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Woran erkennt man, ob ein Mops Erleuchtung erlangt hat?


 
 
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Sun Wukong
Geschlecht:männlichEselsohr
S

Alter: 44
Beiträge: 459

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S
Beitrag22.02.2012 13:57
Woran erkennt man, ob ein Mops Erleuchtung erlangt hat?
von Sun Wukong
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Woran man erkennt, ob ein Mops Erleuchtung erlangt hat?
Er zergeht wie Buddha auf der Zunge.
Ich schmuste schon eine Weile in Guang Tins Bar am Goldfischmarkt Wange an Wange mit der Tischplatte, als mir klar wurde: die Affäre mit Tsui, sie war genau so ein Mops. Zu spät erkannte ich, welche Kostbarkeit vor mir auf dem Teller gelegen hatte.

Durch einen dummen Zufall - oder wie Tsui sagen würde: Schicksal - lernten wir uns kennen. Vor einem Café sitzend, spuckte sie damals salopp den Kern einer Litschi auf die Straße, ich rutschte darauf aus und den Rest kann man sich ja denken. Schnäpse trinken, Zoos besuchen und Spaghetti essen bis man knutscht.

Bis ich vor drei Tagen den angeblich todsicheren Tipp für das Schneckenwettrennen bekam. Nachdem ich Tsui gestand, ihr Kettchen mit dem Jadedrachen verspielt und oben drauf noch die Schneckenmafia auf meinen Fersen zu haben, war ich für sie gestorben. Während ich mir auf der Tischplatte noch die Denkmurmel zermarterte, was zu tun sei, versank ich im hypnotisierenden Schrabb-Schrabb-Schrabb des Deckenventilators.
 
Als ich wieder klar in der Birne wurde, hatte Guang Tin einen seiner besten Kunden verloren - mit gefesselten Händen saß ich auf einem Motorrad und der Fremde vor mir verwandelte die Neonschriftzüge der nächtlichen Straßen in einen Kometenschweif. Kein Zweifel: Guang Tin hatte meinen Erdbeer-Daiquiri mit Schuss serviert und mich an die Schneckenmafia verpfiffen, dieses charakterlose Schwein mit einem Rückgrat aus Tofu.

Das Motorrad bog in die Wuhu Street ab, als vor uns ein hoffnungslos überladener Tiertransporter scharf auf die Bremse drückte. Hühner schnatterten und Hunde bellten. Eine der Käfigtüren flog auf und eine braune Kugel sprang uns entgegen. Es war – ein Mops? Erst drückte mich eine Vollbremsung nach vorne, dann prallte der Mops gegen den Kopf meines Entführers und schlug ihn bewusstlos.

Mit gleichgültiger Miene schnitt der Schlangensuppenverkäufer an der Straßenecke meine Fesseln mit einem Hackbeil auf. Ich klemmte mir den Mops unter den Arm, setzte alles auf eine Karte und fuhr mit dem Motorrad zu Tsuis Wohnung. Vielleicht gab sie mir noch eine zweite Chance. Vielleicht war es ja doch Schicksal.

Tsui öffnete die Tür einen Spalt breit und sog an ihrer Zigarettenspitze.
„Was willst du, Langnase?“
„Dieser Mops - er hat mir gerade das Leben gerettet. Kann dir dieser Glücksbringer vielleicht wieder die Grübchen ins Gesicht zaubern, Zuckerschnute?“
Sie öffnete die Tür ein Stück weiter.
„Was ein Süßer! Sieht nur leicht durchgeschüttelt aus.“
„Wir haben ja auch ganz schön was durchgemacht. Hier, streichle ihn mal.“
Ich hielt ihr den Mops hin. Dabei übergab er sich. Tsui verzog angewidert das Gesicht und schlug uns die Tür zu ihrem Herzen vor der Nase zu. Kopfschüttelnd schaute ich auf meinen neuen Freund: „Wohl Zen-Buddhist, was?“



*Wie manche vielleicht gemerkt haben, ist diese Geschichte aus einem nicht abgeschickten Beitrag für die letzte "Postkartenprosa" entstanden, den ich nun aufpoliert habe und das ich vielleicht auch einlesen werde. Vorher möchte ich aber gerne noch etwas Feedback dazu hören.

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Gast







Beitrag22.02.2012 15:26

von Gast
Antworten mit Zitat

Ich finde den toll. Den Text. (und den Zenmops)

Schön schräg und sehr stimmig. Du hast längere Zeit in Asien gelebt oder lebst da noch, gell?
(Warst du das mit dem Rezept? Wenn ja, da hab ich mich bald gerollt vor Lachen, und wer immer es war, wenn du es nicht warst, ähm ... wo war ich?)

Büschen aufpassen, dass du es nicht zu sehr übertreibst mit den humorvollen Begrifflichkeiten (Denkmurmel) - brauchst du gar nicht, die Situation an sich ist genug.

Zitat:
Wange an Wange mit der Tischplatte


Auch in China haben Tischplatten keine Wange.  Cool

Zum nächsten PoKA wirst du jedenfalls zwangsverpflichtet.
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag22.02.2012 16:10

von Nihil
Antworten mit Zitat

Ich finde das auch ganz wunderbar. Vor allem der erste Absatz ist fantastisch. Wir scheinen ja beide eine ähnliche Einstellung zum Lesen zu haben, aber bei diesem Einstieg hätte ich mir das Buch wohl gekauft. Herrlich zugedröhnte Gedankengänge und dann auch noch mit Humor verfeinert. Viele sprachliche Ideen gefallen mir sehr gut; das Rückgrat aus Tofu, das Schrabb-Schrabb-Schrabb, Wange an Wange mit der Tischplatte. (Da muss ich zu debruma Stellung nehmen: Der Tisch hat zwar keine Wange, aber gerade an diesem Bild merkt man, dass der Tisch (bzw. der Alkohol) einen Liebesersatz darstellen.) Die Denkmurmel gefällt mir hingegen nicht und du findest wahrscheinlich auch Besseres als „klar in der Birne sein“.

Ansonsten gefällt mir das gut, auch wenn ich die Pointe nicht so ganz verstehe. Dass ihr der Mops vor die Füße kotzt, ist super, aber das bringe ich mit dem Zen nicht in Verbindung.
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Gast







Beitrag22.02.2012 16:55

von Gast
Antworten mit Zitat

Ich auch nicht - tach, Nihil und Glückwunsch zu deiner gut und flüssig geschriebenen Story. Verstehe leider auch die Pointe nicht.
Ein Zen-Meister wurde gefragt: was ist Zen? und er antwortete: Tee trinken.
Ich frage also: hat der Mops konzentriert gekotzt und war er eins mit dem, was er tat?
Dann verstehe ich die Pointe vielleicht doch noch.
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kskreativ
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K

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K
Beitrag22.02.2012 17:00

von kskreativ
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Die Erbsen hat debruma ja schon aufgezählt. Den kotzenden Mops bringe ich jetzt auch nicht wirklich mit dem Zen-Buddhismus in Verbindung, aber sonst gefällt mir diese kleine Geschichte richtig gut. Hat mir das erste Lächeln des Tages ins Gesicht gezaubert.

LG, Karin


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Maria
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Beitrag22.02.2012 17:44

von Maria
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Tach, auch ich hab mich richtig gefreut über diesen kleinen Text. Ich mag den Rythmus in dem du denkst schreibst, das Tempo, deinen Sprachwitz.
Die Denkmurmel ist mir beim Lesen ebenfalls "negativ" aufgefallen. Wenn man das überhaupt negativ nennen mag. Es fällt eben auf, in dem sonst so geschmeidigen Text. Allerdings bin ich der Meinung, dass Tischplatten durchaus eine Wange haben können. Mein Esstisch hat eine, straff und jugendlich. Mein Bürotisch hat eine, aber die ist eher schlabberig, wie die Wange eines Shar-pei.
Für mich passts als spinnertes Bild.

Daumen hoch

Maria


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Sun Wukong
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Alter: 44
Beiträge: 459

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S
Beitrag22.02.2012 23:24

von Sun Wukong
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Lieben Dank für eure Rückmeldungen! Freut mich, dass der Geschmacksnerv einer illustren Schar getroffen wurde!

Zum Zen-Mops: Ausgangspunkt für die Story waren meine ersten beiden Zeilen - und dann die Frage, wie mache ich aus einem platten Witz eine für die Story tragende Aussage, die ich am Schluß wieder aufgreifen kann.
Der Protagonist "Langnase" glaubt also an Zufall, Tsui an Schicksal. Nach der sehr unwahrscheinlichen Rettung durch einen Mops, fängt Langnase an, an seinem Weltbild zu zweifeln ("Vielleicht war es ja doch Schicksal"). Als der Mops ihm allerdings dann nicht hilft, sein "love-interest" zurückzuerobern (wie es sich für das Schicksal seiner Meinung nach gehört hätte), fühlt er sich vom Mops an die typischen Zen-Koans erinnert: an diese Lehrsprüche, die den Verstand verwirren sollen. Und das hat der Mops eben gemacht - Langnase verwirrt.

Falls jemand von euch eine Idee hat, an welcher Stelle im Text das entscheidende Wort fehlt, um meine Absicht klarer zu machen, nur her damit. Denn jedem Leser die Schlusspointe zu erklären, ist natürlich nicht so toll, auch wenn mir klar war, dass das schon ein Stück weit hergeholt ist.

Zur Tischwange: ich gestehe, dieses Mosaikstück frech geborgt zu haben aus dem (für Fans amerikanischen Stand-Ups empfehlenswerten) Saturday-Night-Live "Bewerbungsgespräch" vom tollen Phil Hartman, bekannt als Stimme von "Troy McClure" bei den Simpsons. Bei ihm heißt es bei 1:16 min. "on that particular night I was dancing cheek to cheek with the tabletop. I lifted my head and she walked in".
Der kotzende Mops wiederum von Jandl, der Rest allerdings ganz auf meinem Mist gewachsen (zumindest habe ich "Rückgrat aus Tofu" gegoogelt und nichts gefunden).

debruma
Schön, dass dir das Schräge gefällt! Nein, ich war das nicht mit den Wok-Frikadellen, die du wahrscheinlich meinst. Auch war ich noch nicht in Asien Sad , aber früher im Studentenwohnheim war ich mit einigen Chinesen befreundet.
Zitat:
Büschen aufpassen, dass du es nicht zu sehr übertreibst mit den humorvollen Begrifflichkeiten (Denkmurmel)

Die ersten Absätze sind tatsächlich etwas vollgestopft, eine Verschnaufpause oder ein stimmigeres Bild kann da tatsächlich noch rein, stimmt. Und gern mach ich beim nächsten Wettbewerb mit (nur das mit dem Abschicken kann ich noch nicht garantieren)!

Nihil
Danke auch für dein Lob, alter "Schlepp-Leser"! Ich musste an den ersten drei Absätzen auch echt länger grübeln, wie ich die unterschiedlichen Geschehnisse ordne, ohne entweder den Leser zu verwirren oder tausende von "hätte" dort stehen zu haben.
Zitat:
Dass ihr der Mops vor die Füße kotzt, ist super, aber das bringe ich mit dem Zen nicht in Verbindung.
Very Happy

pagina
Danke auch für deine Rückmeldung! Du warst nah dran mit der Pointe, aber es gibt da ja noch abgefahrenere Zen-Sprüche z.b.
"Ein Mönch fragte Tozan: 'Was ist Buddha?' Tozan antwortete: 'Drei Pfund Flachs.'"
Auf gut deutsch sind das also "Mindfucks" (reimt sich sogar auf Flachs Shocked) und als solchen empfindet Langnase den Mops zum Schluss. Vielleicht fällt mir ja noch was ein, wie ich den Zusammenhang etwas deutlicher rüberbringen kann.

kskreativ
Freut mich sehr, dass dich die Geschichte zum Lächeln gebracht hat! Dafür schreibt man sowas ja schließlich. Danke und ich hoffe die obigen Erläuterungen helfen weiter.

und zu guter letzt Maria
"Shar-Pei" musste ich nun wiederum googeln Very Happy obwohl ich das während der PoKaPro-Woche sogar auch in meiner "Liste lustiger, asiatischer Wörter" irgendwo zwischen Litschi und Tofu stehen hatte. Aber Mops klingt nun mal viel lustiger, mir fallen auch nicht viele Wörter ein, die sich noch komischer anhören im Deutschen.  
Danke, danke, danke auch für deine Wertschätzung. Du fandest, wie ich mich dunkel erinnere, schon meinen Beitrag für den Winterwettbewerb 2009 sprachlich sehr schön und dass sich das nicht geändert hat und ich selbst aber mit dem Inhalt meiner Stories mittlerweile zufriedener bin, ist durchaus auch Verdienst des dsfos bzw der Möglichkeit für mich hier was präsentieren zu können.

Endstand: 3:0 gegen die Denkmurmel. Also nochmal das Synonymlexikon rauskramen.
Schönen Abend! Christian
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