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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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S 20.06.2014 23:21 Grüße von den Toten von Schnarrinator
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Grüße von den Toten
Tom saß auf der Couch im Wohnzimmer und kaute auf einem Stück Schokolade. Vergnügt sah er mit an, wie die heroische Blondine im gelben Neoprenanzug ihren Gegnern mit einem Samurai-Schwert die Gliedmaßen abschlug. Sie schien es regelrecht zu genießen, mit dem Blut ihrer Feinde bespritzt, einem nach dem anderen den Kopf zu spalten oder abzuschlagen. Den Film kannte er in und auswendig, aber trotzdem war es für ihn immer wieder ein Genuss sich diese aneinandergereihten Gewaltorgien zu Gemüte zu führen. Vor ihm auf dem Tisch standen zwei lehre Coladosen und eine halb vertilgte Pizza. Seine Mutter war mit ihrem neuen Freund nach Italien in dessen Strandhaus gefahren, um sich von ihrem angeblichen Arbeitsstress zu erholen und daher ließ er sich es gut gehen.
„Ich hab dir zwanzig Euro auf die Mikro gelegt, das sollte für eine Woche reichen“, hatte sie gesagt und war dann mit Francesco oder Franco aus der Tür verschwunden. Furchtbarer Mann. Tom hasste alles an ihm. Sein Gesicht, seine Hände, mit denen er seiner Mutter das Haar aus dem Gesicht strich, seinen ach so scharmanten italienischen Akzent und sein Geld. Denn das war es, was seine Mutter bei ihm hielt. Oder einfach nur die Nähe eines Mannes, darüber war sich Tom noch nicht ganz sicher.
Seit sein Vater vor zwei Jahren gestorben war, hatte sich seine Mutter verändert. Sie hatte ihm zwar nie direkt gesagt, sie würde ihm die Schuld für seinen Tod geben, aber insgeheim wusste Tom, dass sie es tat. Sie wünschte sich, sie müsste ihm nie wieder in die Augen schauen, geschweige denn mit ihm reden.
Nachdem sie ein Jahr getrauert hatte, suchte sie sich einen Neuen. Jemanden, der die tief klaffende Wunde schließen konnte. Jemanden, mit dem sie aus dem tristen Alltag ausbrechen konnte. Jemanden, der ihren Mann ersetzen konnte. Tom schloss die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken. Das hatte ihm seine Psychologin geraten, sollte er wieder an die Vergangenheit denken müssen. Denk an etwas schönes, sagte sie immer. Aber meistens gelang ihm dies nicht. Wenn er an die Geschehnisse von vor zwei Jahren zurück dachte, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Tränen liefen ihm die Wagen herunter und er begann zu schluchzten. Es ist deine Schuld, dachte er. Es ist deine Schuld, dass er nicht mehr da ist, deine Schuld, dass er tot auf der Straße lag. Du wolltest, dass er stirbt und dann ist es passiert. Du bist ein Mörder. Ein Mörder. Du wirst in der Hölle schmoren und deine Vater nie wieder sehen. Du wirst ihm nie sagen können, dass es dir leid tut. Noch heute wachte Tom jede Nacht schweißgebadet und schreien auf. Trotz der Therapie, die er seit diesem schrecklichen Tag besuchte und der Pillen, die er seit einiger Zeit schlucken musste. „Es wird nicht aufhören, wenn du es nicht willst Tom. Weißt du ein solches Trauma, ist wie eine ätzende Säure. Es frisst sich immer tiefer in dich hinein und es wird immer schwerer dich zu heilen. Verstehst du das Tom. Ich will nur das Beste für dich, das weißt du doch, oder?“ Er hasste die Therapie und er hasste Doktor Jäger. Sie sprach mit ihm, als wäre er ein Kleinkind. Und die Therapie schlug auch nicht an. Er träumte immer noch von seinem toten Vater, der aus seinem Grab kroch und ihn in seinem Bett erstickte. Tom war der Spaß an dem Terantinostreifen vergangen und er schaltete den Fernseher ab. Draußen war es schon dunkel geworden und der Mond erhellte in seiner ganzen Pracht, das kleine Wohnzimmer. Schnell hechtete Tom aus dem dunklen Raum heraus und rannte in sein Zimmer, wo er sich sofort in sein gemütliches, großes Bett legte. Er hasste die Dunkelheit, die Nacht, den Mond und die Sterne, die sein Zimmer durch das große Fenster in ein geheimnisvolles Licht tauchten und Schatten an die Wände warfen. Grausame Schatten. Die sich im Wind wiegenden Bambuszweige verwandelten sich in riesige Klauen, die versuchten ihn zu fassen zu bekommen. Bei dem kleinsten Knacken, zog Tom sich die Bettdecke bis unters Kinn und rechnete jeden Moment damit, dass sein toter Vater hereinstürzte um ihn sich zu rechen, um ihn zu ermorden. Doch nichts dergleichen geschah. Er war nur den schrecklichen Bildern ausgeliefert, die sich seit dem einen Tag in sein Gedächtnis gebrannt hatten.
Damals vor zwei Jahren, hatte Tom seinen Vater ermordet und er würde es nie ungeschehen machen können. Er würde es nie vergessen.
„Verdammter Idiot“, hatte Toms Vater gesagt. „Ich habe dir ausdrücklich gesagt du sollst den Koffer einpacken. Aber wie immer hörst du mir einfach nicht zu.“ Das Geschrei seines Vaters war unerträglich für ihn. Es wurde nur von den vorbei rasenden Autos gedämpft, die wie schnelle unaufhaltbare Metallbestien an ihnen vorbei rauschten. Toms Vater hatte den silbernen Mercedes am Fußgängerweg geparkt und stand nun mit verschrenkten Armen, mit dem Rücken zu der Schnellstraße vor Tom und spuckte mit jedem Wort, das er sagte tonnenweise Speichel auf Toms Gesicht. Seine Mutter saß immer noch im Wagen und blätterte in einer dieser Zeitschriften, die sich ausgiebig über die Prominenten ausließ. Sie sog die Worte förmlich in sich auf und lachte nach jedem Absatz den sie gelesen hatte. „Du hast mir nichts von einem Koffer gesagt“ schrie Tom zurück und versuchte sich so gut er konnte auf den nächsten Schreianfall seines Vaters gefasst zu machen. „Das heißt also ich lüge? Willst du das damit sagen? Das tue ich ganz und gar nicht. Ich habe, wenn ich ehrlich bin auch überhaupt keine Lust mehr irgendwo hin zufahren.“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und ging zurück zum Auto. „Du hast es versprochen“, sagte Tom und ihm schossen Tränen in die Augen. „ Du hast gesagt wir fahren in den Urlaub. Alle zusammen!“ Toms Trauer verwandelte sich in Wut und in Zorn. Er hat es mir versprochen, dachte er. Er hat versprochen, dass wir uns eine schöne Zeit ohne Stress und Arbeit machen. Aber er hält sein Versprechen nicht. Er hat mich wieder enttäuscht. Tom rannte auf seinen Vater zu und schubst ihn. Dieser trudelte nach hinten, stolperte über einen Stein und fiel auf die Schnellstraße. Der Tod näherte sich auf vier Rädern. Immer schneller kam das metallische Ungetüm auf den reglosen Körper zu. Seinen linken Arm überrollte das Auto zuerst. Dann zerquetschte es seinen Kopf und seinen restlichen Körper. Eingeweide quollen aus alle Poren seines Körpers hervor, verteilten sich überall auf der Straße und setzten sich in die Reifenprofile des Autos. Gehirnflüssigkeit und andere Körperflüssigkeiten flossen aus seinem Kopf und bildeten eine Lache um den toten, zerfetzen Körper von Toms Vater. Erst zwanzig Meter später kam das Auto zum stehen.Was hatte er nur getan? Das wollte er nicht. Niemals hätte er das gewollt. Oder doch? Ja natürlich hatte er es gewollt. Er hatte es gedacht und er hatte es getan. Er war ein Mörder. Toms Mutter, die nun von ihrem Magazin aufschaute begann zu schreien.
Er war ein Mörder. Ein hundsgemeiner Mörder, der seinen eigenen Vater ermordet hatte. Die Strafe, nie wieder ruhig schlafen zu können kam Tom nur gerecht vor. Er versuchte trotz dieser schlimmen Gedanken zu schlafen. Auch wenn es ihm nicht gelingen würde.
Schweißgebadet wachte er Mitten in der Nacht auf. Der Mond war verschwunden. Nur vereinzelte Blitze erhellten sein Zimmer. Der Regen tropfte unablässig gegen die Fensterscheibe und ließ Tom einen Schauer über den Rücken laufen. Er hatte noch nie so starken Regen gehört. Der Regen wurde immer lauter und lauter. War das überhaupt Regen? Oder etwas anderes? Der Bambus der vor seinem Zimmer im Wind tobte und gegen sein Fenster schlug? Oder doch der Regen?Das Tropfen wurde zu einem Klopfen und das Klopfen zu einem Hämmern. Das war kein Regen und auch kein Bambus. Nichts der gleichen. Tom wagte es nicht sich umzudrehen, um einen Blick durch das Fenster zu werfen. Er fürchtete seinen Vater zu sehen. Wie er mit einem halb verwesten Schädel, den die Bestatter so gut es ging wiederhergestellt hatten und seinem platten Arm gegen sein Fenster schlug. Das Klopfen wurde stärker, immer stärker und artete in ein regelrechtes Hämmern aus. Tom hatte Angst. Unbeschreibliche Angst. Seine schlimmsten Albträume wurden war. Sein Vater war gekommen, um ihn zu holen. Um sich zu rechen. Ein Mörder und dann noch ein Feigling. Stell dich deinem Schicksal, wie ein Mann. Langsam, ganz langsam drehte Tom sich um und sah durch das große Fenster auf den Hof. Vor seinem Fenster stand nicht die halb verwester Leiche. Nein. Es war noch viel schlimmer. Vor seinem Fenster stand ein zähnefletschender, blutüberströmter Clown, der seine rote Nase gegen die Scheibe presste und Tom mit seinen roten, monströsen Augen an funkelte. Seine Behandschuhte Hand hämmert unablässig gegen die Scheibe des Fensters. Tom war wie erstarrt. Was war das? Was wollte es von ihm? Seine Knie wurden weich und er stützte sich an seiner Bettkante ab. Die Zähne des Clowns waren spitz gefeilt und seine farblosen Haare klebten ihm wegen des Regens überall im Gesicht. Und dann mit einem Mal war er verschwunden. Erleichterung machte sich in ihm breit. Doch …
Hatte er die Terrassentür abgeschlossen? Schnell rannte Tom ins Wohnzimmer. Aber es war zu Spät. Die Glastür zur Terrasse stand sperrangelweit offen. Der Clown war im Haus.
Weitere Werke von Schnarrinator:
_________________ Read for hours a day. Write four hours a day. If you cannot find the time for that, you cannot expect to become a good writer - Stephen King |
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MartinD Klammeraffe
Beiträge: 524 Wohnort: Zwei Stunden zum Meer
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20.06.2014 23:49
von MartinD
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Hey Schnarrinator,
es ist mir jetzt zu spät, näher drauf einzugehen.
Von der Story her aber gut gemacht, spannend. Das Orthografische betreffend sehr nachbesserungsbedürftig.
Irgendwie wird's mir mit dem Clown zu abstrakt. Auch wenn es unheimlich ist, frag ich mich, was macht der Clown jetzt da? Auch denke ich, dass du in den Anfang damit vielleicht zu viel hineinpackst und es dann schwierig wird, dem gerecht zu bleiben.
Was soll es werden? Horror? Wie lang?
Viele Grüße
Martin
_________________ Das Leben ist so schön, wie man es sieht |
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Honig Gänsefüßchen
Beiträge: 42 Wohnort: NRW
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21.06.2014 00:31
von Honig
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Hallo. Erstmal, ich mag Hardcore Horror und Splatterpunk. Bisher kenne ich nur gute amerikanische Autoren in diesen Genres, ich fänd es toll, wenn der Sprung in die deutsche Sprachlandschaft glücken könnte.
Ob der späten Stunde nur zwei Kleinigkeiten zu deinem Text von mir:
Zitat: | Eingeweide quollen aus alle Poren seines Körpers hervor, ... |
Hmmm. Eingeweide, die aus Poren quellen?! Nicht wirklich, oder? Stell dir vor, was mit einem Körper passiert, über dessen Körper ein tonnenschweres Auto fährt. Da quellen sicher keine Eingeweide aus Poren, da reißt ein ganzer Bauchraum auf o.ä. Beschreib, was tatsächlich passieren würde. Bleib nicht beim ersten, leicht klischeehaften Bild/Begriff/Sprichwort stehen.
Zweitens: Zitat: | Um sich zu rechen. | Hihi, da hatte ich einen gärtnernden Zombie vor Augen.
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Rainer Prem Reißwolf
R Alter: 66 Beiträge: 1270 Wohnort: Wiesbaden
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R 21.06.2014 08:07
von Rainer Prem
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Hallo,
Like!
Da gibt es eine Formalität abgesehen von "lehren" und "rechen", die du leicht verbessern kannst, nämlich die Länge deiner Absätze.
Ein Absatz = Ein Gedanke/Handlung/Dialogzeile
Mach jedesmal, wenn deine Figur etwas anderes tut, jedesmal, wenn jemand anderes redet, eine neue Zeile. Zum Posten hier im Forum solltest du jedesmal einen doppelten Zeilenumbruch machen, weil es hier keinen Absatz-Abstand gibt.
Falls du Word benutzt, kannst du einfach ^p in ^p^p ersetzen...
Grüße
Rainer
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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23.06.2014 15:14
von Constantine
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Hallo Schnarrinator,
ist das deine vollständige Geschichte oder folgt noch mindestens eine Fortsetzung?
LG,
Constantine
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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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23.06.2014 19:40
von Ithanea
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Schnarrinator hat Folgendes geschrieben: | PS: Wer kann mir sagen welchen Film von Quentin Terantino ich im ersten Abschnitt beschreibe ? |
Zu einfach, Kill Bill
Aber jetzt hast du mich geködert, komme gleich nochmal mit ausführlicherem Kommentar zurück.
BG ^^
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Rainer Prem Reißwolf
R Alter: 66 Beiträge: 1270 Wohnort: Wiesbaden
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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23.06.2014 21:00 Re: Grüße von den Toten von Ithanea
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Hallo Schnarrinator,
so, nachdem ich jetzt nochmal hineingelesen habe, meine zwei, drei Gedanken dazu.
Ich lese auch sehr gern Horror. Allerdings vor allem den im Kopf, darum brauche ich Eingeweide und Gehirnflüssigkeit nicht so. Aber so ein bisschen Splatter schadet schon auch nicht. Naja jedenfalls ...
Mit dem Grundsetting hast du mich eigentlich. Es ist absolut nichts Neues, ein junger Mann (na gut, das ist vielleicht schon neu, es ist kein Mädchen ) allein zuhause, stürmisches Weltuntergangswetter, quälende Gedanken, ein Gesicht am Fenster und eine Tür, an die viel zu spät gedacht wird. Aber bei mir funktioniert dieses altbewährte immernoch, das Kopfkino geht los.
Allerdings ist mir der Clown auch zu viel des Guten. Nachdem Stephen King schon vor ner Weile aufgeschrieben hat, was alle dachten: Clowns sind in Wahrheit die Bösen, braucht man das jetzt eigentlich nicht nochmal sagen. Ohne Hintergrund, damit ich etwa weiß, was es mit diesem Clown auf sich hat, worin der sich vom anderen Clownhorror (ist das eigentlich schon ein Genre?) unterscheidet, wirkt mir das zu abgekupfert.
Zu deiner Frage, wie der Text wirkt:
An einigen Stellen bahnt sich schon der Horror an, finde ich. Ich kann mir gut vorstellen, wie Tom, der zuviele Horrorstreifen schaut , vor seinem inneren Auge seinen toten Vater aus dem Grab steigen sieht, der ihn ermorden will. Wenn er im Bett liegt, und ganz genau weiß, dass irgendetwas Ungutes vor dem Fenster steht, dann weiß ich, dass ich mich auch nicht umdrehen würde. Schon gar nicht, wenn ich einen verwesenden Vater auf dem Gewissen hätte. Das ist schon nicht schlecht gemacht.
An anderen Stellen verschenkst du viel Atmosphäre, in dem du ins altbekannte Beschreiben/Behaupten fällst, statt zu zeigen.
Zitat: | Tom hatte Angst. Unbeschreibliche Angst. Seine schlimmsten Albträume wurden war. |
Sowas lässt mich kalt, weil es sehr berichtend ist. Statt die Gefühle schlicht zu bennennen, könntest du mir zeigen, welche körperlichen Auswirkungen sich breit machen, welche Vorstellungen Tom wie in einer Spirale tiefer ziehen, keinen klaren Gedanken mehr zulassen ... usw.
Aber das ist hier eine Ausnahme, muss man auch sagen, an vielen anderen Stellen gelingt das "Zeigen", finde ich. Auch direkt nach dieser Stelle machst du die Angst für mich greifbarer, indem er sich seinen Vater vorstellt. Da würde ich mir das "Er hatte Angst" einfach sparen.
Ansonsten:
Zitat: | Oder einfach nur die Nähe eines Mannes, darüber war sich Tom noch nicht ganz sicher. |
Zitat: | Nachdem sie ein Jahr getrauert hatte, suchte sie sich einen Neuen. Jemanden, der die tief klaffende Wunde schließen konnte. Jemanden, mit dem sie aus dem tristen Alltag ausbrechen konnte. Jemanden, der ihren Mann ersetzen konnte. |
Das finde ich ziemlich reflektiert für die Meinung eines jungen Kerls (wie alt ist er eigentlich?) über die Beziehung seiner Mutter. Dafür, dass er und seine Mum scheinbar eine konfliktreiche Beziehung haben (sie wirft ihm Schuld vor oder er denkt das zumindest), kann er sich ganz schön empathisch in sie hineinversetzen. Wirkt unpassend.
Insgesamt finde ich deinen Horroreinstand nicht schlecht. Wenn ich mal dran denke, was ich mit fünfzehn für einen Mist geschrieben habe (ach. Sind wir ehrlich. Mache ich ja heute noch)-> Hut ab.
Nur mit der Clownssache bin ich nicht zufrieden. Hast da einen überzeugenden Grund für, wozu du einen Clown brauchst? Sonst nimm doch was "unverbrauchteres".
Liebe Grüße
Lara
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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S 28.06.2014 16:44 Todgeweiht von Schnarrinator
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Hallo,
ich hoffe euch gefällt die überarbeitete Version besser. Mir jedenfalls schon . Ich freue mich weiterhin über Kommentare, Verbesserungsvorschläge und Eindrücke.
Lg NS
Todgeweiht
Tom saß auf der Couch im Wohnzimmer und kaute auf einem Stück Schokolade. Vergnügt sah er mit an, wie die heroische Blondine im gelben Neoprenanzug ihren Gegnern mit einem Samurai-Schwert die Gliedmaßen abschlug. Sie schien es regelrecht zu genießen, mit dem Blut ihrer Feinde bespritzt, einem nach dem anderen den Kopf zu spalten oder abzuschlagen. Den Film kannte er in und auswendig, aber trotzdem war es für ihn immer wieder ein Genuss sich diese aneinandergereihten Gewaltorgien zu Gemüte zu führen. Vor ihm auf dem Tisch standen zwei leere Coladosen und eine halb vertilgte Pizza. Seine Mutter war mit ihrem neuen Freund nach Italien in dessen Strandhaus gefahren, um sich von ihrem angeblichen Arbeitsstress zu erholen und daher ließ er sich es gut gehen.
„Ich hab dir zwanzig Euro auf die Mikro gelegt, das sollte für eine Woche reichen“, hatte sie gesagt und war dann mit Francesco oder Franco aus der Tür verschwunden. Furchtbarer Mann. Tom hasste alles an ihm. Sein Gesicht, seine Hände, mit denen er seiner Mutter das Haar aus dem Gesicht strich, seinen ach so scharmanten italienischen Akzent und sein Geld. Denn das war es, was seine Mutter bei ihm hielt. Oder einfach nur die Nähe eines Mannes, darüber war sich Tom noch nicht ganz sicher.
Seit sein Vater vor zwei Jahren gestorben war, hatte sich seine Mutter verändert. Sie hatte ihm zwar nie direkt gesagt, sie würde ihm die Schuld für seinen Tod geben, aber insgeheim wusste Tom, dass sie es tat. Sie wünschte sich, sie müsste ihm nie wieder in die Augen schauen, geschweige denn mit ihm reden.
Nachdem sie ein Jahr getrauert hatte, suchte sie sich einen Neuen. Jemanden, der die tief klaffende Wunde schließen konnte. Jemanden, mit dem sie aus dem tristen Alltag ausbrechen konnte. Jemanden, der ihren Mann ersetzen konnte.
Tom schloss die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken. Das hatte ihm seine Psychologin geraten, sollte er wieder an die Vergangenheit denken müssen.
Denk an etwas schönes, sagte sie immer. Aber meistens gelang ihm dies nicht.
Wenn er an die Geschehnisse von vor zwei Jahren zurück dachte, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Tränen liefen ihm die Wagen herunter und er begann zu schluchzten.
Es ist deine Schuld, dachte er. Es ist deine Schuld, dass er nicht mehr da ist, deine Schuld, dass er tot auf der Straße lag. Du wolltest, dass er stirbt und dann ist es passiert. Du bist ein Mörder. Ein Mörder. Du wirst in der Hölle schmoren und deine Vater nie wieder sehen. Du wirst ihm nie sagen können, dass es dir leid tut.
Noch heute wachte Tom jede Nacht schweißgebadet und schreien auf. Trotz der Therapie, die er seit diesem schrecklichen Tag besuchte und der Pillen, die er seit einiger Zeit schlucken musste.
„Es wird nicht aufhören, wenn du es nicht willst Tom. Weißt du ein solches Trauma, ist wie eine ätzende Säure. Es frisst sich immer tiefer in dich hinein und es wird immer schwerer dich zu heilen. Verstehst du das Tom. Ich will nur das Beste für dich, das weißt du doch, oder?“
Er hasste die Therapie und er hasste Doktor Jäger. Sie sprach mit ihm, als wäre er ein Kleinkind. Und die Therapie schlug auch nicht an.
Er träumte immer noch von seinem toten Vater, der aus seinem Grab kroch und ihn in seinem Bett erstickte.
Tom war der Spaß an dem Tarantinostreifen vergangen und er schaltete den Fernseher ab. Draußen war es schon dunkel geworden und der Mond erhellte in seiner ganzen Pracht, das kleine Wohnzimmer.
Schnell hechtete Tom aus dem dunklen Raum heraus und rannte in sein Zimmer, wo er sich sofort in sein gemütliches, großes Bett legte.
Er hasste die Dunkelheit, die Nacht, den Mond und die Sterne, die sein Zimmer durch das große Fenster in ein geheimnisvolles Licht tauchten und Schatten an die Wände warfen. Grausame Schatten. Die sich im Wind wiegenden Bambuszweige verwandelten sich in riesige Klauen, die versuchten ihn zu fassen zu bekommen. Bei dem kleinsten Knacken, zog Tom sich die Bettdecke bis unters Kinn und rechnete jeden Moment damit, dass sein toter Vater hereinstürzte um ihn sich zu rächen, um ihn zu ermorden. Doch nichts dergleichen geschah. Er war nur den schrecklichen Bildern ausgeliefert, die sich seit dem einen Tag in sein Gedächtnis gebrannt hatten.
Damals vor zwei Jahren, hatte Tom seinen Vater ermordet und er würde es nie ungeschehen machen können. Er würde es nie vergessen.
„Verdammter Idiot“, hatte Toms Vater gesagt. „Ich habe dir ausdrücklich gesagt du sollst den Koffer einpacken. Aber wie immer hörst du mir einfach nicht zu.“
Das Geschrei seines Vaters war unerträglich für ihn. Es wurde nur von den vorbei rasenden Autos gedämpft, die wie schnelle unaufhaltbare Metallbestien an ihnen vorbei rauschten.
Toms Vater hatte den silbernen Mercedes am Fußgängerweg geparkt und stand nun mit verschrenkten Armen, mit dem Rücken zu der Schnellstraße vor Tom und spuckte mit jedem Wort, das er sagte tonnenweise Speichel auf Toms Gesicht.
Seine Mutter saß immer noch im Wagen und blätterte in einer dieser Zeitschriften, die sich ausgiebig über die Prominenten ausließ. Sie sog die Worte förmlich in sich auf und lachte nach jedem Absatz den sie gelesen hatte.
„Du hast mir nichts von einem Koffer gesagt“ schrie Tom zurück und versuchte sich so gut er konnte auf den nächsten Schreianfall seines Vaters gefasst zu machen.
„Das heißt also ich lüge? Willst du das damit sagen? Das tue ich ganz und gar nicht. Ich habe, wenn ich ehrlich bin auch überhaupt keine Lust mehr irgendwo hin zufahren.“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und ging zurück zum Auto.
„Du hast es versprochen“, sagte Tom und ihm schossen Tränen in die Augen. „ Du hast gesagt wir fahren in den Urlaub. Alle zusammen!“ Toms Trauer verwandelte sich in Wut und in Zorn.
Er hat es mir versprochen, dachte er. Er hat versprochen, dass wir uns eine schöne Zeit ohne Stress und Arbeit machen. Aber er hält sein Versprechen nicht. Er hat mich wieder enttäuscht.
Tom rannte auf seinen Vater zu und schubst ihn. Dieser trudelte nach hinten, stolperte über einen Stein und fiel auf die Schnellstraße.
Der Tod näherte sich auf vier Rädern. Immer schneller kam das metallische Ungetüm auf den reglosen Körper zu.
Seinen linken Arm überrollte das Auto zuerst. Dann den Kopf und den restlichen Körper. Tom hörte nur das knacken von Knochen und die schrillen Schreie seines Vater.
Dann, nach einer halben Ewigkeit gab das Auto die Sicht auf den Körper seines Vaters wieder frei.
Er lag zusammen gerollt da und rührte sich nicht mehr. Er lag in einer Lache aus Blut und Scheiße und rührte sich nicht mehr. Eine dicke, graue Wurst hing aus seinem Bauch heraus und sein Gehirn drohte aus einem immensen Loch oberhalb der Wangenknochen herauszufallen. Erst zwanzig Meter später kam das Auto zum stehen.
Was hatte er nur getan? Das wollte er nicht. Niemals hätte er das gewollt. Oder doch? Ja natürlich hatte er es gewollt. Er hatte es gedacht und er hatte es getan. Er war ein Mörder.
Toms Mutter, die nun von ihrem Magazin aufschaute begann zu schreien.
Er war ein Mörder. Ein hundsgemeiner Mörder, der seinen eigenen Vater ermordet hatte. Die Strafe, nie wieder ruhig schlafen zu können kam Tom nur gerecht vor.
Er versuchte trotz dieser schlimmen Gedanken zu schlafen. Auch wenn es ihm nicht gelingen würde.
Schweißgebadet wachte er Mitten in der Nacht auf. Der Mond war verschwunden. Nur vereinzelte Blitze erhellten sein Zimmer. Der Regen tropfte unablässig gegen die Fensterscheibe und ließ Tom einen Schauer über den Rücken laufen.
Er hatte noch nie so starken Regen gehört. Der Regen wurde immer lauter und lauter. War das überhaupt Regen? Oder etwas anderes?
Der Bambus, der vor seinem Zimmer im Wind tobte und gegen sein Fenster schlug? Oder doch nur Regen?
Das Tropfen wurde zu einem Klopfen und das Klopfen zu einem Trommeln. Das war kein Regen und auch kein Bambus. Nichts der gleichen.
Tom wagte es nicht sich umzudrehen, um einen Blick durch das Fenster zu werfen. Er fürchtete seinen Vater zu sehen, wie er mit einem halb verwesten Schädel, den die Bestatter so gut es ging wiederhergestellt hatten und seinem platten Arm gegen sein Fenster schlug.
Das Klopfen wurde stärker, immer stärker und artete in ein regelrechtes Hämmern aus.
Tom zog sich seine Bettdecke unter die Augen und begann zu zittern. Monate lange hatte er davon geträumt und nun wurde alles war.
Sein Vater war gekommen, um ihn zu holen. Um sich zu rächen, um ihn in die Hölle zu schicken.
Ein Mörder und dann noch ein Feigling. Stell dich deinem Schicksal, wie ein Mann.
Langsam, ganz langsam, drehte Tom sich um und sah durch das große Fenster auf den Hof.
Vor seinem Fenster stand nicht die halb verwester Leiche. Nein. Es war noch viel schlimmer. Vor seinem Fenster stand ein großer Mann. Seine schwarzen Haare fielen ihm leicht in die Augen. In der einen Hand hielt er ein langes, mit Blut beschmiertes Fleischermesser. In der anderen den Kopf von Toms Mutter, denn er unablässig gegen die Fensterscheibe donnern ließ.
Er hatte mit allem gerechnet. Mit einem Vogel, der immer wieder gegen sein Fenster flog, mit einem Irren, der sich verlaufen hatte und sogar mit seinem toten Vater, der aus seinem Grab aufgestanden war, um ihn zu holen.
Aber nicht damit. Nicht mit dem abgeschlagen Kopf seiner Mutter. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Mundwinkel hatten sich bemerkenswert weit nach oben gezogen. Ihr langes, braunes Haar hatte sich mit ihrem Blut zu einem unförmigen Klumpen geformt an dem der Irre sie nun baumeln ließ und immer wieder gegen die Fensterscheibe klatschen ließ.
Tom konnte es nicht fassen. Erst sein Vater, dann seine Mutter. Niemand war mehr da, niemand konnte sich mehr um ihn kümmern, niemand konnte mehr mit ihm Lachen, niemand konnte ihm mehr Geschichten erzählen.
Sie waren alle fort, an einem besseren Ort. Tot. Ihm war es, als fiele er in ein riesiges, nie enden wollendes schwarzes Loch. Er versuchte sich an seiner Bettkante abzustützen doch es gelang ihm nicht und er fiel auf den harten Holzboden.
Der schmerzende Aufprall, ließ ihn wieder in die Wirklichkeit zurück finden.
Der Irre stand immer noch, mit dem Kopf seiner Mutter gegen die Fensterscheibe klopfend da.
Nun begann der Mann damit, sich mit dem Messer die nassen Haarbüschel aus den Augen zu schieben. Bösartig funkelten sie Tom entgegen und schienen ihn förmlich zu durchlöchern. Die Augen sind das Fenster zur Seele.
Sollte dies wirklich stimmen, so hatte dieser Mann, dieser Irre eine rabenschwarze, grausame Seele.
Sein Blick erinnerte Tom an den eines Killers. Eines Kannibalen aus dem Fernsehen, der der FBI- Agentin ein trügerisches Angebot machte.
Tom wurde das Gefühl nicht los, dass er diesen Mann schon einmal irgendwo gesehen hatte. Aber wo? Im Fernsehen jedenfalls noch nicht. Und er war diesem Mann sicherlich noch nie auf der Straße begegnet. Oder?
Angestrengt versuchte Tom das Gesicht des Mannes einzuordnen.
Mitte Dreisieg, kantiges Gesicht, braune Augen, langes schwarzes Haar.
Es war eindeutig. Es war kein Killer aus dem Fernsehen, oder ein Typ den er schon einmal auf der Straße gesehen hatte.
Es war Francesco, der Freund seiner Mutter. Tom hatte geahnt, dass irgendetwas mit diesem Typen nicht stimmte. Doch hatte er nicht gewusst, was es war.
Hinterher ist man immer schlauer, hatte sein Vater immer gesagt. Wie recht er damit hatte.
Seine Mutter hatte sich in die Hände eines perfiden Killers begeben, der ihr schreckliche Dinge angetan haben musste. Und nun stand er vor seinem Fenster.
Und dann mit einem Mal war er verschwunden. Erleichterung machte sich in ihm breit. Doch …
Hatte er die Terrassentür abgeschlossen? Schnell rannte Tom ins Wohnzimmer. Aber es war zu Spät. Die Glastür zur Terrasse stand sperrangelweit offen. Der Mörder seiner Mutter, war im Haus. [i]
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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29.06.2014 12:19
von Rainer Zufall
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Hallo Schnarrinator,
habe die erste Version nicht gelesen, auch keine Kommentare, war bisschen wenig Zeit. Von daher habe ich keinen unmittelbaren Vergleich. Aber weil es eine fertige Kurzgeschichte ist, und nicht nur ein Fragment, will ich gerne meinen Senf beitragen.
Und bei aller Kritik habe ich es doch nicht bedauert, deine Geschichte gelesen und kommentiert zu haben. Ganz im Gegenteil.
Zuerst mal zum Inhalt.
Geschmacksmäßig unterscheiden wir uns sicherlich voneinander. Ich stehe eher auf subtilen Horror. Von daher gefiel es mir gut, dass du Tom ein Trauma haben lässt, das ihn umtreibt und ihn seinen ganz alltäglichen Horror erleiden lässt.
Der Tod seines Vaters und Toms Anteil daran sind eine gute Möglichkeit, Horror zu inszenieren. Ich fand es schade, dass du diese Möglichkeit nicht weiter verfolgt hast, wenn du schon diese Idee hattest. Dass dann der Freund der Mutter das Monster ist, fand ich schade. Es wirkte auf mich leider so gar wenig glaubhaft, in sich nicht schlüssig. Auch wenn Horror die Grenzen der Physik sprengt und der Leser dem Spirituellen bereitwillig folgt, braucht eine Geschichte ja eine interne Logik. Und die fehlt mir mit dem Freund. Man fragt sich halt sofort, warum der nicht in Italien im Strandhaus oder wo die hingefahren sind, die Mutter verspeist, sondern mit dem Kopf der Toten vor Toms Wohnzimmerfenster auftaucht. Es fallen einem so blödsinnige Fragen ein, wie der denn ins Flugzeug oder in die Bahn geraten ist, oder mit irrem Blick und dem Kopf lecker in einer Tupperdose untergebracht über die Autobahn düst, und ihn erst wieder vor Toms Wohnzimmerfenster ausgepackt, um dann persönlich auf Monstermodus zu stellen? Ich will dich nicht verarschen, wenn ich das schreibe, aber im Horror muss man hinkriegen, dass der Leser solche Zusammenhänge ausblenden will. Also müsstest du, um es glaubhafter zu machen, das Szenario ein wenig ändern. Es müsste nachvollziehbarer werden, warum der Verrückte ausgerechnet vor Toms Wohnzimmer auftaucht.
Ich persönlich hätte mir aber eher eine Geschichte aus dem Vater-Sohn-Mutter-Konflikt vorgestellt, die enthält schon genügend Horror. Aber nun gut, ist ja deine Idee und Geschichte und ich will dir nichts aufschwätzen.
Anbei noch: Die Charakterisierung Toms ist noch brüchig. Mir fehlen Eigenheiten, die fängst du am Anfang noch ganz nett ein, aber dann gibt’s nur noch wenig Möglichkeiten zur Idntifikation. Und am Anfang schilderst du ihn als vergnügt, fro darüber, allein im Haus zu sein.Der Übergang in seine Angst, in die Schuldgefühle holpert dann viel zu ehr. Das wirkt wieder sehr brüchig und sehr behauptet, aber als Leserin kann ichs nicht miterleben.
Insgesamt finde ich es aber spannend aufgebaut. Sehr vorhersehbar vielleicht, wenn man Horroleser ist, ist halt typische Genreliteratur, aber was solls. Wenn du den Tom noch ein bisschen mehr charaktersiert hättest, sein Leiden und seine Schuld glaubhafter gemacht hättest, und die Sache mit dem Freund nachvollziehbarer gemacht, ich hätte es richtig gut gefunden. So aber gefällt mir die Umsetzung immer noch nicht ganz, obwohl du ja schon überarbeitet hast.
Im Moment liegt das außer dem o.a. für mich an drei Punkten:
- Die Horrorelemente sind zu klischeehaft (die Bäume und so). Damit will ich dich nicht ärgern, aber ich habe halt die Erfahung gemacht, dass jeder das beim Lesen sofort abhakt und als zu bekannt voraussetzt. Reizt dann eher zum Lachen oder findet entsprechend Eingang in Parodien. Es funktioniert vielleicht bei jüngeren Lesern, oder bei welchen, die nicht horroraffin sind. Aber eine Neuinszenierung von Grauen ist es nicht.
- Die Reaktionen Toms sind viel zu überlegt. All die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen. Hast du schon mal einen wirklich riesigen Schrecken gekriegt? Etwas ganz Schlimmes erfahren? Ich will dich nur daran erinnern, wie das war. Die meisten Menschen haben nicht so einen Gedankenfluss, wie du ihn schilderst, sondern reagieren vegetativ. Oder gar nicht, also betäubt. Ich denke, wenn man auch in dem Bereich Opferreaktion versucht, sehr nah an dem Charakter zu bleiben, dann kommt man eher auf etwas, was den Leser dann auch sich identifizieren lässt.
-Und der dritte Punkt, der unmittelbar damit in Zusammenhang steht, ist der, dass das Grauen manchmal nur behauptet und nicht genügend gezeigt wird.
Ich geh einfach mal ein paar Beispiele aus dem Text durch
Ach ja – und da sind echt noch ne Menge Vertipper im Text. Muss doch nicht sein. Ich korrigiere, was ich anbei erwische und sehe, aber im Prinzip hab ich keinen Bock, den DL zu spielen. Es gibt doch supergute Korrekturprogramme.
Zitat: | Tom saß auf der Couch im Wohnzimmer und kaute auf einem Stück Schokolade. Vergnügt sah er mit an, wie die heroische Blondine im gelben Neoprenanzug ihren Gegnern mit einem Samurai-Schwert die Gliedmaßen abschlug.
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Den Anfang find ich witzig. Ist ja auch ein beliebter Effekt in Horrorfilmen, ihn damit anzufangen, dass der Protagonist einen entsprechenden Horrorstreifen sieht. Von daher Vorsicht damit, würde ich nicht zu oft benutzen, aber egal. Musste trotzdem lachen. Hier Tarantino. Warum auch nicht.
Zitat: | Den Film kannte er in- und auswendig, aber trotzdem war es für ihn immer wieder ein Genuss sich diese aneinandergereihten Gewaltorgien zu Gemüte zu führen. |
Das klingt so formell. Wie ein Sozialarbeiter, der über einen Klienten berichtet. Du schreibst doch aus der Sicht von dem Tom. Dann lass ihn doch auch seinen Spaß haben. Also bitte nicht so kühl-berichtend.
Manche fetten Sachen sind dann übrigens korrigierte Vertipper.
Zitat: | Seit sein Vater vor zwei Jahren gestorben war, hatte sich seine Mutter verändert. Sie hatte ihm zwar nie direkt gesagt, sie würde ihm die Schuld für seinen Tod geben, aber insgeheim wusste Tom, dass sie es tat. Sie wünschte sich, sie müsste ihm nie wieder in die Augen schauen, geschweige denn mit ihm reden. |
Auch das hier, das ist nur Bericht. Tom kann außerdem gar nicht wissen, wie sie über ihn denkt. Das gilt vor allem für das Fettgedruckte. Er kann es annehmen, aus Blicken oder Ähnlichem schließen. Aber das muss dann auch aus deinem Text rauskommen und darf nicht so einfach hingeschreiben sein wie wenn ein allwissender Erzähle auf einmaleingefügt würde.
Und sowas, was dann für die Beziehung der beiden typisch ist, dass sie ihm nicht mehr über den Kopf streichelt, obwohl er das früher gehasst hat, und sich jetzt zurückwünscht, irgendsowas, woran man eine geänderte Beziehung merken kann, das würde ich in so einer Rückblende einfließen lassen.
Zitat: | Nachdem sie ein Jahr getrauert hatte, suchte sie sich einen Neuen. Jemanden, der die tief klaffende Wunde schließen konnte. Jemanden, mit dem sie aus dem tristen Alltag ausbrechen konnte. Jemanden, der ihren Mann ersetzen konnte. |
Wer sagt das jetzt? Klingt wieder nach allwissendem Erzähler. Und nicht nach Toms Perspektive. Aus seiner Sicht nämlich dürfte er da ein bisschen mehr zur Sache gehen, Da müsste mehr Wut drinstecken oder Trauer, aber irgendein Gefühl dazu. Das muss nach einem jungen Typen klingen.
Zitat: | Denk an etwas Schönes, sagte sie immer. Aber meistens gelang ihm dies nicht.
Wenn er an die Geschehnisse von vor zwei Jahren zurückdachte, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Tränen liefen ihm die Wagen herunter und er begann zu schluchzten. |
Boahh, das kommt jetzt so abrupt, das Schluchzen. Entweder du lässt es hier weg und lässt ihn erst später weinen. Oder du musst es schlüssig machen. Grad hat er noch vergnügt Schokolade gefressen und eine Neoprenlady begafft, jetzt weint er. Da fehlt einfach was, merkst du das nicht? Und der nüchterne Bericht dazwischen hilft da auch nicht weiter.
Auch die inneren Monologe, die danach noch folgen, die könnte man stärker auf den Charakter beziehen. Glaubst du wirklich, ein junger Mann sagt über sich selbst, er wird in der Hölle schmoren? Ich hätte es toll gefunden, du denkst dir da was Spezielles aus, woran man seine Schuldgefühle merkt.
Zitat: | "Es wird nicht aufhören, wenn du es nicht willst KOMMA Tom. Weißt du KOMMA ein solches Trauma KEIN KOMMA ist wie eine ätzende Säure. Es frisst sich immer tiefer in dich hinein und es wird immer schwerer KOMMA dich zu heilen. Verstehst du das Tom? Ich will nur das Beste für dich, das weißt du doch, oder?“ |
So soll eine Psychotherapeutin sprechen? Ich will nur das Beste für dich? Das gehört zu deren täglichem Mantra, dass sie das nie- niemals zu einem Klienten sagen. Auch wenn sie keine guten Therapeuten sein mögen.
Zitat: | Tom war der Spaß an dem Tarantinostreifen vergangen und er schaltete den Fernseher ab. Draußen war es schon dunkel geworden und der Mond erhellte in seiner ganzen Pracht, das kleine Wohnzimmer.
Schnell hechtete Tom aus dem dunklen Raum heraus und rannte in sein Zimmer, wo er sich sofort in sein gemütliches, großes Bett legte. |
Das soll ja die Einleitung zur ersten Spannungsstelle sein. Du beginnst es mit lauter neutralen, sogar angenehmen Sachen, der Mond scheint prachtvoll, draußen ist es dunkel.
Kein Grund zum Hechten. Versteht man nicht, warum er das jetzt tut. Erst später sagst du, er hasst die Dunkelheit. Da fehlt also ein Übergang. Du bietest dem Leser Inhaltstückchen, die gar nicht zusammenpassen, die er sich erst später zusammensetzen kann. Über das Hechten wundert man sich. Dann kommt aber sofort wieder ein bequemes Bett. Also alles zurück auf Beruhigungsmodus. So kriegst du aber keine Spannungssteigerung hin.
Und besser fände ich es eh, du würdest hier ein bisschen mehr auf eine individuelle Atmosphäre eingehen. Undansoncten: Klar kann man/soll man neutral anfangen, aber dann muss man auch einen Grund liefern, der ihn hechten lässt und darf die sich steigernde Spannung nicht wieder völlig zurücknehmen, sondern nur ein bisschen.
Zitat: | Er hasste die Dunkelheit, die Nacht, den Mond und die Sterne, die sein Zimmer durch das große Fenster in ein geheimnisvolles Licht tauchten und Schatten an die Wände warfen. Grausame Schatten. Die sich im Wind wiegenden Bambuszweige verwandelten sich in riesige Klauen, die versuchten ihn zu fassen zu bekommen. Bei dem kleinsten Knacken KEIN KOMMA zog Tom sich die Bettdecke bis unters Kinn und rechnete jeden Moment damit, dass sein toter Vater hereinstürzte KOMMA um ihn sich zu rächen, um ihn zu ermorden. |
zu bekommen - weglassen
ihn ist da versehentlich stehen geblieben
Das hier ist jetzt eine der Spannungsstellen. Und das sind die von mir schon oben angesprochenen Horrorklischees. Was ist denn zum Beispiel ein grausamer Schatten? Dann beschreib doch lieber, was da zu sehen ist, damit man Anteil an Toms persönlicher Horrorwelt kriegt.
Mal so viel. Jetzt kann ich nicht mehr. Kommentare schreiben ist anstrengend.
Viele Grüße von Zufall.
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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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Jojo99 Erklärbär
J Alter: 24 Beiträge: 4 Wohnort: In meinem Elternhaus ;)
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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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Blübbi Schneckenpost
B Alter: 29 Beiträge: 9 Wohnort: Sag ich nicht :P
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B 04.07.2014 11:39
von Blübbi
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Also, erstmal das, das mir nicht so gut gefallen hat: Ich finde, die Handlung verläuft viel zu schnell. Ich als Leser kann mich emotional kaum auf das Geschehen einstellen. Erst sitzt da noch ein, wie du schreibst, "vergnügter" Junge bzw. einer, der sich über einen Film "vergnügt" (vermutlich Kill Bill? ), dann erfährt man seine im krassen Gegensatz dazu tragische Lebensgeschichte und plötzlich -BAM!- stirbt er Todesängste, weil er einem Mann gegenüber steht, der -weiß Gott, warum auch immer- den Kopf seiner Mutter in Händen hält. Ich muss sagen, das erinnert mich echt ein bisschen an Tarantino, dem ich persönlich (gegen jede Vernunft, wie meine Mitmenschen finden) nichts abgewinnen kann, auch, wenn bei ihm natürlich von filmischer und bei dir von literarischer Kunst zu sprechen ist. Ein, zwei Rechtschreibfehler habe ich ebenfalls ausgemacht, aber das sind weniger Punkte, denen ich jetzt Belang schenke, weil sie bei dir lediglich in minimalem Maße vorhanden sind. Und das sind sie bei jedem in irgendeiner Form.
Jetzt zu dem, das ich gut finde: Das ist auf jeden Fall dein Stil. Du schreibst klar und nachvollziehbar und formulierst trotzdem gut aus, was, wie ich finde, bei einer Sorte von Geschichte wie dieser schon wichtig ist. Du hast ein Talent, Spannung aufzubauen. Obwohl ich mich, wie ich ja erwähnt habe, zuweilen irgendwie überrumpelt gefühlt habe, wollte ich auf jeden Fall weiterlesen. Die Geschichte hat Lust gemacht und das ist doch das Wesentliche bei der ganzen Sache.
Liebe Grüße, ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen
_________________ Letzten Endes, so bleiben sie doch alle Sünder, Schöpfer, Literaten. |
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sorglosusi Schneckenpost
Alter: 71 Beiträge: 7 Wohnort: Frankfurt am Main
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06.07.2014 15:36
von sorglosusi
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Hi Schnarrinator, die Geschichte gefällt mir gut - ich bin "Stephen King-gestählt"
Anzumeckern hätte ich nur gewisse Ungereimtheiten in der Gefühlswelt der Personen - das wurde ja auch schon von anderen bemerkt - ich schreibe es trotzdem noch einmal:
Die Zeitung lesende Mutter, während Vater und Sohn sich dermaßen angehen finde ich nicht überzeugend. Wenn schon, dann sollte klar werden, dass sie sich bewusst nicht damit befasst (warum auch immer).
Warum die beiden sich so sehr hassen, dass es sogar zu einer Handgreiflichkeit kommt, sollte imho auch kurz beleuchtet werden. Söhne schubsen ihre Väter selten, auch wenn sie speichelreich angeschrien werden.
Und beim Ende habe ich den Eindruck, du wusstest vielleicht nicht recht, wie du die Geschichte beenden sollst. Dass es nicht ganz eindeutig ist stört mich nicht, aber der Schluss dürfte für mich ein wenig epischer sein.
Grüße, Susanne
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Schnarrinator Wortedrechsler
S Alter: 25 Beiträge: 51 Wohnort: Osnabrück
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