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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5982 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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20.11.2022 21:00 Nur für den Fall, du wolltest von nebenfluss
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Nichts regt dich so auf, wie wenn die Dinge nicht an ihrem Platz sind. Drei Sonnenaufgänge, und du suchst immer noch den Hammer. Du könntest das Stück Dachpappe über der undichten Stelle einfach mit einem Stein beschweren, aber darum geht es nicht. Du fragst dich, ob du an deinem Platz bist.
Du hast »Walden« gelesen, ein schmuckes Büchlein im Wortsinn, aus der Menasse-Bibliothek, ein Schatz. Du bist los und den Bauanleitungen gefolgt, hast nach und nach ein Dutzend Arme und vier Taschen, Werkzeug und Haushaltsgerät in den Wald geschleppt, als wolltest du dort einen Flohmarkt abhalten. Beim Stuhlkreis hast du nur noch am Fenster gestanden, die Lippen bewegt, Thoreaus Listen rezitiert. »Lina?«, haben sie gefragt, »Lina, bist du überhaupt da?« Unsichtbar zu werden schien unvermeidlich.
Kein Hammer unter den angegilbten Tageszeitungen. Die Klaviernoten hast du bereits verbrannt. Du spielst, als gelte es, eine Rechenaufgabe zu lösen, hat der Typ aus Reihe 3 analysiert, es aber nicht böse gemeint. Den Mitstreitern beim Jahresabschlusskonzert der Musikschule warst du irgendwie peinlich. Du hast schon versucht, die Nägel mit dem Kochtopf reinzukloppen.
Taugt das Hüttenleben überhaupt für heute? Rehaugen, die dich gerade wieder wachsam inspirieren, schön und gut, aber da ist noch der Förster, der alle paar Tage über den Weg fährt. Istzustand der Blätter auf dem Boden: eine dicke, langsam kompostierende Schicht, die sich bei feuchter Witterung in eine horizontale Rutschbahn verwandelt. Istzustand, du: Ungeschützt, hast den Blick durch das heruntergelassene Fahrerfenster gesehen. Er weiß längst, wo du bist, aber sagt nichts, weil du da bleiben sollst. Wie dein Ballettlehrer, der wollte auch nie, dass du wiederkommst.
Scheiß-Wind. Sinnlose Suche, die sein muss, mechanisch, fällt dir ein, wie Sex mit dir, das hat der Typ aus Reihe 3 zum Abschied gesagt. Die Frau mit dem gut sortierten Werkzeugkasten, so hätte man dich immerhin nennen können, das hätte den weniger Stumpfen eine vage Vorstellung vermittelt, wenn auch eine geschönte, denn wie kann man einen Hammer auf vier Quadratmetern verlieren? Vielleicht hat ihn ja der Nachbar! Dein bemühtes Lachen lässt das Reh aus deinem Sichtfeld springen. Es scheint schlimmer geworden zu sein mit den Selbstgesprächen. Murmelst du den ganzen Tag vor dich hin, oder ist es schon mehr als ein Murmeln? Vielleicht willst du deshalb nicht in die Stadt, wo du einen neuen Hammer bekommen könntest. Du fürchtest das bedauernde Kopfschütteln über die Unmöglichkeit einer echten Rückkehr - nur für den Fall, du wolltest.
Weitere Werke von nebenfluss:
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4299
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28.11.2022 13:43
von hobbes
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Drei Texte gelesen, zwei Lieblingstexte gefunden. Wenn es so weitergeht, könnte es schwierig werden mit der Bewertung
Bei diesem bin ich höchst verwundert, dass ich das "nicht da sein, obwohl man da ist" überhaupt nicht auf dem Schirm hatte (als Idee für einen eigenen Text). Dabei ist das doch genau mein Thema.
Ich mag dich also, Text. Ich frage mich zwar andauernd, ob das mit dem Komma im Titel so stimmt, aber mei, Kommas.
Und wo ich schon beim Titel bin - den mag ich zwar auch sehr, aber dass er dann genauso im Text wieder auftaucht, mag ich in diesem Fall nicht so sehr. Wenn man eh schon so wenig Worte hat, dann halte ich das in diesem Fall für eine Verschwendung und keinen Mehrwert. Aber das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau.
(...)
Lina, die nirgendwo reinpasst, Lina, die sogar Rehe vertreibt.
Obwohl, der Kindergarten hat scheinbar nichts an ihr zu meckern, bis auf gedankliche Abwesenheit.
Aber Moment, ist es überhaupt ein Kindergarten? Der Stuhlkreis, der hat mich sofort in den Kindergarten katapultiert (und Lina zur Erzieherin gemacht), aber vielleicht ist das gar nicht so, vielleicht gibt es auch anderswo Stuhlkreise, das würde meine Frage lösen, was jetzt eigentlich die Musik hier zu suchen hat, sie ist doch schon Erzieherin, ist die Musik der eigentliche Traum, aber das schien mir alles nicht zu passen. Und das Ballett, das ist auch noch irgendwie da (gewesen). Für mich ein bisschen viel, ich weiß gar nicht so genau, was Lina jetzt eigentlich will, vielleicht weiß sie das selbst nicht, aber das weiß ich dann auch nicht, bekomme es nicht erzählt.
Und wie kann man ein Dutzend Arme schleppen? Für mich kein gutes Bild.
Auch der Typ aus Reihe 3 irritiert mich, hatte sie jetzt Sex mit dem oder ist er nur für das Wort "mechanisch" verantwortlich und sie bezieht das auf Sex?
Ich mag die Geschichte immer noch, ich mag sie sehr, aber ich würde sie noch mehr mögen, wenn du ein paar meiner Fragen beantworten, bzw. ein paar unnötige Irritationen herausnehmen würdest.
(...)
Zweiter Platz, zehn Punkte.
_________________ Don't play what's there, play what's not there.
Miles Davis |
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UtherPendragon Eselsohr
U
Beiträge: 402
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U 28.11.2022 17:32
von UtherPendragon
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Ja! Ich verstehe nicht.
Macht nichts.
Gerade liebe ich es.
Ich muss wiederkommen.
Edit: Es ist womöglich auch einer gewissen Knappheit von Kapazitäten geschuldet, dass ich nicht so weit in den Text vordringen konnte, wie er es vielleicht verdient gehabt hätte. Vorerst habe ich ihn, weil für mich noch zu viele Fragezeichen blieben, im oberen Mittelfeld, bei 6 Punkten, eingestellt.
_________________ Dies ist ein Text, der an jeden Deiner Beiträge angehangen werden kann. Es besteht ein Limit von 400 Buchstaben. |
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1129 Wohnort: berlin
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D 29.11.2022 12:19
von d.frank
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Glaube der Text leidet in meiner eigenen Beurteilung am Vergleich mit einem Buch, das ich vor längerer Zeit gelesen habe:
Ottessa Moshfegh / Der Tod in ihren Händen, und das mich immer noch begleitet ab und an. Ist natürlich kein Vergleich, weil es hier um 400 Wörter und den Anfang eines Ausstiegs geht. Von dieser Warte aus betrachtet, gehörte der Text (als Gesamtkunstwerk) sicher auch auf die ersten Plätze, denn er ist rund, es gibt eigentlich nichts zu kritteln, aber mir persönlich fehlt etwas, die Axt für das gefrorene Meer (frei nach Kafka). Ich habe ihn gelesen und nichts gefunden, das mich ihn mitnehmen lässt. Das ist eine sehr persönliche Einschätzung und sicher nicht objektiv, tut mir leid!
edit:
Ok, hier heisst es fair sein und fair sein, heißt objektiv sein. Und objektiv betrachtet kann man den Text nicht tiefer werten, weil er einfach gut ist. Die richtigen Bilder, die richtigen Einstellungen, um so eine Thematik zu zeichnen, kein Pathos, keine nebulösen Andeutungen.
10 Punkte
_________________ Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer |
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3374 Wohnort: bei Freiburg
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29.11.2022 15:04
von Michel
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Das ist eine der Geschichten, die mich ziemlich ratlos zurücklassen. Es liegt nicht an der Sprache, die ich mag, klar, knapp, verständlich.
Den Inhalt versuche ich weitgehend erfolglos zu greifen. Monologisierendes Selbstgespräch einer Lina, die in den Jahren der Einsamkeit seltsam geworden ist? Auktorialer Erzähler, der die Figur anspricht? Gruppentherapie oder Konzert? Ich schwimme total. Und das mag ich nicht.
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 29.11.2022 23:54
von tronde
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Hallo!
Schöner Text über eine Aussteigerin, möglicherweise im Rahmen einer Psychose?
Die Themenumsetzung: Eine Frau, die der Welt verloren geht.
Schöne Bilder, gute Sprache.
Oben dabei.
Herzliche Grüße!
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Murnockerl Eselsohr
M
Beiträge: 340
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M 30.11.2022 11:22
von Murnockerl
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Selbstfindung (oder -verlierung) im Survival Modus. Ganz dringe ich zu den Beweggründen der Protagonistin (ich nehme an, sie ist eine Lina) nicht durch, dennoch hat sich der Text in meinem Kopf zu den markantesten gesellt und bekommt dafür zwei Punkte.
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6158 Wohnort: Nullraum
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03.12.2022 05:34
von V.K.B.
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Lina spielt also Walden nach und vermisst ihren Hammer. Geschrieben in der du-Perspektive werden die Gründe klar, warum sie sich aus der menschlichen Gesellschaft zurückziehen wollte.
Hat mir beim Lesen zwar gefallen, aber so wirklich überzeugt hat es mich nicht. Mir wirkt das alles zu bemüht, und eine tatsächliche Essenz/Bedeutung kommt für mich nicht rüber.
Verdammt viele Geschichten diesmal, und nur so wenig Punkte. Leider bleiben für diese Geschichte keine mehr übrig. Heißt aber nicht, dass ich sie schlecht fand.
Beste Grüße,
Veith
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4944 Wohnort: unter Wasser
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03.12.2022 11:56
von gold
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Hallo Inko,
nur für den Fall ich wollte, ne, ich will, also:
Wunderbar die dichte fließende Sprache, die ich wie aus einem Guss empfinde. Und die etwas außergewöhnliche Handlung, nein, eher Szenebeschreibung. Von daher: viele Punkte.
Liebe Grüße
gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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03.12.2022 18:15
von holg
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Content Warning: Walden ist kein Verb
Jetzt weiß ich, was, bzw. wo Walden ist und dass ich einer Auszeit in der Natur zwar etwas abgewinnen könnte, ich Thoreaus Buch aber nicht lesen möchte.
Der Text ist unstet, springt zwischen Zeiten und Ebenen hin und her wie die Gedanken der Protagonistin, verzettelt sich, findet wieder zurück und endet in seiner Überschrift, bei der mir ein dass fehlt. Über den Stuhlkreis und die Typen aus Reihe 3 könnte man bestimmt viel nachdenken und Zusammenhänge zu ergründen versuchen. Aber irgendwie werden die so lapidar hingeworfen, als lohne es sich nicht.
Bin noch unschlüssig, ob mir der manische (k.A., ob man das außerhalb einer psychologischen Diagnose so sagen kann, Michel, Hilfe!) Ausstieg der Protagonistin als Textminiatur gefällt, oder ob mich die ganze Attitude annervt. Vielleicht liegt es auch an zwei Tagen Frühschicht, für die ich wirklich nicht gemacht bin. Wenn es draußen nur nicht so beißend kalt wäre. Bauholz hätte ich noch. zwar keine Dachpappe, aber zur Not ginge bestimmt auch Teichfolie; nur, falls ich wollte.
_________________ Why so testerical? |
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Nachtvogel Leseratte
Alter: 32 Beiträge: 117 Wohnort: Münster
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04.12.2022 02:01
von Nachtvogel
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Wieder etwas Neues gelernt, "Walden" kannte ich noch nicht. Der Text ist sehr gut geschrieben. Am Anfang hat es ein bisschen gedauert, mir die Zusammenhänge zu erschließen. Die Quintessenz ist, dass Lina an ihrem selbstgewählten Aussteigerleben zweifelt. Wie diese Zweifel rübergebracht werden, finde ich gut. Ich mag das besonders im ersten Absatz: "Nichts regt dich so auf, wie wenn die Dinge nicht an ihrem Platz sind. [...] Du fragst dich, ob du an deinem Platz bist." Die Sache mit dem "Typ aus Reihe 3" verstehe ich noch nicht so richtig.
Insgesamt ein Text, der in die Tiefe geht und zum Nachdenken anregt. Sprachlich sehr schön!
5 Punkte
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finest.fire Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 173 Wohnort: Berlin
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05.12.2022 12:05
von finest.fire
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Gefällt, gerade der Einstieg ist hammer (haha)
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Sue Rovia Klammeraffe
Alter: 30 Beiträge: 586 Wohnort: Metronom
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05.12.2022 13:16
von Sue Rovia
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oke oke, das ist ziemlich gut. Also, das ist so gut, dass ich jetzt noch weitere Texte lesen und bepunkten muss, um diesem Text einen Platz irgendwo an der Spitze des Universums Wettbewerbs zu sichern. Das wäre schon verdient.
Edit: Das werde ich wohl eher nicht mehr hinbekommen, also Texte lesen und bepunkten. Das ist schade, aber ich vertraue jetzt einfach mal darauf, dass all die anderen Forenmitglieder diesen Text genauso liebgewinnen wie ich.
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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05.12.2022 14:49
von Constantine
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Bonjour sehr geehrte Postkarte
Das Thema des Textes ist eher die Suche nach einem Hammer, als die eigentliche Frage, wo Lena ist. Wo Lena ist, ist nebensächlich und geht mir mit verwirrenden Nebensächlichkeiten zu sehr unter.
Es tut mir leid. Dieser Beitrag hat mich im Vergleich zu anderen Wettbewerbsbeiträgen nicht überzeugt: zéro points.
Merci beaucoup
Constantine
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dürüm Wolf im Negligé
Alter: 46 Beiträge: 966 Wohnort: Cape Town
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05.12.2022 16:27
von dürüm
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Life in the Woods.
Wieder durch einen Wettbewerb auf ein Buch gestoßen, das ich noch nicht kannte aber lesen werde!
im Hintergrund Hinweise auf Gruppentherapie (Stuhlkreis?) und Musikalität. Eventuell etwas zwanghaftes Verhalten ( es regt dich auf, wenn etwas nicht an seinem Platz ist)?
Du fragst dich, ob Du an Deinem Platz bist.
Nicht verstanden habe ich die Stelle:
Zitat: | hast nach und nach ein Dutzend Arme und vier Taschen, Werkzeug und Haushaltsgerät in den Wald geschleppt, |
Meinst Du mit Arme Körperteile? Oder arme Menschen? oder ist es ein Druckfehler?
Trotz ein paar kleinen Stolperstellen, sehr gerne gelesen!
Fünf Punkte
Gruß Kerem
_________________ Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, ob sie wiederkommen.
(Oscar Wilde)
Der Willige wird vom Schicksal geführt. Der Störrische geschleift.
(Seneca) |
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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05.12.2022 18:01
von Heidi
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Der Titel
ergibt sich aus dem Gedankenstrom, der genau mit diesen Worten endet, mit dem der Text betitelt ist. Vor dem Reinlesen und Durchlesen und mehrmals Lesen hat mich der Titel nicht wirklich angesprochen. Er weckt keine Assoziationen, wirkt wie eine Aussage und ist letztlich ja auch eine Aussage.
Nach dem Lesen kann ich ihn zuordnen; ich habe aber dennoch den Eindruck, da hätte ein anderer mehr Eindruck und Nachhall hinterlassen.
Die Sprache
hat einen melancholischen Unterton und so wie das Verschwinden der Ich-Figur Lina ein Unsichtbar-werden unter all den Menschen bedeutet, geht auch die Sprache ein wenig unter, wobei ich schon die Mühe erkenne, die in die Worte reingelegt wurde. Es handelt sich um einen sehr denkerisch umgesetzten Text, der nur mit viel Mühe Bilder erzeugt, die aber auch nicht klar sind, sondern eher diffus dahinschweben. Insofern passen Thoreaus Listen (ich musste googlen, wieder was gelernt), zu Figur und Sprache, vermute ich, weil der Text etwas Philosophisches will (was ich auch vermute).
Für mich die interessanteste Stelle:
Zitat: | Istzustand der Blätter auf dem Boden: eine dicke, langsam kompostierende Schicht, die sich bei feuchter Witterung in eine horizontale Rutschbahn verwandelt. Istzustand, du: Ungeschützt, hast den Blick durch das heruntergelassene Fahrerfenster gesehen. |
Diese Blattsache erzeugt ein klares Bild, leider fügt es sich nicht mit dem Istzustand der Ich-Figur zusammen.
Die Figur(en)
Die Ich-Figur wirkt melancholisch, richtig nahe komme ich ihr aber nicht. Dazu bleibt zu vieles im Dunklen.
Der Inhalt
Ganz steige ich hier nicht durch.
Vielleicht so: Lina spielt in einem Orchester – kann das sein? Sie hat mit dem Typen aus der dritten Reihe gevögelt, vielleicht aus der dritten Reihe im Orchester? Hm … Vielleicht der mit dem Cello, vielleicht der mit der mit den Horn? Das kann ich mir denken wie ich will, vorausgesetzt, es gibt ein Orchester.
Der Sex mit sei mechanisch gewesen, hat er ihr reflektiert. Ebenso wie diese Hammersache, bei der ich auch nicht ganz durchsteige, wirkt das auf mich, als sei Lina ein Mensch, der sich erniedrigen lässt. Auch vom Ballettlehrer, der nicht wollte, dass sie wiederkommt.
Die Außenwelt will also, dass Lina verschwindet. Krasses Thema. Klingt irgendwie nach einer traumatisierten Person; sie denkt über sich selbst, dass sie verschwinden sollte und alle anderen verhalten sich dementsprechend erniedrigend gegenüber ihr. So wirkt das ein auf mich. Wie so ein Opfer-Täter-Ding. Sie zieht es förmlich an, Menschen zu begegnen, die ihr wehtun, sie nicht haben wollen. Geht es in die Richtung?
Bei der Stelle mit dem dem offenen Fahrerfenster habe ich das Gefühl, es könnte sich um eine Borderlinerin handeln. Keine Ahnung warum, das Bild wird dabei einfach erzeugt.
Der Gesamteindruck
Weiß nicht, das ist zwar anspruchsvoll geschrieben, ein eigener Stil ist auch zu erkennen, aber es bleibt zu vieles im Dunkeln, es wird kein klares Bild erzeugt. Mir kommt es vor als hätte Lina ein wenig mehr Platz gebraucht, um sich zu entfalten.
Was mir ebenfalls weniger gefällt, ist, dass der Titel sich durch sich selbst erklären muss, aber nicht im kompletten Text mitschwingt und ich nur mit großer Mühe reininterpretieren kann (wenn ich denn will), dass Lina möglicherweise ein willensschwacher Mensch ist, dann merke ich aber, es handelt sich um das lyrische Du, das hier angesprochen wird und zwar von Lina. Wieder bekomme ich einen wirren Kopf und weiß nicht recht, was der Text mir erzählen möchte.
Die Themenumsetzung halte ich ebenfalls als nicht gänzlich ausgereift. Es wird im Dialog erwähnt, die Frage gestellt, wo Lina sei, aber wirklich rauskommen tut nicht, was nun mit Lina ist. Das Reime ich mir mit viel Mühe zusammen und bin am Ende nach wie vor unsicher, ob es denn nun wirklich so ist oder nicht. Ein Text, der sprachlich schön ist, der mir aber keinen Mehrwert gibt und mich auch nicht zum Denken und Weiterdenken anregt.
Keine Punkte.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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05.12.2022 19:23
von Jenni
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Schön. Richtig schöner Text, eigen erzählt, lebendige Lina mit nachfühlbarer und nachspürbarer Geschichte. Die Form perfekt ausgenutzt. Was soll ich mehr sagen.
Lieblingsstelle: »Unsichtbar zu werden schien unvermeidlich.« Neben dem wunderbaren Ende/Titel natürlich.
Mag ich rundum. 12 Punkte gern.
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MoL Quelle
Beiträge: 1838 Wohnort: NRW
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05.12.2022 23:09
von MoL
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Lieber Inko!
"Wow, wie kann man eine so lange Geschichte mit so wenigen Wörtern erzählen?", denke ich und gebe beeindruckt 8 Punkte.
_________________ NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021. |
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5339 Wohnort: NRW
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06.12.2022 11:21
von Bananenfischin
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Von mir gibt es zeitbedingt leider nur einen kurzen Kommentar.
Dieser Text ist für mich im Vergleich innerhalb dieses Wettbewerbs erst mal ein unterer Punktekandidat gewesen. Setting und Stil gefallen mir, emotional hat er mich nicht angesprochen.
Am Ende gab es im Vergleich drei Punkte.
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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F.J.G. Bitte keinen Weichspüler verwenden
Alter: 33 Beiträge: 1955 Wohnort: Wurde erfragt
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06.12.2022 11:41
von F.J.G.
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Liebes unbekanntes schreibendes Wesen,
es ist angenehm, diesen Text zu lesen.
Leider ist es im gleichen Maße ernüchternd, nicht dahinterzusteigen, was überhaupt gesagt wird.
Einen Text, den ich nicht verstehe, kann ich leider auch nicht bewerten.
Dennoch danke für die Mühen
Der Kojote
_________________ Ab sofort erhältlich: Achtung Ungarn! Ein humorvolles Benutzerhandbuch |
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Minerva Nachtfalter
Beiträge: 1150 Wohnort: Sterndal
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06.12.2022 15:41
von Minerva
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Vorbemerkung: Leider war meine Zeit diesmal arg knapp, deswegen nur ein kleiner Standard-Kommentar. (Sorry)
Nach meiner Ansicht waren alle Beiträge von hoher Qualität und unterhaltsam. Weswegen es deiner nicht auf meine Punkteliste geschafft hat, weiß ich nicht. Das Aussortieren, auch deines Beitrags, ist mir schwer gefallen.
_________________ ... will alles ganz genau wissen ... |
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anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
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07.12.2022 18:31
von anderswolf
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Erster Teil der unbeabsichtigten Lina-im-Wald-Trilogie: Hier hat Lina sich aus Menschheitsüberdruss in den Wald zurückgezogen, kann aber den Hammer nicht finden (überraschend für eine Pianistin). Unterhaltsamer Gedankenstrom, leider die Lina-Vorgabe wie mit dem Kochtopf in die Geschichte gedengelt.
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