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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 06/2012
Die Spinnen


 
 
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Nathaniel
Leseratte

Alter: 30
Beiträge: 142
Wohnort: Wenn ich nun einer von den andern wäre, ...
Ei 7


Beitrag26.06.2012 20:25

von Nathaniel
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Liebe/r 10.000-Teilnehmer/in

Leider kann ich aus zeitlichen Gründen nicht auf jeden einzelnen Text genaustens eingehen.
Die Befederung wurde im Vergleich zu den anderen Texten gegeben, ist also subjektiv und vertritt eine relative Einzelmeinung.
Eine Anfrage auf eine ausführliche Kritik per PN ist gestattet. ;D

Einige kurze Gedanken/Überlegungen seien trotzdem gegeben:
Einprägsames Bild, etwas obskur. Gutes Bild für die Vergewaltigung (?)
Was haben Spinnen mit Jazz zu tun?
Wie groß muss ein Spinnennetz sein, dass man darüber stolpern kann??


Nathaniel


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*
Du willst wissen, wer ich bin?
Ich bin... ich. Nicht mehr, nicht weniger. Einfach ich.
Wobei das -nebenbei bemerkt- mehr ist als ein Wort.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag26.06.2012 21:16

von Jenni
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Der Zugang zu diesem Text fiel mir nicht so leicht, aber es hat sich gelohnt ihn  mehrfach zu lesen. Was mir sehr gut gefällt, ist diese trostlos-traurige Stimmung, die der Text erzeugt. Auch finde ich, dass das Geschehen, und die Wahnhaftigkeit (gibt es das Wort überhaupt? Ich bin echt langsam durch ...) sehr gut sprachlich umgesetzt sind. Ich mag den Schluss. Sehr.
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag26.06.2012 21:27

von Mardii
Antworten mit Zitat

Nun zeichnet sich ab, dass ich es nicht mehr schaffe, alle Texte zu kommentieren. Lesen, Annäherung und Verstehen hat viel Zeit in Anspruch genommen und einige Texte waren für mich wirklich eine Herausforderung. Und so stelle ich von hier für die verbliebenen Texte nur noch meine Bewertung ein. Was ich sehr schade finde, aber geht nicht anders.

Meine Bewertung ist subjektiv. Die Kriterien waren für mich inhaltlicher Natur. Folgende Fragen habe ich an die Texte gestellt:

Ist der Text autonom? Kann ich ihn ohne Erklärung verstehen?
Behandelt er für mich relevante Themen?
Halte ich ihn sprachlich für gelungen?
Hat er die Vorgaben gut eingebunden?
Hat der Text über den Anlass der Entstehung hinaus Bedeutung? Werde ich ihn in zehn Jahren wieder lesen wollen?

Das hebt nicht auf, was ich zu einigen vorher geschrieben habe, denn ich habe jeden Text für sich besprochen. Und nun geht’s ans Vergleichen, wo ich von der Gesamtpunktzahl Abstriche machen werde, weil, es ist ja ein Wettbewerb.

Bewertung: 8


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Ridickully
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag26.06.2012 21:51
aw:diespinnen
von lilli.vostry
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Eine mysteriöse albtraumhafte Geschichte über eine Frau, die allein zuhause sitzt, immer mehr von Spinnen im Netz aus quälenden Erinnerungen, Sehnsucht, Schmerz und Trauer gefangen seit dem Weggang des Vaters als sie noch ein Mädchen war... Ein geheimnisvoller Fremder taucht auf, der ihn kannte und sie begehrt, der Jazz spielt eine Rolle und am Ende weiß man nicht viel mehr als zu Beginn.
Die Geschichte ist überladen mit Symbolik und Klischees wie aus billigen Kitschheften und -filmen abgeschaut, wirkt weitgehend sehr gekünstelt und bemüht. Da wäre sicher mehr herauszuholen gewesen, wenn die Erzählerin mehr bei sich selber geblieben wäre.
Eine Feder für den Versuch.
Lilli


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Maria
Geschlecht:weiblichEvolutionsbremse

Alter: 52
Beiträge: 5998

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Beitrag26.06.2012 23:48

von Maria
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Gefühlt wird für den einen oder anderen der folgende Kommentar von der Federanzahl abweichen. In diesen Wettbewerb wurden viele tolle Texte eingereicht, die mich begeistern konnten. Allerdings habe ich versucht immer ein Auge auf die Vorgaben der Organisatoren zu haben:

…abseits des Mainstreams, des Üblichen, Altbekannten sollte es sein. Schief gebaut, quer stehend, herausfordernd, nicht gefügig. Eines davon oder alles zusammen oder auch einfach nur ruhig, achtion- und pointenlos. Auf jeden Fall etwas, das man nicht jeden Tag liest.


Und danach erfolgten meine Versuche einer Einordnung in diesen Wettbewerb. Ich kann also einen Text großartig, lustig, nahezu perfekt finden, ohne ihn sehr hoch zu bewerten, weil ich trotz aller Euphorie der Ansicht bin, dass er sich nicht in die og. Vorgaben einfügt. Meine Kommentare sind sehr kurz, ich hoffe sie geben ausreichend Hinweis – nach bestem Wissen und Gewissen und natürlich auch Geschmack, das lässt sich nicht verhindern.


* * * *

Hey,

die Spinnen, ein Text der in seiner nebligen Erzählweise dem sehr nahe kommt, was ich bei dem Wettbewerb erwartet habe. Trotzdem ... ich brüte wirklich darüber, was mir fehlt zum Glück.
Mir ist er etwas zu "ausgefranst", ich weiß auch nach dem x-ten Lesen nicht, an welchem Ende ich anfangen möchte ihn zu betrachten oder zu wenden. Neblig ist das Gefühl das ich hab. Ist da was zwischen den Zeilen oder will ich das nur, weil er das durch seine verworrene Protagonistin vorgaukelt. Ich werd nicht schlauer. Die Spinnen nerven mich gegen Ende - sie sagt stets, sie könnte sie wegmachen, wenn sie wollte. Warum will sie das nicht. Sie will nicht raus, schiebt alles weg, hätte eigentlich gern ein Hendl, verschiebt - Depression oder Platzangst?

Geschrieben ist er gut. Vielleicht komm ich später nochmal vorbei ^^


LG,
Maria


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Gast







Beitrag27.06.2012 10:34

von Gast
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... wem einen Kommentar bzw. eine Erklärung meiner Befederung wichtig ist, der schicke mit einfach ne PN. Ich trage den Kommentar dann hier drin nach.
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Enfant Terrible
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Beiträge: 7278
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Ein Fingerhut voller Tränen - Ein Gedichtband
Beitrag27.06.2012 12:37

von Enfant Terrible
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Brr, schauder. Eine sehr traurige und beklemmende Geschichte, die zutiefst berührt und viele Fragen aufwirft. So originell ist das Setting, die Idee nicht - aber eigenständig und glaubhaft umgesetzt, mit genug Raum zum Rätseln.
Die Figur bereitet mir Kopfzerbrechen. Schwer traumatisiert und auf irgendeine Weise psychisch angeknackst ist die Protagonistin, soviel ist klar, aber über den gesasmten Rest sind Fragezeichen verteilt wie die Spinnen in deiner Geschichte. Wie lange ist die Fraz schon in diesem apathischen Zustand? Sie muss ihre Wohnung für sehr lange Zeit weder verlassen noch sich darum gekümmert haben, ja, bewegungslos gewesen sein, wenn sich soviele Spinnennetze ansammeln konnten. Wie alt ist sie wirklich? Warum ist sie hier? Fragen über Fragen - aber ebendiese machen die Geschichte so fesselnd. Die Frau nimmt wohl kein gutes Ende.


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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag28.06.2012 10:08

von Eredor
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Aus Zeitmangel nur kurzer Kommentar und Befederung: 9 Federn

Top. Mein Favorit. Lyrisch, poetisch, prosaisch und gleichzeitig tolles Thema, Leitmotiv perfekt umgesetzt: herzlichen Glückwunsch zum Kindle!


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"vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
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lupus
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Beitrag28.06.2012 10:49

von lupus
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eine wirklich tolle Geschichte mit genialen Passagen (etwa die Einführung des J, die Charakterisierung des Pianisten, die Jazz-Passage, die Auflösung der Geschichte)

ich finde aber, dass einige Mängel drinnen sind.

so ist etwa der Aufbau des Bildes nicht ganz konsequent durchgezogen. So wie die Geschichte konzipiert ist, müsste m.E. das Spinnen-Bild zu Beginn stringent aufgebaut werden, um es in der Folge wieder zerbröseln zu lassen (als Bild erkennbar zu machen). So aber is es zu Beginn schon nicht ganz logisch.

sprachlich:
so wie es da steht regnet es im Auto
Formulierungen wie 'viel beobachtet' sind nicht nur ungelenk, sie passen auch überhaupt nicht zum Rest des wirklich gut geschriebenen Textes und schmeißen mich aus dem Text.
After Shave is halt kein Parfum, wenn du Parfum als 'eigenen Duft' meinst, dann sollte es nicht so nah am After Shave stehn

Müdigkeitslicht is richtig schön, wie überhaupt die Sprache mir sehr gut gefällt (abgesehen vom oben erwähnten)

Inhaltlich is das wunderschön traurig ohne Tränendrüse ... einfach gut

Fazit: super Passagen mit kleinen Schnitzern


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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Mercedes de Bonaventura
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Beitrag28.06.2012 11:07

von Mercedes de Bonaventura
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Das Spinnenbild: „Stupendous!“ smile extra
Absolut bemerkenswerte Idee!


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(Virginia Woolf)
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lupus
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Wohnort: wien



Beitrag28.06.2012 13:20

von lupus
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ein bisserl verworren is das ganze auch ... da is ein bisserl zu viel Rätsel drin, obwohl das Teil als 'Verständnistext' angelegt ist, die Sprache allein reicht nicht zum Lesevergnügen ... soll sie wohl auch nicht.

J = der Vater?
Inzest?
Verwirrung?
Vater = Erinnerung = J

anhaltspunkte gibt es, eine nuance zu versteckt vielleicht


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lg Wolfgang

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Gast







Beitrag28.06.2012 13:33

von Gast
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Ziemlich gut. Hab an der Sprache nicht viel auszusetzen.
Tod, Trennung, Trauer.
Kälte, Starre. Man darf nicht warm werden mit ihr, an keiner Stelle, heute ohnehin nicht, weil es den Todestag des Vaters zu zelebrieren gilt?
Jetzt ist es so, dass ich die Unmöglichkeit des Verzeihens herauszulesen glaube, aber gleichzeitig den gescheiterten Versuch des Hasses. Wenn sich hier die dramatische (Vor-) Geschichte eines Familiengeheimnisses versteckt, dann ist mir das zu gut versteckt. Ich finde nur eben keinen anderen Schlüssel zu dieser Geschichte. Es sind wunderschöne Stellen drin, hier hat jemand mit Talent geschrieben.
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ConfusedSönke
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Beitrag28.06.2012 19:19

von ConfusedSönke
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Bin mir nicht wirklich sicher, es verstanden zu haben, aber mir gefällt der Sprachstil und die Atmosphäre sehr.
Hier und da ein paar kleine Orthographie-Fehler. Dass die Dialoge nicht in Anführungsstrichen sind, finde ich etwas verwirrend.
Aber tolle Schreibe, der ich gerne gefolgt bin!


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Die Realität ist die Illusion der Phantasielosen.
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Mr. Curiosity
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Beitrag29.06.2012 00:51

von Mr. Curiosity
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Hallo an alle,

erstmal bedanke ich mich bei euch für eure größtenteils positiven Kommentare. Über die Platzierung habe ich mich sehr gefreut.
Auf einzelne Kommentare werde ich erst in den nächsten Tagen eingehen können, weil ich ziemlich viel zu tun habe.

Was die Deutung angeht: Ich hatte keine 100%-tige Idee im Kopf, wohin der Text geht. Mir ging es darum, die Motivik und die Andeutungen so zu arrangieren, dass sich je nach Blickwinkel immer neue Facetten ergeben.
Bedeutsam ist die Freud'sche Pschoanalyse, die Mardii eingebracht hat. Daneben bestimmen manche Film-Noir-Elemente den Text, so wie die schwarz-weiß Zeichnung, die nur von den roten Elementen durchbrochen wird, so dass "Rot" in seiner Symbolik stärker wahrgenommen wird. Im Zusammenhang mit Film-Noir könnte das berühmte Bild der Femme-Fatale auftauchen, das hier zum Teil auch umgekehrt wird. Im Zusammenhang mit der Femme-Fatale und dem Spinnen-Motiv könnte man an eine schwarze Witwe denken.
Das nur zum Grundkonzept. Ziel war ein semantisches Flackern, wie durch die Spinnen im Text.

Die nächsten Tage mehr.

LG David


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"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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firstoffertio
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Beitrag06.07.2012 23:33

von firstoffertio
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Ich hatte gehofft, dass du noch ein bisschen mehr zu deinem Text schreiben würdest, wie du ja angekündigt hattest?
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Mr. Curiosity
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Beitrag07.07.2012 12:09

von Mr. Curiosity
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Ich werde noch etwas zum Text schreiben. Bis Montag allerdings muss ich noch etwas für die Uni erledigen und das geht natürlich vor.

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Mr. Curiosity
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Beitrag10.07.2012 00:09

von Mr. Curiosity
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So, dann lege ich mal mit der Interpretation los ..

Was wollte ich mit diesem Text nun sagen? Zu viel, glaube ich inzwischen, aber vllt. macht das auch nur den Eindruck, weil ich alle Ebenen kenne und somit auch zugleich sehe.

Da ist zunächst die Frage, um wen es sich bei Jeremias handelt. Die Möglichkeiten sind vielfältig und die Kommentare decken das ganze Spektrum ab.
So könnte Jeremias zunächst ganz unsymbolisch als ein Mann gelesen werden, der Evas Vater sehr gut kannte, durch ihn einiges über sie erfahren hat und der daher sehr genau weiß, wie er sie manipulieren kann. Er ist eine Person, die sich als eine Art Vaterfigur inszeniert, der ihr diese Film-Noir'sche Traumwelt vorgaukelt, mit der sie ihren Vater verbindet. Sie fühlt sich einerseits von ihm angezogen und fühlt sich selber stark, andererseits ahnt sie aber auch eine abstrakte Gefahr, die von ihm ausgeht und fühlt sich schutzlos. Diese Ahnung der Gefahr bestätigt sich, als er sie offenbar missbraucht. Seine Finger sind plötzlich überall auf ihrer Haut, sie ist wie betäubt. Das "Pulsieren" ist beim zweiten Erwähnen nicht zwangsläufig auf das Pulsieren des Ampelrots zu beziehen. Und weshalb sonst sollte sie seine Berührungen mit Spinnen assoziieren? In der Tiefenpsychologie und Traumdeutung werden Spinnen oft mit Misshandlungen und Gefangenschaft assoziiert, teilweise auch mit sexuellen Traumata, wie es Mardii richtig bemerkt hat.
Formal ist das schnelle Krabbeln der Spinnen an entsprechenden Stellen durch knappe Sätze dargestellt.

Und da kommt man zu einem zweiten Punkt: Ist hier überhaupt alles real?
Jeremias könnte auch eine Traumfigur sein, vielleicht eine Projektion des Vaters. Dafür sprechen die Gründe, die Nihil angesprochen hat, z.B. das Parfum, die Tatsache, dass er sie wie der Vater verlassen hat. Zusätzliche Evidenz findet man beim Googlen von "Dermot", dem Namen von Evas Vater. Der ist nämlich eine irische Variante von Jeremias. Einen weiteren Hinweis liefert die Referenz auf den Film-Noir "Chinatown" (hier übrigens die Melodie, die mehrmals aufgegriffen wird: http://www.youtube.com/watch?v=x5_xT7q7jS4). In diesem Film stellt sich am Ende heraus, dass die weibliche Hauptperson von ihrem Vater vergewaltigt wurde, der ebenfalls einen biblischen Namen, nämlich Noah, trägt. "Jeremias" bedeutet übrigens soviel wie "der Freie", widerspiegelt also die Vernachlässigung Evas von seiner Seite, weil er eben keine familiäre Verbundenheit spürt. Eva ist in der Bibel die Sünderin, was sich ja ebenfalls in die Interpretation einfügt.
Dass Jeremias' Gesicht immer im Schatten liegt, ließe sich als Verdrängung deuten. Was hat es außerdem damit auf sich, dass sie so völlig störungslos durch die Stadt rasen können? Und wie kommt Jeremias plötzlich in ihre Wohnung?
Auch eine Stelle, die Interpretationen offenlässt, ist die, wo Eva das Seilchenspringen beobachtet. Das liest sich m.E. hier eher verstörend und nicht wie ein lustiges Spiel. Auffällig ist, dass mit dem "kleinen Mädchen" das einzige Mal ein Referenzobjekt auftritt, auf das sich das durchgängige Personalpronomen "sie" noch beziehen kann. Prompt kollidieren die Referenten von "sie" auch miteinander. Das illustriert die Identität zwischen Eva und dem Mädchen. Der Blick nach draußen als weiterer Blick in die Vergangenheit, in deren Angesicht Eva auf sich selbst zurückgeworfen wird und stolpert. Schon vorher im Gespräch mit Jeremias wird darauf angespielt, dass Mutter und Schwester die Protagonistin nicht gut behandelten. Das Seilchenspringen wird zu einem Angstspiel. Sie lassen Eva immer schneller springen und erfreuen sich daran, dass sie nicht daraus entkommen kann. Eva empfindet keine Freude dabei. Nur die Mutter und die Schwester lachen. Eva ist nicht umsonst das kleine Mädchen.  
In der Film-Noir-Welt jedoch nimmt sie zumindest zum Teil die Rolle der Femme-Fatale, des Film-Noir-Topos schlechthin, ein. Vor dem Hintergrund der Spinnenmotivik könnte man sie fast als schwarze Witwe bezeichnen.

Zur Gestaltung: Wie vielleicht der ein oder andere bemerkt hat, sind die Ortsbeschreibungen vor allem von "Schwarz", "Weiß und "Grau" geprägt. Typische Elemente einer film-noir'schen Welt. Auch könnte "Weiß" für Evas anfängliche Unschuld stehen (wobei sie so unschuldig ja gar nicht mehr ist, sondern eher naiv) und "Schwarz" für die Beschmutzung. "Weiß" deutet aber ebenso auf Gefangenschaft hin, wegen der Netze und den anderen Symbolen, die damit assoziiert werden können (der weiße Schirm, die netzartig mit weißen Linien durchzogene Parkplatzfläche des Supermarktes, die übrigens einen intertextuellen Verweis zu meinem Gedicht "land der ampeln" bildet).
Durchbrochen wird diese optische Gestaltung nur durch Rot. Das lässt einen vielleicht an "Sin City" denken, wo ebenfalls Film-Noir-Elemente enthalten sind, wenn auch mit exzessiver Gewalt durchsetzt.
"Rot" sollte durch seinen Kontrast stärker in seiner Symbolik wahrgenommen werden. Klassischerweise ist es die Farbe der Leidenschaft, der Aggression, der Erotik. Hier ist sie stets in solchen Kontexten aufgegriffen, in denen die Protagonistin die Kontrolle verliert, Opfer von Gewalt wird und in sexuelle Ekstase gerät. Das "Rot" ist immer im Zusammenhang mit Kontrolle verwendet: Zu Beginn die "Ampeln" als in einer bestimmten Ordnung stehende Objekte, die missachtet werden, bis die Farbe verschwindet und das Rauschen als Störsignal bleibt, später der Wein in ihrem Glas, dessen Wirbeln mit dem des Blutes in der aufkommenden Lust verglichen werden kann, das Zersplittern als Verlust der Kontrolle.
Schließlich verwandelt sich auch das "Rot" in die Nichtfarbe "Schwarz".
Sprachlich habe ich auf Anführungszeichen verzichtet, um die Rede nicht von den Gedanken abzuheben. Das sollte zur Unterstützung einer surrealen Atmosphäre dienen. Dass Jeremias ohne Kommata redet war wohl purer Manierismus. Für mich passte es zu einer "Kopfschmerzstimme". Durchgängig wird im Text das Personalpronomen "sie" verwendet. Den Namen der Hauptfigur erfährt man nur durch Jeremias. Das könnte auf Entfremdung hindeuten, auf Identitätsverlust und bewusste Vermeidung des Namens, der ja von den negativ behafteten Eltern vergeben wurde.
Eine wichtige Rolle spielt auch die Profilierung des Räumlichen. Eva kann ihr Trauma, ihre Depression nicht verlassen. Die Wohnung ist zugleich auch ihr Innenraum. Die einzigen Szenen, wo Eva sich außerhalb ihrer Wohnung befindet, sind die Erinnerungen, wie jene an die erste Begegnung mit Jeremias. Doch auch dort wird sie schnell in einen abgeschlossenen Raum in Form des Bentleys geführt. Die andere Erinnerung ist die oben Beschriebene, in der sie sich kurzzeitig mit dem Mädchen identifiziert, dann aber in die Wohnung zurückgeworfen wird.
Das Wohnzimmer der Wohnung wird am Anfang durch die "vier kahlen Wände", den "Fernseher", das "schwarze Sofa", die "Bourbon Flasche" und das "Fenster" beschrieben. Ergibt zusammen die Zahl 8, was auf die Anzahl der Beine einer Spinne anspielt.
Ansonsten finden nur die Dusche und die Küche Erwähnung. Alle Räume sind übrigens von Kälte beherrscht, die zugleich Evas emotionale Kälte ist, in der auch in Form der "Tiefkühltruhe" Erinnerungen konserviert werden.

_____

Soviel zur Interpretation. Morgen werde ich auf eure Kommentare antworten smile

LG David


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Mr. Curiosity
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Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag10.07.2012 14:38

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

@BlueNote: Danke, habe mich sehr gefreut über deine Wertung.

@LiB: Bei vier Federn hättest du wirklich etwas schreiben können. Aber na gut, kann man nichts mehr machen.

@Schreibmaschine: Wer sagt denn, dass eine Geschichte eine Aussage braucht? Ich schränke mich auch nicht schreiberisch ein, um etwas leserfreundlicher zu machen, wenn ich gute Gründe habe, die dagegensprechen. Ich bin auch nicht der Erste, der das macht.
Hin und wieder sind Textteile direkt hinter die "wörtliche Rede" gerutscht, das stimmt. Wird wohl beim Rüberkopieren passiert sein.

@Beobachter: Danke für den Kommentar.

@Kissa: Das freut mich.

@Mardii: Schön, wie viele Gedanken du dir gemacht hast und das sie alle auch das treffen, was ich z.T. im Sinn hatte. Vielen Dank auch für die Wertung.

@Malaga: Es sind ja keine echten Spinnen. Danke für den Kommentar.

@hexsaa: Schön, dass die Geschichte bei dir gut ankam.

@adelbo: Auch über deinen Kommentar freue ich mich sehr.

@Piratin: Danke.

@Nihil: Die Protagonistin ist sehr gespalten. Ihr Verhalten ist widersprüchlich. Die Stelle, wo er an ihr riecht .. keine Ahnung. Vielleicht kommt das vom Shampoo, vielleicht hat sie mit neuem Parfum besprüht.  Ich denke, mir ist da eher ein Logikfehler unterlaufen, der hier sonst zum Glück keinem auffiel ^^ Der Jazz ist halt so ein weiteres abgetrenntes Motiv innerhalb der Film-Noir-Welt. Man muss es nicht mögen.
Mit 5 Federn kann ich gut leben.

@Traumfänger: Auch wenn eine Geschichte nicht den persönlichen Geschmack trifft, ist das kein Grund, eine Feder zu vergeben. Die hat dieser Text nicht verdient.

@Fao: Das dachte ich mir auch zwischendurch. Mit mehr Wörtern hätte ich das ein oder andere stärker herausarbeiten können. Danke, dass du dich für die sieben Federn entschieden hast.

@Karin: Das freut mich.

@Hichthiker: Dein Kommentar freut mich ebenso.

@firstoffertio: Die Meinung muss ich wohl akzeptieren.

@anuphti: Von einer strengen Bewerterin sieben Federn zu bekommen, ehrt mich. Vielen Dank dafür smile

@gold: Danke!

@Anne smile  Danke für deinen tollen Kommentar und die Wertung.

@fancy: Ich bedanke mich für deine sechs Federn.

@Nathaniel: Spinnen haben nicht viel mit Jazz zu tun. Viele Solos klingen sehr wuselig, da könnte man eine Parallele sehen. Ansonsten siehe Kommentar zu Nihils Kritik.

@Jenni: Das freut mich. Danke.

@lilli.vostry: Ich lese wohl nicht genug Schmuddelromane, um deinen Kommentar und deine Wertung nachvollziehen zu können.

@Maria: Kann ich nachvollziehen. Man weiß nicht unbedingt sofort, wo man ansetzen soll. Danke für den Kommentar.

@debruma: Kommentar wäre nach deinem Radio-Beitrag, man solle sich nicht wegen der Kommentare so anstellen, natürlich nett gewesen Laughing Für die Federn bedanke ich mich.

@ET: Cool, dass der Text dich erreichte.

@Eredor: Glückwunsch zu welchem Kindl denn? Laughing Ich sehe noch keinen. Du hast das Paket doch abgeschickt, oder?
Herzlichen Dank für neun Federn smile

@lupus: Wieso regnet es denn im Auto? Shocked  Danke für den Kommentar.

@Merci: Gib mir gefälligst Federn! Laughing

@Lorraine: Schön! smile

@Confused-Sönke: Danke!

____

Puh ..

LG David


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firstoffertio
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Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
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Beitrag10.07.2012 15:56

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Hallo Mr.Curiosity,

vielen Dank für deine Erklärung. Ich weiss jetzt besser, warum die Spinnennetze für mich in der Luft hingen.
Du hast sozusagen den Text auf einem (Spinnen)Netz aufgebaut, dessen Fäden du an einer Reihe bestimmter Anspielungen und Symbole festgemacht hast. Diese wurden mir beim Lesen nicht bewusst, weil ich sie zum Teil nicht kannte. Chinatown, psychoanalytische Deutung von Spinnenträumen, Jazz, film noir, die Bedeutung der Namen.

Es ist aber eine interessante Art, einen Text zu schreiben. Ähnliches wurde ja auch in Pas de deux gemacht.
Vielleicht probiere ich das auch einmal aus. Ich weiss gar nicht mehr, wieviel Federn ich dir gegeben habe, mit der Erklärung wären es wohl etwas mehr geworden.
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hexsaa
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Ei 6 Extrem Süßes!


Beitrag10.07.2012 16:28

von hexsaa
Antworten mit Zitat

Danke für die ersehnte Erklärung. Die dunklen Bilder und die subtile Andeutung des Missbrauchs, die vielleicht gar nicht vordergründig Deine Intention gewesen war, empfinde ich nach mehrmaligem Lesen noch stärker als zuvor. Auf jedem Fall ist es auch jetzt noch eine Geschichte, die nachhallt, die nicht aufhört, mich zu beschäftigen und ich bin froh, dass sie es auf das Siegertreppchen geschafft hat.  Daumen hoch


LG
hexsaa


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