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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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03.05.2010 19:27 Die Läuterung. Weit dort draußen. von Nihil
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Als Gott den Tag zerbrach, rannte Mulius mit Stiefeln aus Schlamm durch die Gräser. Sein Herz stach so sehr, als läge es unter einem Mühlstein begraben, aber ein unbändiger Zorn trieb ihn voran. Jenseits der Städte durfte er rasten. Hier würde er gereinigt werden.
Schließlich fiel Mulius erschöpft in den Morast. Beim Atmen schmeckte er den Nebel, gegorene Milch, die ihm vom nackten Körper tropfte.
„Zeig dich!“, bellte er verzweifelt. „Ich wehre mich nicht!“
Als der Mond am Himmel erschien wie eine abgetrennte Brust, kniff Mulius vor Angst die Augen zusammen. Trotzdem konnte er immer noch hören, wie sich die schartigen Kraterknochen des Mondes zu einem Grinsen verzogen.
Dann traf ihn eine unsichtbare Kraft so unvermittelt, dass er aufkreischte. All das Blut, das vorher panisch durch seine Adern gehetzt war, strömte jetzt in sein Geschlecht. Er öffnete die Augen nur einen winzigen Spalt und sah es wie ein ausgefahrenes Teleskop zum Nachthimmel zeigen.
Mulius winselte, weil er wusste, was folgen würde. Denn die gleiche Macht, die Weltmeere vertreiben und beschwören konnte, zog nun an seiner Vorhaut. Glitt sie hinauf, wurde Mulius' ganzer Körper in die Luft gerissen; glitt sie hinab, wurde er in den Sumpf gedrückt. Ihn übernahm eine finstere Lust, die er nicht spüren wollte, und dennoch gab er sich ihr hin. Sie würde ihn befreien.
Plötzlich durchfuhr ihn ein so unbeschreiblicher Schmerz, als wäre er aufgespießt worden. Mulius kreischte auf und übergab sich fast gleichzeitig. Doch bevor er die Galle ausspucken konnte, brandete schon die nächste Welle gegen seine Kehle.
Die Zeit verzerrte sich in dieser Nacht. Mulius wusste später nicht mehr, wie lange er dort im Sumpf gepeinigt wurde. Aber als er die Augen aufschlug und die Qual vorbei war, lächelte er der Sonne entgegen.
Es herrschte Stille in ihm. Er war wieder ein Mensch.
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Hardy-Kern Kopfloser
Alter: 74 Beiträge: 4832 Wohnort: Deutschland
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03.05.2010 20:27
von Hardy-Kern
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Ist schon ein Urvieh oder ein Kaputter, nun, ob man ihn als Mensch bezeichnen kann, ist ungewiss. Jedenfalls, kernig geschrieben für diese paar Zeilen. Den könnte man als Reklamefigur vor einem Puff ausstellen.
Hardy
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Alogius Kinnbeber
Alter: 47 Beiträge: 3206
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03.05.2010 20:45
von Alogius
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Hallo,
Mulius, Feldherr des Augeas, einem der Argonauten. Gehe mal davon aus, dass wir den auch meinen.^^
Sehr mythischer Ansatz, teilweise rätselhaft, interessant. Gefällt mir, auch wenn ich mir den Komplex verdichteter noch besser vorstellen könnte.
Lg
Tom
(Ich werte, weil Wettbewerb, etwas strenger als sonst. Der Kommentar ist relativ kurz gehalten, und meine Federung setzt sich zusammen aus: Sprache und Stil, Inhalt, Umsetzung der Aufgabe, eventuelle Fehler. Falls später Fragen sind, kommentiere ich gern ausführlicher.)
_________________ Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt. |
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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03.05.2010 22:26
von anuphti
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Gruselig.
Nicht meins.
Maximal eine Feder.
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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Gast
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03.05.2010 22:35
von Gast
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Hallo lieber Wettbewerbsteilnehmer (Hier hab' ich auch einen Verdacht. Aber würde der junge Mann sowas bei einem Postkartenwettbewerb schreiben? Bin unschlüssig und behalte den Gedanken mal lieber für mich.) ,
aus Gründen der Übersichtlichkeit gibt's von mir dieses Mal auch ein Bewertungsschema, allerdings ohne Angabe der Federnanzahl - die ändere ich erfahrungsgemäß garantiert noch ein paarmal...
Stil und Sprache: Schöner Stil, bisschen schräg und abgedreht, sehr bildhaft. Außerdem sprachlich sehr sauber, gefällt mir.
Idee: Ich steig' noch nicht so wirklich dahinter, wo der Sinn dieser Geschichte liegt. Allerdings gab es für mich zumindest eine erkennbare Handlung, die zudem noch hübsch skurril war - weshalb ich den Text auch ohne für mich erkennbare Aussage gerne gelesen habe.
Bonus: Konsequent schräg in Handlung und Formulierungen, das find' ich sehr gut.
Fazit: Gut geschrieben und definitiv interessant.
LG,
Soraya
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*Gast* Klammeraffe
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Beiträge: 504 Wohnort: Rheinland-Pfalz
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* 03.05.2010 22:43
von *Gast*
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Ganz verstehe ich die Geschichte nicht. Vielleicht ein Werwolf, der sich zurück in einen Menschen verwandelt? Thematisch eher nicht meine bevorzugte Leserichtung, aber gut geschrieben.
LG
Sabine
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Dienstwerk Reißwolf
Alter: 55 Beiträge: 1254 Wohnort: Gera/Markkleeberg
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03.05.2010 23:21
von Dienstwerk
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Einige Vergleiche hinken arg, wirken bemüht - war das ein Wettbewerb im Methaphern sammeln?
Im Großen und Ganzen zwar ordentlich geschrieben, aber mir verschließt sich der Sinn des Textes.
Sorry.
LG, Ana
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EdgarAllanPoe Poepulistischer Plattfüßler
Alter: 32 Beiträge: 2356 Wohnort: Greifswald
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04.05.2010 09:23
von EdgarAllanPoe
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Lieber Autor!
Die Bildgewalt des Textes entspricht derjenigen Kraft, mit der Mulius gepeinigt wird.
Die Themenvorgabe taucht nur am Rand auf, aber ich kann das Bild - den Nebel, die Gräser - zumindest mit deiner Geschichte in Verbindung bringen, weshalb das Thema für mich nicht verfehlt ist. Ein wichtiger Kritikpunkt.
Aber das ist eine seltsame Geschichte, die du da erzählst. Eine Art monströse Lust, die Mulius empfindet, was aus den sehr harten und drastischen Worten auch so hervorgeht.
Ich mag die Bilder, die du zeichnest, auch wenn sie nicht schön sind. Sie verblassen in ihrer Heftigkeit genauso wie der Mond und stellen damit eine Art "Läuterung" dar, wie du im Titel schon andeutest. Dieser Wandel gefällt mir sehr, da du ihn glaubhaft darstellst.
Nur weiß ich nicht, warum Mulius derart heftig reagiert. Was treibt ihn um? Etwas Verbotenes, was die Gesellschaft nicht dulden will und kann?
Oder soll sein "Motiv" absichtlich verborgen bleiben, damit man sich noch Gedanken über den Text macht?
Er gefällt mir auf jeden Fall, da aber noch offene Fragen bleiben, gebe ich dir acht Federn.
Liebe Grüße,
Eddie
_________________ (...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan
Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"
Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.) |
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derSibirier Reißwolf
D
Beiträge: 1250
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D 04.05.2010 18:52
von derSibirier
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Ein seltsames Stück, gut beschrieben, obwohl ich dann eigentlich nicht weiß, um was es eigentlich geht.
derSibirier grüßt
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Tamar Leseratte
Beiträge: 123
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04.05.2010 19:05
von Tamar
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Hey Unbekannter,
dein Plot ist klar erkennbar, er gefällt mir allerdings nicht. Die Umsetzung ist ok, allerdings finde ich immer wieder Sätze, die für mich keinen Sinn ergeben, z.B. als Gott den Tag zerbrach, oder jenseits der Städte durfte er rasten. Nach Rasten hört sich das für mich nicht an.
Der Bezug zum Foto ist gegeben, allerdings ist es darauf nicht Nacht.
Insgesamt: ein vielleicht guter Text, zu dem ich aber überhaupt keinen Zugang finde.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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04.05.2010 21:42
von BlueNote
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An und für sich gut geschrieben - dieses ganze Vorhaut-Geschreibsel finde ich aber dann doch etwas albern. Schade, dass da nicht mehr dahinter steckt.
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Sir Charles Blackwood Gast
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05.05.2010 07:29
von Sir Charles Blackwood
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Ein Beitrag, der in den Bereich Fantasy paßt, nicht so mein Genre ist. Deshalb mag ich hier mit meiner Beurteilung geizen.
Viele Grüße
Sir Charles Blackwood
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pripri Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 281 Wohnort: Schweiz (Zürich)
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05.05.2010 12:35
von pripri
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Jedes Mal, wenn ich denke, ich hätte den Text verstanden, stehe ich am Schluss wieder ziemlich dumm da.
Dabei ist er sprachlich wirklich gut gemacht, da gibt's nicht viel zu knausern.
Aber wahrscheinlich liegt es an mir, dass die Geschichte noch immer ein Rätsel für mich ist.
lg pripri
_________________ -Das Herz des Sternenbringers - März 2014 (Thienemann)
-Die Herrscher von Dhaleth/Der Feueropal - August 2014 (Thienemann)
-TBN - Frühjahr 2017 (Droemer/Knaur) |
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i-Punkt Klammeraffe
Alter: 46 Beiträge: 512 Wohnort: Baden-Württemberg
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05.05.2010 13:20
von i-Punkt
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Da ist doch schon viel Schönes dabei...
Manche ungewöhnliche Bilder gefallen mir. Bei manchen wird der Versuch originell zu sein allerdings eher peinlich oder gar schief.
"Trotzdem konnte er immer noch hören, wie sich die schartigen Kraterknochen des Mondes zu einem Grinsen verzogen." Das finde ich zum Beispiel sehr gelungen.
Unter einem Mühlstein begraben zu sein dagegen verbinde ich nicht mit einem Stechen, sondern mit einem eher erdrückenden Gefühl... *g*
Außerdem finde ich einzelne Formulierungen im Kontext sehr unpassend. Vor allem habe ich ein Schwanz-Problem. Das "Teleskop" passt mir irgendwie nicht in diese fast biblische Läuterungsgeschichte. Aber auch das verschämte "Geschlecht" finde ich unwesentlich beser als "da unten rum", daneben anatomisch genau die "Vorhaut" passt mir wieder nicht in den Kram. So ein Formulierungsproblem ausgerechnet beim (Achtung witzisch!) Höhepunkt der Geschichte hat mich gestört.
Grundsätzlich aber eine der Geschichten, die mir besser gefällt - durchaus rund und kraftvoll.
_________________ Schreiben ist einfach, man setzt sich nur hin, starrt auf ein weißes Blatt Papier, bis sich Blutstropfen auf der Stirn bilden. |
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*Gast* Klammeraffe
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Beiträge: 504 Wohnort: Rheinland-Pfalz
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3913 Wohnort: wien
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06.05.2010 13:14
von lupus
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beim ersten Lesen: so ein Mist
beim zweiten Lesen: saucooler Mist
dann: echt cool
jetzt: ???
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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Ilona Klammeraffe
I
Beiträge: 558 Wohnort: irgendwo in Hessen
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I 06.05.2010 13:33
von Ilona
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Mit dem Text kann ich nicht so viel anfangen, die Formulierung 'als Gott den Tag zerbrach' fine ich allerdings großartig
Ilona
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Gabi Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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06.05.2010 21:36
von Gabi
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Ich weiß wirklich nicht, wie einen das Bild auf solche Gedanken bringen kann.
Erstaunlich.
L.G.
Gabi
_________________ "Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege) |
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femme-fatale233 Füßchen
Alter: 31 Beiträge: 1913 Wohnort: München
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06.05.2010 21:40
von femme-fatale233
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Eigentlich wollte ich ja nicht kommentieren und bewerten, aber ich muss zu diesem Text meinen Senf dazugeben.
Er gefällt mir. Ich bin noch nicht ganz sicher ob ich ihn verstehe, aber in seiner Brutalität hat er so etwas Echtes, Wahres, Hartes. Das mag ich. Er erzeugt ein Stimmung. Der bleibt mir sicher im Gedächtnis.
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5338 Wohnort: NRW
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06.05.2010 21:44
von Bananenfischin
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Nun gut. Da geht es wohl um irgendwas Mythologisches, das ich irgendwie verpasst habe.
Sprachlich und stilistisch gut, mit kleinen Stolpersteinen, z.B. finde ich dieses Bild schief: Zitat: | Als der Mond am Himmel erschien wie eine abgetrennte Brust |
Das Geschehen der Nacht ist ja ein sehr schmerzhaftes, doch musste ich beim Lesen schmunzeln. Ich zweifle, dass das so gewollt war.
Und ich frage mich, was Mulius denn in der Nacht davor gewesen ist:
Zitat: | Er war wieder ein Mensch. |
Trotzdem für mich auf jeden Fall einer der besseren Texte.
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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Noelia Pippi
Alter: 39 Beiträge: 1298 Wohnort: Villa Kunterbunt
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06.05.2010 21:52
von Noelia
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Das ist schwierig für mich.
Thema ist nicht meins.
Stilistisch ist das irgendwie ... geil.
Krass, was man hier alles findet.
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Biggi Klammeraffe
Alter: 52 Beiträge: 782 Wohnort: BY
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07.05.2010 19:48
von Biggi
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Liebe(r) Autor(in),
ein interessanter Ansatz, mir persönlich allerdings etwas zu metaphorisch.
Sprachlich in Ordnung, Wortwiederholungen wie z.B. "kreischen" sind zu auffällig.
Worin eine Läuterung für den Protagonisten bestehen könnte, erschließt sich mir nicht ganz. Wenn die Kraft, die ihn treibt, der Mond wäre, hätte er schlechte Karten.
Gruß,
Biggi
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