Neue Sonette XI: Zuhause

[Silvian]

'Zu Haus und nur zuhause ist dein Platz.
Das Winterbild ist trist und unerquicklich,
ich säh dich frieren draußen, augenblicklich.
Sitz drinnen mit mir am Kamin, mein Schatz.

Erstrahlt das Land im Mai, ist's für die Katz.
Die Fantasie der Männer blüht nun tüchtig,
Vergnügen suchen sie, jedoch nur flüchtig.
Zu Haus und nur zuhause ist dein Platz.

Zuhause ist dein Platz und nur zu Haus.
Ich riefe dich, wär ich wie Gott dort droben,
ganz ohne Eifersucht, denn Du bliebst oben.'

Den Schlüssel hab ich nicht zu goldnen Toren,
ein Schloss der Liebe wäre schon verloren.
In meinem Herzen steht ein freies Haus.

[EdgarAllanPoe]

Eine schöne Forderung im letzten Vers: Jede Liebe muss sich einige Freiräume bewahren, sonst ist sie wie ein Gefängnis.
Was mir an deinen Sonetten gefällt, Silvian, ist die Leichtigkeit, mit der sie daherkommen.

[Silvian]

Sir Poe, "Leichtigkeit" freut mich sehr. Es fällt mir übrigens auch relativ leicht, Sonette zu schreiben (das wurde mir aber schon mal als Beleg für deren Mangel an Qualität vorgehalten). Kennst Du die vertonten Shakespeare-Sonette von Rufus Wainwright? So ähnlich würde ich meine gern auch klingen lasen. Mein Favorit ist "A Woman's Face", findest Du bei YouTube.