18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Sie und ich


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag03.04.2018 19:27
Sie und ich
von RememberDecember59
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

***

Sie überfällt mich nicht wie ein Räuber, der in einer dunklen Seitengasse auf sein argloses Opfer lauert. Stattdessen läuft sie ständig hinter mir her, ganz nahe, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Ich sehe sie nicht, spüre aber ihren Atem in meinem Nacken. Als ob es noch mehr bräuchte, um mich ihre Anwesenheit nicht vergessen zu lassen, hat sie mir bei unserer ersten Begegnung eine Klammer um die Brust gelegt und sie festgezogen. Jetzt spüre ich jeden einzelnen Atemzug, es ist, als hätte jemand das automatische, unbewusste Atmen bei mir abgestellt. Ich habe versucht, die Klammer abzunehmen, aber es ist mir nicht gelungen.
„Da ist nichts“, hat die Ärztin mit ratlosem Blick gesagt, als ich sie gebeten habe, mir zu helfen.
„Doch“, hielt ich dagegen. „Die Klammer ist unsichtbar, aber ich kann sie fühlen.“
Ein nachdenkliches Nicken. „Ich glaube, ich weiß, was Sie brauchen.“
Aber sie hat sich getäuscht, ich hätte es gleich wissen müssen. Man kann die Klammer nicht einfach wegreden. So wie sich auch diejenige, die sie mir angelegt hat, nicht wegzaubern lässt. Sie ist immer noch hinter mir. Wenn ich mich umdrehe, scheint da nur Luft zu sein, aber ich weiß, sie ist da und wird immer da sein. Wenn ich renne, ist sie genauso schnell wie ich, sie lacht mich aus und während ich mir keuchend den Bauch halte und mich von meinem Sprint erhole, legt sie mir die unsichtbare Hand auf die Schulter und sagt: „Probieren kann man es ja.“ Wenn ich versuche, sie zu überwältigen, wird sie nicht schwächer, sondern stärker. Aus jedem Schlag, der sie trifft, schöpft sie neue Kraft. Sie wartet, bis ich mich verausgabt habe, dann erst folgt der Gegenangriff.
Und dann habe ich nicht die geringste Chance gegen sie. Ein Kampf zwischen uns läuft nach immer demselben Muster ab. Zuerst zieht sie die Klammer um meine Brust fester, bis mein Atem noch flacher und viel zu schnell wird und meine Lungen zu brennen beginnen. Dann sind da ihre langen, unsichtbaren Finger, die sie in meine Ohren presst, um meine Trommelfelle zu zerreißen. Jede Mal denke ich: „Heute schafft sie es!“ Aber bis jetzt hat sie es noch nie geschafft. Ich sehe nur noch verschwommen, weil ich zu wenig Luft kriege, das macht es noch schlimmer, denn auf einmal besteht die Welt nur noch aus ihr und mir. Sie will mich bestrafen, weil ich mich gegen sie aufgelehnt habe, ich kapituliere, aber die Lektion bleibt mir trotzdem nicht erspart. Sie bringt meinen Herzschlag durcheinander, dann drückt sie meinen Kopf zusammen. Mein Schädel dröhnt so sehr, dass ich mir sicher bin, dass die Äderchen in meinem Gehirn die Tortur nicht überstehen und platzen werden. Ich krümme mich und warte, bis sie mit mir fertig ist, was manchmal nur Sekunden dauert, manchmal Minuten. Hinterher bin ich so erschöpft, dass ich mich niederlassen und ausruhen muss. Meine Kleidung ist klitschnass, genau wie meine Haare, meine Hände zittern und die Tränen laufen mir übers Gesicht. Sie steht wieder hinter mir, ich kann es spüren.
„Das hätten wir geklärt, denke ich“, sagt sie, und obwohl ich es nicht sehe, weiß ich, dass sie lächelt. Sie zieht mich auf die Füße, bringt die Klammer wieder in ihre ursprüngliche Position, wartet einen Moment und stellt sie dann noch eine Spur fester, als sie vor unserem Kräftemessen war. Das Atmen fällt mir jetzt noch schwerer.


****

(Einstandstext Nr. 2 also. Ich freue mich über Feedback jeglicher Art. Neben Meinungen zum Schreibstil und allgemeiner Lesbarkeit interessiert mich vor allem, ob klar ist, worum es geht, ohne dass ich es explizit nennen muss. Oder ob es vielleicht im Gegenteil so offensichtlich ist, dass es langweilig und klischeehaft klingt.)

Weitere Werke von RememberDecember59:


_________________
Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag03.04.2018 22:59
Re: Sie und ich
von Constantine
Antworten mit Zitat

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:

(Einstandstext Nr. 2 also. Ich freue mich über Feedback jeglicher Art. Neben Meinungen zum Schreibstil und allgemeiner Lesbarkeit interessiert mich vor allem, ob klar ist, worum es geht, ohne dass ich es explizit nennen muss. Oder ob es vielleicht im Gegenteil so offensichtlich ist, dass es langweilig und klischeehaft klingt.)


Hallo RememberDecember59,

ich bin mir nicht sicher, was genau experimentell an deinem Text sein soll, außer vielleicht für dich selbst, dass du dich ausprobieren wolltest in ..., in was genau, weiß ich nicht, vielleicht im Versuch einer Darstellung einer psychischen Erkrankung: Schizophrenie.
Deine Protagonistin wird von einer für sie nicht sichtbaren, aber spür- und hörbaren Wahnvorstellung einer weiblichen Person bestraft, weil deine Protagonistin sich gegen sie aufgelehnt hat.
Zitat:
Sie will mich bestrafen, weil ich mich gegen sie aufgelehnt habe

Was es mit dieser Auflehnung auf sich hat, bleibt rätselhaft. Der Text lässt mehr Fragen offen, als dass er dem Problem und dem Background/Leben deiner Protagonistin auf die Spur geht. Dahingehend eher ein Rätsel des Rätsels Willen mit einer Protagonistin "ohne Fleisch auf den Knochen".

Zitat:
Als ob es noch mehr bräuchte, um mich ihre Anwesenheit nicht vergessen zu lassen, hat sie mir bei unserer ersten Begegnung eine Klammer um die Brust gelegt und sie festgezogen.

Die erste Begegnung der Prota mit ihrer Wahnvorstellung wird sehr nüchtern erzählt und ja, es entsteht eine Umklammerung, aber diese Umklammerung wird im Text selbst bereits zu Beginn relativiert.
Zitat:
Stattdessen läuft sie ständig hinter mir her, ganz nahe, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Ich sehe sie nicht, spüre aber ihren Atem in meinem Nacken.


Zitat:
Zuerst zieht sie die Klammer um meine Brust fester,[...]

Probleme habe ich mit der Wortwahl der "Klammer", "Klammer um die Brust". Damit assoziiere ich eher ein Utensil aus dem Bondagebereich. So richtig mag mir das Bild, denn das ist es, was die Protagonistin versucht zu beschreiben, nicht passen. Es kommt mir eher wie ein Gurt/Brustgurt vor, auf den das Festziehen zutreffender ist.

Für eine große inhaltliche Schwäche des Textes halte ich diese Passage:
Zitat:
„Da ist nichts“, hat die Ärztin mit ratlosem Blick gesagt, als ich sie gebeten habe, mir zu helfen.
„Doch“, hielt ich dagegen. „Die Klammer ist unsichtbar, aber ich kann sie fühlen.“
Ein nachdenkliches Nicken. „Ich glaube, ich weiß, was Sie brauchen.“

Die Protagonistin ist bei einer Ärztin, lässt sich untersuchen. Die Ärztin scheint auf ein psychologisches Problem gekommen zu sein und anscheinend einen Psychologen vorgeschlagen zu haben:
Zitat:
Man kann die Klammer nicht einfach wegreden.

Der Text bricht diesen Strang leider sofort ab, um sich weiterhin zu gewollt rätselhaft zu geben (der Text bleibt oberflächlich berichtend, anstelle mehr in die Tiefe zu gehen) und die Protagonistin verliert für mich an Glaubwürdigkeit.

Auch hier:
Zitat:
Wenn ich versuche, sie zu überwältigen, wird sie nicht schwächer, sondern stärker. Aus jedem Schlag, der sie trifft, schöpft sie neue Kraft. Sie wartet, bis ich mich verausgabt habe, dann erst folgt der Gegenangriff.

Im gesamten Text wird die andere Person als nicht greifbar und nicht sichtbar beschrieben, und doch ist sie schlagbar/kann getroffen werden???


Zitat:
Dann sind da ihre langen, unsichtbaren Finger, die sie in meine Ohren presst, um meine Trommelfelle zu zerreißen. Jede Mal denke ich: „Heute schafft sie es!“ Aber bis jetzt hat sie es noch nie geschafft. Ich sehe nur noch verschwommen, weil ich zu wenig Luft kriege, das macht es noch schlimmer, denn auf einmal besteht die Welt nur noch aus ihr und mir. Sie will mich bestrafen, weil ich mich gegen sie aufgelehnt habe, ich kapituliere, aber die Lektion bleibt mir trotzdem nicht erspart. Sie bringt meinen Herzschlag durcheinander, dann drückt sie meinen Kopf zusammen. Mein Schädel dröhnt so sehr, dass ich mir sicher bin, dass die Äderchen in meinem Gehirn die Tortur nicht überstehen und platzen werden. Ich krümme mich und warte, bis sie mit mir fertig ist, was manchmal nur Sekunden dauert, manchmal Minuten. Hinterher bin ich so erschöpft, dass ich mich niederlassen und ausruhen muss. Meine Kleidung ist klitschnass, genau wie meine Haare, meine Hände zittern und die Tränen laufen mir übers Gesicht. Sie steht wieder hinter mir, ich kann es spüren.

Hier vermischen sich äußere und innere "Aktionen" der anderen Person, die nicht nur von Außen Kontrolle auf die Protagonistin ausübt, sondern auch im Inneren. Hier hätte ich mich auf die äußeren Aktionen beschränkt, da die andere Person stets als von Außen agierend beschrieben wird.

Ein Verschreiberli:
Zitat:
Jedes Mal denke ich: „Heute schafft sie es!“ Aber bis jetzt hat sie es noch nie geschafft.



Beim Lesen kam mir langweilig nicht in den Sinn, eher unmotiviert und wenig überzeugend. Mein Interesse nahm ab der Passage mit der Ärztin immer weiter ab.
Soweit mein Leseeindruck.

LG
Constantine
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag04.04.2018 00:03
Re: Sie und ich
von RememberDecember59
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Constantine und vielen Dank für die ausführliche Kritik, das hilft mir schon ein bisschen weiter (und ich werde mich später nochmal detaillierter dazu äußern).

Constantine hat Folgendes geschrieben:

ich bin mir nicht sicher, was genau experimentell an deinem Text sein soll, außer vielleicht für dich selbst, dass du dich ausprobieren wolltest in ..., in was genau, weiß ich nicht, vielleicht im Versuch einer Darstellung einer psychischen Erkrankung


Ja, genau das ist der Grund, weshalb der Text unter Experimentelles steht. Ich habe vor, Anspielungen auf die Erkrankung im Laufe eines Romans zu bringen, möchte aber vorher wissen, ob das Bild, das ich dafür verwende, funktioniert und die richtigen Assoziationen weckt oder ob es den Leser in die falsche Richtung führt und ich deutlicher werden muss. Deshalb hier im Text auch nur das Bild, ohne zusätzliche Infos über den Charakter. Denn mit dem Text an sich wird (voraussichtlich) nicht viel mehr passieren, als dass ich hin und wieder Sätze oder Absätze daraus verwende und mich an ihm orientiere (oder auch nicht, wenn das Feedback weiterhin so schlecht ausfällt Laughing ).


_________________
Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruby Smith
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 33
Beiträge: 1180
Wohnort: Kenten


Beitrag04.04.2018 09:09
Re: Sie und ich
von Ruby Smith
Antworten mit Zitat

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
***

Sie überfällt mich nicht, wie ein Räuber, der in einer dunklen Seitengasse auf sein argloses Opfer lauert. Stattdessen läuft sie ständig hinter mir her, ganz nahe, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Ich sehe sie nicht, spüre aber ihren Atem in meinem Nacken. Als ob es noch mehr bräuchte, um mich ihre Anwesenheit nicht vergessen zu lassen, hat sie mir bei unserer ersten Begegnung eine Klammer um die Brust gelegt und sie festgezogen. Jetzt spüre ich jeden einzelnen Atemzug, es ist, als hätte jemand das automatische, unbewusste Atmen bei mir abgestellt. Ich habe versucht, die Klammer abzunehmen, aber es ist mir nicht gelungen.
„Da ist nichts“, hat die Ärztin mit ratlosem Blick gesagt, als ich sie gebeten habe, mir zu helfen.
„Doch“, hielt ich dagegen. „Die Klammer ist unsichtbar, aber ich kann sie fühlen.“
Ein nachdenkliches Nicken. „Ich glaube, ich weiß, was Sie brauchen.“
Aber sie hat sich getäuscht, ich hätte es gleich wissen müssen. Man kann die Klammer nicht einfach wegreden. So wie sich auch diejenige, die sie mir angelegt hat, nicht wegzaubern lässt. Sie ist immer noch hinter mir. Wenn ich mich umdrehe, scheint da nur Luft zu sein, aber ich weiß, sie ist da und wird immer da sein. Wenn ich renne, ist sie genauso schnell wie ich, sie lacht mich aus und während ich mir keuchend den Bauch halte und mich von meinem Sprint erhole, legt sie mir die unsichtbare Hand auf die Schulter und sagt: „Probieren kann man es ja.“ Wenn ich versuche, sie zu überwältigen, wird sie nicht schwächer, sondern stärker. Aus jedem Schlag, der sie trifft, schöpft sie neue Kraft. Sie wartet, bis ich mich verausgabt habe, dann erst folgt der Gegenangriff.
Und dann habe ich nicht die geringste Chance gegen sie. Ein Kampf zwischen uns läuft nach immer demselben Muster ab. Zuerst zieht sie die Klammer um meine Brust fester, bis mein Atem noch flacher und viel zu schnell wird und meine Lungen zu brennen beginnen. Dann sind da ihre langen, unsichtbaren Finger, die sie in meine Ohren presst, um meine Trommelfelle zu zerreißen. Jede Mal denke ich: „Heute schafft sie es!“ Aber bis jetzt hat sie es noch nie geschafft. Ich sehe nur noch verschwommen, weil ich zu wenig Luft kriege, das macht es noch schlimmer, denn auf einmal besteht die Welt nur noch aus ihr und mir. Sie will mich bestrafen, weil ich mich gegen sie aufgelehnt habe, ich kapituliere, aber die Lektion bleibt mir trotzdem nicht erspart. Sie bringt meinen Herzschlag durcheinander, dann drückt sie meinen Kopf zusammen. Mein Schädel dröhnt so sehr, dass ich mir sicher bin, dass die Äderchen in meinem Gehirn die Tortur nicht überstehen und platzen werden. Ich krümme mich und warte, bis sie mit mir fertig ist, was manchmal nur Sekunden dauert, manchmal Minuten. Hinterher bin ich so erschöpft, dass ich mich niederlassen und ausruhen muss. Meine Kleidung ist klitschnass, genau wie meine Haare, meine Hände zittern und die Tränen laufen mir übers Gesicht. Sie steht wieder hinter mir, ich kann es spüren.
„Das hätten wir geklärt, denke ich“, sagt sie, und obwohl ich es nicht sehe, weiß ich, dass sie lächelt. Sie zieht mich auf die Füße, bringt die Klammer wieder in ihre ursprüngliche Position, wartet einen Moment und stellt sie dann noch eine Spur fester, als sie vor unserem Kräftemessen war. Das Atmen fällt mir jetzt noch schwerer.


Hallo RememberDecember59,

ich lasse dir auch mal mein allgemeines Feedback da.
Zunächst einmal möchte ich aber schon mal sagen, dass mir dieser kurze Abschnitt gut gefallen hat (und ich hoffentlich das richtige Bild herausgefiltert habe). smile

Anders als Constantine finde ich, dass deine Protagonistin in diesem kurzen Text kein "Fleisch auf den Knochen" braucht, damit der Leser nachvollziehen kann, was du im Allgemeinen ausdrücken möchtest.

Beim ersten Lesen dachte ich, es geht um die Angst/Panik allgemein, beim zweiten Lesen dachte ich, du meinst vielleicht Depressionen. Ganz genau kann ich das nach dem dritten Lesen immer noch nicht sagen (jetzt neige ich wieder zu Paranoia), aber das eine schließt ja das andere nicht aus.

Was mir aufgefallen ist, sind die vielen Wiederholungen von Phrasen (siehe oben). Das hat mich persönlich etwas ermüdet beim Lesen. Da du aber schreibst, dass du diesen Text in seiner Rohfassung sowieso nicht komplett verwenden willst, wäre das mit den Wiederholungen dann ja gar nicht mehr so schlimm. wink

Sag mir doch mal Bescheid, ob ich mit meiner Vermutung richtiggelegen habe (gerne auch per Privater Nachricht, falls du andere nicht spoilern willst).

Lieben Gruß

Ruby


_________________
I'd like to add some beauty to life. I don't exactly want to make people know more... though I know that is the noblest ambition, but I'd love to make them have a pleasanter time because of me... to have some little joy or happy thought that would never have existed if I hadn't been born.

(Anne Shirley - Anne of Green Gables, Lucy Maud Montgomery)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Elster
Geschlecht:weiblichLeseratte
E


Beiträge: 140



E
Beitrag04.04.2018 09:17

von Elster
Antworten mit Zitat

Hallo RememberDecember59,

ich denke bei deinem Text eher an eine Angststörung und Panikattacken.
Ich finde den Ansatz interessant, das als externe Person zu beschreiben, die einen ständig begleitet und immer wieder "zuschlägt".

Als ganzes finde ich das etwas zu lange ausgebaut, da ist weniger mehr. Aber wenn du schreibst, du willst nur Teile davon verwenden, könnte das schon funktionieren.

So, das war kurz und knapp, jetzt muss ich los!

LG Elster
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1735



Beitrag04.04.2018 09:27

von Stefanie
Antworten mit Zitat

Für mich klingt das auch nach einer metaphorischen Beschreibung von Panikattacken. Die Klammer um die Brust ist die Angst vor der nächsten Attacke, die die Frau bei jeder Gelegenheit überkommen kann.

Ich würde es etwas kürzen, aber insgesamt vom Aufbau und Schreibstil her finde ich sehr gelungen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Fenris
Gänsefüßchen
F


Beiträge: 36



F
Beitrag04.04.2018 10:46
Re: Sie und ich
von Fenris
Antworten mit Zitat

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:

..Ich habe vor, Anspielungen auf die Erkrankung im Laufe eines Romans zu bringen, möchte aber vorher wissen, ob das Bild, das ich dafür verwende, funktioniert und die richtigen Assoziationen weckt oder ob es den Leser in die falsche Richtung führt und ich deutlicher werden muss....Denn mit dem Text an sich wird (voraussichtlich) nicht viel mehr passieren, als dass ich hin und wieder Sätze oder Absätze daraus verwende und mich an ihm orientiere (oder auch nicht, wenn das Feedback weiterhin so schlecht ausfällt Laughing ).


Halli hallo!

Ich schaffe im Moment leider kein detaillierteres Feedback, wollte dir aber trotzdem eines da lassen:

Im Laufe meines Literaturstudiums habe ich gelernt (grob formuliert): Man kann einen Text so haargenau lesen und (begründet!) interpretieren, indem man sich auf die Verwendung dieses und jenes Wortes stützt... oder ganz offen lesen, die Leerstellen spontan füllen... oder einfach lesen, 'genießen', ohne jeden Satz unter die Lupe zu nehmen.

Ich habe Letzteres getan; deinen Text in ein WORD-File kopiert (ich mag die Schriftart hier absolut nicht Shocked ) und mir vorgestellt, das stünde so mitten in einem Buch. Fazit: Für mich passt das, ziemlich gut. Es gibt offene Frage, die ich beim Lesen mitgetragen habe, auf der Suche, nach einer Antwort - und gleichzeitig hat sich die Beklemmung gezeigt.

Wenn es in diesem Stil dutzende Seiten so weiter geht, wäre das für mich aber auch zu viel.

Das Einzige, was mir aus dem Bauch heraus nicht so gut gefallen hat, und auch das etwas ganz Subjektives: Die "Klammer". Für mich passt die Vorstellung nicht, eine Klammer fester zu ziehen usw. Da auch eher, wie oben erwähnt wurde, ein Gurt o.ä. Oder - keine Ahnung, ob das funktioniert - etwas mit weniger "Kraft", etwas beinahe Harmloses, das so eine enorme Wirkung hat (ein Band, ...).

Schön weiter schreiben. Smile
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tlönfahrer
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
T

Alter: 56
Beiträge: 26
Wohnort: Koblenz


T
Beitrag04.04.2018 19:41
Re: Sie und ich
von Tlönfahrer
Antworten mit Zitat

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:

(Einstandstext Nr. 2 also. Ich freue mich über Feedback jeglicher Art. Neben Meinungen zum Schreibstil und allgemeiner Lesbarkeit interessiert mich vor allem, ob klar ist, worum es geht, ohne dass ich es explizit nennen muss. Oder ob es vielleicht im Gegenteil so offensichtlich ist, dass es langweilig und klischeehaft klingt.)


Ich dachte zunächst auch an Depressionen oder Angststörungen, aber irgendwie passt das Verhalten der Ärztin nicht ganz dazu. Ihr "da ist nichts" hört sich an wie das Ergebnis einer rein körperlichen Untersuchung. Als diese nichts bringt, kommt der Vorschlag für eine Behandlungsmethode, deren Ziel es ist das Problem wegzureden. Also tippe ich eher auf einen Schmerzpatienten ohne somatische Auffälligkeiten.

Für die Frage, wie der Text auf mich wirkt, ist das aber eher zweitrangig. Er versucht einen enormen Leidensdruck zu verbildlichen, was ihm meiner Ansicht nach nicht gelingt, weil er über die reine Beschreibung kaum hinaus kommt und die Personifizierung der Krankheit als ein Wesen, das einen verfolgt und quält nicht ausreicht, um diesen Zustand wirklich erfahrbar zu machen. In dieser Hinsicht ist der Text tatsächlich langweilig, weil er mich als Leser in keinem Moment überrascht bzw. dazu zwingt, eine ja nicht unbekannte Situation (sei es in der Literatur oder auch im wirklichen Leben) mit anderen Augen oder aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Die Schwierigkeit mit dem Wort "Klammer" wurde bereits erwähnt. Ich denke bei dem Wort zuerst an eine Wäscheklammer, aber nicht an etwas, das die Brust fest umschließt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Michel
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 52
Beiträge: 3374
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag04.04.2018 20:41

von Michel
Antworten mit Zitat

Für mich sofort eine Panikstörung. Die Klammer um die Brust: Erwartungsangst vor der nächsten Panikattacke. Die Symptome: Schweißausbrüche, Atemnot, Angst zu ersticken oder schweren Schaden zu erleiden. Hinterher Erschöpfung - und erhöhte Erwartungsangst.
@Tlönfahrer: Solche Antworten erhalten Angstpatienten sehr oft beim Hausarzt oder Kardiologen. Gern in der Kombination: "Da ist nichts. Sie sollten mal zum Psychologen gehen." (Und unsereins darf dann die Kränkung auffangen.  Grr )

Assoziation beim Lesen: "Heinrich, der Wagen bricht!" Aber Heinrich hatte wohl eher Depressionen als Angst. "Klammer" verbinde ich mit dem Bild des Eisenreifens und finde sie damit ganz passend.

Die Beschreibung liest sich für mich relativ distanziert, obwohl zwischen den Zeilen das Leid sichtbar wird. Als ob eine reflektierte Person selbstironisch über das Angstproblem plaudert, um es für sich und andere handhabbarer zu machen. Mit der besten Freundin im Café, so etwas. Das hat diesen literarischen Unterton. Kein an den Haaren herbeigezogener Deep POV, obwohl sie während der Attacken sicher wenig reflektiert.

So richtig reißt mich das Stück, ehrlich gesagt, noch nicht vom Stuhl. Vielleicht eine Berufskrankheit. So richtig anbeißen würde ich, wenn das Ganze irgendeine besondere Note bekäme, eine Prise magischen Realismus oder dieses Hanebüchen-Skurrile, das Herbert Rosendorfer in seinen frühen Büchern so gut hinbekommen hat. Irgendwas. Aber möglicherweise ist die Angstklammeranlegerin auch nicht das Hauptthema, sondern so etwas wie ein roter Faden: "Zur nächsten Angstattacke bitte hier entlang ..."
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag04.04.2018 22:07

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Bei Klammer dachte ich an so Schlauchklammern im Auto.

Sie war Angst.

Ich war etwas enttäuscht, weil das Bild so ausgedehnt und ausführlich den Text beherrscht, und meine Hoffnung auf eine überraschende Wendung nicht erfüllt wurde.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag05.04.2018 14:23

von RememberDecember59
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank an alle, die sich die Mühe gemacht haben, den Text zu lesen und einen Kommentar dazulassen. Daumen hoch² Ich freue mich sehr über die zahlreichen Rückmeldungen! Nachdem es jetzt doch so viele sind, fasse ich meine Antwort allerdings doch zusammen und hoffe, dass das in Ordnung ist.

Mehrheitlich hat der Text in die beabsichtigte Richtung geführt (Es geht um eine Angststörung und wiederkehrende Panikattacken), das nehme ich mal in erster Linie und als wichtigsten Punkt für mich mit. Dass der Begriff „Klammer“ mehrmals bemängelt wurde, ist schade, denn an dem hing ich so. Laughing Tatsächlich habe ich dabei nämlich eine ähnliche Assoziation wie Michel, den Eisernen Heinrich (obwohl da, glaube ich, tatsächlich von Bändern die Rede ist). Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mich von ihm trennen kann, obwohl es ja „kill your darlings“ heißt…

Was die allgemeine Gefälligkeit des Texts angeht, sind die Reaktionen gemischt. Von „unmotiviert“ bis „hat mir gut gefallen“, von „interessant“ bis „langweilig“, von „nicht-vom-Stuhl reißend“ bis „gelungen“ und von „ich war enttäuscht“ bis „für mich passt das“ war ja alles dabei. Was ich mit diesem gemischten Feedback anfange, weiß ich noch nicht so recht, ich werde es erstmal sacken lassen.

Fenris hat Folgendes geschrieben:
Im Laufe meines Literaturstudiums habe ich gelernt (grob formuliert): Man kann einen Text so haargenau lesen und (begründet!) interpretieren, indem man sich auf die Verwendung dieses und jenes Wortes stützt... oder ganz offen lesen, die Leerstellen spontan füllen... oder einfach lesen, 'genießen', ohne jeden Satz unter die Lupe zu nehmen.


Ich mache meistens das zweite, glaube ich. Ein großer Fan von Überinterpretation bin ich auch nicht, ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass - wenn ich Lücken lasse - die meisten Leute die mit so völlig anderen Dingen füllen, als ich gehofft habe, dass es mich doch nachdenklich macht. (Oder noch schlimmer: dass sie die Lücken gar nicht erkennen.) Deshalb hat mich eure Meinung hier interessiert.

 
Tlönfahrer hat Folgendes geschrieben:

In dieser Hinsicht ist der Text tatsächlich langweilig, weil er mich als Leser in keinem Moment überrascht bzw. dazu zwingt, eine ja nicht unbekannte Situation (sei es in der Literatur oder auch im wirklichen Leben) mit anderen Augen oder aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.


Es ist nicht wirklich mein Ziel, dass man die Situation aus einem anderen, irgendwie neuen Blickwinkel sieht. Sondern eher, dass der Blickwinkel einer bestimmten betroffenen Person so gut wie möglich getroffen ist. Wenn der Leidensdruck allerdings nicht fühlbar ist, dann ist das wiederum durchaus ein Problem für mich.

Michel hat Folgendes geschrieben:
@Tlönfahrer: Solche Antworten erhalten Angstpatienten sehr oft beim Hausarzt oder Kardiologen. Gern in der Kombination: "Da ist nichts. Sie sollten mal zum Psychologen gehen."


In dem von mir verarbeiteten Fall war es ähnlich. Allerdings kam nicht mal die Überweisung zum Psychotherapeuten (die wäre wohl eigentlich angebracht gewesen), sondern der Rat, ein Anti-Stress-Seminar zu besuchen und in der Arbeit nach Möglichkeit etwas kürzer zu treten. (Zugegeben, im Seminar wurde nicht nur geredet, es gab auch eine kleine Einheit Autogenes Training…). Die Angst wurde schlichtweg für Überarbeitung gehalten.

Michel hat Folgendes geschrieben:
Als ob eine reflektierte Person selbstironisch über das Angstproblem plaudert, um es für sich und andere handhabbarer zu machen. Mit der besten Freundin im Café, so etwas.


Diese Assoziation freut mich ganz besonders, weil ich vorhatte, das in etwa in der Art in die Geschichte einzuflechten. smile


_________________
Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Challenger_
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 18
Wohnort: Erde


Beitrag05.04.2018 20:03

von Challenger_
Antworten mit Zitat

Ich habe, wie die meisten hier, den Text sofort als eine Auseinandersetzung mit dem Gefühl der Angst verstanden. Du hast dein Thema also gut transportiert. Und ich persönlich mag auch die "Klammer" als konstante Metapher. Dadurch wird die Angst nach meinem Empfinden gut in deinem Text personifiziert, da sie einen ganz konkreten Namen hat.

Ich stimme allerdings mit Constantine überein, dass der Dialog mit der Ärztin der schwächste Teil des Texts ist. Ich empfehle dir, ihn in indirekte Rede umzuschreiben. Mich würde sehr interessieren, wie sich der Text damit lesen würde!


_________________
"Nothing will stop you being creative more effectively as the fear of making a mistake." (John Cleese)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Pickman
Geschlecht:männlichPlottdrossel


Beiträge: 2301
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag11.04.2018 16:33

von Pickman
Antworten mit Zitat

Liebe RememberDecember59,

Dein zweiter Einstand! Wie schön! Fast hätte ich ihn übersehen.

Da will ich nicht zögern und auch nicht erst die Kommentare der anderen lesen.

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
Sie überfällt mich nicht wie ein Räuber, der in einer dunklen Seitengasse auf sein argloses Opfer lauert. Stattdessen läuft sie ständig hinter mir her, ganz nahe[color=blue] dicht ((Nahe hinter jemandem herlaufen kenne ich nicht.)), lässt mich dabei nicht aus den Augen. Ich sehe sie nicht, spüre aber ich spüre ((Leserhythmus.)) ihren Atem in meinem Nacken. Als ob es noch mehr bräuchte, um mich ihre Anwesenheit nicht vergessen zu lassen ((Statt "nicht vergessen" würde ich, um nicht verneinen zu müssen, eine Formulierung mit "an jemanden erinnern" verwenden.)), hat sie mir bei unserer ersten Begegnung eine Klammer um die Brust gelegt und sie festgezogen. Jetzt spüre ich jeden einzelnen Atemzug, es ist, als hätte jemand das automatische, unbewusste ((Redundanz.)) Atmen bei mir abgestellt. Ich habe versucht, die Klammer abzunehmen, aber es ist mir nicht gelungen.
„Da ist nichts“, hat die Ärztin mit ratlosem Blick gesagt, als ich sie gebeten habe, mir zu helfen.
„Doch“, hielt ich dagegen. „Die Klammer ist unsichtbar ((Hier würde ich die Verneinung und den Unterschied zu "fühlen" verstärken und "nicht sichtbar" schreiben.)), aber ich kann sie fühlen.“
Ein nachdenkliches Nicken. „Ich glaube, ich weiß, was Sie brauchen.“
Aber sie hat sich getäuscht, ich hätte es gleich wissen müssen. Man kann die Klammer nicht einfach wegreden. So wie sich auch diejenige, die sie mir angelegt hat, nicht wegzaubern lässt. Sie ist immer noch hinter mir. Wenn ich mich umdrehe, scheint da nur Luft zu sein, aber ich weiß, sie ist da und wird immer da sein. Wenn ich renne, ist sie genauso schnell wie ich, sie lacht mich aus und während ich mir keuchend den Bauch halte und mich von meinem Sprint erhole, legt sie mir die unsichtbare Hand auf die Schulter und sagt: „Probieren kann man es ja.“ Wenn ich versuche, sie zu überwältigen, wird sie nicht schwächer, sondern stärker. Aus jedem Schlag, der sie trifft, schöpft sie neue Kraft. Sie wartet, bis ich mich verausgabt habe, dann erst folgt der Gegenangriff.
Und dann habe ich nicht die geringste Chance gegen sie. Ein Kampf zwischen uns läuft nach immer nach ((Rhythmus.)) demselben Muster ab. Zuerst zieht sie die Klammer um meine Brust fester, bis mein Atem noch flacher und viel zu schnell wird und meine die ((Rhythmus. Außerdem halte ich Possessivpronomina für redundant, wenn der Leser die Zuordnung erschließen kann.)) Lungen zu brennen beginnen. Dann sind da ihre langen, unsichtbaren Finger, die sie in meine Ohren presst, um meine Trommelfelle zu zerreißen. Jede Mal denke ich: „Heute schafft sie es!“ Aber bis jetzt hat sie es noch nie geschafft. Ich sehe nur noch verschwommen, weil ich zu wenig Luft kriege, das macht es noch schlimmer, denn auf einmal besteht die Welt nur noch aus ihr und mir. Sie will mich bestrafen, weil ich mich gegen sie aufgelehnt habe, ich kapituliere, aber die Lektion bleibt mir trotzdem nicht erspart. Sie bringt meinen Herzschlag durcheinander, dann drückt sie meinen Kopf zusammen. Mein Schädel dröhnt so sehr, dass ich mir sicher bin, dass die Äderchen in meinem Gehirn die Tortur nicht überstehen und platzen werden. Ich krümme mich und warte, bis sie mit mir fertig ist, was manchmal nur Sekunden dauert, manchmal Minuten. Hinterher bin ich so erschöpft, dass ich mich niederlassen und ausruhen muss. Meine Kleidung ist klitschnass, genau wie meine Haare, meine Hände zittern und die Tränen laufen mir übers Gesicht. Sie steht wieder hinter mir, ich kann es spüren.
„Das hätten wir geklärt, denke ich“, sagt sie, und obwohl ich es nicht sehe, weiß ich, dass sie lächelt. Sie zieht mich auf die Füße, bringt die Klammer wieder in ihre ursprüngliche Position, wartet einen Moment und stellt sie dann noch eine Spur fester, als sie vor unserem Kräftemessen war. Das Atmen fällt mir jetzt noch schwerer.


Wunderschön geschrieben. Ist das eine Liebesgeschichte, eine unglückliche?

Liebe Grüße

Pickman


_________________
Tempus fugit.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag12.04.2018 14:20

von RememberDecember59
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Auch euch beiden, Challenger und Pickman, noch vielen lieben Dank für eure Anmerkungen und die Schilderung eurer Leseeindrücke. Darüber, dass die „Klammer“ euch nicht störend aufgefallen ist, freue ich mich besonders, denn ich möchte den Begriff gerne behalten.

Pickman hat Folgendes geschrieben:
Wunderschön geschrieben. Ist das eine Liebesgeschichte, eine unglückliche?

Danke für das Lob erstmal. Eine Liebesgeschichte ist es nicht, ich kann mir aber vorstellen, wie man zu dieser Assoziation kommen kann, wenn man die Kommentare und meine weiteren Ausführungen zu dem Text nicht gelesen hat. Tatsächlich geht es um die Beziehung einer Person mit Angststörungen zur Angst.


_________________
Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag12.04.2018 16:44

von Mardii
Antworten mit Zitat

Hallo RememberDecember59,

ich bin bei der Lektüre zwei Mal in die Irre gegangen. Anfangs dachte ich die Figur wird von einer Stalkerin verfolgt. Die Bezeichnung Experimentelles ließ mich auch an Schizophrenie denken. Ich dachte dabei an Personifikation in der Figur der Verfolgerin und die Klammer hielt ich für eine Konkretisierung der Angst.
Bei der Szene mit der Ärztin dachte ich dann an Angst und Panik, weil mir deren Reaktion zu schwach vorkam für die Schizophrenie. Möglich ist ja alles.
Trotzdem gefällt mir die Darstellung durchaus. Und wenn es sich um Angst handelt passt die Metapher Klammer. So in etwa stelle ich mir Herzangst vor.

LG Mardii


_________________
`bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag13.04.2018 19:08

von RememberDecember59
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deinen Kommentar, Mardii! Freut mich, dass dir die Darstellung gefallen hat. smile

_________________
Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Formsache und Manuskript / Software und Hilfsmittel
Satzzeichen vor und nach kursivem Wor...
von Golovin
Golovin Formsache und Manuskript / Software und Hilfsmittel 21 27.04.2024 13:45 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rechtschreibung, Grammatik & Co
Semikolon und Apostroph
von Golovin
Golovin Rechtschreibung, Grammatik & Co 13 25.04.2024 22:56 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Profession Schriftsteller (Leid und Lust)
freie Lektoren und Testleser
von Colina
Colina Profession Schriftsteller (Leid und Lust) 22 23.04.2024 22:41 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Feedback
Eine Frau wie ich hat immer ein Gehei...
von Hera Klit
Hera Klit Feedback 0 23.04.2024 09:26 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Verlagsveröffentlichung
SPRINGS OF THE YELLOWSTONE RIVER und ...
von Alfred Wallon
Alfred Wallon Verlagsveröffentlichung 1 22.04.2024 19:39 Letzten Beitrag anzeigen

BuchBuchEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von Leveret Pale

von zwima

von Mogmeier

von Boudicca

von Rosanna

von sleepless_lives

von poetnick

von pripri

von Ruth

von Carizard

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!