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Autor |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 18.10.2020 15:59 Letzter Morgen von Elena
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Du gingst
in jener Frühe, als die Schatten
sich aus dem Dunkel zu Giganten erhoben,
und ich saß und wollte es nicht glauben,
fragte nicht: Wie weiter?
Kein Hoffen, du würdest mich
nächtens umarmen, streng dein Gesicht
beim Abschied, den Schmerz spürte ich
noch nicht, taub der Stein
in der Brust.
Deine kalte Hand in meiner,
Spatzengezwitscher vorm Fenster -
ich verstand, die Vögel beschworen
das Dasein der Kreatur:
Leben, nur dies.
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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18.10.2020 19:46 Re: Letzter Morgen von Nina
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Liebe Elena,
wieder so ein schönes Gedicht von Dir. Mit jedem weiteren Gedicht gefällt mir Deine Lyrik noch besser. Hast Du eigentlich auch Gedichte in einem Gedichtband veröffentlicht? Ich würde es (das Buch) gerne kaufen.
Was dieses Liebesgedicht angeht - ich meine Anlehnungen an andere Schriftsteller und Dichter zu erkennen, zumindest in der zweiten und dritten Strophe.
Elena hat Folgendes geschrieben: | Du gingst
in jener Frühe, als die Schatten
sich aus dem Dunkel zu Giganten erhoben,
und ich saß und wollte es nicht glauben,
fragte nicht: Wie weiter? |
"die Schatten, die sich aus dem Dunkel zu Giganten erhoben"
das ist so ein kraftvoll geladenes Bild, das mich richtig umhaut. Das ist sehr, sehr gut gesagt.
Das Bild ist echt toll, ich sehe es direkt vor mir. Richtig, richtig gut.
Elena hat Folgendes geschrieben: | Kein Hoffen, du würdest mich
nächtens umarmen, streng dein Gesicht
beim Abschied, den Schmerz spürte ich
noch nicht, taub der Stein
in der Brust. |
Hier nun eine der Strophen in denen ich eine Anlehnung vermute und zwar in den letzten zwei Zeilen eine Anlehnung an Heiner Müller, der vom Ziegelstein (wenn ich das richtig erinnere) als seinem Herzen bzw. anstelle seines Herzens schrieb.
Ich mag die Art und Weise wie Du über die Dinge schreibst, liebe Elena. Das ist so aufs Wesentliche reduziert, kommt gänzlich ohne "Schmerzensschreie" aus, es hält sich im "Weh" zwar kurz auf, aber es klagt nicht. Es ist ein bei-sich-sein-und-bleiben und die Dinge wie aus der Distanz betrachten, obwohl sie so nahe gehen oder gingen. Sehr schön machst Du das.
Elena hat Folgendes geschrieben: | Deine kalte Hand in meiner,
Spatzengezwitscher vorm Fenster -
ich verstand, die Vögel beschworen
das Dasein der Kreatur:
Leben, nur dies. |
Deine Hand liegt in meiner, solange Du sie dort lässt, so hat Franz Kafka geschrieben. Ich hatte es eine zeitlang in meiner Signatur. Das ist m.E. die zweite Anlehnung hier, in der letzten Strophe.
Spatzengezwitscher vor dem Fenster, die Lebendigkeit ist draußen, das Leben erinnert durchs Fenster ans Leben. Leben, nur dies. Auch schön gesagt. Das könnte ich mir auch als Titel vorstellen, sogar als Buch/Gedichttitel.
Du schreibst so ernsthaft und schön Deine Verse. Das empfinde ich als sehr inspirierend. Danke Dir, liebe Elena.
Liebe Grüße
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Elena Eselsohr
E Alter: 82 Beiträge: 218 Wohnort: Berlin
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E 19.10.2020 17:27 Letzter Morgen von Elena
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Liebe Nina,
wie soll ich dir danken für diesen kenntnisreichen Kommentar? Dieses Gedicht habe ich erst geschrieben, als ich mit mir ins reine gekommen war und darüber schreiben konnte. Als es geschah, hatte ich nicht ans Schreiben gedacht. Deshalb dein Gefühl der Distanz. Soviel zur Erklärung.
Ja, ich habe schon viele Gedichte anderer Lyriker gelesen. Aber von Heiner Müller kenne ich gar nichts, er ist einfach nicht mein Autor, und von Kafka nur den "Prozess", auch er gehört nicht zu den Schriftstellern, die ich bevorzuge. Vielleicht, wenn ich ihn heute noch einmal lesen würde, hätte ich vielleicht eine andere Sicht auf ihn, ich weiß es nicht.
Aber zu deinem Gefühl, ich hätte mich gedanklich bei ihnen "angelehnt", wie du schreibst, kann ich nur sagen: Wenn Menschen Gleiches oder Ähnliches erleben, gleichen sich auch ihre Reaktionen und Gedanken, das ist menschlich. Darauf baut die Psychologie auf. Insofern habe ich nichts Besonderes geschrieben, sondern nur das, was ich fühlte in der Rückschau.
Aber du fragst, ob ich schon mal gesammelte Gedichte herausgegeben hätte. Ja, ich habe zwei Büchlein verlegen lassen. Aber es war zu früh, da hatte mich wohl die Dichtereitelkeit genarrt. Ob ich jemals wieder ein Buch verlegen lasse, weiß ich noch nicht. Ich bin in vielen Anthologien des Literaturpodiums unter Pseudonym vertreten, ein paar Preise gewonnen habe ich auch, aber ich kenne mit den Jahren meine Grenzen. Und viel kommt ja nun rein altersmäßig von mir nicht mehr, ich glaube, ich habe alles, was mich bewegte, schon mal bedichtet. Ein paar Gedichte noch ab und zu, das ist alles, womit ich rechne. Heute zum Beispiel habe ich ein Gedicht über den Herbst 2020 geschrieben, stelle ich demnächst mal ein.
Dir möchte ich aber schreiben, dass du es wunderbar verstehst, auf ein Gedicht einzugehen, so viel Einfühlungsvermögen kann nicht jeder aufbringen. Dafür danke ich dir von Herzen, liebe Nina.
Schönen Abend wünsche ich dir, Elena
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schwarzer lavendel Leseratte
Beiträge: 113
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20.10.2020 16:52
von schwarzer lavendel
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liebe elena,
danke für das gedicht.
alles richtig.
tief berührt .
charlotte
_________________ nur eine idee, aber eine schöne. |
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