gerüstes: ‚Wer bin ich und wenn ja, wie viele?‘ Manchmal mit einer Tendenz zum Schnoddrigen an Stellen, an denen ich es überflüssig finde. Sehr lebendig geschrieben.
So dachte ich am Anfang - beim oberflächlichen Überfliegen des Textes, beim Querlesen.
Dann aber öffnete es sich mir:
Hast du, Schreiberling, doch tatsächlich Goethe auferstehen lassen. Ihn mit seinem permanenten Kampf mit dem Ewig Weiblichen sich beschäftigen lassen. Mit den Grenzen seiner Schaffenskraft und der Konfrontation mit seiner Endlichkeit. Und letztendlich mit der Motivation, den Zweiten Teil zu Faust zu schreiben.
Das finde ich mal raffiniert.
Fast hätte ich diesen Inhalt in der Hektik, durch die knappe Zeit bei der Menge der Texte, übersehen. Ich Schaf.
Du Schreiberling – so nenne ich dich Unbekannten mit viel Respekt – nötigst mir Literaturlaien eine Menge ab. Und du hast auch mit Schuld daran, wenn ich in der vorgegebenen Zeit keine befriedigenden Bewertungen hinbekomme. Doch du hast auch mit Anteil daran, dass mir dieser Wettbewerb so viel Spass macht und daran, dass ich nun noch akribischer die Texte zu erfassen versuche. Seufz.
Und trotzdem gibt es Abstriche, die sicher ganz mit meinem Lesegeschmack zu tun haben. Andere werden das anders erleben.
Die Geschichte besteht komplett aus Dialogen. Das bringt eine gewisse Spannung und Lebendigkeit, mein Geist wird angeregt, ich fühle mich richtig gut, dass ich die darin enthaltene Aussage wahrzunehmen beginne. Eine Herausforderung für meinen Intellekt.
Aber! Ich muss zwar schmunzeln. Die Geschichte bindet mich emotional nicht so sehr ein, dass ich sie ganz vorne einordnen mochte. Das sollte sie aber, wenn sie mich nicht nach kurzer Zeit wieder langweilen soll, wenn sie mir stattdessen nachgehen soll. Nun, das sind eben individuelle Vorlieben.
5 Punkte
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bamba Eselsohr
Beiträge: 201
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13.12.2016 14:56
von bamba
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Etwas lang für den Inhalt.
Flüssig erzählt, gut zu lesen, inhaltlich etwas absehbar mMn,
Was gesprochen wird, ist relativ banal,
.......dreht sich vielleicht einer im Grab......
Die Idee des Selbstdialoges finde ich zum Thema passend. Auch gut die Konsequenz im Text.
2 Punkt
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