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Wie Weihnachtsengel im Nebel

 
 
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag24.12.2009 18:10
Wie Weihnachtsengel im Nebel
von Jocelyn
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wie Weihnachtsengel im Nebel

Ja, Rob war ein Sonderling. Er war es schon so viele Jahre, dass er dem Dorf keinen Gesprächsstoff mehr bot. Längst redete man an den Stammtischtheken über andere Skandale. Da waren die Trunkenheit des Schuldirektors am letzten Wochenende, die schwangere Sechzehnjährige oder die Bestürzung über die tödlich verunglückten Zwillinge. Die überlebende Mutter hatte in ihrer Eile vergessen, sie anzuschnallen.

Rob war der öffentlichen Langeweile genauso abhanden gekommen, wie sich sein tragisches Schicksal in monotonen Wochen aufgelöst hatte. Er lebte nur noch als Handlanger für das Verstreichen seiner Tage.
Jeden Morgen  lüftete er zuallererst das  gemeinsame Schlafzimmer. Er hatte ihr Bett nicht vor die Tür stellen können, nachdem die ersten Monate der Trauer überwunden waren, und wechselte immer noch regelmäßig die Bettwäsche, jeden Sonntag passend zur eigenen. Nach dem Fensterschließen bediente er den Abreißkalender mit den Bibelzitaten. Er schnitt die Blumen im Esszimmer an und gab ihnen frisches Wasser. Seit zehn Jahren stand ein frischer Strauß weißer Lilien hochmütig auf dem polierten Tisch, obwohl er inzwischen  Asthmatiker war, und der Geruch ihm Übelkeit verursachte.

Aber er war es ihr schuldig. Nichts wird uns trennen, Ruth. Dieser Gedanke vor dem Foto auf dem Nachtschrank war tägliche Pflicht für ihn.
Schließlich dachte Ruth auch an ihn. Sie hatte seinen Tagesablauf immer perfekt organisiert und  hatte ihm versprochen, über alle Zeiten auf ihn zu achten. Seit er als Kind die ersten eigenen Schritte machte und unter ihrer Anleitung, die ersten Buchstaben aus Bilderbüchern zusammenzog, verewigte sich ihre Verbindung. Und diese bestand nicht nur aus der üppigen Erbschaft, die ihm ein Leben ohne Sorge erlaubte.

Er bekam sein Zeichen, Abend für Abend, regelmäßig um 23 Uhr 17. Er schenkte ihm kaum noch Beachtung. Öfter lag er schon im Bett und sah, wenn es sich meldete, nicht einmal auf. Die Lektüre war wieder anspruchsvoll und machte um so zuverlässiger müde.
So verstand er auch am 12. April das Telefonläuten als Mahnung, das Licht zu löschen. Da läutete es ein drittes Mal. Vielleicht wäre er nicht aufgeschreckt, doch die Katze sprang augenblicklich von Ruths Bett und verkroch sich unter ihm. Die Bewegung suggerierte so zweifellos das Eintreten einer fremden Gegenwart, dass er sich aufrichtete und lauschte. Ist jemand da?, fragte er halblaut.
Er hörte draußen den Hall von sich entfernenden Schritten, sonst blieb es still. Die Katze lag regungslos neben seinem Bauch. Sie schnurrte nicht. Langsam ließ er sich in die Kissen zurücksinken, schaute prüfend um sich und blätterte die Seite um.

Etwas passte nicht. Er blätterte irritiert zurück und las noch einmal den letzten Satz. Dann wendete er erneut das Blatt, jetzt aber äußerst konzentriert. Die Aussage hatte sich nicht verändert. Höchstens die Buchstaben. Waren sie dünner geworden?  Egal, dieser Satz machte so keinen Sinn.
Manche Türen kann man nur allein öffnen, aber sie braucht deine Hilfe.
Er las den Satz drei Mal. Dann schüttelte er ungläubig den Kopf und ließ das Buch sinken. Einige Sekunden lang fixierte er regungslos die angelehnte Schlafzimmertür, dann erinnerte er sich an die mahnende Telefonklingel, seufzte erleichtert und legte das Lesezeichen ein. Vorsichtig schob er das Buch neben die Nachttischlampe, den Schalter drückte er im Anschluss.
Aber die Dunkelheit brachte ihm keine Ruhe. Sie braucht deine Hilfe. Dieser kurze Satz schluchzte ihn fast an, dabei war ihm jede Form von Kitsch verhasst. Schließlich beschloss er, der Bücherei im Ort den Fehler dieser Seite zu melden, denn nur um so einen konnte es sich handeln, war es doch ein Buch von Stefan Zweig.
Die Katze gab weiterhin keinen Laut von sich, und er spürte, wie ihn die Müdigkeit einholte.

Er konnte nicht festmachen, was ihn zuerst aus seinem Dahindämmern riss, das schrille Telefon oder der Schlag neben dem Bett. Auf jeden Fall ruckte er augenblicklich in die Höhe und krallte die Hände in die Decke, vor seinen Augen die Fäden des Mondlichts, die sich über das Bett zur Tür hin zogen. In seinem Starren kam es ihm vor, als würden sie sich bewegen.

Ein lang gezogener Schrei neben seinem Kopf ließ ihn zusammenfahren. Er drehte ihn in die Richtung und schaute in glasgrüne Augen.
Momo, sagte er hysterisch kichernd, was ist los?
Die Katze stand mit hoch gerecktem Rücken im Mondlicht, genau dort, wo das Buch gelegen hatte und schaute ihn durchdringend an.
He, ich bin keine Maus!, Rob versuchte wieder ein Lachen und hob wie zur Versöhnung eine Hand, um über ihren Rücken zu streichen.
Momo sprang abwehrend vors Bett und landete vor dem aufgeschlagenen Buch. Voller Aufbegehren ließ sie einen weiteren langen Schrei von sich, es war ihm, als würde ein Kind in ihr schreien.

Rob kam nicht dazu, das Buch aufzuheben, denn durch die Tür drang eine ihm vertraute Stimme und flüsterte: Robert, warum gehst du nicht?

Robert. So hatte Ruth ihn nur genannt, wenn sie ihn tadeln wollte. Mit ihren Worten floss weißes Licht durch den Türspalt und umspülte ihre durchsichtige Erscheinung wie einen Weihnachtsengel im Nebel. In ihrer Stimme lag der Klang von Nähe, obwohl sie den Nachhall der Ferne in sich trug. Ein leichtes Kleid umwehte sie, und sie lächelte. Es war das Lächeln einer anderen Frau, einer ihm vertrauten, einer, die einen alten Schmerz in ihm auslöste. Trotzdem wusste Rob sofort, dass Ruth gekommen war. Auch wenn er etwas anderes spürte.

Ein Geruch von frischer Erde strömte mit ihr ins Zimmer, und er schloss die Augen, als würde der Frühlingsduft ihn betäuben. In seinem Innern sah er zwei Menschen, die er schon fast vergessen hatte. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn und ließ ihn atemlos blinzeln.
Da stand sie. Juliette. Ihre blauen Augen. Ihr weiches Haar, das der Wind sanft streicheln ließ, als er mit seinen Lippen zögernd die ihren suchte. Er hörte den Bach zwischen den Wiesen und das Wispern der blühenden Bäume. Es war die erste warme Nacht des Jahres gewesen. Ihr Duft, der sie beide umhüllte, und ihre warme Haut an seiner Hand. Alles war ihm ganz nah. Die Zeit hatte mit ihnen still gestanden.

Ruths Stimme holte ihn zurück. Er konnte jetzt nur noch vage ihre Umrisse sehen. Sie war deutlich jünger geworden.
Rob, sie wartet schon so lange. Ihre Stimme verebbte, die letzten zwei Worte kaum erkennbar. Dann verblasste ihre Figur so schnell mit dem Mondlicht, wie sie gekommen war.
Rob bewegte sich lange nicht. Das Telefon schwieg, aber die Katze schnurrte. Sie lag wieder neben seinem Bauch.

Schließlich machte er Licht und hob das Buch auf. Er suchte den Satz und fand ihn nicht mehr.
Zehn Jahre waren vergangen. Es war damals die erste Nacht gewesen, die Ruth allein geblieben war, seit sie ihn trotz ihres Alters angenommen hatte. Mit dem ersten Hahnenschrei hatte er sie dann vor dem Bett gefunden. Juliette sah er nicht mehr.

Am nächsten Morgen zog Rob nach dem Aufstehen als Erstes sein Kopfkissen ab. Es war nicht Sonntag, aber der Bezug war feucht von seinen Tränen. Noch heute wollte er sich aufmachen zu dem Haus hinter den Apfelbäumen.



_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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Alogius
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Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag25.12.2009 21:41

von Alogius
Antworten mit Zitat

Hi Autor,

da ich das ganze Spektrum ausnutzen muss, werte ich streng.

Ich lese Deine Geschichte als die eines Mannes, der sich ganz der Trauer ergeben hat, indem er "alte" Rituale ausführt, die er früher gemeinsam mit Ruth gelebt hat. Sie ist nicht mehr da, aber er kompensiert den Verlust eigentlich nicht. Stattdessen lebt er neben her, lebt eigentlich nicht, sondern handelt in den alten Mustern der Vergangenheit. Aber Ruth will, dass er sich löst. Darum geht er am Ende zu Juliette, vermutlich...
Hatte gegen Ende des Textes erst Probleme, das alles einzuordnen. Zumal das Haus hinter den Apfelbäumen zunächst keine Erwähnung fand. Andererseits bieten sie ein schönes Bild einer neuen Perspektive - so ich alles richtig sortiert habe.
Dennoch ist dies ein wunderbar geschriebener Text. Sehr berührend, ohne kitschig zu werden und in gewisser Weise klassisch.
Gefällt!

Gruß

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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*Gast*
Klammeraffe
*


Beiträge: 504
Wohnort: Rheinland-Pfalz


*
Beitrag26.12.2009 12:03

von *Gast*
Antworten mit Zitat

Hallo,

auch eine von den Geschichten, die mich überzeugen. Der Textabschnitt ist sehr gut integriert, ich zumindest merke keinen Bruch, und die Geschichte selbst ist spannend geschrieben.
Ein ganz klein wenig stört mich der Stil von ein paar Sätzen.  

Zitat:
Rob war der öffentlichen Langeweile genauso abhanden gekommen, wie sich sein tragisches Schicksal in monotonen Wochen aufgelöst hatte. Er lebte nur noch als Handlanger für das Verstreichen seiner Tage.
Diese beiden wirken mir etwas gekünstelt.

Zitat:
Nach dem Fensterschließen bediente er den Abreißkalender mit den Bibelzitaten.
Auch bei dem Satz hatte ich den Eindruck, dass mit Gewalt das Verwenden "gewöhnlicher" Worte vermieden werden sollte. Im Ergebnis ist dann das "Bedienen" des Kalenders für mich nicht wirklich gelungen. Dann doch lieber einfach ein Blatt vom Kalender abreißen.

Zitat:
Seit zehn Jahren stand ein frischer Strauß weißer Lilien hochmütig auf dem polierten Tisch, obwohl er inzwischen Asthmatiker war, und der Geruch ihm Übelkeit verursachte.
Um den Bezug eindeutiger zu machen, könntest Du hier vielleicht "er" durch "Rob" ersetzen.

Aber das sind nur Kleinigkeiten. Insgesamt auf jeden Fall eine gelungene Geschichte für mich.

Gruß
Sabine
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Biggi
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Alter: 52
Beiträge: 782
Wohnort: BY



Beitrag26.12.2009 13:53
Re: Wie Weihnachtsengel im Nebel
von Biggi
Antworten mit Zitat

Liebe(r) Autor(in),

sprachlich ist Deine Geschichte an manchen Stellen etwas holprig, die Wortwahl ist nicht immer ganz geglückt. Insgesamt recht solide geschrieben.

Auf den esotherisch angehauchten Inhalt kann man sich durchaus einlassen, mitgerissen hat er mich leider nicht.

Gruß,
Biggi
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femme-fatale233
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Das Bronzene Pfand


Beitrag26.12.2009 17:27

von femme-fatale233
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Hallo Unbekannte/r!

Erst einmal wünsche ich Dir, wie auch schon deinen Vorgängern, frohe Weihnachten.

Dies ist der vierte Text, den ich heute lese und ich muss sagen, es hat erst mal eine Zeit lang gedauert, bis ich ihn verstanden habe, aber ich glaube inzwischen habe ich kapiert wie die Verhältnisse zwischen den Personen sind.

Den Stil und die Idee finde ich sehr schön, auch der Titel erscheint mir sehr passend, jedoch finde ich, dass du die Textstelle noch etwas besser hättest einarbeiten können.

Insgesamt muss ich sagen fand ich den Text zwar etwas konfus, aber dennoch recht gelungen.

Wie viele Federn du erhältst werde ich erst entscheiden, wenn ich alle Texte gelesen habe. Dies hier sind nur die ersten Eindrücke zu deinem Werk.

Liebe Grüße,
Caro
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Taugenichts
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 38
Beiträge: 1201



Beitrag26.12.2009 22:57

von Taugenichts
Antworten mit Zitat

Schwierig!
An der Geschichte habe ich mich irgendwie festgebissen.
Am Anfang gibt es ein paar stilistische Unsicherheiten, aber ab hier: "Er konnte nicht festmachen, was ihn zuerst aus seinem Dahindämmern riss, das schrille Telefon oder der Schlag neben dem Bett. Auf jeden Fall ruckte er augenblicklich in die Höhe und krallte die Hände in die Decke, vor seinen Augen die Fäden des Mondlichts, die sich über das Bett zur Tür hin zogen. In seinem Starren kam es ihm vor, als würden sie sich bewegen."
Wird es richtig dicht und auch stilistisch schön. Ein paar wirklich tolle Sätze sind dabei!
Auch wenn ich den Eindruck habe, dass die Stimmung in den letzten Zeilen wieder nachlässt. Ich persönlich verlasse die Geschichte immer mit eher gemischten Gefühlen.

Ich finde vor Allem die Stimmung in einigen Abschnitten sehr gut. Da steckt so ein gewisser Zauber in den Zeilen... Trotz kleineren Schwächen sehr gern gelesen.


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Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7306
Wohnort: NBY



Beitrag27.12.2009 01:51

von BlueNote
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Hi!

Die seltsame Textvorlage verursacht wohl auch zwangsläufig das Entstehen von etwas seltsamen Texten. Je mehr Texte ich mir durchlese, umso mehr komme ich zu der Auffassung, dass die meisten Schreiber besser sind als die gestellte Schreibaufgabe bzw. der vorgelegte Text. Der Text ist zweifellos gut geschrieben, aber Geschichten über Weihnachtsengelerscheinungen würde ich freiwillig nie lesen.

BN
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Gast







Beitrag27.12.2009 12:53

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo liebe(r) Unbekannte(r),

das ist bis jetzt die einzige Geschichte, die ich gleich dreimal gelesen habe. Und, leider leider, habe ich immer noch das Gefühl, sie nicht zu kapieren. Ruth, Juliette, irgendwie blick' ich nicht durch, was da genau passiert ist. Und, das muss ich zugeben, ich mag es nicht, wenn ich eine Geschichte nicht verstehe. Hier finde ich das wirklich schade, denn wenn ich von der Ausarbeitung ausgehe, bin ich mir sicher, dass eine gute Idee dahintersteckt - wenigstens ist diese Geschichte außergewöhnlich gut geschrieben, für die Sprache also ein großes Lob von meiner Seite! Auch die vorgegebene Textstelle fügt sich wunderbar ein. In der Umsetzung ist mir das aber zu wirr - ich hatte gehofft, dass sich für mich im letzten Satz das Rätsel aufklärt, aber irgendwie tut's das nicht. Liegt bei den Apfelbäumen wer begraben? Ruth? Oder ist in dem Haus jemand gefangengehalten? Oder gefangengehalten worden? Juliette? Von Ruth? Du siehst, ich bin irgendwie ratlos. Ein großer Bonus für die wunderbare Sprache, aber ansonsten kann ich damit leider nicht wirklich besonders viel anfangen.

LG

Soraya
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Traumtänzerin
Fähnchen Fieselschreib

Alter: 30
Beiträge: 1178



Beitrag28.12.2009 17:21

von Traumtänzerin
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Gefällt mir. Muss aber noch "vergleichslesen". Dann wird "benotet".
LG,
Traumtänzerin


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Eine spitze Zunge ist in manchen Ländern schon unerlaubter Waffenbesitz.
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Dem wird befohlen, der sich selbst nicht gehorchen kann. (Nietzsche)
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Bananenfischin
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Beitrag29.12.2009 00:26

von Bananenfischin
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Dieser Text ist gut geschrieben, gefällt mir wegen einiger sehr schöner Formulierungen, deren Genuss nur ein bisschen durch wiederum weniger gelungene - aus meiner Sicht - abgeschwächt wird.
Auf das Zitat wird gut hingearbeitet; nach dessen Ende allerdings habe ich mich gefragt, wie die Katze plötzlich neben den Protagonisten auf dessen Bett gekommen ist. Für mich gemäß der Vorgabe ein Kriterium für Punktabzug.
Die Sache mit dem Weihnachtsengel, wie überhaupt der ganze Schluss, ist für mich ein wenig kitschig, aber das ist natürlich Geschmackssache.


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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

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Estelle
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Beiträge: 44
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Beitrag30.12.2009 02:08

von Estelle
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Die Vorgabe ist nahtlos eingefügt.
Die Idee mit den Zeilen im  Buch gefällt mir.
Die Geschichte ist bis auf zwei Stellen schlüssig.

Zitat:
Vielleicht wäre er nicht aufgeschreckt, doch die Katze  sprang augenblicklich von Ruths Bett und verkroch sich unter ihm. Die Bewegung suggerierte so zweifellos das Eintreten einer fremden Gegenwart, dass er sich aufrichtete und lauschte. Ist jemand da?, fragte er halblaut.
Er hörte draußen den Hall von sich entfernenden Schritten, sonst blieb es still. Die Katze lag regungslos neben seinem Bauch. Sie schnurrte nicht.
Hier fehlt ein Übergang. Die Katze kann nicht neben ihm liegen, wenn sie sich unterm Bett verkrochen hat.


Zitat:
Am nächsten Morgen zog Rob nach dem Aufstehen als Erstes sein Kopfkissen ab. Es war nicht Sonntag, aber der Bezug war feucht von seinen Tränen.
Schade, hier hätte ich mehr reingesteckt. Nur weil der Bezug feucht von Tränen war, hat  er ihn abgezogen? Nicht weil er einen Entschluss gefasst hat?
Obwohl am nächsten Morgen nicht Sonntag war, zog Rob nach dem Aufstehen als Erstes sein Kopfkissen ab. Noch heute wollte er sich aufmachen zu dem Haus hinter den Apfelbäumen.
 
Zitat:
Noch heute wollte er sich aufmachen zu dem Haus hinter den Apfelbäumen.
Leider verstehe ich am Ende nicht zu welchem Haus er will.

Es gibt keinerlei Hinweis, worauf sich der Titel bezieht.
Hättest du diesen Titel gewählt,  wenn es ein Sommerwettbewerb gewesen wäre?

6 Punkte

LG
Estelle
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Maria
Geschlecht:weiblichEvolutionsbremse

Alter: 52
Beiträge: 5998

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Ei 4


Beitrag30.12.2009 15:25

von Maria
Antworten mit Zitat

Hallo,
schöne Stimmung. Fast etwas kitschig, aber das hat mich nicht gestört. Der Anfang hats mir angetan, diese fast anrührende Sorge um seine Rituale ... Bettzeug, Lilien etc.
Ein garstiger Sinnmacher ist drin, statt des Ergebers, find ich natürlich direkt. Nebensache, aber ich muss natürlich drauf zeigen. Auch die Schreie: brachte das nicht mit der Katze übereins. Auch nebensächlich wink

Ja, das Ende. Ich konnte leider nicht alles unter einen Hut bringen: Ruth habe ich als eine Mutterfigur erkannt, aber Juliette? Eine Frau, die er geliebt hat, nehme ich an, aber was spielte sie hier für eine Rolle. Lenkte mich stark ab, verwirrte mich beim ersten Lesen sogar etwas.
Ohne Juliette und einen Funken mehr Licht auf die Hintergründe und ich wäre hingerissen. So kann ich nur spekulieren, um was es ging, aber mir fast zu wenige Anhaltspunkte um im Geiste weiterzuspinnen.
Aber, wie gesagt, Gefühl, Stimmung und Erzählweise sowie Dein Stil haben mir wirklich gefallen!
Von mir eine 6. das Plus zählt wohl nicht, aber Du weißt es.


_________________
Give me sweet lies, and keep your bitter truths.
Tyrion Lannister
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Mardii
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Beiträge: 1774



Beitrag30.12.2009 22:50

von Mardii
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Diese Geschichte hat mich durchweg fasziniert. Die Beschreibung der Umgebung und das Einfließen der Geschichte in dieses Interieur sind sehr gut gemacht. Schön auch die kleine Geschichte mit dem Buch von Stefan Zweig. Der Vorgabetext ist gut in die übrige Geschichte integriert.

Ein bisschen irritiert hat mich die Formulierung am Anfang: die Buchstaben zusammenzog.
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Parabolo
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Beiträge: 24



P
Beitrag31.12.2009 14:24

von Parabolo
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Hi,

dieser Text gehört zur Sorte der übersinnlich-metaphorischen und ist von daher mit "typischen" Formulierungen geschrieben. Der Geschichte wird dadurch allerdings die Chance auf Einzigartigkeit genommen.
Die Pflegemutter ist offenbar nach der ersten Nacht, die sie allein verbracht hat, verstorben. Rob leidet unter Schuldgefühlen, weil er mit einer anderen Frau zusammen war. Das hätte durchaus noch direkter angesprochen werden können in Gefühlsbeschreibungen, nicht nur in formalen Handlungen.

Sprachlich recht sicher.

Gruß, Parabolo
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EdgarAllanPoe
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Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag31.12.2009 18:57

von EdgarAllanPoe
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Leider finde ich das Ende ziemlich verwirrend, weshalb ich noch keine eindeutige Wertung abgeben kann. Der Stil der Geschichte befindet sich - übertragen auf die Vorlage - auf einem ähnlichen guten Niveau. Deshalb vorläufig 6 FEDERN, woran sich aber noch etwas ändern kann, falls ich mich umentscheide.

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(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

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Nihil
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Moderator
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Beiträge: 6039



Beitrag01.01.2010 18:56

von Nihil
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Insgesamt hat mir diese Geschichte ganz gut gefallen, aber einige Ungereimtheiten sowie etliche seltsame Formulierungen haben mir den Spaß ein wenig getrübt.

Mit denen möchte ich gleich anfangen. Ich zähle sie mit kurzem Kommentar auf, damit du in Zukunft darauf achten kannst bzw. merkst, was negativ auffallen könnte. Gleich zu Anfang ist es eigenartig, dass Rob als Sonderling bezeichnet wird, wenig später aber ein "Skandal" ist. Ein Skandal ist er mit Sicherheit nicht, und wenn das ein Dysphemismus der Dorfleute sein soll, sollte das deutlicher gemacht werden. Daran knüpft auch "der öffentlichen Langeweile abhanden gekommen" an. Man merkt, dass du die Spießigkeit, das Tratschen kritisieren möchtest, aber das machst du nicht scharf genug deutlich. Dann noch der "Handlanger für das Verstreichen seiner Tage", eine sehr undurchsichtige Formulierung. Wessen Handlanger ist er denn? Jener der Zeit? Die vergeht auch ohne sein Zutun. Weiterhin "bedient" man keinen Kalender, das Verb passt nur zu einer Maschine oder einem Gast im Restaurant. Sag doch einfach, dass er die Blätter abreißt. Zuletzt möchte ich noch anmerken, dass die Katze so laut war, "als würde ein Kind in ihr schreien". Warum schreit die Katze nicht einfach wie ein Kind?

Am Anfang hast du dem Leser das Szenario nicht ganz so einsteigerfreundlich vorgestellt. Anstatt gleich auf das Wesentliche zu kommen und zu erklären, warum Rob ein Sonderling ist und gemieden wird, hältst du dich bei den Dorfskandalen auf. Aber die Kritik an Dorfmenschen ist doch eigentlich gar kein Thema in deinem Text. Genau so die Buchkritik bzw. die bloße Erwähnung an / von Stefan Zweig. Die ist unnötig, hättest du dir sparen können. Außerdem Kleinigkeiten wie "das gemeinsame Schlafzimmer", obwohl man bislang nur Rob als Hauptcharakter kennt. Besser wäre: Das Zimmer, das er sich mit ... geteilt hatte.

Positiv anmerken möchte ich aber, dass die Textvorgabe hier ganz gut eingebunden wurde. Unter Ruth kann man sich schon vorher etwas vorstellen, nämlich eine gleichzeitige Mutter- und Liebesfigur, der Rob eine unerschütterliche Liebe entgegenbringt. So erfährt man durch die Textvorgabe sogar noch etwas Neues: Ruths Bett steht immer noch im Zimmer, Robs Obsession wird also noch gesteigert. Allerdings taucht das Zeichen im Zusammenhang zu selbstverständlich auf, da ist der Umbruch zu plötzlich. Hier hätte ein erläuternder Satz gut getan. Die Fortführung wird zwar nicht sofort deutlich, es wird also keine Erklärung geliefert, warum es ein Zeichen gibt. Später kann man es sich jedoch denken: Es ist Ruth, die aus dem Jenseits noch ihren Sohn auffordert, nicht zu spät ins Bett zu gehen. Zumindest wird Rob das denken. Diese Idee finde ich sehr schön, vor allem weil sie nicht explizit genannt wurde und man selbst interpretieren muss.

Dass du Interpretationsspielraum gegen Ende schaffen wolltest, wird auf der anderen Seite leider sehr deutlich. Ich kann mir keinen Reim auf Juliette bilden, weiß nicht, ob es eine verstorbene Jugendliebe Robs ist oder Ruths leibliche Tochter. Und da du so wenig Informationen über sie bringst und kurz vor Schluss noch eine anscheinend so wichtige Person einbringst, bin ich als Leser auch wenig gewillt, darüber nachzugrübeln. Ich weiß nicht einmal sicher, ob Rob jetzt Ruth erschienen ist oder Juliette oder ob sie es beide waren. Ruth taucht auf und Rob sieht in sich hinein und erinnert sich. Dann noch der Satz, dass er zu diesem Haus aufbrechen sollte. Mich deucht, du wolltest deine Geschichte durch diesen Freiraum mit einem gewissen Geheimnis umgeben, aber mir gefällt das nicht. Ich will lieber eine Antwort auf das Warum, statt selbst darüber nachzugrübeln. Zumal es noch nicht einmal einen "Tipp" vom Text gibt.

Beim Lesen hatte ich mir Stichpunkte gemacht, aber jetzt hab ich noch zwei übrig und kann die nicht mit schöner Überleitung einbringen: Ich wollte noch gesagt haben, dass du bei Robs nächtlichem Erwachen Spannung aufgebaut hast durch
Zitat:
Er konnte nicht festmachen, was ihn zuerst aus seinem Dahindämmern riss, das schrille Telefon oder der Schlag neben dem Bett.

vernichtest die Spannung aber durch das dann folgende "auf jeden Fall". Lapidarer und uninteressierter hättest du daran nicht anschließen können. Durch das Aufheulen der Katze wird es dann aber trotzdem gruselig. Aber nur, damit Sekunden später der Raum nach Frühling riecht. Dieser Stimmungsumbruch hat mich ebenso verwirrt, der Text ist an dieser Stelle nicht konsistent.

Es hat mir eigentlich gut gefallen, aber da ich finde, dass Verwirrung beim Leser der Tod eines Textes ist (war bei anderen aber viel schlimmer als hier), kann ich nur eine mittelmäßige Bewertung geben.


EDIT: Und ich hab noch vergessen zu sagen, dass der Titel einen Bezug zu Weihnachten nahe legt, der im Text jedoch nicht erfüllt wird. Weihnachten, Schnee, Kerzen und Ähnliches wird nicht im Mindesten erwähnt. Bringt also erneut nur unnötige Irritation.
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sleepless_lives
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Pokapro VI Weltrettung in Gold


Beitrag03.01.2010 22:22

von sleepless_lives
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Also das ist mir zu verquer. Am Anfang nicht schlecht geschrieben, obwohl es in der zweiten Hälfte deutlich abfällt. Aber inhaltlich geht es drunter und drüber. Die Vorlage ist doch recht gewaltsam eingebunden, denn es wird nicht klar, woher das Telefonzeichen kommt. Von der Mutter, die so würde ich annehmen, schon tot ist? Juliette ist in keine Weise vorbereitet und die letzten fünf Abschnitte sind einfach nur kryptisch. Als ob de Autor/die Autorin sich auf einmal entschlossen hätte, eine andere Geschichte einzuarbeiten.

Zitat:
Es war damals die erste Nacht gewesen, die Ruth allein geblieben war, seit sie ihn trotz ihres Alters angenommen hatte.

Mitgenommen wohin?

Zitat:
Mit dem ersten Hahnenschrei hatte er sie dann vor dem Bett gefunden.

Und was heißt das jetzt?
Deutet der Hahnenschrei noch auf etwas hin?

Zitat:
Juliette sah er nicht mehr.

"Er sah Juliette nie wieder" ?
Von ihm ausgehend oder von ihr?

Zitat:
Noch heute wollte er sich aufmachen zu dem Haus hinter den Apfelbäumen.

Sollten wir das kennen? Es wurde noch nicht erwähnt.

Zugenommen scheint es die Geschichte zu sein von Rob, der sein ganzen Leben mit seiner Mutter in einem Raum schläft, bis zu deren Tod, mit Ausnahme einer Nacht irgendwo anders, welche er mit Juliette verbringt. Möglicherweise stirbt die Mutter daran, wobei das wahrscheinlich nicht das ist, was der Arzt, der den Totenschein ausstellt, auf eben jenem als Todesursache einträgt. Aber was trägt er ein? Die Mutter hat noch zu Lebzeiten einen Telefonservice beauftragt, um ihn (Rob, nicht den Arzt) an sie zu erinnern (?). Sie kommt als Erscheinung aus dem Jenseits (oder einem ausgedehnten Milchbadekururlaub mit Botoxbehandlung) zurück, um ihn aufzufordern, zu Juliette zu gehen, die schon so lange auf ihn warte. Es nicht klar, ob Juliette am Leben ist und wenn ja, warum sie auf ihn warten sollte. Völlig unverständlich bleibt, warum die Mutter ausgerechnet auf Juliette hinweist. Bis dahin hätte man vielleicht ein Eifersuchts- und Kontrollgeschichte aus den Bruchstücken aufbauen können, real oder auch nur von Rob phantasiert, aber hier verblasst diese Variante so schnell wie die Erscheinung der Mutter in der Geschichte. Was bleibt ist Rätselraten.


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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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Aknaib
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Beitrag03.01.2010 22:40

von Aknaib
Antworten mit Zitat

Die Geschichte ist gut aufgebaut und folgt einem roten Faden.

Die Vorgabe ist schlüssig einbezogen.

Am Ende sollte er das Kopfkissen nicht wegen der Nässe abziehen. Sondern der Knackpunkt ist: Jetzt passiert etwas Besonderes. Es ist nicht Sonntag und trotzdem zieht er das Kissen ab, weil er etwas in seinem Leben verändert.

Zwei Dinge habe ich nicht verstanden:

Den Titel- was hat die Geschichte mit Weihnachten zu tun?  Da kann ich beim besten Willen keinen Zusammenhang sehen.

Warum er zu dem Haus hinter den Apfelbäumen gehen will, ist nicht einleuchtend. Es gibt im Text keinen Hinweis. Ist das so gemeint, dass er sich dort mit Juliette getroffen hatte?

Mit Gruß
Bianka

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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag06.01.2010 00:35

von lupus
Antworten mit Zitat

inhaltlich gar nicht mein Geschmack, aber

inhaltlich interessant, technisch perfekt, sprachlich schön umgesetzt, mit einigen echten Gustostückerln, der Textteil einfach grandios eingebaut, sehr kreativ.

was mich stört?

Zitat:

Da stand sie. Juliette. Ihre blauen Augen. Ihr weiches Haar, das der Wind sanft streicheln ließ (von wem?), als er (der Wind?) mit seinen Lippen zögernd die ihren suchte. Er hörte den Bach zwischen den Wiesen und das Wispern der blühenden Bäume. Es war die erste warme Nacht des Jahres gewesen. Ihr (Juliettes oder der der NAcht?)Duft, der sie beide umhüllte, und ihre warme Haut an seiner Hand. Alles war ihm ganz nah. Die Zeit hatte mit ihnen still gestanden. (das versteh ich jetzt gar nicht)

Ruths Stimme holte ihn zurück. Er konnte jetzt nur noch vage ihre Umrisse sehen. Sie war deutlich jünger geworden. (????)
Rob, sie wartet schon so lange. Ihre Stimme verebbte, die letzten zwei Worte kaum erkennbar. Dann verblasste ihre Figur so schnell mit dem Mondlicht, wie sie gekommen war.
Rob bewegte sich lange nicht. Das Telefon schwieg, aber die Katze schnurrte. Sie lag wieder neben seinem Bauch.

Schließlich machte er Licht und hob das Buch auf. Er suchte den Satz und fand ihn nicht mehr.
Zehn Jahre waren vergangen. Es war damals die erste Nacht gewesen, die Ruth allein geblieben war, seit sie ihn trotz ihres Alters angenommen hatte. Mit dem ersten Hahnenschrei hatte er sie dann vor dem Bett gefunden. Juliette sah er nicht mehr.


das Verschwimmen von Vergangenheit und Gegenwart - wenn es denn beabsichtigt war - scheint mir nicht so ganz 100%ig gelungen zu sein. Mich verwirrn Zeitenwechsel, die mir wie Fehler vorkommen, weil ich aber nicht 100%ig versteh' (eben wegen der Zeitenwechsel) kann ich auch nicht sagen ob's Fehler sind oder nicht.

AiA: eine Idee, die ich gegen Ende eigentlich mehr erahnen muss, als dass ich sie lesen kann. Dessen ungeachtet: schön geschrieben.

Möglicherweise müßte der teil einfach präziser ausgearbeitet werden? hm

Gustostückerl-Sammlung (heute ohne Begründung):
Zitat:
Ja, Rob war ein Sonderling. Er war es schon so viele Jahre, dass er dem Dorf keinen Gesprächsstoff mehr bot. Längst redete man an den Stammtischtheken über andere Skandale. Da waren die Trunkenheit des Schuldirektors am letzten Wochenende, die schwangere Sechzehnjährige oder die Bestürzung über die tödlich verunglückten Zwillinge. Die überlebende Mutter hatte in ihrer Eile vergessen, sie anzuschnallen.

Rob war der öffentlichen Langeweile genauso abhanden gekommen, wie sich sein tragisches Schicksal in monotonen Wochen aufgelöst hatte.
Er lebte nur noch als Handlanger für das Verstreichen seiner Tage.

 hatte ihm versprochen, über alle Zeiten auf ihn zu achten.

Aber die Dunkelheit brachte ihm keine Ruhe. Sie braucht deine Hilfe. Dieser kurze Satz schluchzte ihn fast an, dabei war ihm jede Form von Kitsch verhasst. Schließlich beschloss er, der Bücherei im Ort den Fehler dieser Seite zu melden, denn nur um so einen konnte es sich handeln, war es doch ein Buch von Stefan Zweig.
Die Katze gab weiterhin keinen Laut von sich, und er spürte, wie ihn die Müdigkeit einholte.

Er konnte nicht festmachen, was ihn zuerst aus seinem Dahindämmern riss, das schrille Telefon oder der Schlag neben dem Bett. Auf jeden Fall ruckte er augenblicklich in die Höhe und krallte die Hände in die Decke, vor seinen Augen die Fäden des Mondlichts, die sich über das Bett zur Tür hin zogen. In seinem Starren kam es ihm vor, als würden sie sich bewegen.


Momo sprang abwehrend vors Bett und landete vor dem aufgeschlagenen Buch. Voller Aufbegehren ließ sie einen weiteren langen Schrei von sich, es war ihm, als würde ein Kind in ihr schreien.

Robert. So hatte Ruth ihn nur genannt, wenn sie ihn tadeln wollte. Mit ihren Worten floss weißes Licht durch den Türspalt und umspülte ihre durchsichtige Erscheinung wie einen Weihnachtsengel im Nebel.
In ihrer Stimme lag der Klang von Nähe, obwohl sie den Nachhall der Ferne in sich trug.

Ihr weiches Haar, das der Wind sanft streicheln ließ, als er mit seinen Lippen zögernd die ihren suchte. Er hörte den Bach zwischen den Wiesen und das Wispern der blühenden Bäume. Es war die erste warme Nacht des Jahres gewesen. Ihr Duft, der sie beide umhüllte, und ihre warme Haut an seiner Hand. Alles war ihm ganz nah. Die Zeit hatte mit ihnen still gestanden.


Fazit: --> 7 Federn

lgl


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag07.01.2010 17:41

von Jocelyn
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, liebe Bewerter!

Ich freue mich über mein Ergebnis.
Es war immer mein Ziel, eine gute Sprache zu entwickeln, da mich eine schlichte und sprechende Posa fasziniert.
Scheinbar habe ich viel bei euch dazugelernt und bin auf dem Weg.
Danke!

Die Story wurde inhaltlich aber nicht gut aufgenommen. Das macht nichts.
Möchte nur sagen, dass ich die Textstelle
Zitat:
Da läutete es ein drittes Mal. Vielleicht wäre er nicht aufgeschreckt, doch die Katze sprang augenblicklich von Ruths Bett und verkroch sich unter ihm.

tatsächlich anders verstanden hatte.
Ich dachte, dass sich die Katze unter den Prota verkriecht.
Wirklich. Rolling Eyes
Deshalb lag sie neben dem Bauch.

Lieben Gruß, Jocelyn


_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag07.01.2010 21:06

von lupus
Antworten mit Zitat

Jocelyn hat Folgendes geschrieben:
Möchte nur sagen, dass ich die Textstelle
Zitat:
Da läutete es ein drittes Mal. Vielleicht wäre er nicht aufgeschreckt, doch die Katze sprang augenblicklich von Ruths Bett und verkroch sich unter ihm.

tatsächlich anders verstanden hatte.
Ich dachte, dass sich die Katze unter den Prota verkriecht.


mit Verlaub ist das auch die einzige Möglichkeit diesen Satz zu lesen, wenn man mit etwas gutem Willen davon ausgeht, dass der Autor nicht gerade die Grundschule verlassen hat.

natürlich hättest du das feiner formulieren können, aber eine andere Lesart ist mE nicht möglich.

sollte "unter dem Bett" gemeint sein, würde hier stehen:

unter diesem
darunter

aber sicher nicht "unter ihm". Denn das wär dann wirklich schauderhaft.


LGL

noch einmal: hat mir sehr gut gefallen, muss gestehen, ich hätte mir mehr Zeit nehmen müssen, um den Text wirklich zu verstehen, hätte aber - wenn das beruhigt - nix an der Befederung geändert.


_________________
lg Wolfgang

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Bananenfischin
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Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag07.01.2010 21:46

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Lupus,

Zitat:
unter diesem
darunter


klar, das liest sich viel besser, das finde ich auch.

Und Jocelyn, ich hatte mir schon gedacht, dass da ein Missverständnis hintersteckt. Aber rein inhaltlich würde das doch nicht gehen. Ich meine, meine Katze kann unter meine Decke kriechen, aber doch nicht wirklich unter MICH.
Das ist noch weniger möglich als eine derartige Formulierung des Satzes, oder?

Gruß
Bananenfischin


_________________
Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

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