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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2939
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag21.03.2014 07:41

von Klemens_Fitte
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Hallo Nordlicht,

das freut mich ungemein, dass meine Schreibe so gut bei dir ankommt - zumal du mit dem achten Teil ja nicht den leichtesten Einstieg hattest. Wenn du alles nachholen möchtest: Es gibt auf Seite 3 hier im Thread ein PDF, in dem die ersten fünf Teile vervollständigt und in der richtigen Reihenfolge enthalten sind.
Und ja, ich hoffe doch, dass ich bis Anfang April noch den ein oder anderen Teil fertig kriege (das ist doch erst in einem Monat, oder? Embarassed )

Gruß,
Klemens

Und herrje, ich habe grade beim Drüberscrollen einen Tippfehler in Teil acht gefunden:
Zitat:
die von ihrem Vater wahlweise in deinen Turm eingeschlossen

Müsste natürlich 'einen Turm' heißen. Mein internes Lektorat befindet sich anscheinend noch im Winterschlaf.
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag22.03.2014 01:26

von Nordlicht
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Es gibt auf Seite 3 hier im Thread ein PDF, in dem die ersten fünf Teile vervollständigt und in der richtigen Reihenfolge enthalten sind.


Cool, das hatte ich noch nicht entdeckt! Danke. Bis April sind's aber keine 10 Tage mehr.


_________________
If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2939
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Beitrag24.03.2014 11:52

von Klemens_Fitte
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Da es (seltsamerweise) keine großen Einwände gegen den achten Teil gab, folgt hier der Epilog zu Kapitel Drei. Den Anfang von Kapitel Vier poste ich dann wahrscheinlich doch erst im April.

__

Die Tastatur stockt, hat Schluckauf; ich will nicht locker lassen, will immer wieder zurückkehren, immer wieder von vorn anfangen. Immer wieder Luft holen. Abermals den Stift aufs Papier, die Finger auf die Tasten setzen.
Am Schreibtisch sitzend kratze ich alte Wunden auf, obwohl es längst keinen mehr juckt. Ich ringe nach Worten, obwohl das Nötigste längst in der Zeitung steht. Die Meldungen habe ich ausgeschnitten und bewahre sie in Plastikhüllen auf. Das Nötigste als Randnotiz. Verbrauchte Worte, mit gelben und blauen Textmarkerstrichen unterlegt. Eingetragenes, Ausgestrichenes.
Die Tastatur stockt, ich suche den Brief der Kusine heraus, lese ihn wieder und wieder. Luft holen, den Stift aufs Papier setzen.

Nachdem sie abgeholt worden war, hatte ich mich auf die Suche nach dem Schuhkarton mit den Fotografien gemacht. Wieder und wieder war ich über die knarzenden Dielen des Dachbodens gestiegen, hatte Kisten und Truhen vom Staub befreit. Ich hatte unsere alten Geheimverstecke hinter Holzbohlen und in den Dachbalken durchsucht, war mit schmerzendem Rücken in die Stauräume gekrochen. Sich aufrichten, das Kreuz durchstrecken, wieder und wieder. Minutenlang hatte ich am oberen Ende der ausklappbaren Leiter gestanden, die zum Dachboden führt, hatte mich gefragt, ob sie damals auch dort gestanden hatte – ob es tatsächlich diesen kurzen Moment des Zögerns gegeben hatte; sie hatte mir damals von ihrer ausbleibenden Regel erzählt und war danach wochenlang nicht zur Schule gekommen.
Den Hausschlüssel – wir hatten vereinbart, dass ich ihn aufbewahren würde – habe ich ihrer Kusine geschickt, habe sie gebeten, noch einmal in das leere Haus zu gehen und mir das Gotteslob aus der Kommodenschublade und das Kruzifix mit dem bleiernen Heiland zu schicken. Irgendwo im Haus, habe ich der Kusine am Telefon gesagt, befinde sich auch noch eine Weihwasserschale aus gebranntem Ton – auf keinen Fall aber solle sie, die Kusine, mit ihrem kaputten Knie die Leiter zum Dachboden hinaufsteigen, es lohne die Mühe und das Risiko nicht; tatsächlich habe ich befürchtet, die Kusine könne an meiner Stelle fündig werden und auf den Schuhkarton mit den Fotografien stoßen.
Was ich als, wie die Kusine es ausgedrückt hat, früh vom Glauben Abgefallener mit dem Gotteslob und dem Kruzifix wolle.

Ich möchte – so die knappe Antwort, die ich für mich behalten habe – einen rostigen Nagel in die Wand treiben und das elendige Kruzifix daran aufhängen, damit ich nachträglich ihre schlaflosen Nächte teilen kann. Damit ich zum Schreiben gezwungen bin, dazu gezwungen bin, mir die Tasten meiner schockstarren Tastatur wieder zu erarbeiten, Wort für Wort, mit jedem Buchstaben, den ich durch einen genau bemessenen Anschlag vom Staub befreie. Ich möchte mich, so die knappe Antwort, dazu zwingen, endlich wieder den Rost von meiner schäbigen Dorfsprache zu kratzen.
Weil ich dagegen allergisch bin, werde ich mir kein faulendes Obst auf den Schreibtisch legen, sondern den faulenden Heiland an die Wand hängen, ich werde auf diese Weise in den sauren Apfel beißen, der gar nicht sauer ist, sondern süß, weil er fault, braun wird und Blasen schlägt – weil er bereits einen betörenden Mostgeruch verströmt.

Ich werde, nehme ich mir vor, das Kruzifix über meinem Bett aufhängen, damit mich des nachts die Inspiration heimsuchen kann, wenn ich im Halbschlaf mit den Fingern an das bleierne Kreuzholz stoße.
Ich falte den Brief der Kusine und lege ihn zu den übrigen Dokumenten. Die Tastatur stockt, ich öffne die Datei mit der Videoaufnahme, spiele sie ab, wieder und wieder.

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Gast







Beitrag24.03.2014 21:07

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo ...

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß auch nicht, wie viele deiner Fragen nicht besser vom Ende her aufgezäumt werden müssten, [...]


Die meisten, wahrscheinlich. Aber das werde ich dann ja sehen. Eine Anmerkung zu Kapitel 3, die ich gern loswerden möchte, auch wenn oder gerade weil du am Meißeln bist.

Wenn ich mich nicht täusche, dann ist das gesamte dritte Kapitel mit Ausnahme der ersten beiden Absätze ... Schweigen. Das mit den mal mehr, mal weniger weit in Vergangenheit und Zukunft umher sich erinnernden und projizierten Gedanken angefüllte Schweigen zwischen ihm und ihr.

Das Kapitel endet, ohne dass sie noch einmal zu Wort kommt, ohne dass er antwortet.

Beginn Kap. 3 (Teil 6):

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Am Ende, sagt sie, seien es weder mein Weggang aus dem Dorf, noch die letzten Jahre, die diese Kluft zwischen uns aufgerissen hätten – schließlich seien wir einander schon immer fremd gewesen, es sei doch gerade die Fremdheit des jeweils Anderen gewesen, die uns zueinander hingezogen habe. Gleich nachdem ich mit meiner Familie als Fremder in Dorf gekommen sei, als Exot, wie sie es ausdrückt, habe sie in meiner Haltung, meinem Fremdsein etwas ihr Vertrautes entdecken können.

Die damalige Unterkunft war dir wieder in den Sinn gekommen, das alte Bahnhofsgebäude.

Wir seien, sagt sie, einander schon sehr gelegen gekommen, hätten einander gelegen, trotz dieser Kluft zwischen uns, trotz der Tatsache, dass wir nie zueinander hätten finden können, weil uns das Gefühl der eigenen Fremdheit schon damals zu vertraut gewesen sei – weil wir uns selbst immer als Fremde wahrgenommen hätten, ganz gleich ob im Dorf, in der Stadt oder in unserer nervösen Zweisamkeit.


Ende Kap. 3 (Teil 8):

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Und statt ihr diese Fragen jetzt endlich zu stellen, statt sie auf die Videoaufnahme oder die Geschichte mit ihrem Vater anzusprechen, belasse ich es bei meinem Schweigen und warte ab, ob sie selbst noch darauf zu sprechen kommt, bevor das Automobil an der Biegung der Dorfstraße auftaucht.


Danach kommt der Epilog, der den Erzähler  in  einer anderen Gegenwart zeigt, im Danach, beim Versuch, seine Stimme zu finden (dazu später noch mehr).

Ich gehe davon aus, dass du sehr genau weißt, was du tust, wollte dich aber trotzdem damit konfrontieren, dass ich dem Erzähler nicht so ganz folgen kann, in seinem Verhalten, will sagen, es erschließt sich mir nicht, warum er in der Situation - sie warten darauf, dass das Automobil auftaucht und sie abgeholt wird - so gar nicht auf das von ihr Gesagte reagiert, oder eben mit Schweigen. Dass er seinen eigenen Gedanken, seinen Fragen zur Videoaufnahme beispielsweise, keine Worte folgen lässt, kann ich nachvollziehen, aber eben nicht wirklich, dass er sie nach ihrer "Einleitung" so im Regen stehen lässt. Da auch nicht klar ist, wie sie in dem Moment aussieht, oder ob sie ihn in dem Moment anschaut, also direkt anspricht, fehlt mir da vielleicht ein Element.
Immerhin spricht sie ihn ja darauf an, dass beide - bei aller Distanz - eine Art von Vertrautheit verband. Ich glaube, da hat sich bei mir eine Erwartungshaltung aufgebaut. Als dann im ganzen Kapitel das Schweigen nicht mehr gebrochen wird, sie szs schon gar nicht mehr gegenwärtig ist, genau so gut schon hätte abgeholt worden sein können, da regte sich in mir eine Art solidarischer Widerstand.
Das wollte ich gesagt haben, wenn ich auch weiß, dass es wohl so beabsichtigt ist. Es war so ein Moment, da hätte ich den Erzähler gern wenigstens dabei ertappt, wie er ihr etwas sagt, vielleicht nur wenige Worte - oder sich zumindest eine Antwort vorstellt.

Auch wenn im vierten Kapitel da etwas kommt - für mich wäre das "zu spät" - aber das kann ich nur jetzt sagen, was vom Ende her gesehen von diesem "Manko" wirklich bleibt? Bin gespannt.

Zum Epilog.
Er hat viel damit zu tun, wie einer seine Stimme sucht. Atem braucht man dazu, dann stockt er. Luft holen und - sagen (schreiben). Es geht sage und schreibe um den ganz elementaren Kampf um jedes Wort, eine Sprache, die frei gelegt werden muss, die Suche danach.

Die Faszination, die von dem Mädchen, der Frau ausging, ihn nie ganz losgelassen hatte; weil Dinge ihn geprägt haben, die mit ihr zusammen hängen,  will er, sucht er Inspiration, aber es wird klar, dass ein leidvoller Prozess stattfindet, denn es ist kein Musenkuss, den er da erhofft, es ist eine Heimsuchung, etwas, das ihm keine Ruhe lässt. Der Erzähler muss die Geschichte zu Ende bringen, ist entschlossen, sich zu stellen, auch ohne die objektive Notwendigkeit, denn das Nötigste ist ja gesagt, geschrieben worden.
Aber eben nicht die ganze Geschichte.
Es ist seine Notwendigkeit,  und vielleicht liegt ja das, was mir im dritten Kapitel so gegen den Strich geht (nicht überbewerten, bitte), die Nicht-Kommunikation, die Unterlassung, auf etwas näher einzugehen, dieses Zögern - liegt das also darin begründet, dass es um ihn geht, vorrangig, dass er die Gelegenheit (bis jetzt jedenfalls - noch ist sie ja nicht abgeholt worden) vorüber gehen zu lassen scheint, mehr zu erfahren, sich nicht nur mehr aus vom Hörensagen und gesammelten Puzzleteilen und seiner Internet-Fundstücke ein Bild machen zu müssen?

Am Rande: das "bleierne Kreuzholz"? Es ist klar, dass "bleiern" mehr ist, als das Material, aus dem der Heiland hergestellt wurde, aber das Holz, so schien mir bei der ersten Erwähnung, ist doch aus Holz?

Alle anderen Fragen werden warten, mein Kommentar spiegelt nicht wirklich, fürchte ich, was mir sonst noch so alles durch den Kopf geht, beim Lesen, aber es bleibt für mich das Spannendste, was es hier z.Z. zu verfolgen gibt.

Einen Gruß,
Lorraine
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Klemens_Fitte
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Beitrag24.03.2014 21:58

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

Hallo,

Lorraine hat Folgendes geschrieben:
Hallo ...

Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß auch nicht, wie viele deiner Fragen nicht besser vom Ende her aufgezäumt werden müssten, [...]


Die meisten, wahrscheinlich.[...]


Da habe ich mich vermutlich auch missverständlich ausgedrückt. Natürlich fällt es mir schwer, diese Fragen (wie auch die von EWJoe) zu beantworten, ohne dem weiteren Verlauf vorzugreifen - ich finde es aber trotzdem gut, dass du deine 'begleitenden' Fragen und Anmerkungen anbringst, denn so kann ich besser einschätzen, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin.

Zitat:
Ich gehe davon aus, dass du sehr genau weißt, was du tust, wollte dich aber trotzdem damit konfrontieren, dass ich dem Erzähler nicht so ganz folgen kann, in seinem Verhalten, will sagen, es erschließt sich mir nicht, warum er in der Situation - sie warten darauf, dass das Automobil auftaucht und sie abgeholt wird - so gar nicht auf das von ihr Gesagte reagiert, oder eben mit Schweigen.


Etwas Ähnliches hatte Soraja schon angemerkt, und ja, dieses Schweigen des Erzählers ist beabsichtigt. Du schreibst ja von einer verpassten Gelegenheit - möglicherweise ist das Zögern einfach darin begründet, dass er nicht (wieder) involviert werden möchte, dass er sich (noch) unschlüssig ist, ob er überhaupt zum Mitwisser werden möchte oder nicht. Und dann gibt es ja noch diesen nachträglichen Versuch der Rechtfertigung (aus dem Anfang von Kapitel Eins):
Zitat:
Hätte nicht jede Äußerung deinerseits dieses Geständnis verfälscht?


Wo ich dir allerdings Recht geben muss: Die Protagonistin rückt doch in diesem Kapitel zu schnell und zu lange in den Hintergrund, grade nach ihrer doch sehr 'offenen' und 'ansprechenden' Aussage zu Beginn. Da werde ich noch ein Element einflechten, um ein wenig in das folgende Schweigen überzuleiten.
Andererseits hatte ich ja gehofft, dass der Leser im Lauf der Geschichte immer mehr mit dem Erzähler und seiner Zurückhaltung hadert.

Deinen treffenden Ausführungen zum Epilog habe ich (leider) nichts hinzuzufügen Very Happy

Zum Kreuzholz: Im ersten Kapitel ist nur von dem
Zitat:
elendigen Kruzifix mit dem bleiernen Heiland

die Rede. Daraus kann man zwar nicht lesen, aus welchem Material das Kruzifix selbst ist, man könnte aber zumindest auf die Idee kommen, dass es aus einem anderen Material als der Heiland sein muss. Jetzt muss ich mir überlegen, ob ich die erste oder die zweite Stelle überarbeite. Danke für den Hinweis.

Zitat:
Einen Gruß,
Lorraine


Einen Gruß zurück,
Klemens
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Klemens_Fitte
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Beitrag26.03.2014 16:30

von Klemens_Fitte
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Hallo meine Lieben,

ich habe das Ende von Kapitel Drei mal zum Anlass genommen, den gesamten Text bis hierhin zu überarbeiten; größtenteils handelt es sich um Detailverbesserungen, Rechtschreibfehler, die ich korrigiert habe (und dabei wahrscheinlich neue hinzugefügt), klitzekleine Änderungen in der Wortstellung etc.

Ein paar eurer kritischen Anmerkungen habe ich übernommen, bspw.:

Zitat:
Tropfen von Tauwasser rinnen die Birkenblätter entlang und schlagen mit hellem Klang in die Pfütze am Boden einer Regentonne.


Der Anfang von Kapitel Drei liest sich nach dem Hinweis von Lorraine jetzt so:

Zitat:
Am Ende, sagt sie, seien es weder mein Weggang aus dem Dorf noch die letzten Jahre, die diese Kluft zwischen uns aufgerissen hätten – schließlich seien wir einander schon immer fremd gewesen, sei es doch gerade die Fremdheit des jeweils Anderen gewesen, die uns zueinander hingezogen habe. Gleich nachdem ich mit meiner Familie als Fremder ins Dorf gekommen sei, als Exot, wie sie es ausdrückt, habe sie in meiner Haltung, meinem Fremdsein etwas ihr Vertrautes entdecken können.

Die damalige Unterkunft war dir wieder in den Sinn gekommen, das alte Bahnhofsgebäude.

Wir seien, sagt sie, einander schon sehr gelegen gekommen, trotz dieser Kluft zwischen uns, trotz der Tatsache, dass wir nie zueinander hätten finden können, weil uns das Gefühl der eigenen Fremdheit schon damals zu vertraut gewesen sei – weil wir uns selbst immer als Fremde wahrgenommen hätten, ganz gleich ob im Dorf, in der Stadt oder in unserer nervösen Zweisamkeit. Natürlich, fährt sie fort, ohne den Blick von der Biegung der Dorfstraße abzuwenden, sei zu diesem Thema durch unser jahrelanges Schweigen bereits alles gesagt – es sei nicht an ihr, uns wieder auf den Tisch zu bringen, wie sie es ausdrückt, und ebenso wenig  stünde es ihr zu, mich mit ihrem Geständnis, das sie eigentlich vor mir habe ablegen wollen, zu belasten.

Hattest du in diesem Moment nicht spürbar ausgeatmet?


Änderung in blau. Hingegen habe ich für diese Stelle

Zitat:
Am Ende, sage ich mir erneut, war es gar nicht ihre kindliche Unschuld gewesen, die sie uns an den nervösen Nachmittagen unserer Jugend im Tausch gegen ein wenig blinde Aufmerksamkeit überlassen hatte – wenn sie sich unserer Nervosität überlassen hatte, in ihrem Zimmer oder auf dem Dachboden ihres Elternhauses, das sie schon damals, wie mir heute klar ist, zu entweihen begonnen hatte.


immer noch keine bessere Lösung gefunden. Vielleicht hänge ich doch noch zu sehr an dem 'überlassen'. Aber das kann ja kuriert werden.
So, und damit es für alle 'Spätgeborenen' nicht zu kompliziert wird, gibt es hier die drei bisherigen Kapitel nochmal als PDF.

Gruß,
Klemens
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Soraja
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DSFx


Beitrag26.03.2014 22:04

von Soraja
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Hallo Klemens Fitte,

ich habe es mir runtergezogen, lese es jetzt noch Mal am Strand.

LG Soraja


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Soraja wünscht Dir einen wundervollen Tag!
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Klemens_Fitte
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Beitrag27.03.2014 12:05

von Klemens_Fitte
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Hallo Soraja,

hm, ob das die richtige Strandlektüre ist?
Außerdem: Strand... ich musste gestern meine Heizung nochmal einschalten, mein Neid ist dir also sicher. Grmpf.

Gruß,
Klemens
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EWJoe
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E
Beitrag27.03.2014 15:43

von EWJoe
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Servus Klemens,

habe mir Dein pdf heruntergeladen und kurz gelesen. Es ist jetzt besser strukturiert, als die einzelnen Texte. Du hast auch einige Stellen umgeschrieben, hat meist gewonnen. Der letzte Teil hat mir zunächst nicht so gut gefallen, aber jetzt in Verbindung mit dem neuen Text passt er.
Ein paar Tippfehler sind mir aufgefallen, aber ich habe nicht auf Orthographie geschaut sondern auf Deinen Kontext. Vieles scheinst Du mir jetzt bereits vorweg zu nehmen, oder meine Ahnung scheint sich zu verdichten, aber ich bin gespannt ob ich mich da nicht mal irre.

LG
EWJoe


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UtherPendragon
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U


Beiträge: 402



U
Beitrag28.03.2014 21:56

von UtherPendragon
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Guten Abend Herr Fitte!

Wat fürn verkorkstes Elternhaus...

Ich hatte, endlich mal wieder Zeit fürs Forum gefunden und mir vorgenommen, deine Geschichte einmal durchzulesen und einen Kommentar darunterzusetzen - das erwies sich als schwierig, ehrlich gesagt, hatte ich gar nicht mit diesem massiven, fliegenden Stil gerechnet, obwohl ich das nicht genau begründen kann. Du verstehst dein Handwerk jedenfalls. lol2

Deine Sprache mochte ich von Anfang an, nicht, weil ich besonders oft oder unglaublich gern Bücher dieser Art lese, sondern weil sie mich einfach beeindruckt hat und weil sie viel Spannung in sich aufbaut, aber erst die PDF hat mich inhaltlich auf sichere Pfade geführt - dennoch erschließt sich mir noch nicht die volle Handlung, z.B. der ominöse Fahrer des PKWs.

Was dein Text rüberbringt, erscheint einfach wichtig. Mir fallen zuerst Begriffe wie "Antiquiertheit" und "Scheinheiligkeit" ein. Natürlich gehts auch um die Liebe und die Selbstzerstörung.
Er ist echt gut gelungen, wenn auch an manchen Stellen vielleicht zu "dick aufgetragen". Es wäre für den ersten Leseversuch sehr angenehm, wenn sich gleich zu Beginn herauskristallisieren würde, dass es zwischen Erzähler und Hauptfigur eine emotionale Verbindung zu entdecken gibt -
Zitat:
Gleich zu Beginn hattest du ihr versprechen müssen, keine Geschichte draus zu machen.
Ansonsten führt mich erst dieser Satz auf jene Spur.
Andererseits ist der Text ja kein Groschenroman und wahrscheinlich muss man sich das erarbeiten, es ist daher nur eine spontane Eingebung meinerseits.
War ehrlich gesagt auch schwierig, den Erzähler gleich als das "Du" zu identifizieren, aber das war wohl wieder der Betriebsblindheit geschuldet.

An Detailkritik will ich mich nicht sosehr versuchen^^
Zitat:
Ruckartig erwache ich aus meinem Traum, den ich mir später aus der Passage eines nie veröffentlichten Buches zusammenbasteln werde, den ich mir von einer Figur leihen werde, die eigentlich wenig Ähnlichkeit mir mir aufweisen sollte.
Diesen Satz finde ich allerdings wegen der Relativpronomen zu verwirrend. Hab ihn gerade erst verstanden.

Ich les' auf jeden Fall zuende.
Liebe Grüße!
Uther Pendragon


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Dies ist ein Text, der an jeden Deiner Beiträge angehangen werden kann. Es besteht ein Limit von 400 Buchstaben.
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Klemens_Fitte
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Beitrag29.03.2014 11:40

von Klemens_Fitte
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Guten Morgen EWJoe, guten Morgen Uther,

entschuldigt bitte, dass ich erst jetzt antworte.

@EWJoe

Ja, das mit den Tippfehlern hatte ich schon geahnt. Das kommt einfach daher, dass ich beim Überarbeiten nicht einzelne Stellen ändere, sondern den kompletten Text nochmal tippe - so kann man, finde ich, den Sprachfluss besser einschätzen, der Text wird homogener, aber es schleichen sich dann eben leicht neue Fehler ein. Aber gut, um eine Schlussredaktion komme ich ohnehin nicht herum.

Meinst du mit dem letzten Teil, der dir zunächst nicht gefallen hat, den 'Epilog' zu Kapitel Drei? Der kam mir nämlich auch lange wie ein Fremdkörper vor - er gehört da aber irgendwie hin, und ich kann auch nicht direkt mit dem Finger drauf zeigen, was mich daran (vielleicht) stört.

Zu den Andeutungen: Ich denke, vieles kommt einfach daher, dass du den Anfang jetzt quasi 'vorbelastet' gelesen hast, mit dem Wissen um die weitere Entwicklung. Ob das dann tatsächlich alles so ist - ich denke, ich habe noch ein, zwei Überraschungen für den Leser.

@UtherPendragon

Schön, dass du hier reinschaust. Mit den 'sicheren Pfaden', was den Inhalt angeht, hast du ein schönes Bild gefunden - tatsächlich ist das der schwierige Aspekt beim Schreiben für mich: Wie viel Führung braucht der Leser, ohne dass er das Gefühl bekommt, am Gängelband durch den Plot zu laufen? An welchen Stellen kann ich als Erzähler ihn kurz ins Unterholz abseits des Weges schicken und hoffen, ihn an der Stelle wieder abzuholen, wo ich auf ihn warte?
Ich weiß nicht, ob man sich diesen Text 'erarbeiten' muss, ich denke aber, man muss ihn erkunden wollen; und ich weiß nicht, ob ich diese Mischung aus Spannung und Langsamkeit mit einer anderen Art des Erzählens hätte erreichen können.
Und vielleicht ist die Form der Präsentation als fortlaufender Schreibprozess auch ganz geeignet dafür, weil man als Leser, in Ermangelung des fertigen Werkes, eben eher geneigt ist, nochmal zum Anfang zu springen, frühere Teile nochmals zu lesen - bis sich irgendwann ein halbwegs brauchbares Bild entwickelt hat.

Diesen Satz von dir würde ich mir gerne einrahmen, denn das ist das schönste Kompliment, das man mir und meinem Text machen kann:
Zitat:
Was dein Text rüberbringt, erscheint einfach wichtig.

Ich gehöre nicht zu den Leuten, denen zig Ideen im Kopf herumschwirren, die eine gewissermaßen 'unschuldige' Beziehung zum Schreiben haben. Ich habe immer versucht, mich beim Schreiben an das Diktum von Josef Winkler zu halten: Wenn sich mir ein Satz nicht wie ein Mühlstein um den Hals hängt, wozu soll ich ihn dann loswerden? - wenn mein Text also etwas von dieser Ernsthaftigkeit oder Wichtigkeit vermittelt, dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin, auch wenn er noch weit ist.

UtherPendragon hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ruckartig erwache ich aus meinem Traum, den ich mir später aus der Passage eines nie veröffentlichten Buches zusammenbasteln werde, den ich mir von einer Figur leihen werde, die eigentlich wenig Ähnlichkeit mir mir aufweisen sollte.

Diesen Satz finde ich allerdings wegen der Relativpronomen zu verwirrend. Hab ihn gerade erst verstanden.


Mit diesem Satz hadere ich auch schon länger. Und jetzt, wo du ihn mir nochmal so isoliert vor Augen stellst - ja, der muss geändert werden. Ich überlege mir was. Ein erster Versuch:

Zitat:
Ruckartig erwache ich aus meinem Traum, den ich gar nicht geträumt habe. Den ich mir später aus meinen Notizen zusammenbasteln, einer Romanfigur entleihen werde, die eigentlich wenig Ähnlichkeit mit mir aufweisen sollte.


Noch nicht ganz, aber ich arbeite dran.

Ich danke euch beiden fürs Lesen und Kommentieren und wünsche ein schönes Wochenende.

Gruß,
Klemens
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EWJoe
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Beitrag29.03.2014 14:36

von EWJoe
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Servus Klemens,

Zitat:"Meinst du mit dem letzten Teil, der dir zunächst nicht gefallen hat, den 'Epilog' zu Kapitel Drei?" Ja, das meinte ich. So wie Dir auch, kam mir der Teil wie ein Fremdkörper vor. Jetzt meine ich das nicht mehr.
Der Erzähler hat in den vorangegangenen Passagen frei assoziiert, was natürlich mit dem Stil verbunden ist, an den man sich halt klar gewöhnt hat - an den Gedankenrhytmus eben.

Im Epilog fügt der Erzähler diese Gedankensplitter eher wieder mehr zusammen, bemüht sich um Objektivität (was auch immer das sein soll, letztlich eine Fiktion, da es Objektivität im eigentlichen Sinne ja nicht wirklich gibt). Aus diesem Sinne heraus ist der Stilbruch verständlich, ja im Epilog, der ja zusammenfasst, fast gefordert.
Für mich trägt das durchaus Logik in sich.

Ich bin überzeugt, dass noch einige Überraschungen auf uns warten, nachdem Du uns ins Dickicht der Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten gelockt hast. In jedem Fall kommt rüber, dass diese Geschichte einen realen Bezug zu Deiner Person hat, es wirkt wirklich sehr beeindruckend und persönlich bezogen und ist daher, so glaube ich, keine reine Fiktion.

LG EWJoe und ein hoffentlich entspannendes Wochenende wünsche ich Dir.


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Klemens_Fitte
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Beitrag31.03.2014 12:56

von Klemens_Fitte
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Hallo nochmal,

EWJoe hat Folgendes geschrieben:
Aus diesem Sinne heraus ist der Stilbruch verständlich, ja im Epilog, der ja zusammenfasst, fast gefordert.
Für mich trägt das durchaus Logik in sich.


ja, damit hast du mein anfängliches Nichtgefallen und mein späteres Gefühl, das gehöre so, gut zusammengefasst.
Ich möchte aber mal diesen Moment des Innehaltens vor dem vierten Kapitel (und während ohnehin alle mit der Postkartenprosa beschäftigt sind) nutzen, um mal etwas ausführlicher auf diesen Punkt einzugehen:

Zitat:
In jedem Fall kommt rüber, dass diese Geschichte einen realen Bezug zu Deiner Person hat, es wirkt wirklich sehr beeindruckend und persönlich bezogen und ist daher, so glaube ich, keine reine Fiktion.


Natürlich speist sich dieser Text stark aus dem eigenen Erleben - gleichzeitig ist es aber eine Erzählung, und das geht immer mit einem gewissen Grat an Verfremdung einher; es fällt nur hier umso mehr auf, weil eben die Position des Ich-Erzählers und die Frage, was eine Geschichte ausmacht, offen problematisiert wird.
Ich schreibe Geschichten, seit ich schreiben kann - meine Grundschullehrerin bekam von mir eine selbst geschriebene und illustrierte Geschichte geschenkt (über Dinosaurier, was sonst). Es folgten Fantasy, Abenteuer, Science Fiction, Krimi, Kurzgeschichten, literarische Roadmovies... - alles, ohne einen Schimmer vom Schreiben zu haben.
Ich kann nicht sagen, wann genau ich diese unschuldige Beziehung zum Schreiben verloren habe, ich weiß aber, dass die Lektüre meiner sogenannten geliebten Bücher die Schuld daran trägt; Bücher, in denen sich ein Schreiben ausdrückt, das so eng mit der Biografie ihrer Autoren verwoben ist, ein gelebtes Schreiben, eines, das über das Erzählen einer Geschichte hinausgeht.
Georges Bataille hat mal geschrieben: "Wie können wir bei Büchern verweilen, zu denen der Autor nicht fühlbar gezwungen worden ist?" - und Michel Leiris vergleicht die autobiografische Literatur mit dem Stierkampf und schreibt, das Element der Selbstentblößung "verleiht seiner Kunst eine menschliche Realität und bewahrt sie davor, nichts weiter zu sein als eitle Grazie einer Ballerina".

Ob ich dem zustimme oder nicht - ich sah mich irgendwann dazu gezwungen, dieser Devise zu folgen: "Jede Verkleidung abwerfen und als Materialien nur wirkliche Tatsachen zulassen" (Leiris) - um, auch wieder irgendwann, zu begreifen, dass ich auf meiner Suche nach "wahren Sätzen" (Ingeborg Bachmann) damit nicht weiterkomme, weil die Wahrheit, nach der ich in meinen Texten suche, sich weder autobiografisch auflösen noch in Form einer Romanhandlung der Reihe nach erzählen lässt. Der Moment, in dem man vor der Größe und Erbärmlichkeit einer menschlichen Biografie steht, ist immer eine Begegnung mit Widersprüchlichem, Unaussprechlichem, Vergangenem und Gegenwärtigem, zu einem unentwirrbaren Knoten verbunden. Man steht davor wie vor einer Wand. Und vielleicht kommt daher meine Weigerung, meine Anderen zu Romanfiguren zu machen, ihre Geschichte zu erzählen, als wäre es einfach, eine Geschichte zu erzählen, und als hätte ich die Berechtigung, diese Geschichte zu erzählen, nur weil ich dabei war.
Und vielleicht ist "Vom Hörensagen" deshalb ein Experiment, weil ich mich noch nicht zu weit in das Feld der Entblößungsliteratur wagen will, weil ich mich gerne in diesem Spannungsfeld zwischen Fiktion und Nichtfiktion aufhalten möchte.
Für mein letztes Buch hatte ich einige Passagen auf Schreibmaschine getippt, mit Datum versehen und so als authentische Briefkorrespondenz 'verkleidet', ich hatte handgeschriebene Notizen eingescannt und ein Spiel mit der Authentizität dieser teilweise echten, teilweise gefälschten "Materialsammlung" aufgemacht; "Vom Hörensagen" könnte als ein weiterer Versuch in dieser Richtung verstanden werden.

So, entschuldigt bitte diesen etwas abseitigen Beitrag und wenn ich eher zur Verwirrung als zur Klärung beigetragen habe. Ich dachte, es könnte spannend sein, mal etwas zur Genese dieses Textes zu schreiben, und erst gestern hatte ich in einem alten Notizbuch diesen Eintrag vom 25. Februar 2009 entdeckt:
Zitat:
Rücklings wie ein Betrunkener kippt der verwitterte Bildstock in den Acker

Wenn man so lange Zeit mit seinen Notizen verbringt, ist es vielleicht normal, dass die Grenze zwischen Biografie und Fiktion allmählich fließend wird.

Gruß,
Klemens
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Klemens_Fitte
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Beitrag02.04.2014 19:02

von Klemens_Fitte
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Ab ins vorletzte Kapitel. Falls der Eindruck entsteht, der Text trete noch mehr auf der Stelle: Dieser Einstieg war einfach notwendig, um zum Einen den Rückbezug zum Bisherigen herzustellen, zum Anderen zum tatsächlichen 'Geständnis' überzuleiten. So jedenfalls die graue Theorie.

--

VIER


Als es bereits zur Viertelstunde läutet und immer noch kein Automobil an der Biegung der Dorfstraße aufgetaucht ist, erwähnt sie erneut, wie sehr es ihr vor dem Geschwätz der Leute graue. Es überrasche mich wahrscheinlich, sagt sie, den Blick weiterhin aus dem Stubenfenster gerichtet, dass ausgerechnet sie sich mit einem Mal um dieses, wie sie es ausdrückt, unvermeidliche Geschwätz der Leute schere. Es sei ja im Grunde, müsse man sagen, auch nicht das Geschwätz selbst, vor dem ihr derart graue – denn schließlich wisse sie nur zu gut, wie schon seit langem, seit diesem letzten Racheakt der Mutter, im Dorf über sie geschwätzt werde.

Hatte sie auch von deinen Gesprächen mit den Dörflern gewusst?

An der Tatsache, dass im Dorf nun einmal immer über irgendjemanden geschwätzt werde, sei ja ohnehin nicht zu rütteln, diese unumstößliche Tatsache gehöre eben zu den Dingen, mit denen man wohl oder übel auf dem Dorf leben müsse. Aus diesem Grund sei ihr ja auch sofort klar gewesen, dass die Geschichte mit ihrem Vater nicht mehr aus der Welt zu schaffen sei – dass alles, was sie diesbezüglich hätte sagen können, letzten Endes zu ihren Ungunsten ausgelegt worden wäre.

Was ist mehr wert, hattest du dich gefragt, die Wahrheit oder eine Rechtfertigung?

Schließlich, sagt sie, sei es ihr ja sogar zum Vorwurf gemacht worden, dass die Mutter zum Ende hin völlig apathisch auf dem Scheslon gesessen habe – sie, die Tochter, kümmere sich eben nicht ausreichend um die Mutter, vernachlässige sträflich die Pflege der Mutter, so habe es zu dieser Zeit im Dorf geheißen. Diese Vorwürfe, die man ihr hinter ihrem Rücken gemacht habe, seien sogar noch die harmloseren Äußerungen dieser falschen Schlangen gewesen, die sich doch, wie sie wisse, zuvor nie um sie oder die Mutter geschert hätten. Diese falschen Schlangen, die sich zuvor nicht einen Kehricht um sie oder die Mutter geschert hätten, seien zum Ende hin beinah täglich vor der Tür gestanden – mit der größten Selbstverständlichkeit hätten sie Tag für Tag neben der Mutter auf dem Scheslon gesessen und in einer, wie sie es ausdrückt, ungeheuren Schamlosigkeit auf diese kranke Frau eingeredet.

Deine Idee, selbst noch einmal mit der Mutter zu sprechen, hattest du ihr verschwiegen.

Seit dem Tag, an dem ihre Mutter völlig unerwartet ihr Schweigen gebrochen und diese unvollständige und somit falsche Geschichte mit ihrem Vater in Umlauf gebracht habe, habe sich das ganze Dorf mit einem Mal für die Mutter interessiert. Unter dem Deckmantel der Anteilnahme, wie sie es ausdrückt, habe das ganze Dorf wechselweise neben der Mutter auf dem Scheslon gesessen und insgeheim gehofft, der Mutter noch einmal eine Aussage entlocken zu können, sie noch einmal dazu bringen zu können, ihr jahrelanges Schweigen zu brechen – dabei habe doch, sagt sie, jedem klar sein müssen, dass die Mutter längst nicht mehr zurechnungsfähig gewesen sei.

Die Frage der Zurechnungsfähigkeit hatte sich ohnehin erst später gestellt.

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Nordlicht
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Beitrag02.04.2014 21:30

von Nordlicht
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Hi Klemens,

ich hab mir nun alles, inklusive des heute eingestellten Stücks durchgelesen und finde die Struktur deiner Erzählung wirklich interessant und auch gelungen.

Sprachlich kommt es mir vor, als ob du erst im letzten Teil den Ton richtig triffst. Ich fand zu Anfang, dass die verklausulierten Sätze und endlosen Wiederholungen der Geschichte Abbruch tun. Wiederholungen als Stilelement sind in dieser Story zwar durchaus passend, finde ich, da sich der Erzähler langsam hineinbohrt, aber konstant eingesetzt verlieren sie mE sowohl ihren Reiz als auch ihren Effekt.
Extrem langgezogen fand ich dadurch zB in Teil 1 das Gerede über die Mutter Gottes und die Weihwasserschale, oder in Teil 2 die Passage mit dem Dorfpolizisten - innerhalb von einem Absatz 4x "mich gefragt" ist mir zu viel des Guten Laughing Man kapiert's auch mit weniger Wiederholungen und weniger Ausschweifungen, und für mich verdünnst du dadurch die Essenz deiner Geschichte.

Noch mal was zum Sprachlichen: Wieso kann der Erzähler nicht einfach "Auto" sagen? Das "Automobil" fand ich sehr seltsam, sagt er wohl zu einem Handy auch "schnurloser Fernsprechapparat"?

Für meinen Geschmack könntest du die Geschichte prägnanter im Stil des jetzt zu vorletzt eingestellten Teils schließen - beim Lesen des neuesten Teils hatte ich so eine "och nö"-Reaktion, weil es nun wieder in die alte Errzählschleife verfällt und sich für mich so anfühlt, als zögerst du das Ende unnötig hinaus.

Eine Erbe ganz vom Anfang hab ich noch: die "frisch vernarbte Spur der Fahrrillen" klappt für mich nicht, da eine Narbe etwass verheiltes, zugewachsenes ist, du aber aufgerissene Erde meinst wink

Inhaltlich gefällt mir deine Geschichte, gerade auch, wie du den Leser langsam und unter wachsender Betroffenheit in das kaputte Leben der Prota im scheinheiligen Dorf einführst. Ich find's halt nur zT unnötig umständlich.


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Klemens_Fitte
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Beitrag03.04.2014 09:41

von Klemens_Fitte
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Hallo Nordlicht,

schön, dass du wieder reinschaust, und danke für deine Mühe, den gesamten Text nachzuholen.

Es macht mir zumindest mal Mut, dass du mit der Struktur und dem Inhalt dieser Geschichte etwas anfangen kannst - denn ob dieses Gerüst tatsächlich trägt, das ist für mich der Punkt, den es erst noch zu beweisen gilt. Die Sprache lässt sich überarbeiten; aber wenn es an der Grundidee mangelt, dann ist das hier ein langwieriges und kostspieliges (im Sinne von Zeit und Mühe) Experiment gewesen. Wir werden sehen.

Zur sprachlichen Umsetzung: Die Kritik an den Wiederholungen, den Schleifen ist ja schon mehrfach geäußert worden - ein bisschen habe ich Sorge, dass ich inzwischen das Bild abgebe, unbelehrbar oder sturköpfig zu sein. Ich nehme diese Kritik ernst und hoffe, dass meine Überarbeitungen das auch zeigen - es bleibt aber trotzdem eine Gratwanderung und ein vorsichtiges Annähern an den Endzustand. Ich meine: Normalerweise sollte es einfach sein, Wiederholungen in einem Text zu eliminieren - man überlegt sich ein paar Synonyme, streicht die ein oder andere überflüssige Passage, fertig. Bei diesem Text funktioniert das so leider nicht. Ich möchte dazu gleich noch etwas ausführlicher werden - nicht unbedingt, um mich zu rechtfertigen, sondern weil ich erstens glaube, dass ein "Danke für die Kritik, ich schau mal, wie ich das umsetzen kann" der Mühe des Kritikers nicht gerecht wird und ich zweitens auch einen kleinen Einblick in meine Arbeitsweise geben will; davon würde ich hier in der Werkstatt ohnehin gerne mehr lesen.

Zunächst aber kurz zu deiner Detailkritik:

Zitat:
Wieso kann der Erzähler nicht einfach "Auto" sagen? Das "Automobil" fand ich sehr seltsam, sagt er wohl zu einem Handy auch "schnurloser Fernsprechapparat"?


Ja, das leidige Automobil. Das ist eine Entscheidung, die ich wirklich nicht zufriedenstellend erklären kann. Es fühlt sich einfach immer falsch an, wenn ich "Auto" schreibe, zumindest in diesem Text. Und nein, ich persönlich verwende "Automobil" natürlich nicht in meiner Alltagssprache. Aber hier muss das so, finde ich.

Zitat:
Eine Erbe ganz vom Anfang hab ich noch: die "frisch vernarbte Spur der Fahrrillen" klappt für mich nicht, da eine Narbe etwass verheiltes, zugewachsenes ist, du aber aufgerissene Erde meinst


Hm, ich wollte eigentlich den Eindruck vermitteln, dass die Spur der Fahrrillen Tage später eben nicht mehr so deutlich zu erkennen ist, die 'Vernarbung' also bereits begonnen hat. Vielleicht ist 'frisch vernarbt' dafür aber wirklich schon zu endgültig - ich überlege mir was. Danke für den Hinweis.

So, und jetzt zu den Wiederholungen:

Zitat:
Sprachlich kommt es mir vor, als ob du erst im letzten Teil den Ton richtig triffst.


Damit meinst du, glaube ich, den 8. Teil, richtig? Ich stelle mal zwei Absätze aus Teil 8 und Teil 2 (die berüchtigte Muttergottes in der überarbeiteten Version) nebeneinander, um mein Problem beim Überarbeiten zu veranschaulichen.

Zitat:
Die Hassliebe zu den heiligen Frauen hätte sie gerne, wie sie mir damals gestanden hatte, in den Spielen mit den Nachbarsjungen ausgelebt – hätte in diesen Spielen zu gerne die heilige Barbara gegeben, die von ihrem Vater wahlweise in deinen Turm eingeschlossen oder an die Heiden ausgeliefert worden war. Damals habe sie unablässig versucht, ihre eigene Fremdheit, ihr Unglück, wie sie es ausgedrückt hatte, durch die fixe Idee einer Vorbestimmung, eines Martyriums zu adeln oder zumindest erträglich zu machen. Die Vorstellung, für ein schreckliches und somit erhabenes Schicksal auserwählt zu sein, sei in dieser Zeit zu einer fixen Idee geworden. In Wirklichkeit, hatte sie mir erzählt, habe sie sich dann damit begnügen müssen, sich von diesen kleinen Cowboys und Indianern mit ungelenken Kinderfingern an den Marterpfahl binden zu lassen, sich die Augen verbinden zu lassen und gelangweilt auf ihre unvermeidliche Befreiung zu warten, die keine göttliche, sondern eine stets eine sehr irdische gewesen sei – und habe doch heimlich, hinter geschlossenen Lidern, wieder und wieder vom Märtyrertod geträumt.

Zitat:
Seit Jahr und Tag, sagt sie, gehe sie schon durch diese Stubentür ein und aus, das Fehlen der Muttergottes mit der Weihwasserschale sei ihr aber erst kürzlich aufgefallen – dabei müsse sie schon seit Jahr und Tag verschwunden sein, müsse seit Jahr und Tag lediglich ein Trugbild, das Überbleibsel einer kindlichen Erinnerung gewesen sein. Und jetzt, sagt sie, ohne den Blick von der Biegung der Dorfstraße abzuwenden, lasse ihr der Gedanke an die Muttergottes mit der Weihwasserschale keine Ruhe mehr. Dieses abrupte Auftauchen der Muttergottes vor ihrem, wie sie es ausdrückt, geistigen Auge bringe sie Nacht für Nacht um den Schlaf – bringe sie dazu, Nacht für Nacht ins Dunkel der Schlafstube zu starren, wo sie immerzu diese Muttergottes vor ihrem geistigen Auge sehe. Und auch jetzt, sagt sie, dränge diese Muttergottes mit der Weihwasserschale ja geradezu gewaltsam in das Geständnis, das sie eigentlich vor mir habe ablegen wollen, was doch das Mindeste sei.


Man sieht natürlich auf den ersten Blick, dass sich der Faden der Erzählung im obigen Abschnitt wesentlich geradliniger entwickelt, während es im unteren Abschnitt doch einige Knoten und Schleifen gibt. Das ist allerdings nicht nur eine Frage der sprachlichen Umsetzung, sondern eben auch dem jeweiligen Erzählmodus geschuldet. Das Herantasten, das Annähern liegt im obigen Abschnitt schon mehrere Jahre zurück, es gab schon Gelegenheit, das Erzählte zu ordnen, auf den Kern zu reduzieren, in eine greifbare Erinnerung umzuwandeln - während dieser Prozess im unteren Abschnitt ja gerade erst stattfindet.
Die blau markierten Wörter im obigen Abschnitt sind die einzige echte Wiederholung, die andeutet, dass hier eine Gedanke noch einmal erweitert wird oder noch einmal zu einem Erklärungsversuch angesetzt wird.
Im unteren Abschnitt habe ich mal exemplarisch die Wiederholung von "Seit Jahr und Tag" und der "Muttergottes", mit oder ohne Weihwasserschale, markiert, in unterschiedlichen Farben, weil die Gründe der Wiederholung nicht unbedingt die gleichen sind; die rot markierten Wiederholungen sind nicht zu umgehen, weil der Text ohne sie keinen Sinn ergäbe. Normalerweise würde man sich jetzt einfach zwei oder drei Synonyme für die Muttergottes zurechtlegen (das Bildnis der heiligen Frau, die Devotionalie, etc.) - das verbietet aber die Grundstruktur dieses Textes, die ja auf der wörtlichen Wiederholung ihrer Motive besteht.
Was die blau markierten Wiederholungen angeht, ist es eben so, dass jedes "Jahr und Tag" einen anderen Aspekt beschreibt beziehungsweise das Ansetzen eines neuen oder erweiternden Gedankens.

Ich behandle diesen Text beim Überarbeiten tatsächlich wie eine Marmorskulptur, in dem Sinne, dass ich mir bei jedem Streichen einer Wiederholung (bei jedem Abmeißeln von Material) genau überlegen muss, ob der Schlag wohlbemessen oder überhastet ist - weil ich glaube, dass in diesem Fall das, was gestrichen wird, nicht mehr wieder angefügt werden kann. Dass es trotzdem besser wird - was sowohl die Wiederholungen als auch die Schachtelsätze angeht - zeigen, hoffe ich, meine Überarbeitungen, denn der grade zitierte Absatz las sich anfangs ja noch so:
Zitat:
Obwohl sie seit Jahr und Tag durch diese Stubentür ein und aus gehe, wie sie es ausdrückt, sei ihr das Verschwinden der Muttergottes mit der Weihwasserschale erst kürzlich aufgefallen, dabei müsse diese Muttergottes mit der Weihwaserschale schon seit Jahr und Tag verschwunden sein, über Jahr und Tag müsse diese Muttergottes mit der Weihwasserschale lediglich eine Einbildung, das Überbleibsel einer kindlichen Erinnerung gewesen sein, das ihr jetzt, nach Jahr und Tag, wieder in den Sinn gekommen sei. Seit ihr kürzlich die leere Stelle am Türrahmen der Stubentür aufgefallen sei, sagt sie, ohne den Blick von der Biegung der Dorfstraße abzuwenden, lasse ihr der Gedanke an die Muttergottes mit der Weihwasserschale keine Ruhe mehr, mehr noch, dieses abrupte Auftauchen der Muttergottes vor ihrem, wie sie es ausdrückt, geistigen Auge bringe sie mittlerweile Nacht für Nacht um den Schlaf. Und auch jetzt, sagt sie, dränge diese Muttergottes mit der Weihwasserschale ja geradezu gewaltsam in das Geständnis, das sie eigentlich vor mir habe ablegen wollen, was doch, wie sie es ausdrückt, das Mindeste sei. Es sei doch das Mindeste, sagt sie, mir gegenüber ein umfassendes Geständnis abzulegen, denn immerhin sei ich es, der mit ihr zusammen auf das Automobil warte, das sicherlich jeden Moment an der Biegung der Dorfstraße auftauchen werde.


Lange (sehr lange) Rede, kurzer Sinn: Ich arbeite daran, es ist nur leider nicht so einfach, wie ich es gerne hätte. Und es ist mir bewusst, was ich meinen Lesern hier zumute.
That being said, ich denke, dass der Anfang von Kapitel Vier tatsächlich nur ein kurzer Rückfall ist, ein notwendiger Brückenschlag - es wird jetzt wieder gradliniger, versprochen.

So, das hat mich jetzt vier Tassen Kaffee gekostet, und ich habe trotzdem das Gefühl, noch Einiges vergessen zu haben. Ich reiche es nach.

Gruß,
Klemens
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Soraja
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DSFx


Beitrag03.04.2014 11:11

von Soraja
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Lieber Klemens Fitte,

schon die viele Mühe und die Liebe, die du zu den Kritikern und zu deinem Text zeigst, führen dazu, dass ich dich echt bewundere. Dein Text wird mit jeder Seite spannender, und ich freue mich auf neue Seiten.

Er ist zwar immer noch nicht die ganz leichte Kost, aber das soll er ja auch nicht werden oder? Zum jetzigen Zeitpunkt muss ich nicht jeden Absatz drei Mal lesen um ihn zu verstehen, und es macht immer mehr Spaß mit zu lesen.


LG Soraja


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Klemens_Fitte
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Beitrag03.04.2014 14:10

von Klemens_Fitte
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Liebe Soraja,

wow, was soll ich dazu sagen? Vielen Dank für deine netten Worte, ich fühle mich ehrlich geschmeichelt.
Die ganzen Kommentare hier haben mir dermaßen weitergeholfen, sowohl beim Überarbeiten als auch, was mein eigenes Verständnis dieses Textes angeht - da möchte ich eben auch etwas zurückgeben.

Soraja hat Folgendes geschrieben:
Er ist zwar immer noch nicht die ganz leichte Kost, aber das soll er ja auch nicht werden oder?


Ich denke, dass die Art, wie ich diese Geschichte erzähle, einfach eine gewisse Komplexität bedingt. Ich möchte aber nicht bewusst anstrengend oder kompliziert schreiben, weil ich denke, dass diese Geschichte auch auf einer einfachen emotionalen Ebene funktionieren kann. Deshalb nehme ich den Punkt
Nordlicht hat Folgendes geschrieben:
Ich find's halt nur zT unnötig umständlich.

durchaus ernst bzw. versuche, diesen Eindruck zu vermeiden. Denn letztendlich geht es, wie du sagst, tatsächlich um den Spaß am Lesen - und es freut mich, dass du den gefunden hast.

Gruß,
Klemens
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Nordlicht
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Beitrag05.04.2014 01:16

von Nordlicht
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Zur sprachlichen Umsetzung: Die Kritik an den Wiederholungen, den Schleifen ist ja schon mehrfach geäußert worden - ein bisschen habe ich Sorge, dass ich inzwischen das Bild abgebe, unbelehrbar oder sturköpfig zu sein.


Ich hab die andern Kommentare gar nicht gelesen, aber selbst wenn - was man an seinem Text ändert und was man bestehen lässt, sollte sich ja trotzdem nach dem eigenen Empfinden richten. smile

Zitat:
So, und jetzt zu den Wiederholungen:

Zitat:
Sprachlich kommt es mir vor, als ob du erst im letzten Teil den Ton richtig triffst.


Damit meinst du, glaube ich, den 8. Teil, richtig?


Ja, genau.

Zitat:
Lange (sehr lange) Rede, kurzer Sinn: Ich arbeite daran, es ist nur leider nicht so einfach, wie ich es gerne hätte.


Ja, wer von uns kennt das nicht Laughing


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Klemens_Fitte
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Beitrag07.04.2014 11:51

von Klemens_Fitte
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Ach Leute, da kündige ich so vollmundig an, dass es jetzt in den Schlussspurt geht, und dann muss ich doch nochmal kurz innehalten; die Betonung liegt tatsächlich auf 'kurz', aber irgendwie konnte ich mich dem Reiz dieses Cliffhangers nicht entziehen.

Ich freue mich, wie immer, auf eure Kommentare.

__

Mit voller Absicht, sei ihr heute klar, habe die Mutter bis kurz vor dem Ende gewartet, um ihr Schweigen zu brechen – um sich nach ihrem Ausbruch endgültig in die Krankheit und somit in die Verantwortungslosigkeit flüchten zu können, wie sie es ausdrückt. Es sei schließlich schon immer die einzige Sorge der Mutter gewesen, vor den Anderen ihr Gesicht nicht zu verlieren, stets sei die Mutter darum bemüht gewesen, ihr Schweigen und somit ihr Gesicht zu wahren – und vielleicht, sagt sie, wäre es auch besser gewesen, die Mutter hätte es dem Vater gleich getan und alles Weitere mit ins Grab genommen, statt ihr wahres Gesicht erst zu zeigen, als es bereits zu spät gewesen sei.

Dein Zweifel, ob nicht auch du zu spät gekommen warst.

Jahrelang habe sie vergeblich darauf gehofft, die Mutter würde selbst reinen Tisch machen, würde sich der Verantwortung stellen, sich der Geschichte mit dem Vater stellen und sie, die Tochter, somit endlich davon befreien. Als die Mutter aber die ersten Symptome ihrer Krankheit gezeigt habe, sei ihr schlagartig bewusst geworden, dass es jetzt um sie, die Tochter, geschehen sei. Die plötzliche Hilfsbedürftigkeit der Mutter habe sie endgültig, wie ihr schon damals klar gewesen sei, zum Dorf verdammt.

Den Gedanken, dass sie dir andernfalls in die Stadt gefolgt wäre, hattest du erneut verworfen.

Bisweilen habe sie es damals für einen perfiden Plan der Mutter gehalten, ihr, der Tochter, zum Ende hin auch noch diese Last der Pflege aufzubürden. Die Mutter, sagt sie, habe doch trotz ihres geistigen Verfalls genau erkannt, wie abhängig sie von der Tochter und somit die Tochter von ihr geworden sei, habe keine Gelegenheit ausgelassen, diese Abhängigkeit zu ihren Gunsten auszunutzen. Nicht selten, sagt sie, habe sie damals während der Morgentoilette neben der Mutter gestanden, sei gewissermaßen an der Weigerung der Mutter verzweifelt, sich das Nachthemd aus- oder die Bluse anzuziehen. Wieder und wieder habe sie neben der Mutter am Mittagstisch gesessen und das Glas wieder aufgestellt, das die Mutter, ohne eine Miene zu verziehen, mit einer gezielten Handbewegung umgestoßen habe. Wieder und wieder, sagt sie, habe sie auf die dampfende Suppe im Suppenlöffel gepustet, bis ihr schwindlig geworden sei.

Unwillkürlich hattest du mit der flachen Hand über den Stubentisch gestrichen.

Zum Ende hin, sagt sie, habe es der Mutter eine perverse Freude bereitet, sich den einfachsten Anweisungen und Bitten zu verweigern, ihr Tag für Tag das Leben schwer zu machen, wie sie es ausdrückt – bis sie am Ende hinter jeder Regung der Mutter eine versteckte Boshaftigkeit vermutet habe. Nicht ohne Grund, sagt sie, habe sie sofort eine böse Vorahnung überkommen, als die Mutter wie aus heiterem Himmel den Wunsch geäußert habe, noch einmal, so die Worte der Mutter, auf die Heiligblut-Wallfahrt zu gehen. Es sei dieses unheilvolle Noch einmal der Mutter gewesen, sagt sie und fragt, den Blick weiterhin aus dem Stubenfenster gerichtet, ob ich mich noch diese gemeinsame Heiligblut-Wallfahrt erinnern könne.

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Beitrag07.04.2014 22:31

von EWJoe
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Servus Klemens,

100% Fitte. Klasse. Hat die gewohnte Struktur und Rhythmus und fügt sich daher sehr gut ins Ganze.
Eine Punkt vielleicht:
Zitat: "Zum Ende hin, sagt sie, habe es der Mutter eine perverse Freude bereitet..." Das Wort pervers kommt mir nicht perfekt vor - es trifft zwar, aber eben nicht 100%. Vielleicht perfide? Naja ist wahrscheinlich nur Geschmackssache.

Wieder gern gelesen.

LG
EWJoe


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Soraja
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DSFx


Beitrag08.04.2014 10:12

von Soraja
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EWJoe hat Folgendes geschrieben:
Servus Klemens,

100% Fitte. Klasse. Hat die gewohnte Struktur und Rhythmus und fügt sich daher sehr gut ins Ganze.
Eine Punkt vielleicht:
Zitat: "Zum Ende hin, sagt sie, habe es der Mutter eine perverse Freude bereitet..." Das Wort pervers kommt mir nicht perfekt vor - es trifft zwar, aber eben nicht 100%. Vielleicht perfide? Naja ist wahrscheinlich nur Geschmackssache.

Wieder gern gelesen.

LG
EWJoe



Hallo Klemens und EWJoe,
mir geht es mit dem Wort pervers genau wie dir, allerdings eher aus dem Grund, dass ich finde es passt irgendwie nicht zu ihrem Wortschatz. Für mich wäre  "niederträchtig" passender.


Ja, ich habe es auch gerne gelesen.
LG Soraja


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