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Ein normaler Mittag


 
 
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Detlefflour
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
D

Alter: 31
Beiträge: 35
Wohnort: B I E L E F E L D


D
Beitrag30.04.2012 10:42
Ein normaler Mittag
von Detlefflour
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ein normaler Mittag

Eigentlich war es ein normaler Mittag in Berlin, eigentlich… aber was war in dieser Stadt schon normal?
Das junge Mädchen, dessen Name niemand zu kennen schien, stand etwas verloren auf dem Platz, es war der Potsdamer Platz. Wie jeden Tag war er voller Passanten und Touristen. In dem geschäftigen Treiben schien niemand das Mädchen wahrzunehmen, sie stand angelehnt an eine Wand eines Hochhauses.  Ihr Blick war merkwürdig leer man hätte auch sagen können verträumt, doch als ich, der ich der einzige schien der sie wahrnahm, genauer hinsah schien es mir so als starrten ihre Augen wahllos in die Umgebung, ohne irgendetwas zu erkennen.
Ich kann nicht genau sagen warum, aber irgendetwas an ihrer Gestalt brachte mich dazu stehen zu bleiben und sie zu betrachten. Sie war nicht besonders hübsch, jedenfalls war dies nicht der Grund warum ich sie betrachtete; es war etwas anderes, vielleicht die ziellosen Augen, vielleicht auch einfach nur die Tatsache, dass Niemand sonst sich für sie zu interessieren schien.
Ich begann sie weiter zu mustern, etwas an ihrer Haltung war merkwürdig. Sie stand zwar aufrecht und doch schien sie verkrümmt, ja jetzt wo ich sie genau betrachtete schien es mir glasklar, dass sie Schmerzen hatte.
Nun war ich mehr als nur fasziniert von ihr; wie konnte es sein, dass ein Mädchen, das anscheinend krank war oder in irgendeiner Weise Schmerzen litt auf so einem belebten Platz unbemerkt oder zumindest unbeachtet blieb?
Ich betrachtete sie weiter, ihre Gesichtszüge waren verzerrt, ihre Augen begannen nun schnell in den Augenhöhlen umherzurollen und ihre Hände krallten sich schutzsuchend in die Fugen der Mauer vor der sie stand. Die Passanten gingen weiter an ihr vorbei, als ob an diesem Anblick nichts Unnormales sei. Vielleicht sahen sie sie ja auch gar nicht, jedenfalls kam mir dieser Gedanke währenddessen ich sie anstarrte. Dann geschahen einige Dinge in kurzer Reihenfolge, sie richtig zu schildern fällt mir auch heute noch schwer und ich ertappe mich häufig dabei anzunehmen, dass dies alles vielleicht nur ein Traum gewesen sei und nie stattgefunden habe. Doch ob leider oder nicht,  hat es sich soweit ich es noch nicht verdrängt habe so zugetragen: ein Passant lief gerade zwischen mir und dem Mädchen entlang als ein lauter Knall, vermutlich von einer Explosion aus einer Strasse ertönte. Der Passant, zu Tode erschreckt, rempelte sie an und rannte weg, hinter ihm her eine Flut von anderen in Panik geratenen Menschen, mittendrin ich und das Mädchen. Ich stand unverändert auf der Stelle, doch sie lag auf dem Boden, nun ganz in meiner Nähe, während Füße über sie hinweg trampelten. Ihre letzten Worte waren „Ich sterbe, denn Niemand sieht mich an“.
Ich hatte sie angesehen, doch gerettet hatte ich sie nicht.

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pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag30.04.2012 11:06

von pna
Antworten mit Zitat

Hi,

das wäre eine ganz interessante Idee, und soweit ich mich erinnern kann, hat schon Ray Bradbury in diversen Kurzgeschichten die Idee verarbeitet, dass das Leben einer geisterhaft wirkenden Person oder Personengruppe davon abhängig ist, ob und wie sie von den Menschen wahrgenommen werden.

Die Geschichte hat viel zu oft das Wort "schien" in den gebräuchlichen Variationen. Dazu kommt, dass der Text sehr viel Textfüllsel hat, also den Text streckende Passagen, die keiner inneren Notwendigkeit entspringen. Unklar bleibt für mich auch die Relevanz der Explosion; wenn sie dazu dienen soll, die Gleichgültigkeit der Passanten dem Mädchen gegenüber zu illustrieren, dann finde ich das zu aufgesetzt - eine Explosion ist ein "aktiver Krater" einer Geschichte, also ein Ereignis, das der Geschichte einen neuen Drive gibt. Hier verpufft der Knall, das Mädchen liegt (wegen dem Knall?) auf dem Boden und haucht ihr Leben aus.

Ich verstehe schon das moralische Anliegen hinter der Geschichte, verorte dieses Anliegen aber als zu sehr in den Vordergrund gerückt.

Vielleicht wäre es ein Lösungsansatz, die Explosion an den Beginn der Geschichte zu rücken, um von diesem Moment an den Ich-Erzähler als Beobachter zu installieren, der den Fokus auf das irritierte (irritierende) Mädchen richtet. In einem weiteren Schritt müsstest Du den kurzen Text noch entschlacken und Füllwörter eliminieren und Szenen entfernen, die nicht notwendig sind (Wie zum Beispiel die Anmerkung, dass niemand ihren namen zu kennen schien).

Liebe Grüße,
Peter
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Nightflyer
Geschlecht:männlichLeseratte
N

Alter: 41
Beiträge: 128



N
Beitrag30.04.2012 11:13

von Nightflyer
Antworten mit Zitat

Zitat:

Das junge Mädchen, dessen Name niemand zu kennen schien, stand etwas verloren auf dem Platz, es war der Potsdamer Platz. Wie jeden Tag war er voller Passanten und Touristen.

"Platz, es war der Potsdamer Platz" NEIN klingt schrecklich. Hast du das mal selber durchgelesen? Zusätzlich: Wer kennt schon den Namen beliebiger Passanten auf öffentlichen Plätzen?

Gegenvorschlag:

Das junge Mädchen stand etwas verloren auf dem Potsdamer Platz, der wie jeden Tag voller Passanten und Touristen war.

Zitat:

Ihr Blick war merkwürdig leer man hätte auch sagen können verträumt, doch als ich, der ich der einzige schien der sie wahrnahm, genauer hinsah schien es mir so als starrten ihre Augen wahllos in die Umgebung, ohne irgendetwas zu erkennen.

Schon wieder so ein komplexes Satzgebilde. Entweder ist der Blick leer oder verträumt, aber das ist doch ein Unterschied!! Und DU weisst dass SIE nicht erkennt kann auch nicht sein. Darum dies nicht aus der Ich-Perspektive erzählen.

Gegenvorschlag:
Ihr Blick war merkwürdig leer und sie starrte wahllos in die Menschenmasse. Gefangen in ihrer eigenen Welt erkannte sie wohl gar nicht was um sie herum passierte.

weiter hab ich nicht gelesen


_________________
Jeder Tag verwelkt dahin wie die Blüte einer ausgedörrten Blume - doch der Wandel der Zeit ist der Sinn des Lebens.
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dieuschi
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 50
Beiträge: 119
Wohnort: Dahoam


Beitrag30.04.2012 11:21

von dieuschi
Antworten mit Zitat

Hallo Detlefflour,

Ich finde die Idee hinter Deiner Geschichte gar nicht schlecht. Ich glaube aber, das kannst du noch besser umsetzen.

Wenn Du mit der Beschreibung Berlins anfangen möchtest, würde ich mir wünschen, mehr spezifisches zu hören, denn abgesehen von der Nennung des Potsdamer Platzes könnte die Geschichte ja auch in jeder anderen Großstadt spielen. Irgendein farbiges Beispiel, warum in Berlin Anderssein normal ist.

Leider sind, besonders am Anfang, die Sätze ganz schön lang geworden. Wie pna schon schreibt, Füllwörter raus. Und ruhig stärkere Ausdrücke gebrauchen, zB anstatt : "Ich begann, sie weiter zu mustern, etwas an ihrer Haltung war merkwürdig."  "ich starrte sie an, ihre Haltung war merkwürdig."

Ich würde auch die Explosion mehr in den Vordergrund rücken, beim ersten Lesen, hatte ich die gar nicht richtig registriert. Und dann die Paniksituation, bei der ja jeder nur an sich selbst denken kann. Da ich etwas in der Richtung mal erleben musste, würde ich mir auch da mehr Ausdruck wünschen. Man weiss leider nicht genau, laufen der Prota und das Mädchen mit, oder bleiben die stehen? Wie kommt die plötzlich in seine Nähe?

Liebe Grüße.


_________________
“If you have any young friends who aspire to become writers, the second greatest favor you can do them is to present them with copies of The Elements of Style. The first greatest, of course, is to shoot them now, while they’re happy." Dorothy Parker
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BiggY
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 76
Wohnort: Ruhrgebiet


Beitrag30.04.2012 12:28

von BiggY
Antworten mit Zitat

Ich finde die Geschichte gut.
Richtig gut.
Auch die Wortwiederholung "Platz-Potsdamer-Platz" scheint mir gewollt und lenkt meine Aufmersamkeit doppelt.
Herzlichst
Steinchen
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Eimerian
Geschlecht:männlichLeseratte
E

Alter: 38
Beiträge: 193



E
Beitrag30.04.2012 21:55

von Eimerian
Antworten mit Zitat

Hallo Detlefflour

Deine Geschichte hat Potential. So blumig das jetzt auch klingt, hat sie mich zum Nachdenken gebracht.

Ich habe ein paar Vorschläge für Dich:

1) Die Explosion

"Explosion und Panik in Berlin." ist eine Schlagzeile. Da will ich sofort mehr wissen.
"Mädchen steht alleine herum." hat leider nicht diesen Effekt.

Das Problem bei deinem Text ist, dass es genau umgekehrt sein sollte. Es geht um dieses Mädchen. Die Explosion ist eigentlich nur Mittel zum Zweck, stiehlt dem Mädchen aber die Show.
Was wäre, wenn du die Explosion einfach streichst? Auf einmal bricht Panik aus, warum auch immer, und das Mädchen wird zertrampelt.

2) Worum geht es genau?

In einer Geschichte ist - sehr vereinfacht gesagt - entweder etwas mit der Welt nicht in Ordnung und der Held muss das hinbiegen oder etwas stimmt mit dem Helden nicht und er muss sich ändern. Im Moment bin ich mir nicht sicher, was hier der Fall ist.

Ist die Aussage "Die Welt ist so furchtbar. Niemand hat dieses Mädchen wahrgenommen. Sie ist einfach zertrampelt worden."
oder
"Ich hätte sie retten können. Wegen meiner Untätigkeit ist sie tot."?

3) Verschiedenes

Präteritum, Perfekt, Präsens und Plusquamperfekt!
Jetzt brauchst du nur noch ein Futur für ein Full House. Wink
Ich empfehle dir in einem Tempussystem zu bleiben.

Der Irrealis benötigt den Konjunktiv II:

Zitat:
Die Passanten gingen weiter an ihr vorbei, als ob an diesem Anblick nichts Unnormales sei wäre.

Zitat:
...und ich ertappe mich häufig dabei anzunehmen, dass dies alles vielleicht nur ein Traum gewesen sei wäre und nie stattgefunden habe hätte.


Niemand schreibt man klein.

Zitat:
„Ich sterbe, denn Nniemand sieht mich an“.


Meinst du wirklich "ansehen"? Nicht "sehen"? Das macht hier einen enormen Unterschied. Ansehen bedeutet ja "eingehend betrachten" während "sehen" einfach nur "wahrnehmen" bedeutet und du schreibst ja vorher, dass der Erzähler als einziger das Mädchen wahrnimmt.

„Ich sterbe, denn niemand sieht mich."  Hat das nicht mehr Biss?

Ich hoffe ich war dir eine Hilfe.

Lg
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