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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 03/2012
Fruchtfliegen

 
 
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Kara
Geschlecht:weiblichEselsohr
K

Alter: 46
Beiträge: 293



K
Beitrag25.03.2012 19:00
Fruchtfliegen
von Kara
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Fruchtfliegen

An einem sonnigen Julimorgen, wahrscheinlich an ihrem Hochzeitstag, wie er im Nachhinein vermutete, packte sie ihre Koffer und ging.
Sie hinterließ einen halbvollen Kaffeebecher, frisches Obst und einen grünstichigen Computerausdruck an dem ein „Post-it“-Zettelchen klebte.
„Deshalb verlasse ich Dich. Lebe wohl, Deine Ann“.
Er erkannte das Bild auf dem Papier sofort. „Die Liebenden“ von Magritte. Überall in der Wohnung lagen Kopien verstreut, zwanzig, dreißig Stück,mindestens. Es wurden im Laufe der letzten Wochen immer mehr. Immer grüner, da er es versäumt hatte, den Drucker zu reparieren. Ganz besessen schien sie von diesem Gemälde der sich küssenden Fremden. Irgendeine Phase, dachte er noch.
Er setzte sich an den Küchentisch und starrte auf das Bild.
Eine Fruchtfliege beschloss, ihm Gesellschaft zu leisten und ließ sich auf einem der Äpfel in der Obstschale nieder, die direkt neben ihm stand. Wie ein einsamer Gedanke zog sie ihre Kreise, setzte sich, flog aufgeregt in die Luft, wenn er sich knapp bewegte.
Abends legte er sich ermattet ins Bett. Träumte weinend von verhüllten Menschen und leidenschaftlichen Umarmungen. Durchlebte wilde Ekstase bis hin zum tiefsten Fall.
Tagsüber saß er am Küchentisch, betrachtete das unheilvolle Bild und beobachtete die Fruchtfliegen. Es wurden immer mehr. Sie schwirrten und sausten scheinbar ziellos herum, schlugen sich die Bäuche voll. Gewannen an Substanz. Genauso wie die Vorwürfe, Entrüstungen, die schönen und schlechten Erinnerungen, die offenen Fragen. Sie waren außerordentlich fruchtbar und schwirrten lautlos durcheinander.
Irgendwann rief sie an und fragte, ob er endlich begriffen hätte.
„Nein,“ antwortete er, „das habe ich nicht.“
„Aber Du schaust Dir das Bild an?“
„Ja, aber ich begreife nichts.“ wiederholte er.
Dann legte sie auf.
Die Nächte kosteten ihm Kraft, die Tage sowieso. Schon spielten Uhrzeiten keine Rolle mehr. Er schlief am Küchentisch, den Kopf auf das Papier gebetet. Er träumte ausschließlich von seiner Frau. Sie küsste ihn. Ganz wie auf dem Gemälde. Inniglich, hingebungsvoll. Doch jedes Mal, wenn er ihr den Schleier vom Gesicht zog, verwandelte sie sich in Millionen von Fruchtfliegen und stob auseinander.
Als er endlich den Kammerjäger rief, Tage oder Wochen später, die Zeit hatte schon lange an Bedeutung verloren, wusste er noch immer nicht, ob Ann den defekten Drucker, die Sehnsucht nach der geheimnisvollen Fremdheit oder die im Laufe der Jahre zwischen ihnen entstandene Fremde anprangerte.
Aber er hatte gelernt, dass man am Besten schon die allererste Fruchtfliege in der Obstschale beseitigen sollte.

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Dienstwerk
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 55
Beiträge: 1254
Wohnort: Gera/Markkleeberg
DSFo-Sponsor Goldene Harfe


Beitrag26.03.2012 00:22

von Dienstwerk
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Neutraler Befederungskommentar - wenn es die Zeit erlaubt, später evtl. mehr.

LG, Ana
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Rufina
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 693



Beitrag26.03.2012 12:57

von Rufina
Antworten mit Zitat

Hallo,

Vorlage:
Gut umgesetzt, wie ich finde.

Sprache:
Da sticht für mich ein Satz heraus, der mir wirklich gut gefallen hat, nämlich dieser:
Zitat:
Wie ein einsamer Gedanke zog sie ihre Kreise, setzte sich, flog aufgeregt in die Luft, wenn er sich knapp bewegte.

Nur mit dem "knapp bewegte" kann ich wenig anfangen.
Alles andere scheint in Ordnung zu sein.

Inhalt:
Leicht übernatürlich angehaucht, nicht zu viel, nicht zu wenig, aber die Geschichte verharrt irgendwie auf der Stelle. Die Fruchtfliegen werden mehr, der Drucker spuckt Bild um Bild aus, aber es geschieht nichts weiter Am Zustand des Protas ändert sich nichts. Einerseits kommt dadurch gut rüber, dass er sich selbst vernachlässigt und mit seinen Gedanken nur an der Frau hängt, andererseits wird es dadurch m.E. auch ein wenig monoton.

Viele Grüße
Rufina


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Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, dass wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden. (Douglas Adams)
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4298

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Beitrag26.03.2012 15:45

von hobbes
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Den Kammerjäger? Wegen Fruchtfliegen? Erscheint mir ein bisschen zu übertrieben.

Ganz genau wie der Protagonist begreife auch ich nichts. Na ja, vielleicht doch ein bisschen was. Zu wenig jedenfalls nicht.

Ich mag die Fruchtfliegen-Analogie. In dem Fall muss es dann natürlich doch der Kammerjäger sein. Einfach das Obst in die Mülltonne kippen, wäre irgendwie ein bisschen schwach.

Ich frage mich, warum die Grünstichigkeit wichtig ist. Ach ja, doch. Natürlich ist die wichtig. Um vielleicht das "er repariert noch nicht mal den Drucker, obwohl sie ihn x-mal darum gebeten hat" ins Spiel zu bringen?

Eine dieser Geschichte, bei mit mehrmaligem Lesen gewinnt. Vielleicht bin ich auch nur zu langsam, um alles beim ersten Lesen zu begreifen. Egal. Das hier
Zitat:
wahrscheinlich an ihrem Hochzeitstag

lässt sich beim zweiten Lesen jedenfalls besser genießen.

Der Ton, die merkwürdigen Anführungszeichen, mein komplette Unlust, den Text zu zerpflücken - irgendwie habe ich so eine Vermutung, was die Autorin betrifft.
Passiert? smile

Und mache ich jetzt mit den Federn? Ach was solls, vergebe ich eben mal meine erste 7.
Könnte sich aber im Lauf des Kommentierens noch ändern.


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junimond7
Geschlecht:weiblichLeseratte

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Beitrag26.03.2012 22:55

von junimond7
Antworten mit Zitat

(muss man wegen fruchtfliegen den kammerjäger rufen?)

auch hier finde ich die idee das bild direkt als solches in die geschichte zu weben sehr gut
auch die geschichte an sich ist echt gut
die moral am ende, hätte ich mir ein bisschen origineller umschrieben gewünscht
und die überschrift stört mich


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Misch ein bisschen Torheit in Dein ernsthaftes Tun und Trachten. Albernheiten im rechten Moment sind etwas Köstliches.
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lady-in-black
Bitte nicht füttern


Beiträge: 1474
Wohnort: Killer Förde
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Beitrag27.03.2012 12:14

von lady-in-black
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Moin,  smile

hab die kleine, vorwitzige Erbse, die sich mir unbedingt vor die Füße werfen musste, aufgehoben:

Zitat:
Er schlief am Küchentisch, den Kopf auf das Papier gebettet.


Gibt ansonsten nicht viel zu sagen, außer, dass es mir gut gefallen hat.  Cool


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- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt.
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Gast







Beitrag27.03.2012 12:51

von Gast
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Schwierig.
Hat schon einiges schönes, aber zündet nicht. Kann nur schwer festmachen wieso.
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Belzustra
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 344
Wohnort: Belgien


Beitrag27.03.2012 13:32

von Belzustra
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Hi,

amüsantes Ende. Auch ansonsten schön zu lesen.

LG
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
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Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag27.03.2012 21:19

von Nicki
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Wegen Zeitmangel und nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, nur Federn zu vergeben, aber nicht zu kommentieren. Meine Bewertung setzt sich zusammen aus dem Bauchgefühl, dass da etwas steht, das mir gefällt, das ich gerne lese, das ich verstehe.
Weiterhin ob die Themenvorgabe eingehalten worden ist und ob grobe Rechtschreib und Grammatikfehler auftauchen.
Wer wissen möchte, warum sein Text meine Federnanzahl bekommen hat, fragt mich am besten nach den Osterferien, wenn ich wieder im Lande bin.


_________________
MfG
Nicki

"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
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*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
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*Gestohlene Jahre* Work in Progress
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halcyonzocalo
Geschlecht:männlichEinsamer Trancer

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Beiträge: 1202
Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo


Beitrag28.03.2012 10:05

von halcyonzocalo
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Hier weiß ich noch nicht so Recht, was ich mit dem Text anfangen soll. Er versucht zu verstehen, wieso sie gegangen ist, es fällt ihm aber nicht ein... damit ist der Inhalt in meinen Augen schon abgearbeitet. Das Motiv der Fruchtfliege ist zwar ganz nett, kann sich aber nicht so Recht entfalten und wirkt irgendwie so, als wolle man damit lediglich den Text füllen. Sprachlich ok, aber auch nichts Berauschendes. 5 Federn.

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Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum.
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Mardii
Stiefmütterle

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Beiträge: 1774



Beitrag28.03.2012 19:20

von Mardii
Antworten mit Zitat

Der Traum der Enthüllung und dann die Fruchtfliegen, anstatt des Gesichts, ist schon sehr stark. Deswegen überlege ich, warum der Mann immer noch nicht begreift aus welchem Grund sie ihn verließ. Es scheint, dass er einen gleichgültigen Charakter hat. An ihn kommt nichts so schnell heran. Gefällt.

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Ridickully
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StefSteff2005
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 58



Beitrag29.03.2012 10:38

von StefSteff2005
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Ja, die Geschichte gefällt mir. Der Titel macht natürlich neugierig und ergibt auch dann einen Sinn. Schön geschrieben.
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ney
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 187
Wohnort: Leipzig


Beitrag29.03.2012 13:55

von ney
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die entfremdung zweier liebender ... der fruchtfliegen-vergleich wirkte passend.
sprachlich hätte man an einigen stellen sicher noch mehr rausholen können, einge sätze wirken etwas blass. dennoch finde ich die geschichte im ganzen gut geschrieben, die stimmung des protas kam für mich gut rüber.


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adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


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Beitrag29.03.2012 15:43

von adelbo
Antworten mit Zitat

Ich lese den Text als gut geschriebene Persiflage auf den Selbstfindungstrieb vieler Menschen heute. Und den Unterschied in der Denkweise von Männern und Frauen. Die Fruchtfliegen symbolisieren, dass man rechtzeitig einschreiten sollte, bevor etwas überhand nimmt.
Nur was?

Gut geschrieben, aber nicht so ganz mein Ding. Vielleicht habe ich die Geschichte ja auch nicht richtig verstanden.

adelbo


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„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
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Piratin
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Beiträge: 2186
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Ei 2


Beitrag29.03.2012 16:12

von Piratin
Antworten mit Zitat

Lieber PoKaPro-Teilnehmer,

eine zum Schluß an Fahrt gewinnende Umsetzung des Themas, die mir gefallen hat. Besonders die Suche von ihm nach einem Grund, den er verstehen könnte.
Eine Erbse:
Zitat:
den Kopf auf das Papier gebettet


Dass jemand soviele Fruchtfliegen hat, dass es den Kammerjäger braucht, hat mich zum Schmunzeln gebracht. Die Pointe ist fein.
Liebe Grüße
Piratin


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Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen.
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Maestro
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Alter: 67
Beiträge: 337



Beitrag29.03.2012 16:29

von Maestro
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Leider begreife ich auch nicht viel. Das in der Wohnung 20 oder dreißig Bilder verstreut sind, kann ich mir schwer vorstellen. Und wenn, bräuchte es wohl kein Post-it, um ihn darauf aufmerksam zu machen.
Die Vergleiche zwischen den Fruchtfliegen und seinen Gedanken sind ganz gut gelungen.
Beim Telefondialog hätte ich mir doch eine Anspielung seiner Frau auf den Grund für ihr Verschwinden gewünscht. Das hätte m.E. zu einer stärkeren Pointe geführt. So finde ich das Ende ein wenig "flach".

Ich vergebe fünf Federn

Maestro


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anuphti
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Beitrag29.03.2012 20:48

von anuphti
Antworten mit Zitat

Ich verstehe leider weder die Motive der Frau, noch den Zusammenhang mit den Fruchtfliegen. Insofern hast Du mich als Leserin verloren.
Das könnte um Einiges besser werden, wenn Du die Zusammenhänge klarer herausstellen würdest.

So leider nur 4 Federn.

LG
Nuff


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mondblume
Geschlecht:weiblichReißwolf

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Wohnort: Costa Brava


Beitrag29.03.2012 21:58

von mondblume
Antworten mit Zitat

Sehr schön! Nichts zu meckern, ausser vielleicht den Zweifel, ob man wegen Fruchtfliegen wirklich den Kammerjäger kommen lassen muss ...

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The Brain
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 65
Beiträge: 1966
Wohnort: Over the rainbow


Beitrag30.03.2012 19:43
Re: Fruchtfliegen
von The Brain
Antworten mit Zitat

Hallo lieber Autor,


ich darf dann mal?


postkartenprosa hat Folgendes geschrieben:
Fruchtfliegen

An einem sonnigen Julimorgen, wahrscheinlich an ihrem Hochzeitstag, wie er im Nachhinein vermutete, packte sie ihre Koffer und ging.
Sie hinterließ einen halbvollen Kaffeebecher, frisches Obst und einen sind doch fast dreißig? oder dieser spezielle mit dem post-it? würde ich dann auch betonen???grünstichigen Computerausdruck an dem ein „Post-it“-Zettelchen klebte.
„Deshalb verlasse ich Dich. Lebe wohl, Deine Ann“.
Er erkannte das Bild auf dem Papier sofort. „Die Liebenden“ von Magritte. Überall in der Wohnung lagen Kopien verstreut, zwanzig, dreißig Stück,mindestens. Es wurden im Laufe der letzten Wochen immer mehr. Immer grüner, da er es versäumt hatte, den Drucker zu reparieren. Ganz besessen schien sie von diesem Gemälde der sich küssenden Fremden. Irgendeine Phase, dachte er noch.
Er setzte sich an den Küchentisch und starrte auf das Bild.
Eine Fruchtfliege beschloss, ihm Gesellschaft zu leisten und ließ sich auf einem der Äpfel in der Obstschale nieder, die direkt neben ihm stand. Wie ein einsamer Gedanke zog sie ihre Kreise, setzte sich, flog aufgeregt in die Luft, wenn er sich knapp irgendwie will mir das nicht passen ... bewegte.
Abends legte er sich ermattet ins Bett. Träumte weinend von verhüllten Menschen und leidenschaftlichen Umarmungen. Durchlebte wilde Ekstase bis hin zum tiefsten Fall.
Tagsüber saß er am Küchentisch, betrachtete das unheilvolle Bild und beobachtete die Fruchtfliegen. Es wurden immer mehr. Sie schwirrten und sausten scheinbar ziellos herum, schlugen sich die Bäuche voll. Gewannen an Substanz. Genauso wie die Vorwürfe, Entrüstungen, die schönen und schlechten Erinnerungen, die offenen Fragen. Sie waren außerordentlich fruchtbar und schwirrten lautlos durcheinander.
Irgendwann rief sie an und fragte, ob er endlich begriffen hätte.
„Nein,“ antwortete er, „das habe ich nicht.“
„Aber Du schaust Dir das Bild an?“
„Ja, aber ich begreife nichts.“ wiederholte er.
Dann legte sie auf.
Die Nächte kosteten ihm Kraft, die Tage sowieso. Schon spielten Uhrzeiten keine Rolle mehr. Er schlief am Küchentisch, den Kopf auf das Papier gebetet. Er träumte ausschließlich von seiner Frau. Sie küsste ihn. Ganz wie auf dem Gemälde. Inniglich, hingebungsvoll. Doch jedes Mal, wenn er ihr den Schleier vom Gesicht zog, verwandelte sie sich in Millionen von Fruchtfliegen und stob auseinander.
Als er endlich den Kammerjäger rief, Tage oder Wochen später, die Zeit hatte schon lange an Bedeutung verloren, diese inhaltliche Wiederholung stört (mich) wusste er noch immer nicht, ob Ann den defekten Drucker, die Sehnsucht nach der geheimnisvollen Fremdheit oder die im Laufe der Jahre zwischen ihnen entstandene Fremde anprangerte.
Aber er hatte gelernt, dass man am Besten schon die allererste Fruchtfliege in der Obstschale beseitigen sollte.



Liebe Grüße

Brain


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Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

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fancy
Geschlecht:weiblichSchmuddelkind

Alter: 64
Beiträge: 2758
Wohnort: Im sonnigen Süden


Beitrag31.03.2012 14:10

von fancy
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Hallo,

hat der Mann keinen Kalender, in dem er nachschauen könnte, ob es der Hochzeitstag war?

Sie sind sich fremd geworden?

Dein Text ist gut geschrieben. Wahrscheinlich wird er gut bewertet werden. Mir liegt er nicht so sehr. (Meine Schuld.)

Federn gibt es später.


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Don't start doing things, just do them. Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach! (Me)
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derSibirier
Reißwolf
D


Beiträge: 1250



D
Beitrag01.04.2012 07:29

von derSibirier
Antworten mit Zitat

Sehr gut.

8 Federn

Grüße
Sibirier
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Gast







Beitrag01.04.2012 09:14

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Autor/in,

jeden Text habe ich mindestens zweimal gelesen, sacken lassen, und nochmals gelesen.
Meine Bewertung setzt sich zusammen aus der Beurteilung, wie das Thema umgesetzt wurde, ob die Geschichte einigermaßen strukturiert und verständlich ist – also ohne Anleitung gelesen werden kann. Rechtschreib- und andere Fehler lasse ich ebenfalls mit einfließen (ja auch das, weil ich in finde, dass man als Schreiberling in einer Woche einen möglichst fehlerfreien Text zustande bringen sollte). Natürlich ist auch ein Funken Geschmacksache dabei - ganz ausschalten kann ich das wohl nicht.
Das Ergebnis vergleiche ich mit den anderen Geschichten des Wettbewerbes. Es kann also sein, dass ich schreibe: Mir gefällt die Story und dennoch „nur“ fünf, sechs oder sieben Feder gebe, weil es eben im Wettbewerb andere Geschichten gibt, die noch besser sind. Wie jedes Mal vergebe ich nur ein 1 und eine 9. Falls du die 1 erwischen solltest, muss das nicht heißen, dass dein Text grottenschlecht ist, sondern nur, dass er für mich der schwächste im Wettbewerb ist.
Bei 52 Beiträgen werden die Kommentare zu jeder einzelnen Geschichte wohl teilweise knapp ausfallen.  

Zu deiner Geschichte:

Das ist eine der wenigen Geschichten, die durch mehrmaliges Lesen gewonnen hat. An manchen Stellen war mir die Sprache zu getragen – letztendlich konnte ich mich aber damit anfreunden. Fein.

Liebe Grüße
Monika
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