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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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26.08.2008 12:08 Puppenrequiem von Enfant Terrible
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Mit Wortkies
gestreute Pfade
winden sich müde
in Glanzlosigkeit,
Treibgut auf Wände
zuschleppend.
Eine Puppe schwimmt
dort, inmitten von
zerknüllten Plänen
und Zeitungsfetzen.
Der Nebel hat
ihr Gesicht abgetastet
und für wertlos befunden.
Ihr intakter Arm verwächst
mit einem Schreibstock,
und Würmer meiden
die Leere in ihrem Bauch.
Hölzernen Augenhöhlen
ist es nicht gegeben,
in die Zukunft zu sehen.
Weitere Werke von Enfant Terrible:
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Skywhite Leseratte
Beiträge: 128 Wohnort: Karlsruhe
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27.08.2008 19:03
von Skywhite
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Huhu Krümel
Ich komm irgendwie nicht über das Wort Schreibstock hinweg... meintest du Schraubstock? oder was kann ich mir sonst vorstellen?
die letzten drei Zeilen finde ich ganz große klasse
Sky
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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28.08.2008 17:20
von Enfant Terrible
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Nein, Schreibstock war schon so gemeint. Ich glaube, es schon mehrmals in der Verwendung als Synonym von "Stift" gelesen zu haben.
Danke für deinen Kommentar! Es freut mich besonders, dass dir der Schluss gefällt, weil ich persönlich meine Zweifel hatte, er könnte zu aufgesetzt erscheinen...
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
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"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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01.07.2009 10:52
von Enfant Terrible
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Ich hole dieses Gedicht nach oben, weil mir viel daran liegt und ich es, sogar nach relativ langer Zeit, selbst nicht ganz verstehe. Folglich würde mich interessieren, wie es auf Leser wirkt. Schwachsinn?
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
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"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3415 Wohnort: Heidelberg
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01.07.2009 16:55
von Eredor
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Zum Glück hast du es hochgeholt, KRÜMEL!
Ich liebe nämlich den Schluss
Auch wenn er ein klitzeklitzekleinesbisschen aufgesetzt ist
Hier gibt es von mir keine Kritik für komplizierte Metaphern, dieser Text zeigt, was du draufhast. Oder hattest. Oder wie auch immer.
Aber den Schreibstock verstehe ich nicht. Das einzige, das an der Puppe intakt ist, ist ihr Schreibarm?
Das macht, wenn ich das Gedicht richtig verstehe, keinen Sinn.
Eine Puppe, die nicht in die Zukunft schauen kann und kein Herz hat, drückt Gefühlslosigkeit und Hoffnungslosigkeit aus.
Wie kann sie ohne Gefühl und ohne den Blick schreiben?
lg Dennis
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Jocelyn Bernsteinzimmer
Alter: 59 Beiträge: 2251 Wohnort: Königstein im Taunus
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01.07.2009 17:02
von Jocelyn
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Hallo Enfant terrible (ich habe nichts gegen deine Wandlung, übrigens )
Ich finde das Gedicht gut und nicht schwachsinnig.
So, wie ich es verstehe, soll es audrücken, dass man das Leben nur leben kann und nicht mit Worten allein ausdrücken. Denn die Worte können nur hölzern in die Zukunft schauen, können zu Wortkies, dahintreibend, verkommen. Zerknüllen. Treibgut, müde, glanzlos, begrenzt durch Wände.
Sogar die Würmer, hier die einzigen Lebewesen, wollen so eine tote Wohnung nicht.
Der intakte Arm verwächst mit einem Scheibstock. In dem Fall ein letzter Versuch, Zeugnis vom eigenem Leben zu hinterlassen? Nicht völlig zu verstummen?
Irgendwie steht hier für mich die Frage im Raum, wer alles diese Puppe sein könnte, ohne es zu wissen.
Manch einer mag vielleicht mehr so eine Puppe zu sein, als er denkt.
So long, Enfant, Caecilia
_________________ If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)
Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)
"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire) |
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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01.07.2009 17:36
von Enfant Terrible
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Danke euch beiden für die Kommentare! Rückblickend war das Gedicht fast schon prophetisch, denn es thematisierte genau den hoffnungslosen Schreibzustand, auf den ich mich zubewegte.
Ihr habt in euren Interpretatioenn schon richtig erkannt: Ohne Leben kann man nicht schreiben. Wenn man das Leben vom Schreiben verdrängen lässt (und genau das meinte ich mit dem Schreibstock), dann ist das Ergebnis tot.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
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Jocelyn Bernsteinzimmer
Alter: 59 Beiträge: 2251 Wohnort: Königstein im Taunus
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01.07.2009 17:46
von Jocelyn
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Enfant Terrible hat Folgendes geschrieben: | Wenn man das Leben vom Schreiben verdrängen lässt (und genau das meinte ich mit dem Schreibstock), dann ist das Ergebnis tot. |
Einfaches Rezept: Leben. Du hast doch noch 85 Jahre + x.
Coelho behauptet übrigens, dass er nur alle 2 Jahre ein Buch schreibt. Und zwischendurch nur intensiv lebt. Sicher ist er rein schriftstellerisch gesehen kein Überflieger. Inhaltlich trifft er aber den Nerv seines Publikums.
Also man muss halt beides: Leben und Schreiben.
Zitat: | hoffnungslosen Schreibzustand, auf den ich mich zubewegte. |
Bestimmt ändert sich das, oder stimmt gar nicht so. Versuch es mal.
Gruß, Caecilia
_________________ If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)
Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)
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(Voltaire) |
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Rike Eselsohr
Alter: 45 Beiträge: 254
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01.07.2009 23:21
von Rike
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Hallo Krümel,
(darf ich dich überhaupt noch so nennen? Bitte ja, denn mit "enfants terribles" habe ich es den ganzen Tag in der Schule zu tun und ich weigere mich, dich als solches zu sehen )
bei deinem Gedicht muss ich schmunzeln, obwohl es ja eine eher düstere Stimmung hinterlassen soll. Aber es spricht mir so sehr aus dem Herzen und hat so etwas Trotziges an sich, dass es schon wieder richtig Witz und Biss hat.
Den "Schreibstock" finde ich etwas zu plump, wie wäre es mit:
Ihr intakter Arm verwächst
mit einem stumpfgeschriebenen Griffel
und Maden füllen
ihren ausgehöhlen Bauch.
Nur so ne spontane Idee!
Die letzten Verse finde ich, wie Eredor, sehr stark. Gefällt mir gut, das Bild hat Kraft!
Fazit: Wenn man das so liest, kann man sich kaum vorstellen, dass du dich in dieser Puppe sehen könntest! Du hast genug Stoff, über den du schreiben kannst und wenn du eben darüber schreibst, wie schwer es dir fällt zu schreiben!
Ansonsten muss ich Caecilia recht geben. Das Leben schreibt die besten Geschichten, aber auch da bin ich davon überzeugt, dass du zu leben weißt!
Liebe Grüße
Rike
_________________ Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt obdachlos die Unvergänglichkeit (R. M. Rilke) |
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