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Erleuchtung


 
 
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Zettel
Geschlecht:männlichWortedrechsler
Z


Beiträge: 87



Z
Beitrag12.06.2023 17:57
Erleuchtung
von Zettel
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Als ich kam
schlugen sie ihre Kinder
jeden Tag

Das waren faule Kinder
und dumme

Das waren Kinder
die nicht hören wollten
und solche
die dem Rohrstock auswichen

Manche gingen
nicht aufs Feld
sondern in die Tempel

Dort tanzten sie
vor Priestern
die keine waren

Dort gaben sie sich hin
an Kräuter und Musik
an alles und jeden

Und als ich ging
kamen sie nach Haus
keine Kinder mehr

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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
Wohnort: München
Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
Pokapro und Lezepo 2014 Pokapro VII & Lezepo V



Beitrag12.06.2023 22:38

von crim
Antworten mit Zitat

Hallo Zettel,

ich glaube hier die Kinder als Angehörige der kulturellen Gegenbewegung  (Hippies, oder bei uns 68er) zu erkennen, also von ihrer Kindheit in den Fünfzigern, zur Jugend in den (späten) Sechzigern, Make Love Not War, Woodstock, Studentenproteste, hinein in die Siebziger, erwachsen geworden.

Wer ist das "Ich" dieses Textes, frage ich mich, und komme noch nicht weiter. Bislang scheint es mir nur eine Klammer um den Text. Vielleicht auch noch einmal gewählt, als etwas das zusätzliche Distanz zu den "Beobachtungsgegenständen", der Elterngeneration und den aufwachsenden Kindern, schafft.

Das anfängliche "Sie", die Elterngeneration, die die Kinder schlugen. Im "Tempel" werden die Kinder dieses Textes erstmals selbst zum "Sie". Bei der Rückkehr "nach Haus" sind "Sie" keine Kinder mehr. Die Metamorphose, die bereits im "Tempel" (hier ist das ein Musiktempel) angedeutet begonnen hat, ist abgeschlossen. Sind sie nun erleuchtet? Der Text suggeriert das zumindest, obwohl er ja anfangs hart ins Gericht geht mit den Kindern. Das ist da allerdings vermutlich durch die Brille der Elterngeneration.

Ich lese einen ähnlichen Ton wie in deiner Prosa, der mir generell sehr gut gefällt.

Das sind mal so meine ersten Gedanken zum Text. Gerne gelesen.

LG crim

Edit: Der Titel Erleuchtung verweist auf den Tempel und macht ihn deutlich als Schlüsselort dieses Gedichts. Tempel statt Feld.
Statt zu arbeiten, feierten sie, und waren erleuchtet.
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Zettel
Geschlecht:männlichWortedrechsler
Z


Beiträge: 87



Z
Beitrag13.06.2023 00:24

von Zettel
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, crim,

schön, dass Du so im Text bist. Der Verweis auf die 68er ist gewollt, aber nicht bindend. Die Attribute Kräuter und Musik weisen darüber hinaus. Und falsche Priester hat es schon immer gegeben.
Ich schreibe gern ins Ungefähre und bin mitunter von den Schlüssen überrascht. Kein automatisches Schreiben, aber intuitiv.
Du hast recht: auch meine Prosa will nicht erklären, sondern Teilnahme erzeugen. Die Stimmung ist mir wichtig, weniger der Erkenntnisgewinn.

Liebe Grüße, Zettel
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Brombärchen
Eselsohr


Beiträge: 258



Beitrag27.07.2023 15:14
Re: Erleuchtung
von Brombärchen
Antworten mit Zitat

Hallo Zettel:)
Sehr schönes Gedicht.
Schön schwer zu deuten:)
Ich versuche mal crims Staffelstab zu übernehmen und bei seiner Interpretation weiterzudeuten wink

Schlüssel erscheinen mir hier
1. der Titel: Erleuchtung
2. das „ich kam“ Inder ersten und das „ich ging“ der letzten Strophe
3. und vielleicht Wichtigstens: die Verschiebung des Adressaten des Personalpronomens  Sie.

Zettel hat Folgendes geschrieben:
Als ich kam
schlugen sie ihre Kinder
jeden Tag


Und als ich ging
kamen sie nach Haus
keine Kinder mehr


Das „sie“ wird halb mit den Eltern und halb mit den Kindern verknüpft. Dadurch wird der Lauf des Lebens betont, dass aus der Perspektive des Erleuchteten, (oder besser formuliert, der Erleuchtung, den es gibt keine Person mehr in dem Bewusstsein der Erleuchtung), dass aus dieser Perspektive, der Kreis des Lebens das Individuum verwandelt. Wer erkennt, dass alles sich wandelt, erkennt, dass das Ich eine Illusion ist, so wie Beständigkeit.
Außerdem steht in der letzten Strophe „als ich ging“.
Die letzte Strophe schließt den Kreis des Lebens. Als das LI kam ( geboren, physisch oder Entstehung des Ichs ) „schlugen sie ihre Kinder“. Als es ging (sterben; physischer Tod oder Erleuchtung, die auch als Tod bezeichnet wird) kamen sie nach Haus.
Liebe Grüße von brombärchen
P.S.: Hiermit reiche ich den Staffelstab weiter mit den Fragen
Wer ist sie?
Und was ist das Haus?


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nebenfluss
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Beitrag28.07.2023 00:04

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Brombärchen hat Folgendes geschrieben:

P.S.: Hiermit reiche ich den Staffelstab weiter mit den Fragen
Wer ist sie?
Und was ist das Haus?

Gute Fragen.
Ich sehe es ähnlich wie crim, "sie" repräsentieren eine (herrschende) Gesellschaft; eine Elterngeneration, oder allgemein: eine Machtposition. Am Ende sind die Kinder keine Kinder mehr, sondern "sie" als Ersatz der Alten, und formen nun die Gesellschaft nach ihren eigenen Werten.
Der Tempel als symbolischer Ort ist freizügiger als die Enge des elterlichen Hauses (bzw. der Familie, des sozialen Rahmens). Immer wieder erstaunlich, wie gut das mit einem Tempel funktioniert, während Kirche, Synagoge oder Moschee da bei mir den Eindruck von Widersprüchlichkeit hervorrufen würden.


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Brombärchen
Eselsohr


Beiträge: 258



Beitrag28.07.2023 09:59

von Brombärchen
Antworten mit Zitat

Hallo Nebenfluss,
Ich habe mich leider missverständlich ausgedrückt.
Es heißt ja „nach Haus“, also geht es nicht um ein Haus als Symbol, sondern um das zu Hause sein, heim zu kommen.
Also stellt sich die Frage, was das Gesicht damit meint.
Ansonsten wollte ich nur noch anführen, dass ich alle Ausführungen von crim gut und richtig finde, vor allem die flowerpower Generation halte ich für die Onterpretation wichtig, den Tempel, die Kräuter die falschen Lehrer usw.
Ich wollte nur dazu noch eine Fußnote beisteuern, welche Punkte man darüber hinaus analysieren kann. Deshalb die Metapher mit dem Staffelstab smile
Ich glaube sowieso nicht, dass man einen Text je ganz ausdeuten kann. Man findet immer mehr wenn man sucht.
LG


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