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Von den Menschen


 
 
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ichundso
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 34
Beiträge: 180



Beitrag28.04.2009 14:00
Von den Menschen
von ichundso
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Von den Menschen







Irgendwie habe ich das Gefühl
es geht um Leben und Tod
oder um meine Seele oder was auch immer,
wenn mich zum Beispiel jemand fragt
wie es mir geht, ohne dass es ihn interessiert.

Mein Vater macht das oft.
Er fragt mich ob alles in Ordnung ist
oder was auch immer
und ich interessiere ihn gar nicht.
Er will nur engen Kontakt zu seinem Sohn
und dabei geht es nicht darum,
was ich bin.

Und dann, wenn sich ein gutes Mädchen
in einen von diesen Ärschen verguckt
und es erst viel zu spät merkt.
Und wenn sie mich dann fragt,
was sie denn falsch macht,
dann geht es auch irgendwie darum,
dass ich nicht ersticke.

Und diese alten Frauen, die sich noch schminken, also,
wenn sich eine von denen in mich verguckt
oder wenn sie bloß rallig sind oder was
und nicht einmal genug Stolz besitzen,
das für sich zu behalten.
Also, wenn mir eine von denen
dann unnötig lange die Hand halten will
oder auf ihr Aussehen achtet, wenn ich da bin,
dann empfinde ich ein wahnsinniges Mitleid.
Mitleid und Ekel.

Und das Schlimme ist,
ich bemitleide sie,
obwohl es den Menschen gut geht.
Ich fühle etwas,
das sie spüren könnten,
wenn sie wüssten, was ich denke.
Also, ich bemitleide sie irgendwie
um die Ecke.

Und dann bemitleide ich sie so stark
und ekle mich vor ihnen.

Und dann wieder
gehe ich durch den Park
und setze mich auf eine Bank.
Ich beobachte die Väter,
die ihren Söhnen sagen,
dass sie studieren sollen
und die Mädchen mit weißen Hosen
und geföhnten Haaren
und die Großmütter, die ihren Enkeln
mit viel zu viel Körperkontakt
Geld in die Taschen schieben.

Dann sitze ich da
und es kommt ein kleines Mädchen zu mir
und fragt, warum ich denn so traurig gucke
und stützt sich mit ihren kleinen Mädchenhänden
auf meinen Knien ab
und ich bin irgendwie sprachlos.
Dann fragt sie,
ob ich vielleicht was Süßes will,
ihre Oma hätte immer ganz viel
und sie wäre satt.
Da wird sie auch schon
von ihrer Mutter zurückgerufen,
die sich lächelnd bei mir entschuldigt.

Und mir geht es gut, irgendwie
und ich denke, dass ich auch so ein Kind war.

Aber dann fällt mir ein,
dass das gar nicht stimmt.
Ich habe lange gebraucht,
mir selber zu gefallen.
Und ich war keines von diesen Kindern,
die fremden Menschen ihre Süßigkeiten anbieten.
Ich kann sie bloß gut leiden.












.



_________________
the mongrel cat came home
holding half a head
proceeded to show it off
to all of his newfound friends
he said "I been where I liked
I slept with who I liked
she ate me up for breakfast
she screwed me in a vice
but now I don't know why I feel so tongue-tied"
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Bella18swan
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
B

Alter: 34
Beiträge: 15
Wohnort: salzwedel


B
Beitrag29.04.2009 11:51

von Bella18swan
Antworten mit Zitat

wow, das gedicht finde ich wirklich toll.  Schreibst über die wahrheit, über die wahrheit die eigentlich sonst niemand sieht oder die die menschen für normal halten mittlerweile.

wahrscheinlich muss man sich in dieser Gesellschaft selbst verstellen um angenommen zu werden und die meisten verlieren sich dabei selbst auf den weg.


_________________
And so the lion fell in love with the lamb...
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versgerber
Geschlecht:männlichEselsohr
V

Alter: 32
Beiträge: 425
Wohnort: Berlin
Der Bronzene Wegweiser


V
Beitrag01.05.2009 22:55
Re: Von den Menschen
von versgerber
Antworten mit Zitat

hallo ichundso,

Ich steh auf erzählerische Lyrik. Das Gedicht gefällt wirklich gut und wird zum Ende hin immer stärker. Die kursiven Stellen sind meines Erachtens unnötig und haben mich fast ein wenig gestört. Auch beginnen für meinen Geschmack etwas viele Zeilen mit "und".

ichundso hat Folgendes geschrieben:


Und das Schlimme ist,
ich bemitleide sie,
obwohl es den Menschen gut geht.
Ich fühle etwas,
das sie spüren könnten,
wenn sie wüssten, was ich denke.
Also, ich bemitleide sie irgendwie
um die Ecke.


Hier würde ich die letzten beiden Zeilen weglassen, die Aussage bedarf keiner Zusammenfassung.

ichundso hat Folgendes geschrieben:

Dann sitze ich da
und es kommt ein kleines Mädchen zu mir
und fragt, warum ich denn so traurig gucke
und stützt sich mit ihren kleinen Mädchenhänden
auf meinen Knien ab
und ich bin irgendwie sprachlos.
Dann fragt sie,
ob ich vielleicht was Süßes will,
ihre Oma hätte immer ganz viel
und sie wäre satt.
Da wird sie auch schon
von ihrer Mutter zurückgerufen,
die sich lächelnd bei mir entschuldigt.

Und mir geht es gut, irgendwie
und ich denke, dass ich auch so ein Kind war.

Aber dann fällt mir ein,
dass das gar nicht stimmt.
Ich habe lange gebraucht,
mir selber zu gefallen.
Und ich war keines von diesen Kindern,
die fremden Menschen ihre Süßigkeiten anbieten.
Ich kann sie bloß gut leiden.


Ich weiß auch nicht, aber hier kommt einfach verdammt viel rüber.
(vlt lieber "mir selbst zu gefallen"?)
Gut gemacht.
lg


_________________
Lachen kann so leicht sein, wenn man genügend oder gar keine Gründe hat
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ichundso
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 34
Beiträge: 180



Beitrag02.05.2009 11:16

von ichundso
pdf-Datei Antworten mit Zitat

danke euch

habe formal ein wenig experpimentiert, werde es wohl nochmal überarbeiten.

@selbst vs selber
diesen fehler mache ich irgendwie andauernd und bemerke ihn wirklich nie beim korrekturlesen ^^


_________________
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Gast







Beitrag02.05.2009 11:36

von Gast
Antworten mit Zitat

Zitat:
Irgendwie habe ich das Gefühl
es geht um Leben und Tod
oder um meine Seele oder was auch immer,
wenn mich zum Beispiel jemand fragt
wie es mir geht, ohne dass es ihn interessiert.

Mein Vater macht das oft.
Er fragt mich ob alles in Ordnung ist
oder was auch immer
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und dabei geht es nicht darum,
was ich bin.

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und es erst viel zu spät merkt.
Und wenn sie mich dann fragt,
was sie denn falsch macht,
dann geht es auch irgendwie darum,
dass ich nicht ersticke.


Ich weiß 100%ig, was du meinst, ichundso. Mir geht es genauso - von daher spricht mich dein Gedicht - auch wenn es in der Wortwahl etc. noch nicht ausgereift ist, extrem ein.
Ich kenne das wirklich - nur dass ich kein Mitleid mehr empfinde, sondern nur noch Verachtung.


Freundliche Grüße,
Martin
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Pencake
Geschlecht:männlichExposéadler

Alter: 55
Beiträge: 2364
Wohnort: Hamburg
DSFo-Sponsor


Beitrag02.05.2009 12:01

von Pencake
Antworten mit Zitat

Moin Ichundso,

mir gefällt der Text in seiner Ehrlichkeit und Direktheit
auch sehr gut. Hier und da könntest du noch "ausmisten",
d.h. verkürzen, damit das Ganze dichter wird, aber das
ist für den Inhalt nebensächlich.

Besonders gut finde ich das Bild des Kindes im letzten
Vers, insbesondere das Ende. Dass das LI eben nicht wie das
Kind war, ist eine wichtige Selbstreferenz, damit der Text
eben nicht nur zur bloßen "Beschwerde" über die Anderen
verkommt.

Herzlich, Niko
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Louise
Gänsefüßchen
L


Beiträge: 30
Wohnort: Berlin


L
Beitrag02.05.2009 12:27

von Louise
Antworten mit Zitat

Hallo,

also ich muss sagen, ich mag diesen Text sehr. Ich habe in 3 mal gelesen und beim dritten mal habe ich festgestellt warum: Es ist der Ton. Nüchtern, ganz einfach, ohne Kitsch und vor allem irgendwie auf eine naive Art beobachtet, die dem Leser genug Platz für seine eigenen Phantasien lässt. Das ist wirklich ein schöner Text auch inhaltlich, allerdings muss ich sagen, dass er mir als laufender Text besser gefallen würde als als Gedicht.

Auf jeden Fall weiter so

Louise
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ichundso
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 34
Beiträge: 180



Beitrag05.05.2009 14:29

von ichundso
pdf-Datei Antworten mit Zitat

danke euch allen

_________________
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