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Uenff Klammeraffe
Alter: 31 Beiträge: 952 Wohnort: Berlin
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07.05.2008 18:52 Sam von Uenff
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Hier der Anfang einer Geschichte von mir. Ich hoffe sehr auf Verbesserungsvorschläge!
Der Koffer war gepackt, und lag auf dem Motelbett. Prüfend betrachtet Sam sein Gesicht im verdreckten Spiegel. Er sah älter aus. Kälter. Der fröhliche Junge war gegangen, und ein bitterer Mann an seine Stelle getreten. „Und in mir?“, fragte er sich.“Ist das Herz in meiner Brust noch dasselbe?“ Er wusste die Antwort nicht. Einen letzten Blick warf er noch in die Augen, die ihm so fremd erschienen, dann wandte er sich ab. Ein großer Schritt in Richtung Koffer. Stimmen in seinem Kopf begannen auf ihn einzureden. „Wieder ein Leben zurücklassen? Wieder von vorne anfangen? Wie oft noch?“ Seine Mutter. Obwohl sie schon lange tot war, ihr Geist quälte ihn immer noch. Noch ein Schritt. Er blickte die halbleere Whiskyflasche an, die auf dem Nachtschrank stand. Der Kopf von Jack Daniels verwandelte sich in den seines Vaters, der irgendetwas über Pflicht und Verantwortung daher lallte. Der alte Säufer. Wut überkam Sam. Er war noch ein Kind als sein Vater ihn verlassen hatte, aber er erinnerte sich an seine letzten Worte. Die Scherben der Flasche lagen am Boden. Der bräunliche Saft sickerte in den Teppich, und hinterließ einen hässlichen Fleck. Einen unter vielen. Seine Finger zündeten sich zitternd eine Zigarette an. Lisa mochte es nicht wenn er rauchte. Er drückte die Zigarette am Bettrand aus. Gleich darauf überlegte er es sich anders, und er beobachtete wie der Rauch in Richtung Zimmerdecke stieg. Nun würde er auch Lisa zurücklassen. Bis jetzt waren sie immer zusammen gereist, doch nun… nun musste jeder seinen eigenen Weg gehen. Mit seinem Koffer öffnete er die Tür. Draußen war es noch fast dunkel, nur ein leichter Lichtschimmer am Horizont unterstützte die flackernde Neonleuchte. Mit behutsamen Schritten ging er den Holzbalkon entlang, darauf bedacht niemanden aufzuwecken. Als er noch zwei Schritte von der Rampe entfernt war, ging in dem Zimmer, das er gerade passierte, das Licht an. Die Vorhänge waren nicht geschlossen, und so bestätigte sich Sams Verdacht. Lisa. Schnell zog er seinen Kopf zurück. Hatte sie ihn bemerkt? Vorsichtig lugte er durchs Fenster. Sie saß am Bett, und hatte ihm ihren makellosen Rücken zugekehrt .Er betrachtete sie einen Moment lang. „Sie ist schön.“, dachte er. „Wahrscheinlich die schönste Frau die du jemals in deinem Leben sehen wirst. Genieße den Anblick ein letztes Mal.“ Lisa stand auf, und ging in den hinteren Teil des Zimmers, auf eine dunkle Tür zu. Als sie dahinter verschwand, verschwand auch Sam aus ihrem Leben.
„You’re the one that i want“ erklang im Gleichtakt mit dem Motor. Nun war der rostzerfressene Kleinwagen das einzige, das ihn noch an sein altes Leben erinnerte. Und selbst der war gestohlen. Trotzdem sah er ihn als sein Eigentum. 5 Jahre war es her, wenn er sich nicht täuschte. „Lass uns abhauen!“, hatte er zu Lisa gesagt. „Durch die Welt streifen. Und wenn wir genug haben, suche ich mir einen Job, und wir bauen uns ein Haus. So eines, wie das vom alten Frank, mit einem eigenen Garten. Es wird uns besser gehen!“ Sie hatte nie den Glauben daran aufgegeben, anders als er. Ein Mundwinkel hob sich. Es war das Beste für sie. Er war überzeugt davon, dass sie nun ein schönes Leben haben würde. Sie hatte es nie gesagt, aber das ständige von Ort zu Ort ziehen machte ihr keinen Spaß mehr. Er konnte es in ihren Augen lesen. In Dolan Springs würde sie glücklich werden. Mit ihren langen Wimpern würde sie sich schnell jemanden angeln, jemanden mit geregeltem Einkommen. Sie würde in ein hübsches Haus ziehen, und viele Kinder bekommen. Ein zweiter Mundwinkel hob sich, als er sich vorstellte, wie Lisa mit ein paar Kindern herumalberte. Ja, das war das richtige für sie.
Das Licht der Scheinwerfer brach sich auf einem verrosteten Verkehrsschild. Las Vegas- 80 Meilen. In ungefähr einer Stunde würde er dort sein. Ein schiefer Blick fiel auf die Mittelkonsole. Der abgewetzte Lederbeutel der dort lag, sah nicht sehr gefüllt aus. Im Nachhinein betrachtet war es nicht sehr klug gewesen, alle Scheine in Lisas Koffer zu verstecken. Sam schüttelte den Kopf. Er würde schon Arbeit finden. Ein kräftiger Bursche wie er, wurde immer gebraucht. Für ein zierliches Mädchen wie Lisa, gab es hingegen nur wenige Betätigungen. Sam nickte. „Die Richtige Entscheidung.“, murmelte er dem Autoradio zu.
_________________ --No offense--
Molon labe
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Freiheit liegt in der Zerstörung des Ichs. Hat halt Karl gesagt. |
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3415 Wohnort: Heidelberg
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07.05.2008 20:05
von Eredor
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Hi Uenff,
Zitat: | Prüfend betrachtete Sam sein Gesicht im verdreckten Spiegel |
Ansonsten gefällt mir deine Geschichte recht gut!
Hätte da nichts mehr auszusetzen.
lg Dennis
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silvie111 Eselsohr
Alter: 38 Beiträge: 203 Wohnort: Tübingen
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07.05.2008 21:57
von silvie111
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Hallo Ueneff,
Ich hab deinen Text gerne gelesen. Besonders prägnant finde ich den ersten Satz, das ist ein guter erster Satz für diese Geschichte.
Allerdings verwendest du viel zu wenige Absätze. Diese Geschichte und die monologhafte Sprache schreien geradezu nach vielen Absätzen, um diese Stimmung auch formal zum Ausdruck zu bringen. Ich hab mal versucht den ersten Absatz mit mehr Absätzen zu versehen. Was meinst du dazu?
Zitat: | Der Koffer war gepackt, und lag auf dem Motelbett. Prüfend betrachtete Sam sein Gesicht im verdreckten Spiegel. Er sah älter aus. Kälter. Der fröhliche Junge war gegangen, und ein bitterer Mann an seine Stelle getreten.
„Und in mir?“, fragte er sich.“Ist das Herz in meiner Brust noch dasselbe?“ Er wusste die Antwort nicht.
Einen letzten Blick warf er noch in die Augen, die ihm so fremd erschienen, dann wandte er sich ab. Ein großer Schritt in Richtung Koffer. Stimmen in seinem Kopf begannen auf ihn einzureden.
„Wieder ein Leben zurücklassen? Wieder von vorne anfangen? Wie oft noch?“
Seine Mutter. Obwohl sie schon lange tot war, ihr Geist quälte ihn immer noch.
Noch ein Schritt. Er blickte die halbleere Whiskyflasche an, die auf dem Nachtschrank stand. Der Kopf von Jack Daniels verwandelte sich in den seines Vaters, der irgendetwas über Pflicht und Verantwortung daher lallte. Der alte Säufer. Wut überkam Sam. Er war noch ein Kind als sein Vater ihn verlassen hatte, aber er erinnerte sich an seine letzten Worte.
Die Scherben der Flasche lagen am Boden. Der bräunliche Saft sickerte in den Teppich, und hinterließ einen hässlichen Fleck. Einen unter vielen.
Seine Finger zündeten sich zitternd eine Zigarette an. Lisa mochte es nicht wenn er rauchte. Er drückte die Zigarette am Bettrand aus. Gleich darauf überlegte er es sich anders, und er beobachtete wie der Rauch in Richtung Zimmerdecke stieg.
Nun würde er auch Lisa zurücklassen. Bis jetzt waren sie immer zusammen gereist, doch nun… nun musste jeder seinen eigenen Weg gehen.
Mit seinem Koffer öffnete er die Tür. Draußen war es noch fast dunkel, nur ein leichter Lichtschimmer am Horizont unterstützte die flackernde Neonleuchte. Mit behutsamen Schritten ging er den Holzbalkon entlang, darauf bedacht niemanden aufzuwecken. Als er noch zwei Schritte von der Rampe entfernt war, ging in dem Zimmer, das er gerade passierte, das Licht an. Die Vorhänge waren nicht geschlossen, und so bestätigte sich Sams Verdacht.
Lisa.
Schnell zog er seinen Kopf zurück. Hatte sie ihn bemerkt? Vorsichtig lugte er durchs Fenster. Sie saß am Bett, und hatte ihm ihren makellosen Rücken zugekehrt .Er betrachtete sie einen Moment lang.
„Sie ist schön.“, dachte er. „Wahrscheinlich die schönste Frau die du jemals in deinem Leben sehen wirst. Genieße den Anblick ein letztes Mal.“ Lisa stand auf, und ging in den hinteren Teil des Zimmers, auf eine dunkle Tür zu. Als sie dahinter verschwand, verschwand auch Sam aus ihrem Leben. |
so in etwa.
Zitat: | Er sah älter aus. Kälter. Der fröhliche Junge war gegangen, und ein bitterer Mann an seine Stelle getreten. „Und in mir?“, fragte er sich.“Ist das Herz in meiner Brust noch dasselbe?“ Er wusste die Antwort nicht. Einen letzten Blick warf er noch in die Augen, die ihm so fremd erschienen, |
dieses Philosophische am Anfang könnte leicht erdrückend wirken
Zitat: | Obwohl sie schon lange tot war, ihr Geist quälte ihn immer noch. |
würde ich zusammenhängender verbinden
Kind, als
nicht, wenn
Zitat: | beobachtete wie der Rauch in Richtung Zimmerdecke stieg. |
"wie" kann man höchstens bei Vergleichen nehmen, aber nicht zur Beschreibung von Tätigkeiten. Ich würde es so schreiben: beobachtete den Rauch in Richtung Zimerdecke steigen.
Zitat: | das er gerade passierte, |
könnte man fast streichen oder schöner umschreiben
Frau, die
Zitat: | auf eine dunkle Tür zu |
auf etwas zugehen ist in Prosa nicht so schön
Zitat: | „You’re the one that i want“ |
I
Zitat: | Lederbeutel der dort lag, sah |
-...beutel, der
- "der dort lag" ist auch etwas lieblos formuliert
Zitat: | aber er erinnerte sich an seine letzten Worte. |
und welche??
LG,
silvie
_________________ Wer ein langes Buch schreibt, hatte keine Zeit ein kurzes zu schreiben
(Die Stadt der träumenden Bücher) |
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Maria Evolutionsbremse
Alter: 52 Beiträge: 5998
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07.05.2008 23:14
von Maria
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Hallo Uenff,
Der Text hat etwas sehr 'leises' beinahe sanftes. Komisch was mir heute für Sachen durch den Kopf gehen, aber ich empfinde das so... ich weiß nicht ob Du damit was anfangen kannst... find es jedenfalls ansprechend.
Die Andeutungen, bzw. die kurzen Rückblenden (geklautes Auto, lass uns abhauen) erzeugen bei mir viel Neugierde und ich denke direkt weiter. Was könnte passiert sein, Was ist er für ein Typ, was ist passiert, warum geht er wirklich usw.
Soviel Neugierde erzeugt, nach so wenig Text...
Alles was mir im Text aufgefallen wäre, hat silvie schon erschlagen. Kann Dir nur noch sagen, dass ichs gut fand und gespannt bin, was noch kommt.
LG, Maria
_________________ Give me sweet lies, and keep your bitter truths.
Tyrion Lannister |
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Uenff Klammeraffe
Alter: 31 Beiträge: 952 Wohnort: Berlin
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08.05.2008 14:58
von Uenff
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Guten Nachmittag!
Danke für deine umfangreiche Hilfestellung, Silvie!
Vor allem bei den Kommata, die mir besonders schwerfallen.
Zitat: |
Dieses Philosophische am Anfang könnte leicht erdrückend wirken |
Das soll es auch. Damit möchte ich zeigen, dass Sam nicht einfach nur in den Tag hineinlebt, sondern sich auch komplexe Gedanken machen kann.
Zitat: |
Zitat: | Zitat:
aber er erinnerte sich an seine letzten Worte. |
und welche?? |
Auf das gehe ich noch ein ^^
Ansonsten alle Änderungen übernommen / überarbeitet.
Eredor hat Folgendes geschrieben: |
Ansonsten gefällt mir deine Geschichte recht gut! |
Danke
Mariah hat Folgendes geschrieben: | Der Text hat etwas sehr 'leises' beinahe sanftes. Komisch was mir heute für Sachen durch den Kopf gehen, aber ich empfinde das so... ich weiß nicht ob Du damit was anfangen kannst... find es jedenfalls ansprechend.
Die Andeutungen, bzw. die kurzen Rückblenden (geklautes Auto, lass uns abhauen) erzeugen bei mir viel Neugierde und ich denke direkt weiter. Was könnte passiert sein, Was ist er für ein Typ, was ist passiert, warum geht er wirklich usw.
Soviel Neugierde erzeugt, nach so wenig Text... |
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich deine worte motiviert haben
Zitat: | Kann Dir nur noch sagen, dass ichs gut fand und gespannt bin, was noch kommt. |
Wenn ich einen weiteren Teil in Form gebracht habe, werde ich in reinstellen ^^
Und natürlich freue ich mich über weitere Resonanz zu meinem Text.
G
Uenff
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