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Tayfun Eselsohr
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Beiträge: 357 Wohnort: Ruhrpott
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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08.02.2008 02:18
von SylviaB
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Das ist ein sehr anrührendes Gedicht. Es macht mich betroffen und nachdenklich.
Viele Menschen wagen sich nicht mal an das Wort "Krebs" dran. Sie können demjenigen nicht in die Augen sehen und glauben Mitleid würde ihm/ihr helfen und dann soll derjenige sogar noch dankbar dafür sein.
Ich scheife ab...
Also ich finde das Gedicht recht gut gelungen. Es transportiert Gefühl und auch die Stimmung in der es scheinbar geschrieben wurde.
Allerdings gibt es eine Zeile die ich nicht verstehe:
Zitat: | Der Flüchtlingsblick erhält Asyl, |
Würdest du mir deine Gedanken dazu erklären? Fände ich lieb, denn ich hab mit dieser Zeile echt ein Problem.
Ganz lieben Gruß
Sylvia
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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Tayfun Eselsohr
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Beiträge: 357 Wohnort: Ruhrpott
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T 08.02.2008 15:06
von Tayfun
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Liebe Sylvia,
hm, das fällt mir gar nicht so leicht, das zu erklären - ein bisschen arrogant und trotzig, ein bisschen bitter: meine Asylbewilligung für den Flüchtlingsblick. Am liebsten würde ich mich auch mal gerne hinter meinen Buchstaben verstecken und dem Leser überlassen, was er daraus macht. Aber okay, du hast es so gewollt
Du liegst mit deiner Lesart ja auch schon genau richtig. Der flüchtige Blick, der nicht in der Lage ist, dem anderen ins Gesicht zu sehen und Stand zu halten. Zu Anfang tut er sehr weh, dieser Blick. Wenn du betroffen bist, Mitgefühl suchst, Hilfe, Anteilnahme. Aber das Gegenteil bekommst - Abkehr, Isolation, Ächtung, Schuldzuweisungen – als Draufgabe auf deine eigene Angst, Hilflosigkeit und Krankheitsbewältigung – zusätzlich zur Therapie, die ja nun auch nicht grad von schlechten Eltern ist. Bestenfalls erhältst du ein hilfloses Gestammel in all seiner Oberflächlichkeit inklusive billigen Trost.
Man merkt schnell, niemand möchte mit diesem Thema wirklich konfrontiert sein. TABU. Groß geschrieben. Gut gemeintes „Ach ja, du Arme“, aber bitte erkläre es mir nicht so genau, ich habe dafür grad jetzt keine Zeit oder so – ansonsten gerne, natürlich, jederzeit, wenn du Hilfe brauchst, dann ruf mich (bitte nicht) an! Also dieses Rumeiern zwischen Mitleid und eigener sofort präsenter Todesangst. Wenn man denjenigen auf Abstand hält, dann hält man sich auch das Thema Krebs vom Leib.
Ein hochexplosiver Prüfstein nicht nur für die „normalen“ Freundschaften / Bekanntschaften, sondern auch für die sog. „besten“ Freundschaften, Beziehungen, Partnerschaft, Verwandtschaft sowieso.
Deshalb diese Zeile: Krebs - ansteckend?
Ursprünglich endete mein erster Gedichtversuch auch nach diesem Teil.
Mittlerweile habe ich aber gemerkt, dass ich mich im Laufe der Zeit gemausert habe. Diese Oberflächlichkeit bis hin zur Gefühlskälte verletzt mich nicht mehr. Ich verstehe diese (Todes)Angst nur zu gut , kann sie (meist) offen ansprechen, auffangen, damit situativ jonglieren, je nachdem wie „weit“ mein Gegenüber ist. Der Spieß ist nunmehr umgedreht: vorher habe ich mir Hilfe und Anteilnahme erhofft, jetzt kann ich sie (oft) geben. Wenn ich will . Ich bin aufgebrochen und manchmal breche ich auf ... in doppeltem Sinne.
Deshalb habe ich einen zweiten Teil angehängt, endend mit dem Wandel zur Krebspersönlichkeit, die ansteckend sein darf und sein sollte (hier eigentlich noch mal das ganze blöde Psychogeschwätz über die sog. „Krebspersönlichkeit“ persiflierend).
Uff, sorry, habe ich dich nun total zugetextet?
Ist derartiges nachvollziehbar und aus dem Gedicht heraus lesbar? Oder zu kryptisch?
Sonst schreibe ich demnächst Kurzgeschichten. Eine habe ich schon geprobt , davon habe ich aber genauso viel Ahnung wie von Gedichten: null – alles Bauch.
LG Tayfun
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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11.03.2008 13:13
von SylviaB
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Liebe Tayfun,
entschuldige wenn ich mich erst jetzt hierauf melde aber irgendwie ist es unter gegangen. Wird nicht wieder vorkommen. *hoff*
Deine Erklärung ist nachvollziehbar und richtig gut. Danke dafür!
Damit ist das Gedicht auch für mich rund. Du schreibst gut, laß es nicht schleifen und dir vor allem nichts anderes einreden. Gefällt mir wirklich!
Lieben Gruß
Sylvia
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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Tayfun Eselsohr
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Beiträge: 357 Wohnort: Ruhrpott
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T 11.03.2008 15:15
von Tayfun
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Liebe Sylvia,
Ha, bin heute glatt wieder einen Zentimeter gewachsen. Erst Brynhildas Lob und viele Federn für ein Gedicht letzte Woche, gestern Egopus, heute du. Macht bestimmt schon gesamt 3 cm. Leider wachse ich nur in die Breite. Besonders, wenn ich so viel vorm PC hocke und schreibsüchtig werde
So, nun Ernst. Freue mich, dass du dich darauf doch noch gemeldet hast. Die Erklärung ist mir nämlich gar nicht so leicht gefallen. Aber es war gut, meine Gedanken sortieren zu müssen durch deine Nachfrage.
Und meine Schreibversuche: garantiere nicht für Qualität, grad so wie ich grad kann, aber ich lerne - und es bringt mir was. Mehr will ich gar nicht.
Wer braucht schon ein Gehirnjogging-Programm (gegen die Chemobirne, die sicherlich 20 IQ-Punkte gekostet hat - ernst, leider!), wenn es so viel, viel mehr Spaß macht und auch einiges klärt?
Liebe Grüße, Tayfun
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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02.06.2010 22:50
von Nina
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Hi Tayfun,
Du bist ja nicht mehr so oft hier, aber vielleicht guckst Du ja
doch bald wieder ins Forum. Ich möchte Dir sagen, dass mir
dieses Gedicht sehr gefällt. Die Betroffenheit, Sprachlosigkeit,
aber auch die eigene Befangenheit hast Du gut ausgedrückt.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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femme-fatale233 Füßchen
Alter: 31 Beiträge: 1913 Wohnort: München
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02.06.2010 23:19 Re: Sprachlos von femme-fatale233
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Tayfun hat Folgendes geschrieben: |
dann sehe ich im Gegenüber
wie die Gardine zugezogen wird
vor das Fenster
unbeschwerter Augenblicke.
Der Flüchtlingsblick erhält Asyl
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Diese beiden Stellen sind großartig. Besonders das Fenster unbeschwerter Augenblicke.
Es sagt genau das, was ich mir in so vielen Situationen so oft denke. Es sind ja nicht nur Krankheiten, bei denen wir intuitiv erst mal wegschauen/weghören, es lässt sich im Prinzip auf so viele schwierige Lebenssituationen übertragen. Und ich bin ehrlich, ich weiß oft nicht, was ich da sagen soll, wenn ich plötzlich mit so etwas konfrontiert werde.
Manchmal schreibe ich demjenigen dann einen Brief. Oder sage etwas, das so ehrlich ist, dass es schon wieder verletzt.
Ich finde mich in meinem (meistens falschen und furchtbaren) Verhalten in diesen Zeilen wieder.
Deswegen gefällt es mir.
Liebe Grüße,
femme
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