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Rot


 
 
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Catalano
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Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag29.01.2016 13:27
Rot
von Catalano
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Um 13:55 Uhr war ich mit den Vorbereitungen fertig und stand vor dem letzten großen Schritt, mit dem ich Sina entweder helfen, oder endgültig ruinieren würde. Die Chancen für beides standen Fünfzig zu Fünfzig – oder genauer gesagt: jeweils zu 46, 8 %.
Aber für einen Rückzieher war es bereits zu spät, denn den Wahnsinn, den ich im Zuge der Vorbereitungen begonnen hatte, konnte ich nicht mehr so leicht ungeschehen machen.
Ich fühlte mich, als hätte ich gerade einen Mord begangen, oder eine Bank überfallen, und stünde nun kurz davor, mich erfolgreich aus der Sache hinaus zu manövrieren, oder kläglich und schmerzlich zu scheitern. Der Schweiß stand mir auf der Stirn und meine Beine wurden zu Gummi, als ich an den Tisch herantrat.

Um punkt sechs Uhr morgens begann das ganze Spektakel, das ich zwar in meinen Tagträumen seit Wochen durchgegangen bin, aber erst drei Tage zuvor ernsthaft geplant hatte. Ich konnte Sinas Unmut, ihren ständig traurigen Blick, ihre Lieblosigkeit und die subtilen Vorwürfe nicht mehr ertragen. Verdammt, ich konnte ihr ewiges Gejammer nicht mehr ausstehen, so sehr ich sie liebte (liebte ich sie wirklich?). Und das Schlimmste war, dass ich einen Haufen Schuld an ihrer Lage hatte.
Ich erkläre es so kurz wie möglich: Sina hatte Schulden bei der Bank. Wie es dazu kam, ist nebensächlich, aber ich kann bestätigen, dass es nicht ihre Schuld war – und meine auch nicht (zumindest Anfangs nicht). Manchmal läuft eben alles schief im Leben. Allerdings habe ich ihr immer versichert, dass ich ihr beistehen und helfen würde, die Schulden ab zu tragen. Leider war ich nicht immer der arbeitstüchtigste Mensch und die wenigen Jobs, die ich hatte, habe ich meistens nach nur wenigen Monaten hin geschmissen. Und da lag ich fauler Sack mit meiner dicken Wampe nicht nur ständig auf dem Sofa, sondern auch auf Sinas Tasche. Mein enormer Tabak- und Alkoholkonsum machte die Sache nicht besser.
Und so kamen wir mit den Raten für den Kredit nicht mehr hinterher. Inzwischen war ihr Schuldenberg auf knapp zwanzigtausend Euro herangewachsen, obwohl sie einen sicheren Job hatte, von dem sie sich aber nichts leisten konnte. Sie arbeitete wie ein Tier, versuchte, das wenige Hab und Gut zusammenzuhalten, und ich Arschloch habe immer nur gesagt: „Nächste Woche kümmere ich mich um Arbeit, versprochen.“ Von wegen.

Irgendwann fing ich an darüber nachzudenken, wie ich uns beiden (vor allem ihr) helfen könnte, ohne mich großartig abmühen zu müssen, und begann, mir die nächste kostspielige Sucht einzuheimsen. Ich ging in die Spielhalle und fütterte die Automaten. Wenn ich an einen Tag mal dreißig, oder vierzig Euro gewonnen hatte, habe ich die zwei Tage später wieder eingebüßt – plus weiteres, von Sina sauer verdientes Geld.
Aber ich kam dadurch auf die Wahnsinnsidee, die mir noch heute Herzrasen bereitet, wenn ich darüber nachdenke.

Am Tag X um sechs Uhr habe ich Sina mit dem Auto zur Arbeit gebracht, unter dem Vorwand, das Auto zu benötigen, um mich im Industriegebiet nach Jobs zu erkundigen. Wenn sie gewusst hätte, um was für einen Job ich mich in Wirklichkeit bemühte, hätte sie mich für geisteskrank gehalten.
Ich lieferte sie beim Postamt ab, bekam einen kalten, lieblosen Kuss auf meine unrasierte Wange und so verabschiedete sie sich von mir. „Ciao, bis später. Um Drei kannst du mich abholen“, sagte sie.
Ich dachte mir im Inneren: „Du solltest dich lieber von deinem Wagen verabschieden. Vielleicht siehst du ihn nie wieder.“
Die Vorstellung darüber, dass genau das eintreffen konnte, ließ mich erschaudern.
Kurz darauf jagte ich mit dem Wagen wieder nach Hause, hastete in unsere Wohnung und durchwühlte Sinas Schrankseite. Unter einem Berg von Klamotten – der für eine hübsche Frau, wie sie, ziemlich klein war – fand ich, was ich suchte: die kleine Schatulle mit dem Erbschmuck ihrer Großmutter; ein paar hässliche, dicke Goldketten, Goldarmreife und Ringe mit Edelsteinen, die nur alten Frauen hätten gefallen können. Ich wusste zumindest von einem Ring, dass dessen Edelstein ein echter Rubin war und das Gold war ebenfalls echt. Sina hatte sich immer strickt geweigert, die Sachen zu verkaufen, denn sie bedeuteten ihr sehr viel, und den Schuldenberg hätte sie damit niemals tilgen können.
Wenn mein Plan gut liefe, würde sie niemals erfahren, dass sie um ein Haar ihre geliebten, hässlichen Klunker verloren hätte.
Ich packte den Kram samt Schatulle in einen Einkaufsbeutel und machte mich daran, ihr Sparbuch und ihre EC Karte einzupacken, als mir kotzübel wurde.
Noch ist es nicht zu spät, ich kann einen Rückzieher machen und mir diesen Schwachsinn aus dem Kopf schlagen, dachte ich mir. Aber manchmal trifft man Entscheidungen schon weit im Voraus, und weit im Innersten, ohne es zu wissen. Ich konnte nicht mehr anders, und das Schlug mir auf den Magen. Anstatt mich aber zu übergeben, trank ich auf die Schnelle noch einen Kaffee und qualmte eine Zigarette, um mir die nächsten Schritte noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Dann war der Schweiß auf meiner Stirn kalt geworden und ich war bereit.

Nur einige Minuten später hob ich das gesamte Geld von Sinas Sparbuch ab – knapp ein Tausender –, und danach plünderte ich ihr Konto, auf dem sich noch ein paar hundert Kröten befanden. Mir ging die Vorstellung durch den Kopf, ich wäre einer dieser schmierigen Betrüger, die Frauen die große Liebe vorspielen, um sie dann wie Gänse aus zunehmen. Der Gedanke war lustig, aber ich war keiner dieser Typen. Ich habe Sina aufrichtig geliebt … obwohl…

Meine nächste Station war das Pfandleihhaus in der Stadt, bei dem ich schon viele Jahre
zuvor meine damalige Goldkette verpfändet hatte. Ich wusste nicht, ob die Goldpreise seither gesunken, oder gestiegen waren, hoffte aber auf das Letztere und meine Hoffnung erfüllte sich. Ich verpfändete Sinas Erbschmuck und war überrascht, wie viel der schmuddelige Goldklunker brachte. Fast zweitausend Euro. Allerdings sparte ich mir die Freude für den unwahrscheinlichen Fall auf, dass mein Vorhaben gelingen würde. Den Pfandschein faltete ich zusammen und legte ihn in Sinas Sparbuch, das ich in meiner Brusttasche hütete.
Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man in Eile ist. Es war bereits kurz vor Mittag und mir stand der größte Brocken noch bevor. Ich hatte nichts im Magen, außer Kaffee, und mir wurde wieder übel. Seltsamerweise halfen mir die Zigaretten darüber hinweg, denn sie beruhigten mich ein wenig. Aber im Auto wollte ich jetzt nicht mehr rauchen, um es einiger Maßen frisch zu halten.
Ich eilte zur nächsten Tankstelle, saugte den Wagen aus und spendierte ihm eine Wäsche in der Waschanlage. Danach sah er wieder ganz passabel aus. Eigentlich wollte ich auch noch die Fenster reinigen, aber dazu hatte ich keine Nerven mehr und schmiss die Flasche mit dem Reinigungswasser und die Putzlumpen in den Mülleimer.
Der Verkehr hielt sich in Grenzen und ich schaffte es in zwanzig Minuten, den Autopfandleiher in meinem Stadtteil zu erreichen. Das war ein kleiner, dicker Türke mit einem fetteren Schmierbauch, als meinen, aber er kam zunächst wenigstens schnell zur Sache.
„Vier kann ich dir dafür geben“, sagte er.
Ich verstand nicht recht: „Vier was? Viertausend?“
„Vierhundert, mein Junge.“
Als er das sagte, drehte sich alles in meinem Kopf und mein Wahnsinnsplan zerfloss wie der Schweiß in meinen Handflächen. Ich konnte in der Fensterscheibe von Sinas Wagen mein Spiegelbild erkennen und sah selbst, wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht flöten ging.
Vierhundert Euro für einen gepflegten, vier Jahre alten Ford Focus … unbegreiflich.
Nachdem der Pfandleiher sah, wie getroffen ich war, brach er in schallendes Gelächter aus und schlug mir väterlich auf die Schulter.
„Das war Spaß, Junge. Viertausend Euro kann ich dir für den Wagen als Leihpreis geben, Fünftausend, wenn du ihn mir verkaufst.“
Ich erholte mich von dem Schock und meine Atmung beruhigte sich wieder.
Soso, der Kerl war also zu Scherzen aufgelegt. Genau das hatte mir noch gefehlt an diesem Tag, an dem mein Herz ohnehin schon bis zum Anschlag pochte und ich mich fragen musste, ob ich denn meinen Verstand verloren hätte.
Viertausend war in etwa die Summe, die ich zu hören erwartet hatte, also versuchte ich noch ein wenig mehr raus zu schlagen. Ich versuchte nicht, mich geschickt anzustellen, oder meine Verhandlungskünste spielen zu lassen. Ich fühlte mich an dem Tag wie ein elender Wahnsinniger; ein Typ, dem es sichtlich schlecht ging. Das merkte der Autopfandleiher, es war immerhin nicht zu übersehen: Kreidebleiches Gesicht, kalter Schweiß auf der Stirn, schwarze Augenringe und ein altmodisches Sakko, dass mir definitiv zu klein war. Und ich wollte, dass er es merkt, dass er ein wenig Mitleid mit mir haben würde.
„Vier Fünf kann ich dir geben, aber mehr geht nicht. Ich muss daran schließlich auch verdienen, falls du den Wagen nicht wieder abholst.“
Selbst viertausendfünfhundert Euro waren noch viel zu wenig für den Wagen gewesen, aber hier handelte es sich schließlich um einen Pfandkredit, und nicht, um einen Verkauf. Also reichte ihm meine nasse Hand hin und er ergriff sie.

In meinen Tagträumen hatte ich mich nach dieser Aktion immer im Auto sitzen und das Geld zählen sehen, dass ich bis dahin zusammengekratzt hatte. Dabei hatte ich offensichtlich vergessen, dass ich nach dieser Etappe zu Fuß unterwegs sein würde.
Mein vorerst letztes Ziel lag in der Stadt, und ich hätte mit dem Bus und der S Bahn mindestens eine dreiviertel Stunde benötigt, um dort hinzukommen.
Also versteckte ich mich in eine Ecke und zählte meine bisherigen Einnahmen.
Ich trug in Zahlen 10575 Euro bei mir, die ich sofort wieder in der Brusttasche meines dämlichen, alten Sakkos verstaute, der mir schief am Körper hing. Es gab einen guten Grund, warum ich diesen alten Fetzen wieder aus meinem Kleiderschrank gegraben hatte – denn der Ort der Entscheidung verlangte eine nicht zu sportliche Garderobe.
Als ich Sina am Morgen zur Arbeit gefahren hatte, lag der Sakko noch verborgen unter meiner dicken Winterjacke, sodass sie ihn nicht sehen konnte. Die Winterjacke hatte ich im Kofferraum des Wagens zurückgelassen – die würde der dicke Türke sicherlich einem seiner Söhne schenken.

Zehntausend waren mein Ziel, und da ich etwas mehr übrig hatte, leistete ich mir ein Taxi, denn ich wollte noch vor Sinas Feierabend alles erledigt haben.
Der Fahrer lieferte mich bis zum Eingangsbereich des alten, aber hübschen Gebäudes, zu dem ich wollte.
In großen, goldenen Lettern stand WESTSPIEL über der Eingangstür aus Glas. Ich hatte mich zwar über diesen Schuppen im Internet erkundigt, war aber noch nie da gewesen. Bis dahin habe ich, wie so viele andere arme Teufel, mein Geld (Sinas Geld) in die Automaten der Spielhallen geworfen, von denen ich allerdings genau wusste, dass die darauf programmiert waren, dem gemeinen Spielsüchtigen das letzte Hemd abzuknöpfen. Einige Leute hatten nicht nur ihr Geld, sondern auch ihre Würde durch den Geldschlitz in die Automaten gestopft.
Hier gab es aber ein Spiel, das nicht programmiert war. Ein Glücksspiel, das aus einem Tisch, einem Kessel, einer kleinen weißen Kugel und einem echten Croupier bestand. Ein faires Spiel, wie es überall im Internet hieß.
Ich atmete tief durch und betrat das Spielcasino.

In meinen vorherigen Gedanken hatte ich mir ausgemalt, dass ich zunächst wie ein Grünschnabel dort rumirren und eine der Bedienungen um Rat und Hilfe fragen würde. Aber dem war nicht so. Ich erblickte in dem hübschen, großen Saal sofort die Roulettetische, den Schalter, an dem man Geld gegen Chips eintauschen konnte und erfreulicherweise war um die Uhrzeit das Casino relativ leer. Einige ältere Herren und Damen verzockten ihre Kohle an den wenigen Automaten, die es dort gab. Ein paar Leute versuchten sich auch an Black Jack, aber die Roulettetische waren alle leer, bis auf einen, an dem ein gelangweilter, junger Croupier stand.
Der Kerl war ungefähr in meinem Alter, wirkte aber jünger, gepflegter, frischer. Er tippte heimlich auf seinem Smartphone rum, das er nur unauffällig einige Zentimeter aus seiner Hosentasche zog.
Ich ging zu der Dame am Schalter, griff in meine Innentasche und holte den Batzen Geld hervor.
„Was zum Teufel tust du da? Bist du nicht mehr ganz dicht? Bist du vielleicht zurückgeblieben, oder hat dir der Alkohol das Gehirn zerstört?“, sagte ich mir innerlich selbst. Aber mein Körper war ein Roboter, programmiert von einem Ich, das wagemutig und dämlich zugleich war. Ich legte 10000 Euro auf den Tresen und die recht hübsche junge Dame riss die Augen weit auf.
„Können Sie mir dafür Chips für den Roulettetisch geben?“, fragte ich sie.
Sie musterte mich mit blauen, skeptischen Augen und ließ ihren Blick über mein hässliches, schwarzes Sakko gleiten. Vielleicht hat sie auch den Fleck auf meinem Hemdkragen bemerkt, jedenfalls sah sie mich an, als wäre ich ein Penner, der zufällig viel Geld dabei hatte.
Ich befürchtete schon, dass sie Sperenzchen machen und ihrem Chef, oder irgendeinem Sicherheitsdienst bescheid sagen würde. Aber das war ein Spielcasino, und ich wusste aus dem Internet, dass das Tischlimit bei exakt 10000 Euro lag. Also hatte sie keinen Grund gehabt, mich länger aufzuhalten.
„Sind Sie sich sicher?“, fragte sie mich und ich sah sie verständnislos an.
„Das müssen wir fragen, wenn jemand mit so viel Geld spielen will“, fügte sie hinzu.
„Ja, bin mir sicher.“
Dann gab sie mir jede Menge bunter Chips heraus und kassierte das Geld, das ich aus Sinas Hab und Gut gezaubert hatte, ein.
Ich wollte keine Zeit verlieren, nahm mir nicht mal einige Sekunden, um die Plastikchips zu studieren. Mein Weg führte mich geradewegs zum Rouletttisch mit dem dunkelhaarigen Schnösel, der mich mit einem gestellten Lächeln ansah und sein Smartphone in seiner Hosentasche verschwinden ließ.

Er grüßte mich freundlich, ich nickte ihm nur zu und blieb zwei, drei Schritte von dem Tisch entfernt. Jetzt wurde mir erst so richtig übel. Ich stellte wieder fest, wie irre diese Sache eigentlich war.
Das darf nicht wahr sein, sagte ich mir.
Du wirst alles verlieren und Sina in ein Unglück stürzen, sagte ich mir.
Es ist noch nicht zu spät, die Karre und den Goldklunker wieder zuholen und die Sache ungeschehen zu machen, schwing deinen Arsch hier raus, sagte ich mir.
Aber ich konnte nicht mehr anders.
Ein letzter Blick auf meine Uhr, die mir sagte, es wäre 13:55 Uhr, und ich trat an den Tisch heran. Dann legte ich alle meine Chips auf die Farbe Rot.
Warum eigentlich Rot, und nicht Schwarz? Das wusste ich selbst nicht so genau, aber in meinen Tagträumen hatte ich mich nun mal immer auf Rot setzen sehen und daran hielt ich mich auch.
Als der junge Schnösel sah, dass ich Chips im Wert von zehntausend Euro auf das Spielfeld mit dem roten Karo legte, klappte ihm die Kinnlade auf.
Er fragte die obligatorische Frage: „Sind Sie sich sicher?“
Ich nickte nur.
„Wollen sie nicht vielleicht erstmal ein, zwei Runden mit kleinen Beträgen spielen? Wenn nämlich zweimal hintereinander die gleiche Farbe fällt, ist es wahrscheinlicher, dass beim dritten Mal die andere Farbe fällt“, sagte er.
Er wusste offensichtlich, dass ich das Spiel zum ersten Mal spielte, und wusste noch sicherer, dass ich kein Typ war, der normalerweise so viel Geld hatte. Man sah mir an, dass ich ein kleiner, abgewrackter Penner war, und solche Leute könnten bei einem Unglück vielleicht auch Probleme bereiten.
Aber er war offensichtlich ebenfalls ein Grünschnabel, vielleicht ein Student, der den Job als Croupier nur nebenbei machte, denn es ist überhaupt nicht wahrscheinlicher, dass beim dritten Mal eine Farbe fällt, wenn  zuvor zweimal die gleiche gefallen war. Die Chancen für jede Farbe stehen bei jeder Runde immer gleich, es kann auch zwanzig Mal hintereinander immer die gleiche Farbe fallen.
Also winkte ich ab und sagte, dass ich mir sicher wäre. Ich wollte diesen Horror so schnell wie möglich beenden.
Der Croupier schluckte und sagte: „Keine Einsätze mehr“, obwohl sonst niemand am Tisch.
Er drehte den Roulettekessel und ließ die kleine, weiße Kugel hineinfallen, und in dem Moment, wachte ich aus meinem Wahn auf. In dem Moment wollte ich alles ungeschehen machen. Ich kam mir vor, als wäre ich aus einem Albtraum in einen realen Horror hinein erwacht. Aber es war zu spät, die Kugel tanzte im Kessel auf und ab, während dieser sich immer langsamer drehte. Sie fiel auf eine schwarze 8, dann auf eine rote 21, und zum Schluss …
Nein, nein, nein, bitte nicht.
Die Kugel fiel gefährlich langsam auf die grüne 0, das so genannte Zero, und mir wurde bewusst, dass ich so eben das Leben meiner Freundin ruiniert hatte, und meins gleich mit. Ich schloss meine Augen und fiel in ein dunkles Loch, wo es keine Gedanken mehr gab – nur tosendes Rauschen, dass eine Katastrophe in meinem Innersten ankündigte.
Dann sagte der Croupier: „27, Rot, Ungerade.“

Ich öffnete die Augen und sah zu erst den Croupier an, weil ich nicht glauben konnte, was er da sagte. Er sah genauso mitgenommen aus, wie ich. Kein frischer junger Kerl mehr, sondern ein Typ, der genauso einen Flattermann hatte, wie ich. Dann grinste er mich ungläubig an und ich blickte in den Kessel. Die Kugel war noch weiter gerollt und lag tatsächlich auf einer roten Zahl. Mein Herz schlug wieder bis zum Anschlag, vor Glück, und mein Schädel tat plötzlich weh, aber das war okay.
Ich hatte soeben zehntausend Euro gewonnen. Meinen Einsatz von zehntausend Euro bekam ich natürlich auch zurück. Und da wurde mir bewusst, was für ein Trottel ich eigentlich war.
Hätte ich jetzt Sinas Hab und Gut wieder eingelöst, ihre Gelder wieder eingezahlt, dann würde nur noch der Gewinn von zehntausend Euro übrig bleiben. Damit hätte sie nur die Hälfte ihrer Schulden tilgen können, und für uns wäre nichts mehr übrig geblieben. Und dafür habe ich mir so viel Stress und Kummer gemacht? Nein, das kann es nicht gewesen sein.
Also setzte ich meinen Gewinn wieder auf Rot. Ab jetzt war ich sicher. Ich hätte jetzt den Gewinn zwar wieder verlieren können, aber Sinas Geld hätte ich sicher behalten.
Der Croupier fragte mich kein weiteres Mal, ob ich mir sicher bin. Er grinste jetzt und schien wieder ganz locker zu sein.
Doch bevor er den Kessel ein weiteres Mal drehte, überlegte ich es mir spontan anders, und setzte den Gewinn nicht auf Rot, sondern auf das letzte Dutzend. In dem Fall würde ich nämlich meinen Gewinn verdreifachen. Der Croupier staunte.

Nachdem er den Kessel wieder gedreht hatte, beobachtete ich die Kugel ganz entspannt, mit einem nur leicht erhöhten Herzschlag, der in meiner Schläfe pulsierte. Das tat weh, aber es war immer noch okay. Und es war noch viel mehr okay, nachdem die Kugel auf die rote 30 landete.
Der Schweiß sickerte von meinen Achseln in das hässliche Sakko, mein Schädel drohte zu explodieren, aber ich fühlte mich wie im Paradies.

Nachdem ich dem Croupier und dem Mädel an der Kasse jeweils Chips im Wert von fünfzig Euro dagelassen hatte, bin ich mit meinem Gewinn in Höhe von dreißigtausend Euro an die Frische Luft gegangen und qualmte eine Zigarette. Ich setzte mich an die Weser und ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen, vergoss ein paar Tränchen und bestellte mir dann wieder ein Taxi.

Um 15:20 Uhr klingelte mein Handy und Sina fragte mich, wo ich denn abbliebe. Da bin ich gerade aus dem Pfandleihhaus gestapft und hatte Sinas Erbschmuck wieder bei mir. Den Wagen hatte ich übrigens zu erst wieder eingelöst. Das Gesicht des dicken Türken war unbezahlbar, als ich nur wenig später wieder auf der Matte stand.
„Hast du ne Bank überfallen, oder was, Junge?“
„So ähnlich“, sagte ich.
Das restliche Geld konnten Sina und ich auch noch später wieder auf ihr Konto und ihr Sparbuch einzahlen. Ich brauchte die Sache jetzt nicht mehr zu verbergen, denn Sina würde sich bestimmt freuen. Sie wäre vielleicht zunächst etwas schockiert über meine Wahnsinnstat, aber letztendlich würde sie sich trotzdem freuen. Keine Schulden mehr und dazu noch zehn Mille extra, womit sie machen konnte, was sie wollte.
„Ich bin gleich da, Schatz, in ein paar Minuten. Hab ne Überraschung für dich.“
„Aha … okay. Da bin ich ja gespannt.“

Ich mach es wieder kurz:
Wir haben uns später getrennt. Die Trennung ging von mir aus.
Als ich Sina abgeholt und erzählt hatte, was ihr fauler, fetter Freund den ganzen Tag so getrieben hat, reagierte sie wie erwartet. Zuerst konnte sie das alles gar nicht glauben, aber dann erhellte sich ihre Stimmung und sie schwebte in den Wolken.
In den folgenden Tagen konnte sie gar nicht oft genug betonen, wie sehr sie mich liebte, und sie zeigte es mir auch körperlich. So guten Sex hatten wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr.
Aber irgendetwas machte mich unglücklich, obwohl ich es genoss, dass Sina wieder ihren Seelenfrieden hatte.
Aber was war es, was mich so bedrückte?
Ich kam einige Tage später drauf, als Sina mir zum tausendsten Mal sagte, wie sehr sie mich liebte. Denn als ich antworten wollte, dass ich sie ebenso sehr liebte, verstummte ich. Ich konnte es nicht mehr sagen, obwohl ich so empfand.
Würde man mich heute fragen, ob ich sie wirklich geliebt habe, würde ich aus dem Bauch heraus sofort mit Ja antworten. Allerdings war ich bereit gewesen, ihr finanziell einen weiteren, riesigen Schaden zuzufügen und sie auch seelisch damit zu verletzen. Ich kann mir sogar gut vorstellen, dass sie sich vielleicht etwas angetan hätte, wenn ich an jenem Tag all ihre Ersparnisse, ihren Erbschmuck und ihr Auto verloren hätte.
Und wenn man jemanden wirklich liebt, setzt man ihn niemals einer solchen Lage aus.

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Catalano
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Beitrag10.02.2016 22:44

von Catalano
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ist die Geschichte echt so kacke?
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Zantje
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Beitrag10.02.2016 23:58

von Zantje
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Hi Catalano,

nö, gar nicht Kacke. Finde ich zumindest.

Ich fand sie sehr sehr spannend, besonders gut, wie man am Anfang auf die Folter gespannt wird, was denn nun an diesem Tag passieren soll. Fand es auch gut, dass er sich am Ende von ihr trennt.
Der Protagonist war so ein bisschen mein Problem. Er ist unsympathisch und du gibst dir auch keine Mühe, ihn sympathisch darzustellen. Er ist aber auch nicht originell. Sprache bzw Denke, alles eher gewöhnlich. Man hätte ihn dann vielleicht wenigstens ein bisschen mehr Arschloch sein lassen können. (Hab ich mir beim Lesen echt gewünscht.) Zynismus. Sarkasmus. Wettern gegen das System und warum man arbeiten muss, obwohl es auf dem Sofa so schön ist. Wer denn Schuld an der ganzen Sache ist, wenn nicht er oder Sina. Irgendwas, was ein bisschen mehr über ihn verrät, als dass er sich von ner unglücklichen Frau aushälten lässt. Oder ne völlig andere Richtung, dass er eigentlich jahrelang Spießer war. (Wobei beide Richtungen hier von mir zu extrem formuliert sind und leicht ins Klischee abgleiten können.)
Und den letzten Absatz fand ich unötig. Da muss der Leser selbst drauf kommen.

So viel von mir,
vielleicht hilft ja das eine oder andere. LG


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Catalano
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Beitrag13.02.2016 21:51

von Catalano
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Danke deiner Antwort Zantje.

Schön, dass es wenigstens ein wenig gefallen hat.

Der Protagonist sollte weder sympathisch, noch unsympathisch wirken. Ein einfacher Typ mit sehr vielen Fehlern, der es aber nicht böse meint.
Allerdings hast du Recht: die Figur ist wenig ausgearbeitet, und mitfühlen mag man wohl auch nicht mit ihr. Ein blasser Charakter der nur dem Zweck diente, diese kurze Geschichte zu erzählen.

Um zu lernen, wie man in einer kurzen Geschichte eine Figur etwas markanter herausarbeiten kann, habe ich daher diese andere Kurzgeschichte geschrieben "Die Augen der Möwen".
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Aneurysm
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Beitrag23.02.2016 17:53

von Aneurysm
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Hi Catalano,
nein, ich finde die Geschichte keineswegs scheiße. Das Thema ist meiner Meinung nach interessant und der Schreibstil ist angenehm. Ich muss mich aber auch Zantje anschließen: Der Protagonist hat nichts Besonderes an sich, ist viel mehr ein Durchschnittstyp. Das könnte ein Grund sein, warum die Geschichte schlechter angekommen ist als "Die Augen der Möwen". Außerdem fiel es mir am Anfang schwer, in die Geschichte reinzukommen. Dennoch hat der Text mir viel Lesespaß bereitet.
Liebe Grüße
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nebenfluss
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Beitrag23.02.2016 18:51

von nebenfluss
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Ich finde die Geschichte für das wenige, was sie zu erzählen hat, deutlich zu lang. Man liest gefühlt zehn-mal, wie wahnsinnig der Typ doch ist, wie sehr er schwitzt und wie bescheiden er angezogen ist. Ich mag's nicht so sehr, wenn Spannung nur dadurch aufgebaut wird, dass man mich hinhält. In einem Berichtstil, den ich nicht als sehr literarisch empfinde, quält man sich durch diesen Tag, muss den Prota überall hinbegleiten, obwohl sich das in wenigen Sätzen hätte abhandeln lassen. Den Gag des "Auto-Pfandleihers" (gibt's diese Bezeichnung wirklich?) finde ich überflüssig - außerdem frage ich mich, warum ein dermaßen abgebranntes Paar einen nur vier Jahre alten Ford Focus fährt und nicht irgendeine Schrottkarre. Auf die Idee, dass sich da etwas Geld einsparen ließe, wäre Sina doch sicher von alleine gekommen.
Am Roulette-Tisch nimmt die Geschichte endlich Fahrt auf. Ich frage mich aber, wenn der Prota so wahnsinnig und latent spielsüchtig ist, woher er dann die Vernunft nimmt, nach zwei Runden aufzuhören und sich mit den 30.000 zufrieden zu geben. Da wäre für mich ein externes Ereignis, das den Prota zum Aufhören und damit szs zu seinem Glück zwingt, plausibler gewesen. Und was soll mir das wechselhafte Verhalten des Croupiers sagen?
Am Ende dann eine seltsame Moral, die ich nicht nachvollziehen kann. Hat der Prota einen Job angenommen und damit das Anwachsen eines weiteren Schuldenberges verhindert? Wie kann er es sich leisten, sich von dieser Frau zu trennen, wenn er sie doch braucht, um sich von ihr aushalten zu lassen? Hat er eine neue Dumme gefunden, oder hat er seine Lebenseinstellung mal grundsätzlich einer selbstkritischen Betrachtung unterzogen? Darüber erfahre ich nichts.
Tut mir leid, aber erscheint mir schreibtechnisch und psychologisch insgesamt ziemlich unausgegoren.


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Catalano
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C
Beitrag26.02.2016 00:52

von Catalano
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Hätte nicht gedacht, dass noch ein paar Antworten zu der Geschichte kommen.

Danke dafür.

@nebenfluss

bei einigen deiner aufgeführten Punkte könnte ich jetzt widersprechen. Zum Beispiel, dass die für dich ohnehin uninteressante Geschichte noch länger geworden wäre, wenn ich noch die Hintergründe für den Sinneswandel des Protas beschrieben hätte.




Zitat:
Ich frage mich aber, wenn der Prota so wahnsinnig und latent spielsüchtig ist, woher er dann die Vernunft nimmt, nach zwei Runden aufzuhören und sich mit den 30.000 zufrieden zu geben.


Weil das in meiner Realität und nach meinem Erleben genauso war.

Aber insgesamt hast du mich damit wachgerüttelt:


Zitat:
aber erscheint mir schreibtechnisch und psychologisch insgesamt ziemlich unausgegoren.


Zitat:
In einem Berichtstil, den ich nicht als sehr literarisch empfinde


Das habe ich in der letzten Zeit selbst bei mir bemerkt. Und irgendwie gelange ich langsam zu dem Entschluss, dass ich das Hobby des Schreibens lieber aufgebe, weil mir da ein gewisser Dreh nicht gelingen will.

Danke für dein Kommentar.
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nebenfluss
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Beitrag26.02.2016 15:02

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Catalano hat Folgendes geschrieben:

bei einigen deiner aufgeführten Punkte könnte ich jetzt widersprechen. Zum Beispiel, dass die für dich ohnehin uninteressante Geschichte noch länger geworden wäre, wenn ich noch die Hintergründe für den Sinneswandel des Protas beschrieben hätte.

Vielleicht hätte ja aber genau das die Geschichte für mich interessant gemacht?

Zitat:
Und irgendwie gelange ich langsam zu dem Entschluss, dass ich das Hobby des Schreibens lieber aufgebe, weil mir da ein gewisser Dreh nicht gelingen will.

Ach geh, glaub ich dir nicht. Bei einem Hobby zählt doch vor allem, dass man Spaß dran hat und sich darin ausdrücken kann. Und wenn mal negative Kritik kommt, kann man entweder drauf pfeifen oder versuchen, es "besser" zu machen. Daran will ich jedenfalls nicht Schuld sein, dass du jetzt dein Hobby aufgibst Wink


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Catalano
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C
Beitrag26.02.2016 19:23

von Catalano
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nebenfluss

dass ich das Hobby aufgeben will, habe ich gestern in einem Anflug von Frustration geschrieben.
Dabei hast du die Frustration gar nicht ausgelöst.

Die Sache mit der literarischen "Unausgegorenheit", die du angesprochen hast, fiel mir in letzter Zeit selbst immer wieder auf, wenn ich einige meiner älteren Geschichten durchgelesen habe.

Auch diese Geschichte hier, "Rot", gefällt mir nicht.

Und dann stellt man sich natürlich auch die Frage, wozu man diesen Mist überhaupt schreibt. Da kommt es einen vor, wie Zeitverschwendung, Hobby hin, Hobby her.

Allerdings habe ich so einige Geschichten, die mir doch ganz gut gelungen sind, wie ich finde. Von daher hat sich meine Frustration wieder etwas gelöst.

Diese Kritik von dir fand ich sehr wichtig für mich. Ehrlich jetzt. Very Happy Crying or Very sad Cool
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Jack Burns
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Beiträge: 1443



Beitrag26.02.2016 20:23

von Jack Burns
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Hallo Catalano,
... das Hobby aufgeben oder - ernst nehmen!
Auch mich hat irgend etwas am Stil gestört. Dann war es mir klar: Du schreibst so, wie ich quatsche. Wenn man so eine Geschichte hört, schaltet man zeitweise ab, und filtert das Entscheidende raus. Beim Lesen fällt das viel schwerer. Deshalb sollte es bekömmlicher, literarischer, verpackt werden.
Mein Vorschlag: nimm diesen Text als Rohfassung und bearbeitet ihn. Und zwar nach allen Regeln der Schreibkunst. Zuerst würde ich die Kern herausfummeln und dann einen Aufbau um diesen Kern gestalten. Dabei erkennst du schnell, was unwichtiges Geplapper darstellt und was der Aussage zu gute kommt. Der schnoddrige Ton passt ganz gut.

Arbeit, Arbeit, Arbeit.
Viel Erfolg!

Jack


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Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows.
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag26.02.2016 20:35

von Nordlicht
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Ich habe deine Geschichte nur quergelesen - für mich hapert es etwas an der Sprache. Du ziehst die meisten Sätze gleich auf, was sich auf die Dauer recht monoton und leiernd liest. Das bedeutet jetzt nicht, dass du dir eine ganz andere Schreibe angewöhnen sollst. Verwende diesen Erzählton ruhig als Stilelement, aber schau, an welchen Punkten der Story du mit anders gearteten Sätzen das Tempo variieren und Betonung hinzufügen oder wegnehmen kannst.

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If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
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Catalano
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Alter: 40
Beiträge: 136



C
Beitrag26.02.2016 22:29

von Catalano
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Danke auch euch für die Einschätzungen.

Die Psyche ist echt ein seltsames Konstrukt. Mir ist eben etwas passiert, was mir nun etwas peinlich ist, es zuzugeben.

Nachdem ich die Geschichte die letzten Male angelesen hatte (gestern zum Beispiel, vor allem den Anfang), gefiel sie mir nicht. Selbst kurz nach der Fertigstellung hatte sie mir nicht sonderlich gefallen, weil die Sprache eben halt so einfach war.

Aber jetzt habe ich sie mir eben noch mal durch gelesen und plötzlich gefiel sie mir wieder besser. Vor allem in der Mitte. Ich hatte nämlich ganz vergessen, dass ich damals einen solchen einfachen Erzählton beabsichtigt hatte.
Grund dafür war, dass ich vor kurzem zwei Thriller gelesen habe, in denen über längere Zeit ein ähnlicher einfacher Stil verwendet wurde.

Nur sehe ich, dass das nicht gut ankommt (auch dann, wenn ich sie selbst lese, kommt sie anfangs bei mir nicht gut an). Ich glaube, dass diese Sprache für eine Kurzgeschichte nicht das Richtige war, innerhalb eines Romans jedoch stellenweise ganz gut funktioniert.

Oder sehe ich das verkehrt? Was denkt ihr?

Ich werde die Geschichte nicht nochmal überarbeiten. Dafür habe ich sie ja ins Feedbackbereich gestellt und die Resonanz von euch ist Gold wert, um mir bei den nächsten Kurzgeschichten mehr Mühe zu geben.
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag26.02.2016 22:41

von Ithanea
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hi Catalano,
ich wollte hierzu auch noch was sagen, hatte schon angefangen zu tippen und musste dann doch wieder los. Das, was ich sagen wollte, krieg ich jetzt aber nicht so auf die Schnelle hin, also ist das so ein Merkkommentar für mich, damit ich wieder komme.
Bis demnächst


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Verschrieben. Verzettelt.
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag26.02.2016 22:42

von Nordlicht
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Seine "Schreibstimme" findet man über die Zeit durch herumprobieren; ich gehe meist mit meinem Bauchgefühl und versuche nicht, den Erzählton von anderen Autoren zu imitieren. Es ist allerdings gut zu gucken, wie Bücher aufgezogen sind, die einem sehr gefallen - und den Versuch wert zu überlegen, warum einen ein bestimmter Erzählton anspricht. Was für Bilder und Gefühle werden dadurch vermittelt?

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Insane
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

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Beiträge: 49
Wohnort: USA


Beitrag26.02.2016 23:04

von Insane
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Extrem gerne gelesen !!! Hat mir sehr gut gefallen und ich habe kaum etwas auszusetzen. "Er" muss genau so sein wie er ist! Fuer mich koennte noch etwas mehr Melancholie in den letzten Abschnitt.

Meinen Respekt!


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weltensegler
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 85
Wohnort: Nürnberg


Beitrag04.03.2016 16:24

von weltensegler
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Hallo Catalano,

obwohl mir der Prota auf eine langweilige Art unsympathisch war, musste ich doch nach den ersten Sätzen weiterlesen. Ich wollte einfach wissen, was mit diesem Typen abgeht. Ich finde es gut, wie du immer wieder Schleifen drehst und bereits erwähntes noch einmal herausholst. Es spiegelt die Gedankenschleifen die einen im Inneren bei riskanten Unterfangen heimsuchen, für mein Empfinden, ganz gut.

Vermutlich wäre der Kerntext - sein Abenteuer also - in komprimierter Form noch fesselnder. Beim Ende hätte ich mir dafür gewünscht, dass du dir den Raum nimmst, die innere Wandlung deines Protagonisten mit mehr Tiefe zu erzählen...

Weiß nicht, ob ich mich verständlich ausgedrückt habe und hoffe, dass es dir weiterhilft

Lieben Gruß
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cindysherman
Geschlecht:weiblichLeseratte
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Alter: 46
Beiträge: 112
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C
Beitrag11.04.2016 21:31

von cindysherman
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Ich habe die Geschichte gerne gelesen! Vor allem, weil ich echt nicht vorhersagen konnte wie es endet. Der Typ ist unsympathisch- aber er beschreibt sich selbst so und dann ist es eigentlich smart.

Den letzten Absatz finde ich noch Überarbeitungs würdig, weil sein mulmiges Gefühl sollte er weniger erklären, mehr erfahrbar machen. Für mich.

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