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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Du lebst in Melancholie


 
 
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

Alter: 32
Beiträge: 2356
Wohnort: Greifswald
Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag08.06.2010 20:05
Du lebst in Melancholie
von EdgarAllanPoe
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Etwas experimentell, aber es ist hoffentlich trotzdem noch verdaulich. Aber den (zugegebenermaßen wirren) Stil kann ich leider so nicht mehr ändern, weil er schließlich Melancholie bzw. Gefühlsirren transportieren soll.

    Du lebst in Melancholie



Du lebst in Melancholie, schrieb mir meine Freundin. Sie kriecht dir in die Augen und fängt dort an zu jucken. Du musst dich kratzen und weinen. Ich will das nicht mehr sehen, weißt du. Markus hat mir gesagt, du müsstest was dagegen tun. Das denk ich auch. Das denken wir beide. Also tu was. Ich will das nicht mehr sehen.

Wir saßen im Garten, der Himmel eine verfilzte Farbdecke, die sich über uns schwang, ein Essen, dampfendes Fleischgemenge vor uns, die Glockenschläge vom fernen Kirchturm brandeten uns in die Ohren; iss doch was, meinte Markus da zu mir, während mir sein Gesicht in der Bläue des Abends immer undeutlicher wurde, dazu der Grillgeruch vor Augen & Nase, ein weiterer Fleischklumpen noch auf dem Rost, Saft, der ins Feuer tropfte & das, was uns wie ein Leichenwagen durch die Sinne fuhr, das Schwarze, Undefinierbare, etwas wie der Sommer, so glühend & schnell, ein Wesen, das uns von hinten in den Nacken springen würde; ich gähnte & als Markus mir das Steak auf den Teller klatschte, als ich den Saft auf den Teller, den so weißen Teller, rinnen sah, stieg mir der Ekel in die Brust & ich dachte an die dunkelgrünen Büsche am Rand des Gartens, die sich mir entgegenreckten (komm & flieh, Mann), und meine Freundin, die lachte, was ein schönes Essen, Markus, gut gekocht, & ich dachte blau, alle Worte sahen aus wie Meer & gequetschter Sommerhimmel; stell dich nicht so an, iss was, sagte Markus, ich sagte nein, ist mir zu viel, stell dich nicht so an, bist doch ein Mann, Jäger & Sammler, echt jetzt, ist doch kein Ding, ein bisschen Fleisch zu essen, nee, ist mir zu eklig, kapier das doch mal, & meine Freundin lachte ins Blaue, vielleicht auch ins Schwarze hinein, stellte sich an wie jemand, der nicht weiß, was tun jetzt, & schob sich näher an mich ran, so ist gut, du bist mein Freund, mein ganz Süßer, & legte mir ihre kalte Hand in den Nacken, strich über die nur feinen Härchen dort, mein schöner Freund, ich sagte & wenn, was kümmert mich das, warum bist du immer so abweisend, sagte sie, warum, antwortete ich, warum, warum, das hat wohl mit der Melancholie zu tun, mit dem Sommer da draußen, was weiß ich, ich muss sagen, ich weiß es doch nicht, also lass mich in Ruh mit deinem Geschwätz, ich kann das nicht mehr ertragen, ständig dieses Geschwätz um meine Traurigkeit, kannste nicht mal was anderes sagen, das ist doch langweilig, immer dasselbe sagen zu müssen, diesen albernen Scheiß rund um die Melancholie, such doch ein Heilmittel, & wenn du eins weißt, schick’s mir per Mail.
Also echt jetzt, meinte Markus dann & stand auf & ging an den Grill & schmiss das Fleischstück auf einen frischen Teller, dass es nur so klatschte & mir die Galle in die Kehle stieg, echt jetzt, was für eine beschissene Argumentation du da hast, mein Freund, deiner Freundin gegenüber so einen Stuss zu verzapfen, in deiner Welt würd ich gern leben, was treibt dich den ganzen Tag, wer hat dir ins Hirn gepisst, dass du denkst, dir kann niemand helfen, es ist doch trotzdem seine Sichtweise, sagte meine Freundin & legte ihren Arm um meine Brust, welche denn, fragte Markus, erklär mir den Scheiß mal, ich kapier das nicht, & sie sagte, weiß ich doch nicht, schaute zu Boden, sah das klapperdürre Gras & ich zeigte auf den Himmel und sagte, was für ein lächerlich blauer Himmel, & beide sagten, was kümmert uns der Himmel schon, echt jetzt, du hast bessere Dinge zu tun, komm & iss was & ich sagte nee, lass mal & Markus sagte, soll mir doch egal sein, was du denkst & meine Freundin rückte noch näher an mich ran, dass ich ihr schönes Parfum & ihre noch schöneren Haare & ihren ganz & gar warmen Körper an meinem fühlen konnte & sie sagte, was kümmert es uns, er ist eben traurig, mein Freund, wir können nichts dagegen machen; vielleicht soll er das auch, sagte Markus & ich nahm die Bank in die Augen, an der wir saßen, die langsam im Dunkel versank & der Himmel eine verfilzte Decke eins zwei drei vier zählte ich in meinem Kopf & Markus aß & meine Freundin trank & ich büßte darüber meine Sprache ein & was auch immer & ich wollte nicht ich wollte nicht dass sie mich so sehen dass sie sehen wie traurig ich bin dass sie mich fühlen meine Gebücktheit meinen Willen mein Verlangen meine Gier nach dem Dunkeln & erklär mir den Scheiß mal sagte Markus wie mach ich das denn jetzt mit unsrer neuen Grillhütte & meine Freundin meinte irgendwann nach dem und dem Geschwätz dass wir also sie und ich die Grillhütte doch nachts benutzen könnten & Markus war irritiert wieso fragte er was soll das und sie kicherte sie kicherte: Da kann ich seine Melancholie vertreiben.

Und du hast deine Sprache verloren, schrieb sie weiter. Du sitzt in deinem Zimmer und weißt nicht mehr, was zu tun ist. Du willst was sagen, aber die Worte kleben dir im Hals. Ich weiß nicht mehr, was zu tun ist. Ich halt das nicht mehr aus. Das, was von dir übrig ist, ist mir zuwider. Du lebst in Melancholie, und ich tu das halt nicht, und das weißt du, und ich will, dass du das akzeptierst.



_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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prophet
Klammeraffe


Beiträge: 515
Wohnort: überall


Beitrag08.06.2010 20:47

von prophet
Antworten mit Zitat

Hi Poe,

mir gefällt die Idee ausgezeichnet, ebenso der beabsichtigte schnodderige Wortstil, habe den Text gerne gelesen. Der Zauber geht aber m.E. zu einem nicht unbedeutenden Teil verloren mangels einer Struktur des Textes in Absätzen. Die Anführungszeichen fehlen mir, die Und-Zeichen gehen mir auf den Keks, alles dem experimentellen Charakter geschuldet, jau. Ein paar Kommas fehlen irgendwo, egal.
Die wirklich gute Geschichte, die auch im Sprachstil das Thema schön darstellt, durch diese schnippische Lakonie, hätte mir bei Beachtung der vorerwähnten Punkte mindestens doppelt so gut gefallen.

lg p.
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Ilona
Klammeraffe
I


Beiträge: 558
Wohnort: irgendwo in Hessen


I
Beitrag08.06.2010 22:47

von Ilona
Antworten mit Zitat

Hat mir gut gefallen. Die innere Traurigkeit des PRota an der Reaktion der Umwelt darzustellen halte ich für aussergewöhnlich.

Kompliment

Ilona
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

Alter: 32
Beiträge: 2356
Wohnort: Greifswald
Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag09.06.2010 15:28

von EdgarAllanPoe
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke euch zweien.
prophet: Gerne hätte ich Absätze gemacht, ja. Einen Satz jedoch nach einem Komma in einer neuen Zeile fortzuführen, halte ich jedoch für nicht gut. Ich weiß, in der jetzigen Form stiftet der Text Verwirrung.
Die fehlenden Kommas sind keine Nachsichtigkeit, sondern dienen dazu, den Sprachverlust des Ich-Erzählers hervorzuheben, genauso wie die &-Zeichen.
Ilona: Schön, dass es dir gefallen hat, und danke fürs Kompliment.


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prophet
Klammeraffe


Beiträge: 515
Wohnort: überall


Beitrag09.06.2010 15:37

von prophet
Antworten mit Zitat

Jau mein lieber,

hast nicht Unrecht

lg p.
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