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Aufgewacht, ausgeschlafen und Muster auf der Bettdecke


 
 
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Pencake
Geschlecht:männlichExposéadler

Alter: 55
Beiträge: 2364
Wohnort: Hamburg
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Beitrag10.07.2009 10:14
Aufgewacht, ausgeschlafen und Muster auf der Bettdecke
von Pencake
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Das Gitter wieder verlassen, das ist wohl das Schwerste.
Tauchst auf, schweißnass, das grelle Licht noch auf der Netzhaut, jetzt ein Weiß, das gar nicht mal so schön ist wie alle immer sagen. Warst abgetaucht, in die Kanalisation, oder auch nur in die Wirklichkeit. Sahst viele Kranke, die längst nicht mehr krank sind, dahingegangen irgendwie, lass es uns stolpern nennen, unter Schmerzen, ganz ohne friedlich die Augen zu schließen. Hast sie wieder getroffen, fragst dich nun, was hatten sie zu sagen? Vergessen, funktioniert immer, ja, versprochen.

Das dunkle Haus war gar kein dunkles, es war ein hell erleuchteter Stahlkörper, mit Rundungen, ganz clean, strahlend, keine Bakterie zu sehen. Bist reingegangen, nahmst diesen Cocktail, sah schon von vornherein so seltsam unecht aus. Deine Hand, ein kaputter Seismograph, der inzwischen als Servierhilfe funktioniert. Gut Schluck, Kameraden.
Warum nicht, das Echte im Unechten suchen? Na, vielleicht, weil deine Poren ganz auf Wahrheit getrimmt sind. Falsch. Das hat die Natur nicht verdient, Freunde. So viel Wertschätzung und Lobhudelei; überlassen wir sie den üblichen Magermächtigen auf Kanzeln und in Dichterstuben.

Zurück zum Haus, das gar keins war. Etwas krabbelte, etwas trommelte, etwas raschelte auf dich zu.   Nichts zu sehen, nichts zu riechen, hier funktioniert wohl alles anders als die Welt da draußen. Endlich spürst du was. Keine Hände, keine Berührung, noch nicht mal ein Kribbeln von innen. Gedanken rinnen deine Innenwände herab, pure Denkpaste irgendwann, denn es wurde klebrig, ungemütlich, verstopfend und giftig. Heißa, heute wirds was geben, heißa heut ist Fummelnacht. Immer noch niemand zu sehen. Von vorn, von hinten, von oben; immer diese Scheinwerfer, die dir durch die unwichtigsten Knochen strahlen.

Wo waren wir? Ja, bei der pastenartigen Substanz, die sich auf dich gestürzt hatte, wie Regen auf einen verdorrten Acker (verzeih, Natur, ich dich bemüh -- hier bist du ja noch nicht Teil von Gottogott). Du standest also in diesem Stahlheim für eierreiche Minderbedachte, ein mexikanisches Getränk vor Kurzem in dir verdampft, und schon warst du bereit. Für das alles. Für Phallus und jeden. Kein Wunder, dass sie dich anknabberten. Dass sie dich verspeisten - jipppiii, eine echte Abwechslung zu jenseitigen Tortillias mit Bohnen und Speck. Eine Art Kellner - dunkler Anzug, Fliege, verkrampfte Armbeuge - erschien, verneigte sich und fragt, wen er zuerst auftragen dürfe. Wie jetzt, Entscheidungen mitten in der Oberwelt? Soll´n Schmerz sein, oder? "Mitnichten, mein Herr, mitnichten."          
Ok, du erinnerst Crumb, du erinnerst all seine Gestalten, du erinnerst den Sex, du erinnerst die kaputten Bewegungen - politisch, mysthisch erst Recht (ja, wir wollen unsere Rechte gerne behalten! was müssen wir dafür tun?), du erinnerst auch seinen Lebensweg, so ganz ohne die Sucht nach Erfolg - freilich, dem weltlichen Erfolg, tsstsstss.
Da wir gerade bei Künstlern sind, zwei Worte, bitte, der Herr im Frack wird doch wohl nicht ungemütlich? Zwei? Tischtennis, gell, hin, her und so. Dolly Kafka: Föhn und Franzen. Nix da, Franzen iss ´n Autor, du Doof. Goldfinger Brecht: Titten, Titten, Titten. Das sind drei, oh, Mann. Tom the Cat Mann: Glasperlenspiel ... - piep - abgekupfert, lass dir was einfallen. Keiner hier, der was zu sagen hat? Robbitobbiunddasfliewaatüüt Gernhardt: Schweigen. War schon immer der Schlauste. Warum kommen hier eigentlich keine Frauen vor? Warum stehen in deinem Bücherschrank eigentlich so wenige Schenkelkätzchen? Was ist los hier? Hat da einer ein Problem? Mutter und so?
Pah, von drüben schwärmt eine Gruppe Tänzerinnen aus. Ihre Gesichter sehen alle gleich aus: Friede Jelinek in Hundertschaft. Verdient ist verdient. Aber weshalb sie jetzt hier drüber rennen muss, über uns, über das Gespräch, über mich! -- Unhöflichkeit ist eine Form der Angst. Pfeifen, pfeifen, weiter pfeifen, nichts anmerken lassen.

Inzwischen wurde das Licht gedimmt. Oder kommt mir das nur so vor. Doch, doch, hochgedimmt wurde es, ganz bestimmt. Es wird Zeit, die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen: Schutz muss sein. Schutz mag eng mit Schmutz verknüpft sein, verdammt, wo ist mein etymologischer Gameboy? Wenn man sich so allein fühlt, ich sag euch, dann ist man auch allein. Aphorismusgefahr macht sich also breit. Es ist so weit. Zeit für den Absprung. Weglaufen, austauchen, ausziehen, ausziehen, ausziehen. Die Nacktheit der Gedanken könnte auf zu viel Kleidung hinweisen. Na klar, uns gehts zu gut. Dann hast du solche Träume. In denen du zwar weißt, dass du träumst, doch die Figur in dem Traum weiß gleichzeitig, dass der Traum die Wirklichkeit ist, du wiederum weißt, dass du wirklich die Figur in dem Traum bist, und der Traum weiß, dass er eigentlich die Hauptfigur ist und du - der immerhin den Traum hat - ja nur die Randfigur. Sich zu verlieren mag wie ein Traum sein; schön war es nicht, soviel kann ich sagen.

Nun ist die Tasse Kaffee hier. Ganz konkret. Das Bett, ja das Bett ist zerwühlt. Nicht so, dass man darin wirklich viel gemacht hätte. Nur so, dass die Muster hier und da einen Knick abbekommen haben.

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MrPink
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Beiträge: 2431
Wohnort: Oberbayern
Der Bronzene Wegweiser


Beitrag10.07.2009 10:34

von MrPink
Antworten mit Zitat

Kognitive Kammerspiele auf der Metaebene. Kannst du mir mal sagen, wie ich jetzt mit meinem Sohn Lego-Schiffe bauen soll ??

Na ja, ich werd erstmal die Kissen aufschütteln.

Zitat:
Die Nacktheit der Gedanken könnte auf zu viel Kleidung hinweisen.
Das ist sehr geil.

Der Rest einfach abgefahrn, gut abgefahrn.

andi


_________________
„Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk)
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Pencake
Geschlecht:männlichExposéadler

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Beitrag10.07.2009 10:44

von Pencake
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Moin Andi.

Diese Legoschiffe werden deinem Kleinen so langsam
stinklangweilig. Er will ne Abwechslung. Muss nichts
Abgedrehtes sein, irgendwas Alltägliches. Wie wärs
mit nem Tacker? Ja, so ein Legotacker hat doch was.

Dann könnte man größere Stapel Papier - immerhin
schreibst du gern - per Legoklammer tackern. Stark. Ich
wette, dir fällt dazu auch ne Geschichte ein, die du
dabei erzählen könntest.
"Es war einmal ein Legoschiff, das wünschte sich einen
Freund. Nämlich einen Tacker ..."

Viel Spaß jedenfalls. Und danke für die Antwort.

Niko

Edit:
Zitat:
Kognitive Kammerspiele auf der Metaebene.

Den merk ich mir.
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Tiefgang
Geschlecht:männlichReißwolf

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Beiträge: 1139
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Und ständig fließt Musik aus meiner Stromgitarre
Beitrag10.07.2009 11:14

von Tiefgang
Antworten mit Zitat

Pencake hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Kognitive Kammerspiele auf der Metaebene.

Den merk ich mir.


Ich auch.

Mag den Erzählstil, kurz und knackig und - wie nennt man das - ein innerer Dialog? Nö oder... jedenfalls ne gute Art damit zu hantieren.

Was "Gerold" übersieht sieht Gerold aber doch:

"Warum nicht, das Echte im Unechten suchen?" Ohne Komma oder? (ich hasse mich für solche Pedanterie).
"Gedanken rinnen deine Innenwände herab..." Hier würde ich "laufen herab" vorziehen.
"...immer diese Scheinwerfer, die dir durch die unwichtigsten Knochen strahlen." Gehts hier um ne Röntgenaufnahme oder check ichs einfach nicht?

Zitat:
Ok, du erinnerst Crumb, du erinnerst all seine Gestalten, du erinnerst den Sex, du erinnerst die kaputten Bewegungen - politisch, mysthisch erst Recht (ja, wir wollen unsere Rechte gerne behalten! was müssen wir dafür tun?), du erinnerst auch seinen Lebensweg, so ganz ohne die Sucht nach Erfolg - freilich, dem weltlichen Erfolg, tsstsstss.
Da wir gerade bei Künstlern sind, zwei Worte, bitte, der Herr im Frack wird doch wohl nicht ungemütlich? Zwei? Tischtennis, gell, hin, her und so. Dolly Kafka: Föhn und Franzen. Nix da, Franzen iss ´n Autor, du Doof. Goldfinger Brecht: Titten, Titten, Titten. Das sind drei, oh, Mann. Tom the Cat Mann: Glasperlenspiel ... - piep - abgekupfert, lass dir was einfallen. Keiner hier, der was zu sagen hat? Robbitobbiunddasfliewaatüüt Gernhardt: Schweigen. War schon immer der Schlauste. Warum kommen hier eigentlich keine Frauen vor? Warum stehen in deinem Bücherschrank eigentlich so wenige Schenkelkätzchen? Was ist los hier? Hat da einer ein Problem? Mutter und so?


Das ist ein klasse Teil, der allerdings sooo dicht ist, dass ich ihn in selbigem Zustand nicht mehr verstehen würde...

Zitat:
Inzwischen wurde das Licht gedimmt. Oder kommt mir das nur so vor. Doch, doch, hochgedimmt wurde es, ganz bestimmt. Es wird Zeit, die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen: Schutz muss sein. Schutz mag eng mit Schmutz verknüpft sein, verdammt, wo ist mein etymologischer Gameboy? Wenn man sich so allein fühlt, ich sag euch, dann ist man auch allein. Aphorismusgefahr macht sich also breit. Es ist so weit. Zeit für den Absprung. Weglaufen, austauchen, ausziehen, ausziehen, ausziehen. Die Nacktheit der Gedanken könnte auf zu viel Kleidung hinweisen. Na klar, uns gehts zu gut. Dann hast du solche Träume. In denen du zwar weißt, dass du träumst, doch die Figur in dem Traum weiß gleichzeitig, dass der Traum die Wirklichkeit ist, du wiederum weißt, dass du wirklich die Figur in dem Traum bist, und der Traum weiß, dass er eigentlich die Hauptfigur ist und du - der immerhin den Traum hat - ja nur die Randfigur. Sich zu verlieren mag wie ein Traum sein; schön war es nicht, soviel kann ich sagen.


Schöner Um- und gleichzeitig Ausstieg aus der Story... plus der letzte Absatz sitzt.

Rundum gelungen, sowas pack mir doch mal zwischen meine Wurstsemmel!


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Pencake
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Beitrag10.07.2009 11:26

von Pencake
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Moin.

Wie stets: Gerold sei Dank.

"Warum nicht", in diesem Fall eine Wendung für sich,
da überlegt einer - und kommt dann auf die Idee
"das Echte im Unechten suchen". Wäre durchaus ein
Fall für den Gedankenstrich; hast ja schon Recht, in
Gottes Namen.
Laufen vs. rinnen, warum nicht. Ich denke, das sollten
wir mit dem Popcornlektorat abstimmen.

Jau, die Scheinwerfer sollen hier mit dem Gefühl
des "Durchröntgt-Werdens" verknüpft werden.

Dein Leberkäsproduzent

PS: Ich mag dich
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