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Martin


 
 
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Elisa
Eselsohr
E


Beiträge: 276



E
Beitrag20.11.2022 21:00
Martin
von Elisa
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Martin

Vom Schlafzimmerfenster hat er einen grandiosen Blick auf die bewaldeten Berge, die sich hintereinander auftürmen und mit ihren Spitzen in die graue Wolkendecke eintauchen.
„Vergiss deinen Schirm nicht, Liebling“, ruft er seiner Frau nach.
Die Wohnungstür fällt zu. Kurz verharrt er im Flur, schließt von innen ab und schiebt den Querriegel vor. Bis zum Abend ist er allein.
Er geht ins Bad, lässt heißes Wasser in die Wanne laufen. Der Wasserdampf treibt ihm den Duft des Badeöls in die Nase: Patchouli. Sinnlich-süß und männlich-herb, die richtige Mischung.
Mit einem wohligen Seufzer gleitet er ins warme Wasser. Seine Muskeln entkrampfen, lästige Gedanken fallen ab. Er malt ein Herz in die vernebelten Kacheln. Doch dann will er nicht länger warten, trocknet sich ab und schlüpft in den Bademantel.  
Das frühere Kinderzimmer ist jetzt sein Arbeitszimmer, das Chaos inszeniert, es hält seine Frau draußen. Aus dem Schrank holt er den Aluminiumkoffer mit Nummernschloss. Voller Vorfreude öffnet er den Deckel. Er weiß längst, was er heute tragen wird: das rote Blümchenkleid, dazu Nylons, schwarze Highheels und Seidenunterwäsche. Er besitzt nur Seidenunterwäsche, aber die in allen Farben. Er entscheidet sich für weiß.
Jeder Handgriff sitzt, trotzdem lässt er sich Zeit. Die Marilyn-Monroe-Perücke vollendet seine Verwandlung. Lange betrachtet er sich im Spiegel. Etwas fehlt noch.
Das Schmuckkästchen ist im Koffer ganz nach unten gerutscht. Er öffnet es und entnimmt eine silberne Kette. Vier zarte Buchstaben sind daran befestigt: L-I-N-A.
Erst mit ihr, ist Lina perfekt.
Er legt Schallplatten mit seinen Lieblingssongs auf, stöckelt beschwingt durch die Wohnung, räumt das Geschirr weg, saugt den Teppich. Bei Rod Stewart kann er sich nicht länger zurückhalten, fängt an, sich langsam zur Musik zu bewegen. Genüsslich schließt er die Augen, wiegt sich nach allen Seiten. Es gibt nur noch die rauchig-sanfte Stimme, die ihn umgarnt. Der Rock umspielt seine Schenkel, die Nylons knistern gefährlich.

„Yes, you're lovely, with your smile so warm
And your cheeks so soft
There is nothing for me but to love you
And the way you look tonight …“

Die süßen Klänge werden durch das schrille Klingeln an seiner Wohnungstür zerfetzt.
Martin erstarrt.
Genug für heute! Er hat seinen Spaß gehabt!
Er kleidet sich um, packt alles ordentlich zurück in den Koffer. Dann nimmt er vor dem Spiegel Platz und entfernt die Schminke.
Sein Gesicht kommt zum Vorschein − Lina ist verschwunden.
Nein, nicht verschwunden, nur nicht sichtbar.

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UtherPendragon
Eselsohr
U


Beiträge: 402



U
Beitrag28.11.2022 03:26

von UtherPendragon
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Meine erste Bewertung.

Die Idee gefällt mir sehr gut, und die Vorgabe scheint mir nun wie geschaffen für das verwendete Motiv.
Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die Verwandlung etwas konsequenter durchgehalten wird: "sein Gesicht kommt zum Vorschein" hat mich etwas herausgerissen, ein Satz, der "Lina" doch wieder kurz zur Verkleidung deklariert. Ich kann nicht genau drauf zeigen, aber "Genug für heute! Er hat seinen Spaß gehabt!" fällt mir auch aus dem Text heraus.
Ansonsten aber gut geschrieben und die Vorgabe wurde kreativ umgesetzt.
Grüße,
UP


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hobbes
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Beiträge: 4299

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
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Beitrag28.11.2022 15:46

von hobbes
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Die Geschichte lässt mich völlig ratlos zurück. Was will sie nur von mir?, frage ich mich.
Martin ist lieber Lina. Aber nur, solange es was zu staubsaugen gibt. Danach ist er wieder Martin.
Ist er damit zufrieden? Macht ihn das glücklich? Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Auch nicht darüber, wer Martin und/oder Lina eigentlich ist.
Und das finde ich sehr schade.


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Don't play what's there, play what's not there.
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nebenfluss
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Beiträge: 5982
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
Podcast-Sonderpreis


Beitrag28.11.2022 18:19

von nebenfluss
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Martin lebt mit seiner Frau am Rande eines Waldgebirges. Heute ist Regen zu erwarten, und er empfiehlt seiner Frau noch, einen Schirm mitzunehmen, bevor sie das Haus verlässt, er sich selbst einschließt und ein Ritual zelebriert. Das tut er vermutlich regelmäßig, wenn er sich ein paar Stunden allein weiß.
Dies ist nicht nur eine der originelleren Umsetzungen des Wo-ist-Lina-Themas, sondern auch einer der wenigen Fälle in diesem Wettbewerb, wo Form (Textlänge, „Flash-Faction“) und Inhalt (zu erzählende Geschichte) optimal zusammenpassen. Für mich bleiben keine Lücken, die noch unbedingt hätten geschlossen werden müssen, und den Hinweis, dass Lina im Ehealltag nicht verschwunden, sondern nur unsichtbar ist, hätte man sogar gerne noch weglassen können, denn er ergibt sich aus dem Geschilderten.
Besonders gefällt mir auch, dass der Konflikt, den man hier üblicherweise nicht nur vermuten, sondern auch problematisieren würde, hier so unter der Oberfläche bleibt, dass man dem Text bis zum Ende mit einem Lächeln folgen kann und dabei die ganze Zeit auf Martins bzw. Linas Seite ist. Man zuckt mit ihm zusammen, als es an der Tür klingelt (auch wenn unklar bleibt, wer da klingelt). Man wünscht sich, dass seine Frau nie dahinterkommt und er mit seinen Ausflügen ins andere Geschlecht glücklich ist, glücklich genug. Ob das realisitsch ist, kann ich freilich nicht beurteilen.   
Glückwunsch zu meinem zweiten Platz.


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"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag29.11.2022 12:39

von V.K.B.
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In meinen Aufzeichnungen steht als Zusammenfassung: "Martin verkleidet sich als Lina. Na und?". Und damit sind wir schon beim Problem, das ich mit der Geschichte habe: Es ist vielleicht gar keine. Sondern nur eine Beschreibung, wie Martin seinen Nachmittag verbringt. Soll er doch, wenn er Spaß daran hat. Einzig das ehemalige Kinderzimmer sorgt für kognitive Dissonanz, und der Satz "Lina ist verschwunden". Sowie, dass er eine solche Kette hat. Sind das ehemalige Sachen seiner Tochter, die verschwunden ist und die er jetzt wieder in sich aufleben lässt? Ich vermute mal, aber das ist in der Geschichte nur vage angedeutet und könnte auch von mir hineininterpretiert sein. Was psychopathologisch interessant sein könnte, geht in "Show don't tell" unter, denn hier wird eben nur gezeigt und man kann höchstens spekulieren, ob es noch einen tieferen Sinn gibt. Ich kann ihn hineinlesen, aber weiß nicht, ob die Geschichte ihn wirklich hergeben soll. Schade, hier wurde vielleicht Potenzial verschenkt.

PS: Zitieren von Song-Lyrics in Geschichten verstößt übrigens gegen das Urheberrecht und ist nur mit Lizenzierung erlaubt. Nur um das klarzustellen, soll keine Kritik sein, nur Information. Ich musste deshalb schon mal eine Szene aus einer Geschichte entfernen bzw umschreiben, weil dort Song-Lyriks zitiert wurden und die Charaktere sich darüber unterhalten. Strittig ist eben, ab wann man beim Einbetten von Songtexten von eigener Schöpfungshöhe sprechen kann und darauf lassen sich gerade kleinere Verlage ungern ein, weil es zu einer Abmahnung oder Rechtsstreit führen könnte.

Verdammt viele Geschichten diesmal, und nur so wenig Punkte. Leider bleiben für diese Geschichte keine mehr übrig. Heißt aber nicht, dass ich sie schlecht fand.

Beste Grüße,
Veith


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Michel
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Beitrag29.11.2022 15:05

von Michel
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Warten, bis die Frau weg ist, dann wird er selbst zur Frau.
Unaufgeregt erzählt, mit Sprachperlen wie »Die Nylons knistern gefährlich«.
Etwas irritiert hat mich der Fortgang nach dem Klingeln an der Tür. Das scheint nicht etwa die Frau anzukündigen, die zurückkehrt, sondern … die Post? Irgendwas.
Der Rest wirkt etwas gehetzt, vielleicht war hier die Postkarte zu Ende und der Wortzähler drohte mit überzogenem Konto. Die letzten beiden Sätze sind mir zu erklärend, als müsste ich als Leser noch einmal den Lernstoff zusammengefasst wiederholen.


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tronde
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Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag30.11.2022 00:25

von tronde
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Hallo!
Nicht alltägliches Thema, gut umgesetzt, das geheime Innenleben Martins.
Das Wettbewerbsthema finde ich allerdings nicht so gut getroffen. Martin schein mit sich im Reinen zu sein, das Fragende fehlt mir.
Sprachlich gut.

Herzliche Grüße!
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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag30.11.2022 11:27

von Murnockerl
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Eine sehr originelle Bearbeitung des Themas. Der Text ist flüssig und hat sich gut gelesen. Martin finde ich sympathisch. Das gibt einen Punkt.
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d.frank
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Beitrag01.12.2022 14:39

von d.frank
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ist mir leider zu oberflächlich

_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Nachtvogel
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Beitrag03.12.2022 02:35

von Nachtvogel
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Der Text ist gut geschrieben und die Geschichte insgesamt ist ganz nett, hat mich aber auch nicht umgehauen. Ein Kommafehler ist mir leider aufgefallen: "Erst mit ihr, ist Lina perfekt." Ansonsten aber sprachlich alles top und schön formuliert! Für Punkte hat es leider nicht gereicht.
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag04.12.2022 13:30

von holg
Antworten mit Zitat

Crossdresser erlebt eine kleine Flucht in seine alternative Identität, steigert sich in autoerotische Fantasie, wird von Türklingel in sein Normalodasein zurück gezwungen.
Da wird detailliert und nüchtern, nie voyeuristisch oder wertend die Wandlung und das Erleben Lina/Martins geschildert.
Das ist ganz cool gemacht, weil irgendwo immer die Gefahr der Entdeckung mitschwingt. Wie die Situation nach dem Klingeln aufgelöst wird, kommt mir ein bisschen arg kurz und wohl der Wortbegrenzung geschuldet vor, von den rein praktischen Implikationen mal abgesehen.
Nicht schlecht.


_________________
Why so testerical?
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wohe
Geschlecht:männlichKlammeraffe
W

Alter: 71
Beiträge: 641
Wohnort: Berlin


W
Beitrag04.12.2022 18:43

von wohe
Antworten mit Zitat

Die Vorgaben und die üblichen Kriterien (Stil, Aufbau, Spannung bzw. Stimmung, usw. = ok) sind erfüllt.
Glaubhafte Darstellung eines wichtigen Themas. Der Text schildert schnörkellos und gut geschrieben, wie problematisch das Leben unter dem Vorzeichen sexueller Uneindeutigkeit sein kann.
Gefällt mir gut.
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 750

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag04.12.2022 21:35

von silke-k-weiler
Antworten mit Zitat

Lieber Text,

die Vorgaben sind schön umgesetzt, dennoch bleibt der Text für mich an der Oberfläche, da ich das Gefühl habe, ich sehe Martin von außen als Betrachter beim Umkleiden zu, das für mich fast ein Verkleiden ist, ohne dass ich emotional nachvollziehen kann, was diese kurze Zeit, die Martin als Lina genießen kann, mit ihm macht. Es bleibt bei einer Pose-
Da lässt mich der thematisch ähnliche gelagerte Text "Kapitulation" mehr an einer Gefühlswelt teilhaben, wenngleich es nicht die der Person ist, die ihrer sexuellen Identität nachspürt.

Trotzdem für mich ein durchaus gelungener Beitrag.

Viele Grüße
Silke
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finest.fire
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 36
Beiträge: 173
Wohnort: Berlin


Beitrag05.12.2022 12:01

von finest.fire
Antworten mit Zitat

Gutes Thema, hier und da hätte ich es mir differnezierter gewünscht, auch passt die Landschaftsbeschreibung nicht so gut zum Rest, dennoch gelungen.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag05.12.2022 14:49

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour sehr geehrte Postkarte

Martin macht den Freddy Mercury daheim und "want[s] to break free", allerdings nicht zur Musik von Queen, sondern zu Rod Stewart, und Martin wird zum Monroe-Lookalike namens Lina.

Hat was, dieser Text. Es macht Spaß ihn zu lesen. Und darum geht es ja auch, Spaß am Schreiben, Spaß am Lesen, Diversity, auch wenn sie hier nicht frei gelebt, sondern im Geheimen stattfindet.

Trau dich, Martin. Was Freddy in den 80ern konnte, kannst du locker im 21. Jhdt. Deine Frau wirds verstehen und wenn nicht, dann nimmt sie dich nicht, wie du bist. Bekommst von mir six points.
Glaub an dich.

Gerne gelesen.
Merci beaucoup
Constantine
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag05.12.2022 18:01

von Heidi
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Der Titel

besteht aus einem Namen. Er weckt keine großen Assoziationen, er ist aber auch nicht schlecht, er erzählt halt, wie der Protagonist heißt, müsste ich aber nicht zwingend wissen. Ich kann mir vorstellen, dass es originellere Möglichkeiten für einen Titel geben könnte.

Die Sprache

Der Text ist solide geschrieben.

Die Figur(en)

Martin wird als Figur mit speziellen Bedürfnissen präsent. Sein Handeln zeigt mir seine Freude an der Verwandlung. Ich finde die Ausarbeitung seines Charakters für die Kürze des Textes als durchaus gut gelungen.

Der Inhalt

Martin führt ein Doppelleben. Er verheimlicht vor seiner Frau, dass er den Tick (vielleicht auch Fetisch) hat, sich als Frau zu kleiden und zu Rod Stewarts Musik zu tanzen.

Der Gesamteindruck

Es handelt sich um keine besonders komplexe Geschichte, muss es auch nicht, manchmal ist weniger mehr. Auch Tiefe bietet mir der Text nicht wirklich; er gibt mir keinen Mehrwert oder Denkstoff mit an die Hand und dennoch ist er durchaus klar geschrieben.

Es handelt sich um eine Mini-Geschichte in der alles drin ist. Eine schlüssige Handlung, eine individuelle Figur, ein Thema. Was ich gut gelungen finde, ist, dass keine Verwirrung entsteht, es kommt mir keine Sekunde lang so vor, als wäre hier massig viel rausgekürzt worden; der Text schafft es in der Kürze ein klares Bild zu erschaffen. Das wars dann aber auch schon.

Die letzten beiden Sätze bräuchte der Text nicht.

Zitat:
Sein Gesicht kommt zum Vorschein − Lina ist verschwunden.
Nein, nicht verschwunden, nur nicht sichtbar.


Sie sagen soviel wie: Liebe/r Leser/in, (Holzhammer) du weißt aber schon, dass Martin eigentlich Lina ist und unsichtbar immer in ihm schlummert.

Das hätte ich nicht gebraucht, die Themenvorgabe habe ich auf alle Fälle als erfüllt empfunden. Sie hat den Text durchzogen. So wirkt es als wäre die schreibende Person auf Nummer sicher gegangen.

Es gibt Punkte und zwar eins Pünktchen daovn.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag05.12.2022 19:25

von Jenni
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Einen Transgender-Text gibt es jetzt auch in jedem Wettbewerb? Die Idee, »wo ist Lina?« auf diese Weise umzusetzen, dass Lina ein Teil von Martin ist, nur meistens unsichtbar, gefällt mir tatsächlich ganz gut. Ich finde das auch solide erzählt. Nur mehr auch nicht. Ich habe das Gefühl da nichts besonderes, individuelles zu lesen. Martin bleibt ein Abziehbild, fast ein Klischee, er wird keine Person, keine Persönlichkeit. Oder bei mir kommt davon jedenfalls wenig an.
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Bananenfischin
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Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag06.12.2022 11:31

von Bananenfischin
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Von mir gibt es zeitbedingt leider nur einen kurzen Kommentar.
Dieser Text ist für mich im Vergleich innerhalb dieses Wettbewerbs erst mal ein unterer Punktekandidat gewesen. Da es mehr solcher Texte als zu vergebende Punkte gab, ging dieser Text letztlich inach Abwägung leider leer aus. Das Thema gefällt mir, die Umsetzung finde ich aber zu einfach.


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Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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F.J.G.
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Beiträge: 1955
Wohnort: Wurde erfragt


Beitrag06.12.2022 11:56

von F.J.G.
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Liebes unbekanntes schreibendes Wesen,

hmm … was haben wir hier? Eine Beschreibung eines verheirateten Mannes, der gern in feminine Lingerie schlüpft.

Der Twist am Ende funktioniert ganz gut – Lina ist er selbst.

Doch ich denke nicht, dass hier überhaupt das Kriterium von Literatur erfüllt wird.

Jemand verabschiedet seine Frau. Lässt sich ein Bad ein. Verlässt die Badewanne wieder. Trocknet sich ab. Schlüpft in Damenhöschen. Es klingelt an der Tür.

Jo … kann man machen. Doch ohne jeden Konflikt gibt es auch keine Handlung. Und ohne Handlung keine Literatur. Auch nicht, wenn sie auf eine Postkarte passen würde.

Danke für die Mühen,
der Kojote


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Minerva
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Beitrag06.12.2022 15:47

von Minerva
Antworten mit Zitat

Vorbemerkung: Leider war meine Zeit diesmal knapp, deswegen nur ein kleiner Kommentar.

Einfallsreich, Lina in Martin zu verstecken. Liebevoll und einfühlsam, andererseits glaube ich, hier wird klischeehafter Fetisch beobachtet.

2 Punkte


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... will alles ganz genau wissen ...
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anderswolf
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1069



Beitrag06.12.2022 20:30

von anderswolf
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Ist die Gattin aus dem Haus, macht Martin als Lina den Haushalt. Einige logische Lücken, ein grauenvoll in den zentralen Satz gehämmertes Komma, die Landschaftsbeschreibung scheint nur der Vorgabe geschuldet. Schöne Konklusion, dass Lina nur unsichtbar, weil Teil von Martins Charakter ist.
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Gast







Beitrag07.12.2022 23:36

von Gast
Antworten mit Zitat

Keine Punkte, sorry.
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