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Kein Weg zurück


 
 
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hexsaa
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 56
Beiträge: 1826
Wohnort: im Schneckenhaus
Ei 6 Extrem Süßes!


Beitrag19.11.2012 16:38
Kein Weg zurück
von hexsaa
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Forengemeinde,

ich habe einen ersten Entwurf für den Beginn eines Jugendromans über eine siebzehnjährige Ausreißerin geschrieben und möchte ihn gerne zur Kritik stellen. Kann man das als Anfang nehmen?




Der Polizeiwagen vor unserem Haus war nichts besonderes. Fast täglich rief irgendeiner der Nachbarn wegen irgendetwas die Polizei. Auch das Geschrei, das aus dem Haus drang, war nicht ungewöhnlich. Lautstarke Familienstreitigkeiten gab es in diesem Kiez zuhauf. Keine Ahnung wie andere das schafften, immer so ruhig und gesittet zu sein. In unserem Viertel ging es ab. Tag und Nacht. Damit war ich aufgewachsen. Mit Geschrei, Blaulicht, eingeschlagenen Fenstern und Türen und Müll.
Diesmal kam das Geschrei aus dem zweiten Stock, aus unserer Wohnung.
Mein Magen krampfte sich zusammen. Das konnte nur bedeuten, dass er im Haus war. Mein Vater. Und dass er etwas ausgefressen hatte.

Ich hielt kurz inne, kämpfte gegen den Impuls, einfach umzukehren und zu warten, bis alles vorüber war, doch dann dachte ich an Flo, meinen kleinen Bruder. Sicher hatte er Angst.
„Hi Jessi. Was geht?“, begrüßte mich Dennis, einer der Nachbarsjungen, der mit einer Kippe im Mundwinkel neben dem Eingang stand und den Polizeiwagen musterte. Wahrscheinlich überlegte er, seinen großen Bruder zu rufen und das Gefährt zu klauen, nur so aus Spaß.
Ich deutete die Treppe hinauf. „Was ist da oben los?“
Ein Klirren gefolgt von der hysterischen Stimme meiner Mutter die etwas von einem betrügerischen Bastard brüllte. Ein Polizeibeamter sprach beruhigend auf sie ein.
Dennis grinste. „Dein Alter ist da. War auf der Flucht vor den Bullen, hat Mama gesagt.“
Das sieht ihm ähnlich, denke ich. Warum kommt er gerade zu dem Ort, wo die Polizei ihn als Erstes sucht? So bescheuert konnte nur mein Vater sein.
Unwillkürlich fragte ich mich, was er diesmal ausgefressen hatte und wielange sie ihn dafür einbuchten würden.

Während ich die Stufen in den zweiten Stock erklomm, den Geruch nach Urin und die Graffiti beschmierten Wände ignorierend, dachte ich darüber nach, wie ich an solche Eltern geraten konnte.
Ich meine, okay, ich war kein Engel und so, aber meine Eltern waren so unfassbar dumm und assozial, dass es fast schon an ein Wunder grenzte, dass ich ein Gymnasium besuchte.
Nicht dass dies mein Wunsch gewesen wäre.
Ich hatte das zweifelhafte Glück einer engagierten Grundschullehrerin gehabt, die hinter meiner frechen Schnauze, den Klamotten aus dem rote Kreuz Laden und dem ungekämmten Haar Potenzial erkannt zu haben glaubte.
Mama war stolz wie Oscar gewesen, hatte es jedem erzählt, sogar der Kassiererin aus dem Supermarkt. Ihre Tochter, die erste aus der Familie, die eine höhere Schule besuchen würde. Die sie rausholen würde aus Sozialhilfe und Gelegenheitsjobs.
Ich wäre lieber bei meinen Freundinnen geblieben. In der Hauptschule, wo meinsgleichen hingehörte. Aber ich wurde ja nicht gefragt.

Die Tür zu unserer Wohnung stand offen. Eine junge Polizistin stand im Flur und sah sich aufmerksam um, während ihr Kollege auf meinen Vater einredete. Meine Mutter stand im Hintergund und keifte.
Mein Blick glitt durch Wohnzimmer und Flur auf der Suche nach meinem Bruder. Als die Polizistin mich bemerkte, wandte sie sich mir zu. „Guten Tag, bist du die Tochter?“
Ich nickte. „Jessica. Wo ist mein Bruder?“
Bevor sie antworten konnte, ergriff der Polizist den Arm meines Vater und führte ihn Richtung Ausgang.
Schnell trat ich zur Seite, den Blick auf den kotzgrünen Linoliumboden gerichtet. Ich wollte meinen Vater nicht sehen. Sein Anblick würde mich nur wütend machen.
„Jessi, meine Kleine, es ist nicht so wie es aussieht“, rief er.
Natürlich nicht. Das war es nie.
Als sie die Treppe erreichten, hob ich unbewusst doch meinen Blick. Acht Monate hatte ich meinen Vater nicht mehr zu Gesicht bekommen. In dieser Zeit hatte er kräftig zugelegt. Ein beachtlicher Wanst quoll über seinen Hosenbund und der graumelierte Bart verbarg sein Doppelkinn nur ungenügend. Insgesamt wirkte er aufgedunsen und bleich. Dazu der gehetzte Gesichtsaudruck. Er sah nicht gut aus.

Meine Mutter trat an meine Seite, legte eine dürre Hand auf meine Schulter. „Schatz, holst du bitte Flo? Er ist oben bei den Koslows.“
Ihr Atem roch nach Bier. Angewidert drehte ich den Kopf zur Seite. „Kannst du nicht anrufen und Frau Koslow bitten, ihn runterzuschicken oder ihn selbst holen?“
Die Koslows waren nette Leute, aber vor ein paar Monaten bin ich eine Weile mit ihrem Sohn Andrej ausgegangen. Dass ich mit ihm Schluss gemacht habe, hat er mir nie verziehen. Seitdem lässt er dumme Sprüche los, sobald er mich sieht, nennt mich eine hochnäsige Schlampe, weil er glaubt, ich würde mich für was Besseres halten. Völliger Blödsinn.
Mutter stieß einen Seufzer aus, lehnte sich in gespielter Erschöpfung an den Türrahmen. „Ich fühle mich nicht so gut. Bitte Jessi.“
Aus rot unterlaufenen Augen sah sie mich an. Ihre Haut hatte diesen ungesunden Grauton, der von zu vielen Zigaretten und zu wenig Frischluft herrührt. Kein Wunder. Sie verließ die Wohnung nur, um in ihre Stammkneipe oder zum Discounter um die Ecke zu gehen, wenn ihr Vorrat an Bier und Zigarretten zuneige ging.
„Was hat Papa hier zu suchen gehabt?“, fragte ich nun statt einer Antwort.
Mama sah sich um, ob uns auch niemand belauschte. Lächerlich. Als würde es jemanden interessieren. Jeder hier hatte seine eigenen Sorgen.
„Er wollte, dass ich ihn verstecke“, wisperte sie.
„Warum?“
„Kreditkartenbetrug. Er hat mir sogar Geld geboten, wenn ich der Polizei nichts sage. Der Idiot.“ Sie schüttelte den Kopf. „Er hat mein Leben zerstört, Jessi.“
Ihre Unterlippe bebte. Die Augen füllten sich mit Tränen. Wütend kniff sie ihre Lippen zusammen.
Ich kannte den Gesichtsausdruck. Gleich würde sie in Selbstmitleid versinken und sich anschließend mit ihrem Freund Alkohol trösten.
„Ich geh Flo holen“, sagte ich und hechtete nach oben. Vielleicht konnte die Anwesenheit meines siebenjährigen Bruders sie vor ihrer existenziellen Krise retten.

Frau Koslow, eine dralle Mittvierzigerin, schenkte mir ein warmes Lächeln. Mitgefühl lag in ihrem Blick.
„Florian können hier bleiben, wenn du brauchen Zeit“, bot sie an.
Ich schüttelte den Kopf. „Danke, das ist nett, aber meine Mutter möchte, dass er nach Hause kommt.“
Andrej war nirgends zu sehen. vielleicht hatte er es endlich aufgegeben, mich zu schikanieren. Flo kam an die Tür. Die blonden Haare zerzaust. Schokolade klebte an seinem Mund.
„Süßer Junge brauchen Süßes“, erklärte Frau Koslow entschuldigend.
Aus irgendeinem Grund hatte sie einen Narren an meinem kleinen Bruder gefressen.
„Ich will noch nicht gehen, Jessi“, sagte Flo und schob schmollend die Unterlippe vor.
Frau Koslow strubbelte ihm durchs Haar. „Er spielen Videospiele mit meine Sohn.“
„Grand Theft“, fügte Flo mit leuchtenden Augen hinzu.
Na toll. Er spielte ein Spiel für Achtzehnjährige. Hatten diese Leute denn überhaupt keinen Verstand?
Auf einen Wutausbruch meines Bruders konnte ich verzichten, also versuchte ich es mit Bestechung. „Tut mir leid, Flo, Mama hat gesagt, du sollst nach Hause kommen. Vielleicht können wir uns eine Pizza machen und einen Film in den DVD Player schmeißen. Ich hab Shrek gebrannt. Wie wäre das?“
Wütend stampfte er auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. Er rührte sich keinen Milimeter.
Zugegeben, Tiefkühlpizza und Shrek waren ein armseliger Ersatz für Grand Theft.
Also Plan B. Die autoritäre Jessica.
„Keine kindischen Spielchen, Florian! Du schwingst jetzt deinen Hintern nach unten, bevor ich mich vergesse.“
Ich schnappte ihn am Arm und zog ihn in meine Richtung. Sofort lief sein Gesicht rot an. Wütend riss er sich los. „Lass mich, du blöde Kuh!“
Ich seufzte. Florian war ein jähzorniger kleiner Kerl. Ein Teil von mir hoffte und betete, dass er diesen Jähzorn überwinden möge, bevor er zu einem Schläger oder Schlimmerem heranwachsen würde.
„Florian“, mischte sich Frau Koslow ein. „Du gehen mit Jessi. Wenn deine Mutter erlaubt, du wieder kommen, okay?“
Flo sah aus, als würde er gleich zu heulen anfangen. Trotzig schüttelte der den Kopf und wich zurück.
Darauf hatte ich echt keinen Bock.
Die Schule war anstregend gewesen. Ich musste Hausaufgaben machen, für eine Bio Klausur lernen und noch eine Ladung Wäsche waschen. So gerne ich den kleinen Scheißer auch hatte, ich war nicht seine Mutter, verdammt. Kurz entschlossen grabschte ich nach seinem Arm und zerrte ihn hinter mir her, die Treppe hinab bis zu unserer Wohnungstür. Er brüllte wie am Spieß, beschimpfte mich mit Worten, bei denen ich mir sicher war, dass er nicht Mal wusste, was sie bedeuteten.



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Ruth
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Alter: 43
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Wohnort: Monnem


Beitrag19.11.2012 17:16

von Ruth
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Hallo hexsaa,

eigentlich wollte ich nur mal schnell ins Forum schauen, aber jetzt habe ich deinen ganzen Anfang gelesen, und kann damit schon sagen: Ja, mich zieht er hinein. Gefällt mir, die Geschichte beginnt gleich mit Action und wirft gleichzeitig Fragen auf, wegen deren Antworten, man weiterlesen möchte.

Was mir sprachlich aufgefallen ist: Die Erzählerin schwankt zwischen Slang und den Ausdrücken einer Abiturientin mit Schwerpunkt Geisteswissenschaften.
Zum Beispiel: In unserem Viertel ging es ab. vs.  Unwillkürlich fragte ich mich ...
Ich meine, okay, ich war kein Engel und so, ... vs. Nicht dass dies mein Wunsch gewesen wäre.

Da du ja keine Anfängern bist, denke ich, das hast du bewusst eingesetzt, um zu verdeutlichen, dass sie sich zwischen zwei verschiedenen Milieus bewegt. An sich überzeugt mich das, aber ich würde es runder finden, wenn diese Gespaltenheit konsequenter umgesetzt ist. Ihre Erzählerstimme könnte etwas einheitlicher sein, dagegen könnte sie, wenn sie Dennis anspricht sagen "Was geht da ab?" (oder so ähnlich), in einem anderen Gespräch, etwa mit jemandem vom Amt (weiß ja nicht, was noch passiert) sich aber gewählter ausdrücken.
Oder, wenn sie wirklich auch in ihrem Denken noch zwischen den Welten schwankt, sollte das irgendwo deutlicher werden. (Will sie in bestimmten Situationen nicht, dass man ihr ihren sozialen Status ansieht, aber verrät sich dann selbst?)
Aber vielleicht kommt sowieso noch so etwas?

Auf jeden Fall macht das Lust, mehr zu lesen!

LG,
Ruth
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hexsaa
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Beitrag19.11.2012 17:41

von hexsaa
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Ruth hat Folgendes geschrieben:

Was mir sprachlich aufgefallen ist: Die Erzählerin schwankt zwischen Slang und den Ausdrücken einer Abiturientin mit Schwerpunkt Geisteswissenschaften.

Oder, wenn sie wirklich auch in ihrem Denken noch zwischen den Welten schwankt, sollte das irgendwo deutlicher werden. (Will sie in bestimmten Situationen nicht, dass man ihr ihren sozialen Status ansieht, aber verrät sich dann selbst?)
Aber vielleicht kommt sowieso noch so etwas?


Vielen Dank für deinen Kommentar, Ruth. Du hast recht - ihre innere Stimme sollte sich von der äußeren unterscheiden und ich sollte nicht innerhalb eines Textblocks die Erzählstimme wechseln. Die Zerrissenheit zwischen der Welt, in der sie aufgewachsen ist, und ihrer Fähigkeit, die Gesetzmäßigkeiten dieser Welt zu durchschauen, stellt natürlich ein Problem für sie dar und ist am Ende einer der Gründe, warum sie abhaut.
Ich muss mir überlegen, wie ich die Prägung durch ihr soziales Umfeld ohne den Slang in ihrem Kopf verdeutliche.

LG
hexsaa


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hobbes
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Beitrag19.11.2012 17:45

von hobbes
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Hallo hexsaa,

ich schließe mich Ruth an. Was zum einen heißt, dass ich auf jeden Fall weiterlesen würde. Bisher erfährt man ja noch gar nicht so viel - ich hätte jedenfalls nicht die Spur einer Ahnung, wo die Geschichte hingeht.
Und auch von Jessi ist noch gar nicht so viel spürbar.
Ich finde das gerade ziemlich interessant, dass Du mich trotzdem (oder deswegen?) neugierig darauf gemacht hast, wie es wohl weitergeht.

Was die Sprache betrifft, geht es mir auch wie Ruth.
Ruth hat Folgendes geschrieben:
Die Erzählerin schwankt zwischen Slang und den Ausdrücken einer Abiturientin mit Schwerpunkt Geisteswissenschaften.

Prima Beschreibung smile
Mich irritiert das beim Lesen schon. Wer ist sie denn jetzt eigentlich? Na ja, vielleicht weiß sie das selbst (noch) nicht, trotzdem - ich befürchte, auf Dauer würde mich das hin und her stören bzw. den Lesefluss immer wieder ins Stocken bringen.
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stormcloud
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Beitrag19.11.2012 21:23

von stormcloud
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Liebe hexaa,

wow, du hast eine überzeugende Atmosphäre geschaffen - als Leser kann man die Umgebung sehr gut nachempfinden.
Du schaffst es, Interesse zu wecken. Man möchte ganz unbewusst wissen, wie es weitergeht...
Gefällt mir wirklich gut, was du da geschrieben hast.

Du könntest noch ein wenig an den Formulierungen "basteln" - es fehlt eine klare Linie (wurde schon beschrieben). Also ein Mittelweg zwischen Ghetto und Gymnasium sozusagen... Wink
Nicht ganz einfach, aber das bekommst du ganz sicher in den Griff!


Liebe Grüße von Josef


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firstoffertio
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Beitrag20.11.2012 00:13

von firstoffertio
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Ich fühlte mich reingezogen in die Situation, und bin gespannt, wie es weiter geht.
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hexsaa
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Beitrag20.11.2012 11:51

von hexsaa
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Danke für eure Kommentare Hobbes, stromcloud und firstoffertio. Es freut mich, dass es euch gefällt. Die Balance zwischen Ghetto und Gymnasium, wie stormcloud so passend geschrieben hat, ist nicht nur für die Protagonistin nicht einfach. wink

LG
hexsaa


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Berti_Baum
Reißwolf


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Beitrag20.11.2012 12:01

von Berti_Baum
Antworten mit Zitat

Woooh! Hätte nicht gedacht, dass mich der Anfang, insbesondere das Thema, so reinzieht. Wirklich gut! Die minimalen Kanten erspare ich mir an dieser Stelle.

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Bananenfischin
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Beitrag20.11.2012 13:23

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Liebe hexsaa,

gefällt mir wirklich gut, dein Anfang.

Die Diskrepanzen im Ton wurden ja schon angesprochen, ich möchte sie noch um etwas Inhaltliches ergänzen, das mir aufgefallen ist.

Zitat:
Nicht dass dies mein Wunsch gewesen wäre.
Ich hatte das zweifelhafte Glück einer engagierten Grundschullehrerin gehabt, die hinter meiner frechen Schnauze, den Klamotten aus dem rote Kreuz Laden und dem ungekämmten Haar Potenzial erkannt zu haben glaubte.
Mama war stolz wie Oscar gewesen, hatte es jedem erzählt, sogar der Kassiererin aus dem Supermarkt. Ihre Tochter, die erste aus der Familie, die eine höhere Schule besuchen würde. Die sie rausholen würde aus Sozialhilfe und Gelegenheitsjobs.
Ich wäre lieber bei meinen Freundinnen geblieben. In der Hauptschule, wo meinsgleichen hingehörte. Aber ich wurde ja nicht gefragt.


Dieser Textteil, insbesondere das grün Markierte, scheint doch mehr Erklärung der Autorin an den Leser zu sein als etwas, das die Protagonistin sich an der Stelle so vergegenwärtigen würde.
Sie fragt sich außerdem, wie sie an solche Eltern geraten konnte, was auch bedeutet, dass sie sich als anders wahrnimmt. Der fett markierte Satz oben und auch einige andere Stellen bilden dann aber wieder eine Diskrepanz dazu.
Es kommt gut heraus, dass deine Protagonistin es wegen des Gymnasiumbesuchs in ihrem Umfeld natürlich schwer hat, weil die anderen immer sagen können, sie fühle sich als etwas Besseres; und es ist auch klar, dass das ein Konflikt für sie ist und sie ihren Leuten praktisch zeigen muss, dass sie eben nicht anders ist.
Dass sie selbst davon überzeugt ist, so wie es hier an manchen Stellen rüberkommt, nehme ich ihr, wiederum durch andere Textstellen begründet, nicht ab. Ich meine, es würde besser zu ihr passen, wenn ihr das Gymnasium (inzwischen) willkommene Zuflucht wäre. Den "Zwischen-den-Welten-Konflikt" würde es dann natürlich trotzdem noch geben.

Liebe Grüße
Bananenfischin


_________________
Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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buki
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 72
Beiträge: 39



Beitrag20.11.2012 15:42

von buki
Antworten mit Zitat

Hallo,
folgenden Satz würde ich ändern von
Zitat:
Ich hatte das zweifelhafte Glück einer engagierten Grundschullehrerin gehabt, die hinter meiner frechen Schnauze, den Klamotten aus dem rote Kreuz Laden und dem ungekämmten Haar Potenzial erkannt zu haben glaubte.

nach
Zitat:
Ich hatte das zweifelhafte Glück, eine engagierte Grundschullehrerin zu haben, die hinter meiner frechen Schnauze, den Klamotten aus dem rote Kreuz Laden und dem ungekämmten Haar Potenzial erkannt zu haben glaubte.

denn das "Glück einer Grundschullehrerin" können wohl nur die wenigsten männlichen Leser nachempfinden.
Natürlich trotzdem ein toller Text, der neugierig auf mehr macht.

buki
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Gast







Beitrag20.11.2012 15:55
Re: Kein Weg zurück
von Gast
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hexsaa hat Folgendes geschrieben:
kotzgrünen Linoliumboden

Meine Mutter trat an meine Seite, legte eine dürre Hand auf meine Schulter.

und sich anschließend mit ihrem Freund Alkohol trösten.

„Ich geh Flo holen“, sagte ich und hechtete nach oben.


Großartig. Nur diese winzige Anmerkungen (die aber allesamt nur Petitessen sind):

1) der kotzgrüne Boden ist mir einen Tick to much.
2) Mama muss gar nicht erst an deine Seite treten, es reicht, wenn sie dir ihre dürre Hand auf die Schulter legt, dann geht die Szene schneller weiter
3) ich hätte mir, frag nicht warum, "ihrem Freund, dem Alkohol" gewünscht, weil es den Alkohol noch ein kleines bisschen mehr personalisiert hätte, und weil es phonetisch besser kommt
4) "hechtete" nach oben ist wieder einen Tick zu viel.

Ansonsten wirklich ganz, ganz großartig. Ich bin drin, gleich von Anfang an.  Viele schöne Beschreibungen. Das graue Gesicht der Mutter. Der Schokomund des Bruders.

Ich mag den Text!
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Gast







Beitrag20.11.2012 16:02

von Gast
Antworten mit Zitat

Ruth hat Folgendes geschrieben:

Was mir sprachlich aufgefallen ist: Die Erzählerin schwankt zwischen Slang und den Ausdrücken einer Abiturientin mit Schwerpunkt Geisteswissenschaften.
Zum Beispiel: In unserem Viertel ging es ab. vs.  Unwillkürlich fragte ich mich ...
Ich meine, okay, ich war kein Engel und so, ... vs. Nicht dass dies mein Wunsch gewesen wäre.


Dummbratze im Dreck = langweilig
Kluges Mädchen im behüteten Heim = langweilig
Helles Köpfchen in dunklem Milieu = mich fixt das an, und es macht den Text spannend!
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hexsaa
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 56
Beiträge: 1826
Wohnort: im Schneckenhaus
Ei 6 Extrem Süßes!


Beitrag21.11.2012 13:22

von hexsaa
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Berti_Baum hat geschrieben:
Zitat:
Woooh! Hätte nicht gedacht, dass mich der Anfang, insbesondere das Thema, so reinzieht.

Danke Berti, dass es dir gefällt freut mich ganz besonders. rotwerd


Bananenfischin:
Danke für deine Anmerkungen. Das hilf mir weiter. Der fett markierte Satz (auf die Hautschule, wo meinesgleichen hin gehörte) war eher sarkastisch gemeint - kommt aber anscheinend nicht so rüber.
Zitat:
Ich meine, es würde besser zu ihr passen, wenn ihr das Gymnasium (inzwischen) willkommene Zuflucht wäre.

Du hast recht, obwohl ich auch Konflikte mit ihren Mitschülern einbauen wollte. Schließlich passt sie genauso wenig in deren Welt wie in ihre. Ich wollte sie mit Aggression auf die Abweisung ihrer Mitschüler reagieren lassen, wäre das okay oder ist das too much?
Die innere Zerrissenheit und ein Geheimnis, das ihre Mutter ihr im Suff anvertraut, soll das Fass schließlich zum Überlaufen bringen.



LeiLa und buki:
Auch euch ein dankeschön. Eure Anregungen gefallen mir - die werde ich wohl übernehmen.

LG
hexsaa


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hobbes
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Beiträge: 4301

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag21.11.2012 14:38

von hobbes
Antworten mit Zitat

buki hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Ich hatte das zweifelhafte Glück, eine engagierte Grundschullehrerin zu haben, die hinter meiner frechen Schnauze, den Klamotten aus dem rote Kreuz Laden und dem ungekämmten Haar Potenzial erkannt zu haben glaubte.


Meiner Meinung nach fehlt in dieser Änderung das "gehabt" -> "das zweifelhafte Glück gehabt ..." bzw. "... Grundschullehrerin gehabt zu haben", ohne das haut es mit den Zeiten nicht hin.
Ich könnte natürlich auch falsch liegen, aber wie auch immer - mir hat es vorher besser gefallen.
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