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Catalano
Geschlecht:männlichLeseratte
C

Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag01.11.2018 14:02
Ohne Titel
von Catalano
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Leute,

ich habe schon lange nichts mehr geschrieben, oder gelesen.
Und heute morgen habe ich angefangen, so einen kleinen, belanglosen Text zuschreiben, der meine momentane Situation widerspiegelt.

Ich stelle ihn einfach mal hier rein:

Es wurde kalt, als Toni nicht mehr wusste, wo die Reise hinführen sollte.
Und das lag nicht nur an der schaurig nassen Wetterlage kurz nach Halloween, sondern auch an der emotionalen Eiseskälte, die gerade in seiner gottverdammten Wohnung vorherrschte.

Er hier, sie da.
Er im Wohnzimmer, sie im Schlafzimmer (wenn sie denn gerade mal da war, und nicht wieder die Tage und Nächte bei ihrem neuen Freund verbrachte).
Keine Worte, keine Blicke. Nur hin und wieder Geräusche. Und diese Geräusche waren für Toni eine Qual.
Wenn seine Ex sich in das Badezimmer verkroch, wo sie fröhlich laute Musik aufdrehte, sich ausgiebig duschte, zwischen den Beinen rasierte, sich sexy auftakelte und auf ihren hochhakigen Stiefeln zur Haustür raus marschierte…..zu ihrem Neuen….
Das tat weh.

Aber während Toni nun so einen Tag nach Halloween plan- und rastlos in seinem Wohnzimmer saß, bemerkte er, dass auch seine Flammen im Herzen erloschen waren. Vielleicht hier und da nur noch ein paar glühende Kohlen, eingeschmolzen in sein vernarbtes Herz.

Seit dem Becci ihn drei Monate zuvor von heute auf morgen mit einem anderen Kerl betrog und Toni abserviert hatte, durchforstete er das Internet und die Zeitungen täglich nach Wohnungsangeboten. Es musste dringend eine räumliche Trennung her.
Je länger er in Beccis Radius verblieb, desto geringer würden die Chancen ausfallen, dass sie Ihre Tat bereuen und zu ihm zurückkehren würde.
Aber wollte Toni das überhaupt?
Wollte er eine Frau wiederhaben, die ihn in 13 Jahren Beziehung immer wieder betrogen, angelogen und abgestoßen hatte, als wäre er ein abgenutztes Kleidungsstück, an das man irgendwie hängt, es aber eigentlich schon seit Jahren in die Mülltonne werfen wollte?
Wollte Toni das?

Er steckte sich wieder eine Zigarette an –die elfte, oder zwölfte, an diesem Morgen- und nahm einen Schluck des kalt gewordenen Kaffees. Verdammt…alles war erkaltet.

Der Crosstrainer stand in der Ecke des Raumes….ein monströses Gerät, das wie ein Roboter aus einer anderen Dimension wirkte. Daneben die Hantelbank und die vielen Gewichte.
Eigentlich wäre nun der beste Zeitpunkt für eine Runde Training gewesen. Aber Toni hatte keine Lust, seine kalten Muskeln auf Temperatur zu bringen und diese mit seiner verrauchten Lunge mit Sauerstoff zu versorgen. Außerdem hatte er am Vorabend eine halbe Flasche Whiskey gesoffen.
Stattdessen lauschten seine Ohren nach Geräuschen aus dem Schlafzimmer, aber mehr als ein leises Flüstern konnten sie nicht vernehmen. Vielleicht der Fernseher.

„Dieses Luder schaut Fernseher, hört Musik, poppt sich durch die Gegend und erfreut sich ihres Lebens, nach allem, was sie mir angetan hat. Und ich sitze hier, verlassen und einsam, und bin erstarrt.“, dachte sich Toni.

Es war nicht so, dass Toni völlig bewegungslos in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen wäre. Keineswegs.
Er hatte sich vor einem Monat einen neuen Job besorgt, ging hier und da mit einigen Freunden (Freunde…na ja) raus, machte hin und wieder auch neue Frauenbekanntschaften, trieb Sport und hatte abgenommen.
Aber das alles tat er nicht freiwillig. Es waren stattdessen Aktionen der Verzweiflung, die sich nicht unbedingt gut anfühlten und am Ende des Tages keine Früchte trugen.
Als würde man voller Fleiß ein Haus bauen, das am Ende unbewohnbar wäre, aus welchen Gründen auch immer.

Erst am letzten Wochenende wurde Toni in der Diskothek von einem Mädchen angetanzt, die ihren Hintern in seine Lenden presste und ihm zum Schluss auf der Toilette den Kolben poliert hatte. Und dennoch ging Toni am nächsten morgen alleine nach Hause und schlief alleine auf seiner unbequemen Couch, während seine EX fast jeden Abend in trauter Zweisamkeit mit ihrem Neuen schlief.
Und waren die letzten Monate (nach dem vorletzten Betrug am Halloween ein Jahr zuvor) nicht gut gewesen?
Verdammt, es waren die besten Monate gewesen, die Toni und Becci in den ganzen verfluchten 13 Jahren erlebt hatten.
Das erste mal hatten sie beide gut bezahlte Jobs, unternahmen ständig irgendwelche Ausflüge, amüsierten sich abends mit Mini-Partys, wo sie selbst gemachte Cocktails tranken, Musik hörten und tanzten.
Und der Sex war monströs. Noch nie hatten sie je zuvor so viele Schweinereien gemacht, wie in den letzten Monaten.
Warum zum Teufel musste sie mit einem Fingerschnippen diese schöne Zeit beenden?
Toni fragte sich das immer wieder, aber so langsam begriff er, was er für sie war: ein abgenutztes Kleidungsstück.
Da konnte er noch so viel abnehmen, gut aussehen und viel Geld verdienen.
Schließlich kann man eine abgetragene Unterhose nicht immer wieder neu flicken und tragen. Kann man schon, aber will keiner.

Geräusche aus dem Treppenflur. Es waren die Nachbarn, die sich gerade beim Auszug befanden. Seltsamerweise zogen gerade viele Nachbarn weg.
Und obwohl Toni mit seiner Ex vereinbart hatte, dass ER sich eine Wohnung suchte, schien es eher so, als ob Becci die Wohnung langsam verließ. Schließlich war sie kaum noch da, und kümmerte sich auch nicht mehr um das Saubermachen, um die Pflanzen, oder um irgendetwas.

Es war seltsamerweise so, als ob Toni von allen Seiten verlassen worden wäre.

„Wohin, an diesem Feiertag? Wohin soll die Reise führen?“
Er dachte an seinen neuen Job. Der dritte, den er in den letzten 1,5 Jahren gewechselt hatte. LKW Fahren war nicht so toll, wie er sich einst vorgestellt hatte. Und jetzt, bei der Müllabfuhr zu arbeiten, kotzte ihn auch irgendwie an.
Alles kotzte ihn an.

Die kalte Novemberluft trug das Rauschen der nahe gelegenen Autobahn mit sich durch das offene Fenster.
Aus dem Schlafzimmer drangen kaum noch Geräusche. Nicht mal mehr das leise Flüstern des Fernsehers.
Ohne genau zu wissen, was der heutige Tag mit sich bringen würde, rappelte sich Toni auf, machte sich mit ein paar Schattenboxübungen warm, und begann, seine Beine zu trainieren. Dabei wuchtete er die schwere Hantelstange hoch, über seinen Kopf hinweg, legte sie auf seinen Schultern ab, und begann mit Kniebeugen.
Das kalte Metall auf seiner Haut, die gut trainierten, aber faulen Beinmuskeln, die ächzenden Knochen und Gelenke….das alles kotzte ihn an.
Er legte sich auf seine Hantelbank und machte Bankdrücken. Seine Handgelenke fühlten sich an, als würden sie jederzeit wie Streichhölzer brechen. Und dennoch…immer weiter, er musste pumpen, was sollte er sonst tun?
Die Zeit rumkriegen, in Form bleiben, und darauf hoffen, dass er irgendwann zufällig eine neue Partnerin kennen lernte, die ihr Leben mit ihm verbringen würde.
Oder alternativ würde es zu einer Alien-Invasion kommen, oder einem Weltkrieg. Dann hätte das Leben zumindest wieder einen brandaktuellen und sofortigen Sinn…nämlich, das Überleben selbst.

Dann würde Tonis Herz vielleicht wieder in Flammen stehen, diesmal aus der Liebe zum Leben heraus.
Anstatt ein Haus zu bauen, in dem niemand wohnen wird.

Nach einem Zwanzigminütigen Lauf auf dem Crosstrainer zum Abschluss, begab sich Toni mit seinem schweißgebadeten Körper vor dem großen Spiegel, den seine Ex vor einigen Monaten gekauft und in das Wohnzimmer gestellt hatte.
Er betrachtete seinen Körper. Seine athletischen Schultern, die muskulösen Arme und Schenkel, die Bauchmuskeln, die sich nur ganz zaghaft unter dem restlichen Bauchspeck abzeichneten. Sein hängender Unterbauch, der sich nach dem Gewichtsverlust von 42 kg nie wieder zurückbilden würde.
Seine eigenen Augen, die traurig und leblos dumm aus der Wäsche glotzten und sich mit zwei hübschen, violetten Augenringen schmückten.

Wer war dieser Kerl? Würde ich so jemanden mögen?
Toni dachte sich: „Ja. Ich würde ihn mögen. Aber nur, weil ich ihn kenne. Weil es dem Typen im Spiegel genauso mies geht, wie mir. Mann, eigentlich sollten wir beste Freunde werden. Gemeinsam ausgehen, ein Bierchen trinken, Frauen anquatschen.“

Toni ging ins Bad.
Was er nicht sah, war, dass sein Spiegelbild für einige Sekunden stehen blieb, und ihm hinterher blickte, bevor auch er in Richtung Badezimmer ging.

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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag03.11.2018 21:56
Re: Ohne Titel
von Heidi
Antworten mit Zitat

Hallo Catalano,

Catalano hat Folgendes geschrieben:
Hallo Leute,

ich habe schon lange nichts mehr geschrieben, oder gelesen.
Und heute morgen habe ich angefangen, so einen kleinen, belanglosen Text zuschreiben, der meine momentane Situation widerspiegelt.


au wei, das finde ich traurig.

Zum Text: Deine Figur kämpft sich quasi mit Hanteln durch sein Dilemma. Insgesamt fände ich es besser, wenn die Gefühle mehr rauskommen würden. Warum zeigt Toni keinen Hass (bzw. Abneigungsgefühle), wo Hass angebracht wäre? Irgendwie hasst er sie ja, oder vor allem seine ausweglose Situation, aber er nimmt eine sehr passive Rolle ein. Wären da nicht die Hanteln, dann wäre da nix mit Kampf, sondern eher depressive Verstimmung.
Den monströsen Sex könnte er auch mit der einen Frau aus der Disko haben, aber er hat keinen Sex (wobei auf´m Klo, da tun sies doch, oder?), weil er Becci noch liebt? Das wird so gar nicht thematisiert. Leider.

Hm ... insgesamt ist der Text noch unausgegoren, obwohl ich den teilnahmslosen Erzählstil mag. Irgendwie ist Toni einiges egal, aber im Grunde dann doch nicht. Vielleicht wäre Hass auch zu viel. Ich weiß es nicht.

Gern hab ich den Text nicht gelesen, der Inhalt ist doch recht niederschmetternd, also nicht nachhaltig niederschmetternd sondern auf der persönlichen Ebene, mein ich, aber ich hab ihn gelesen. Bis zum bitteren Ende. Ach ja, das Ende. Dieses Spiegelbild, warum bleibt es stehen und guckt Toni hinterher? Weil er sich fragt, ob es überhaupt möglich ist, ihn zu mögen? Ob er es wert ist, geliebt zu werden?
Eigentlich spannend vom Ansatz her, aber wie gesagt, insgesamt noch nicht ausgegoren. Es fehlt mir etwas Konkretes, der Bezug. Da ist mehr drin in der Story, was rauskönnte.

Liebe Grüße
Heidi
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Gast







Beitrag04.11.2018 01:31

von Gast
Antworten mit Zitat

Gelöscht
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Catalano
Geschlecht:männlichLeseratte
C

Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag06.11.2018 20:08

von Catalano
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke Heidi für dein Feedback.

Diese Story ist vom Inhalt her 1:1 real gewesen, an dem Tag, an dem ich sie schrieb. Vielleicht ist sie deswegen vom Inhalt her nicht ausgegoren, oder uninteressant.

Außer das Spiegelbild, das stehen blieb- war wieder nur ein Hang zum Übersinnlichen:-)

Ich habe sie als Schreibübung geschrieben.
Um zu sehen, ob der Erzählstil und die Formulierungen noch gut ankommen.
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SannyB
Geschlecht:weiblichLeseratte
S


Beiträge: 174
Wohnort: BaWü


S
Beitrag08.11.2018 21:15
Re: Ohne Titel
von SannyB
Antworten mit Zitat

Hallo Catalano,

Das Ende ist interessant, da denkt man sich, es kann spannend und übersinnlich weitergehen.

Sonst stimme ich Heidi zu. Zwei Stellen sind mir noch aufgefallen:

Catalano hat Folgendes geschrieben:
Seit dem Becci ihn drei Monate zuvor von heute auf morgen mit einem anderen Kerl betrog und Toni abserviert hatte,

Der Satzteil ist seltsam, etwas zu kompliziert. Folgendes wäre runder: "Seitdem Becci ihn vor drei Monate mit einem anderen Kerl betrogen und von heute auf morgen abserviert hatte,"

Catalano hat Folgendes geschrieben:
Er steckte sich wieder eine Zigarette an –die elfte, oder zwölfte, an diesem Morgen- und nahm einen Schluck des kalt gewordenen Kaffees. Verdammt…alles war erkaltet.

"Verdammt…alles war erkaltet." <-- Find ich gut! Zeigt ein bisschen was, von Tonis Gefühlen.

Viele Grüße,
Sanny
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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 44
Beiträge: 1403
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag08.11.2018 21:30
Re: Ohne Titel
von Kiara
Antworten mit Zitat

SannyB hat Folgendes geschrieben:

Catalano hat Folgendes geschrieben:
Er steckte sich wieder eine Zigarette an –die elfte, oder zwölfte, an diesem Morgen- und nahm einen Schluck des kalt gewordenen Kaffees. Verdammt…alles war erkaltet.

"Verdammt…alles war erkaltet." <-- Find ich gut! Zeigt ein bisschen was, von Tonis Gefühlen.
Sanny


Ich würde in diesem Fall sogar die Wörter "kalt gewordenen Kaffees" weglassen und durch "Kaffee" ersetzen. Dann passt es immer noch und das Wort "kalt" wird nicht wiederholt.
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Catalano
Geschlecht:männlichLeseratte
C

Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag09.11.2018 19:56

von Catalano
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke Leute. Die Tipps zu dem "Kaffee Satz" sind wirklich gut. Auf sowas sollte man achten.

Nun habe ich hier eine Fortsetzung geschrieben. Keine Ahnung, ob das jemanden interessiert. Aber für mich wird es interessant, auch wenn ich nicht genau weiß, wohin die Reise führt.

Zu 70 % ist das wieder 1:1 mein reales Erleben. Bis auf das Übersinnliche:

Das Radio in dem Orangefarbenen LKW verkündete, dass der Spätsommer noch einmal zurückkehren würde. Mit Temperaturen von bis zu über zwanzig Grad!
Und das einige Tage nach der Eiseskälte an Halloween.
„Sind die denn jetzt vollkommen übergeschnappt, oder was?“, sagte Toni zu seinem Beifahrer.
„Wen meinst du?“
„Na….die, die das Wetter machen.“
Das sollte ein Scherz sein. Aber Tonis Beifahrer antwortete nicht und stieg aus, um die nächsten Mülltonnen zu leeren.
Toni blieb sitzen, wischte sich den Schweiß von der Stirn und beobachtete seinen rund zehn Jahre älteren Lader in der Rückfahrkamera, wie der die Eimer hinten an den Müllwagen zerrte.
Ein humorloser, mürrischer Typ, dieser Michael. Mit einem schweinsartigen Gesicht und einer dicken Wampe.
Ja und? Dafür ist er glücklich verheiratet. Und du bist einsam, Junge!
Da musste Toni seinen eigenen Gedanken Recht geben.

Er sinnierte darüber, wie sich die Erde in den letzten Jahren erwärmt hatte. So, wie er die Jahreszeiten in seiner Kindheit erlebt hatte, gab es sie nicht mehr. Als seien die nur noch beiläufige Tatsachen aus längst verblassten Träumen. Reine Fiktion.
Die Welt war auf dem Kopf gestellt. Es gab keine Winter mehr.
Und genauso wenig gab es Moral, Anstand, oder Treue.
Alles Werte, die ihm als Kind geradezu eingetrichtert worden waren.
„So einen Scheiß gibt es nicht“, flüsterte er vor sich her.
„Was hast du gesagt“?
Michael saß wieder neben ihm im LKW.

Um Kurz nach 15 Uhr schloss Toni die Haustür zu seiner Wohnung auf. Sie war zweifach abgeschlossen, was bedeutete, dass seine EX in der Zwischenzeit noch nicht nach Hause gekommen war. Das war gut.
Mit einer einzigen Banane vom Vormittag im Magen, machte sich Toni daran, die Gewichte zu stemmen. Schultern, Brust, Beine, Bauch…die Arme würde er morgen trainieren, da ihm von dieser elenden Diät bereits schwarz vor Augen wurde.
Er betrachtete sich noch kurz im Spiegel, spannte seine Muskeln an und stellte mit einer Mischung aus Euphorie und Niedergeschlagenheit fest, dass er eine krasse Wandlung durchgemacht hatte, aber sein Körper nie wieder so aussehen würde, wie es vom lieben Gott vorgesehen war.
Er ging in die Küche, um sich einen Protein-Shake zu machen.

Während er das Eiweißpulver in einen Plastikbecher füllte, ließ ihn ein Knallen zusammenzucken.
Die Haustür. Becci kommt nach Hause.

Doch keine Becci in Sicht.
„Besser so“, sagte er sich.

Dann wieder ein Knallen. Es kam aus dem Wohnzimmer. Dieser elende Verschlag, in dem Toni derzeit haust und hin und wieder seine Erlebnisse niederschreibt und einer Internetcommunity zur Verfügung stellt, um sich emotional zu erleichtern (danke Heide, sanny und Kiara), dachte er sich.
Er ging, nackt wie er war, ins Wohnzimmer, und als er um den Türrahmen spähte, blieb er mit geweiteten Augen stehen.
Der große Spiegel, den Becci damals gekauft hatte, war zerberstet.
Zwar lagen keine Splitter auf dem Boden, aber die Oberfläche bildete ein Mosaik aus vielen glitzernden Diamanten.
Unmöglich.
Wie kann das sein?
Eine Art Spannung? Die Wärme der letzten Tage?


Tonis Gehirn suchte in Sekundenbruchteilen nach einer logischen Erklärung, während sein Unterbewusstsein ihm sagte, dass es Blödsinn sei. Genauso ein Unfug, wie Moral, Anstand und Treue.
Die Welt ist auf dem Kopf gestellt.
Es gibt keine beidseitige Treue. Nur einseitig.
Und es gibt für die nächsten Jahre keine Winter mehr, so, wie damals.
Und Spiegel können fortan einfach so zerbrechen.

Und wenn man in die Splitter hineinschaut, sieht man nicht sein eigenes Spiegelbild, sondern sich selbst hinter einem stehen.
Das eigene Ich, wie es einem emotionslos über die Schulter blickt.

Toni wagte es nicht zu schreien.
Er drehte sich um, sah für einen kurzen Moment eine Person hinter ihm stehen, die so aussah, wie er selbst. Nackt, Muskel bepackt, mit einem kleinen, hängenden Bäuchlein, traurig dreinblickend aus grünen Augen.

Dann rannte er in den Flur, riss die Haustür auf und war gerade im Begriff, mit seinem baren Hintern und Pimmel in den Hausflur zu rennen, als er sich bremsen konnte.
Er machte die Haustür wieder leise zu und rang nach Atemluft.

Da war niemand im Wohnzimmer.
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SannyB
Geschlecht:weiblichLeseratte
S


Beiträge: 174
Wohnort: BaWü


S
Beitrag10.11.2018 13:50

von SannyB
Antworten mit Zitat

Hallo Catalano,

der übersinnliche Teil mit dem Spiegel und den knallenden Türen macht den Text interessant. Und das Ende entbehrt nicht an Komik. Smile

Zwei Anmerkungen:

zerberstet => zerborsten

Catalano hat Folgendes geschrieben:
Dieser elende Verschlag, in dem Toni derzeit haust und hin und wieder seine Erlebnisse niederschreibt und einer Internetcommunity zur Verfügung stellt, um sich emotional zu erleichtern  (danke Heide, sanny und Kiara), dachte er sich.

Gern geschehen.
Mit diesem Satz wechselst Du jedoch plötzlich in die Gegenwartsform, und durch das nennen des eigenen Namens dem, was er selbst denkt, in die externe Perspektive über sich selbst. Besser wäre "Er ärgerte sich über den elenden Verschlag, in dem er derzeit hauste und hin und wieder seine Erlebnisse niederschrieb und einer Internetcommunity zur Verfügung stellte, um sich emotional zu erleichtern." Wobei dieser Satz irgendwie das Geschehen bricht. Vielleicht zusätzlich kürzen zu: "Er ärgerte sich über den elenden Verschlag, in dem er derzeit hauste, trainierte und hin und wieder schrieb, um sich emotional zu erleichtern."

Grüße,
Sanny
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