Ahnungslos

[MrPink]

Nach den vielen hilfreichen Anmerkungen in der Talentschmiede habe ich die Story nun komplett überarbeitet. Ist ne Art Ruhrpottkrimi, etwas prollig und der reinen Unterhaltung zuzuordnen, nen tieferen Sinn sucht man hier wohl vergebens...

Ahnungslos

.....Bottrop: In den frühen Morgenstunden wurde die örtliche Polizei über den  grausigen Fund eines bis dato unbekannten  weiblichen Torsos informiert. Ein Rentner entdeckte ihn beim Spaziergang im Stadtpark. Von Kopf und Extremitäten fehlt jede Spur. Ein Verbrechen kann der Leiter der Soko „Kopflos“ nicht völlig ausschließen. Um sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung wird gebeten.
Sport: Der MSV hat seine wahrscheinlich letzte Chance auf den Klassenerhalt gestern im direkten Aufeinandertreffen mit dem Reviernachbarn VfL Bochum durch ein Unentschieden verspielt....
Ich stürze auf´s Klo und übergebe mich erst mal. Das ist zuviel, der MSV steigt ab?! Ich kann´s nicht fassen! In meiner Panik hab ich die erste Nachricht wohl schön verdrängt, nun stolpert sie, Bröckchen für Bröckchen, in mein Gedächtnis, stiert durch verquollene Augen in die Runde und findet unter all den armseligen Erinnerungen seinen Platz nicht, noch nicht.
Scheiße, Scheiße, Scheiße! Was war gestern Nacht los? Gerd ist erst mal in die Küche verschwunden und öffnet 2 Flaschen KöPi -plop-plop- mit dem Feuerzeug. Ein echter Freund weiß halt was man braucht...
Ich lasse den Gerstensaft durch die Kehle stürzen, als ginge es darum, die Sahara in ein Feuchtbiotop zu verwandeln. Die Gedanken rotieren in meinem Kopf, wie ne Schellackplatte bei 78rpm. Wo ist der verdammte Ausschalter?

Stop- Repeat:
Gerd bei mir, hab ihn angerufen. Mein Auto, mein schöner roter, rostiger 89iger Passat, kaputt auf der Straße vor dem Haus. Das Ortsschild von Bottrop hat die Motorhaube durchteilt, wie damals Moses das rote Meer. Aber die rote Motorhaube hat sich nicht wieder geschlossen, dass Ortsschild prangert, einem Mahnmal gegen Alkohol am Steuer gleich, darüber. Bottrop fängt nun direkt vor meinem Haus an, in Duisburg-Ruhrort. Ist ne ruhige Wohngegend hier; alte Bergmannssiedlung, gepflegte Vorgärten mit Jägerzaun und Fußmatten vor weißen Haustüren. Ein zerstörtes Auto am Straßenrand passt hier genauso wenig ins Bild, wie ne Cruise Missile im Arsch eines Gartenzwerges. Die Hütte hab ich geerbt, mein Alter hat sich dafür krumm gemacht, Untertage, wo sonst. Jetzt ist er wieder da, für immer, mit Mutter und ihrem endlosen Krakeele.
Jedenfalls bewohn ich jetzt den Schuppen und die Nebenkosten fressen mich auf und der Kredit, den hab ich auch geerbt. Die Auftragslage ist für einen Privatdetektiv mehr als mau, darum hab ich den Keller an Gerd vermietet.
 
Gestern Abend mit Tina gesoffen, Happy-Hour im Roxy´s. Filmriss, zu Hause aufgewacht, ohne Tina, mein Auto erblickt, Panik gekriegt, Gerd angerufen. Der kam mit seinem 190iger samt Anhänger angebrettert, als gäb´s bei mir die letzte Stehplatzkarte für´s Revierderby.

Gerd hatte Schiss, mächtig Schiss. In meinem Keller hat er soviel Koks gebunkert, damit könnte man die Pisten der Skihalle Bottrop ein Jahr lang beschneien, nonstop. Er ist Geschäftsmann, durch und durch. Schon in unserer gemeinsamen Zivi-Zeit bei der Caritas
zeichnete er sich durch Kundenorientierung und Kreativität aus, allerdings noch ohne durchschlagenden Erfolg. Er verlor seinen Traumjob bei Essen-auf-Rädern; „Cold Meals on hot Wheels!“ war nicht der Spruch den der Chef auf der jungfräulich weißen Heckklappe des nagelneuen T4 lesen wollte. Blöderweise kam dann auch noch raus, dass der überdimensionale Schriftzug mit einem schwarzen  Edding fabriziert wurde, den er dem Büromittellager entnahm, unter anderem. Eigentlich gab es kein Lager mehr..
 
“Sach ma, Malte, bis du denn total bekloppt ?! Da kannste ja gleich auf den Schild schreiben, dat dat Koks im Keller liecht! Wat wa denn gestern los, ma wieder in Ermittlungen ersoffen, Herr Superschnüffler ? Und wo iss überhaupt Tina, die Schnalle schon wieder abserviert ? Du ziehst die Alten durch, wie meine besten Kunden den Koks.“ -  „Maulhalten und aufladen, die Karre muss vonne Straße!“

Das Auto verschwand vorerst in nem Hinterhof, Gerd kennt ne Menge dubioser Typen mit dubiosen Hinterhöfen.

Zurück zu mir, die Nachrichten im Radio, die Erinnerungen in der Kloschüssel, zwei Köpi, und ne Horde Fragezeichen beim Rudelbumsen.....

Fortsetzung folgt

[Gast]

Hallo MrPink, erstmal finde ich deinen Stil - chrmchrm - voll geil xD. Ich weiß nicht warum, aber mir schwirren die Worte Old School im Kopf herum. Außerdem is' er bissig und ironisch. Mir gefällt's. Aber ich hab 2 Sachen zu bemängeln:
1. kapier' ich nicht ob der Vater jetzt tot oder lebendig ist XD. Ich mein', dein Protagonist erbt aber gleichzeitig ist der Vater "wieder da".
2. versteh' ich nicht, was Gerd jetzt beruflich macht. Arbeitet er jetzt bei so 'nem Essen-Ausfahr-Dingens oder is' das 'ne professionelle Koks-Vertick-Firma? Sorry, falls ich einfach nur auf'm Schlauch steh', aber ich durchblick's nicht.
Aber außer diesen beiden kleinen missverständlichen Sachen find' ich's saugut.
Gruß
David

[MrPink]

Hi David,
erstmal vielen Dank für deinen Kommentar und es freut mich, dass dir der Stil zusagt.
Der Vater ist tot, die Mutter auch. Der Vater hat Untertage gearbeitet, also im Schwarzkohleabbau. Dass er da jetzt wieder ist, also Untertage, soll heißen er ist begraben, eben wieder unter der Erde.

Gerd ist Kokaindealer. Der Protagonist (Malte) kennt ihn schon seit der Zivi-Zeit, ist also ne Rückblende. Kommt es so rüber oder müsste ich da noch was ändern, zum besseren Verständnis ?

schönen Tach noch
andi

[Gast]

Ahh jetzt hab ich's verstanden. Ja, der Anfang der Rückblende kommt gut raus, aber man übersieht, wann sie wieder aufhört. Ich dachte, derjenige der Malte anschreit wär der Boss von Gerd und hab überhaupt nicht mehr kapiert wer jetz Malte und wer Gerd is'. Das Rückblendenende solltest du vielleicht klarer machen. Und das Wortspiel mit "Untertage" vielleicht auch. Oder aber es liegt daran, dass in Passau noch Sommerferien sind und ich verkatert bin XD. Also, ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen!
Gruß David

[Bananenfischin]

Nabend andi!

Das ist ja mal ein Privatdetektiv, wie man ihn sich wünscht!

[MrPink]

Tach BF,

Ja, den T4 vielleicht auf den Schrott, weiß noch nicht.
Ja, geht noch weiter, bald..

Danke
andi

[Alogius]

Hi,

da überlege ich die ganze Zeit: "Mann, woher kennst Du das?"
Ich habe -natürlich, so bin ich- zuerst ganz überlesen, dass Du Deinen Text, den ich "damals" schon rezensierte, neu überarbeitet hast...

Ja, also:

Muss ja nicht immer den tieferen Sinn geben. Mir gefällt die Überarbeitung sehr, ich habe keine Meckereien zu bieten. Herrlich zerhauen, irgendwie, völlig bekloppt, aberwitzig und doch ein liebenswerter Text.

Habe wieder gelacht.

Danke
Gruß
Tom

[MrPink]

so, geht weiter:

Tina
Tina ist ein Haldenkind, soll heißen, sie wurde auf einer gezeugt. Das war damals nicht so unüblich. Knapper Wohnraum und Eltern, denen der Anstandsstock im Hintern steckte veranlasste ihre Kinder, die Produktion der nächsten Generation ins Freie zu verlegen. Allerdings ist Tina wohl auf einer besonders schmutzigen Halde entstanden. Sie war meine erste große Liebe, ich 16 sie 14. "Wenn du Schmetterlinge im Bauch willst, dann steck dir Raupen in den Arsch! Schieb mir endlich deine Lore in den Schacht!" Unser erstes Rendevouz hatte ich mir weißgott romantischer vorgestellt. Die Bravo hatte mich auf Zärtlichkeit und Händchenhalten geimpft, später ein scheuer Kuss, viel später dann auch mit Zunge. Und die hätte ich nun beinahe verschluckt. Eigentlich sah Tina aus, wie die Mädels aus den Fotolovestories, richtig süß eben; das Haar schwarz wie Grubengold mit einem Haarband im Nacken gebändigt und mit silbernen Spangen zu einem kecken Seitenscheitel frisiert, eine Strähne ließ sie sich immer in die Stirn fallen. Eisblaue Augen und die Haut so weiß, wie Bergamannsanzüge wenn sie frisch aus der Waschkaue kamen. Ihre Brüste, ich wollte sie schon seit langem mal halten, sanft drüber streicheln, Tina damit beeindrucken, wie gekonnt ich mit der linken Hand ihren BH öffne -das hatte ich bis zum Erbrechen geübt, wenn Mutters Wäscheschublade undbeaufsichtigt war-  während meine Rechte durch ihr Haar fährt und ich mit der Zungenspitze ihre Ohrmuschel erkunde. Stattdessen hatte sie sich im Affenzahn ihrer Kleidung entledigt und streckte mir schamlos ihre Klitoris entgegen. 5 Jahre später trafen wir uns wieder, diesmal war ich vorbereitet und seitdem sind wir zusammen.
Von großer Liebe keine Spur, aber sexuell nicht zu toppen.

Seit gestern fehlt  auch von Tina jede Spur.

...geht weiter...

[MosesBob]

Moinsen!

[Pütchen]

Hallo, Mr. Pink,



Ich hoffe mal, dass das schnell weitergeht

Was hab ich mich amüsiert!

Sorry, produktiv bin ich gerade nicht, aber mir gefällt's einfach

Lachende Grüße,

Pütchen

[Alogius]

Interessante Fortsetzung

Haldenkind, das hat was.

Schreibe ausführlicher, wenn es weitergeht.

Gruß
T.

[yt]

Moin,

... absoluter Gigant im Ruhrpott, Mr Pink!
Das macht richtig Spass.

Das erinnert mich an meine verkommene Jugend.
Bottrop is inner Erinnerung von mir sowatt von haesslich, da werden Ansichtskarten zu Beileidsbekundungen. Inner Jugend hamwa da auf geheiss des sozialistschen Jugendgruppenfuehrers so 20 Radkappen vonne Bonzenautos abmontiert, und inner gleichen Nacht auf geheiss des Blockwarts vor Ort wieda anmontiert. Datt hiess nachhaa datt wir Mindajaehrich unner Jugendgruppenfuehrer wegen nich nachvollziehbarer Mengen Alkohols unzurechnungsfaehig war. Mit Diplomatie, oda Gewerkschaftsausweis hamse datt dann guetig geregelt.
Einzich die Sterne warn ohne Schutzgasschweissen nich wieda dran zu machen.

Mit voll heftigen Gruessen,
yours truly

[Nina]

mr pink,

ganz kurz: schön erzählt, gern gelesen.

lg
nina

[lupus]

genial! einfach irre! bisserl derb, aber nicht übertrieben - perfekte Mischung.

Antrag: leg 'n Zahn zu. want more.

LGL

[Noelia]

    

Ich werde hier sicher nicht meckern. Weiter so!

 

[MrPink]

Hammer!!
Vielen Dank, macht mich mächtig froh, dass es so ankommt.

Tach MoBo,
so besser?
Das Ortsschild von Bottrop hat die Motorhaube durchteilt, wie damals Moses Bob das feuchtriefende Fleisch einer überreifen Zitrone, welches dem olfaktorischen Wahnsinn aus Salz und Kaktusdestillat den unverzichtbaren Abgang verschafft.  

Alogius,
ausführlicher im Sinne von längeren Textabschnitten, oder mehr beschreibende Elemente?

Der Schluß für die Story steht schon, allerdings kommen mir immer wieder ein Haufen neuer Details, Handlungsstränge und weitere Ideen in den Kopf.

Jetzt fang ich sogar schon an zu recherchieren, um dem ganzen Zeug die entsprechende Autentizität zu verleihen. Keine Ahnung, wo das noch endet. Macht einfach Bock. Wenn ich doch nur mehr Zeit hätte, arg!
 

Vielen Vielen Dank, es geht weiter....[Drohmodus/aus]


schönen Tach noch
andi

[Pencake]

Moin Andi.

Ja, unterhält mich auch.
Erinnert mich an Jörg Juretzka,
der schreibt nur so Kriminalklamotten
aus dem Pott. Fein, weiter so.

HG, Niko

[MrPink]

[Pencake]

Hab mal ein Seminar mit ihm belegt.
Und immer mal wieder überlegt, was
aus ihm so geworden ist. Damals
wollte er gern eine Story von sich
für nen Film adaptieren. Keine Ahnung,
ob das je geklappt hat.

[Necronom]

Ja Tach auch !!

Werde an Kritik nix loswerden. Hab den Text gelesen und war sofort Unterhalten.
Das meiste wurde schon gesagt. Ich lese sowas echt gerne.
Lesen......nicht viel nachdenken.........Lachen.........nächstes Buch kaufen.

Geil........mein Respekt und weiter so.
Bin schon gespannt auf mehr.

Carpe Noctem

[Gringo78]

Dein Schriftstück ist sehr interessant. Es geht anscheinend um einen Mord und einen völlig besoffenen, vom Kater erwachten Ermittler. Dein Schreibstil wirkt auf mich wie die Knallharte Szene in Deutschland, das Straßenleben. Ich finde es recht gut.