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Le travail de la nuit

 
 
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Taugenichts
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 38
Beiträge: 1201



Beitrag26.11.2007 22:58
Le travail de la nuit
von Taugenichts
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Le travail de la nuit





Der Geruch vom brackigen Wasser mischte sich mit dem einer selbstgedrehten Zigarette, noch war es Nacht, aber bald würde der Tag heranbrechen. Die beiden Schlosstürme ragten steif und kalt in das nächtliche Bild des Hafens. Hatte ich sie hier nicht das erste mal getroffen? Ja, ich erinnerte mich. Sie trug das selbe rein weisse Kleid.
Ich dachte mir, dass ich sehr traurig sein müsste, aber da war nicht viel. Angst davor erwischt zu werden, vielleicht eine gewisse Wehmut und immernoch Enttäuschung. Aber genau genommen dachte ich recht wenig als ich dort stand. Ich starrte nur leer meinen Hafen an, die Bote die verlassen in dem schmutzigen Wasser trieben, wie tote Körper. Das harte Steinpflaster, nass von einem Regen früher in dieser Nacht. Vor mir das Ende der Promenade, gesäumt von stumpfen und angerosteten Metallbegrenzungen. Dann nahm ich ihren leblosen Körper, hievte ihn mir auf die Schultern und warf ihn ins Meer. Ich küsste sie nicht ein letztes mal, ich sah sie mir nicht ein letztes mal genau an, alles was ich sah war mein Hafen und ein wenig später, die ersten roten Strahlen des neuen Tages.



"Sagen sie, wieso bin ich denn nicht für sie geeignet?"
Ich sagte ihm, dass die Firma nun einmal gewisse Ansprüche an den Charakter eines Menschen stelle und er diesem Muster ganz einfach nicht entspreche.
"Aber bitte, ich meine ich kann mich ändern, ich bin bereit so zu werden wie ich muss."
Ich wiederholte nun zum dritten Mal, dass ich nicht die Firma sei und leider nicht die Regeln ändern könne. Ich machte ja auch nur meinen Job. Ich verdiente ja auch nur Geld. So wie er das auch wollte. Ich hatte ja auch gesucht.
"Das ist doch scheisse." Blaffte er wütend. "Wenn sie einem nicht einmal eine Chance geben. Ich finde es eine Frechheit, dass sie nicht einmal erklären, welche Eigenschaften sie denn suchen oder wie ihr Muster aussieht!"
Ich sagte ihm, selbst wenn ich das ebenfalls eine Frechheit fände, so könnte ich ihm dennoch nicht helfen, da ich nicht zu bestimmen hatte, was richtig und was falsch war.
"Ja aber sind sie denn kein Mensch!? Sie können doch auch selbst denken."
Ich antwortete, dass ich in meiner Freizeit gerne selbst dachte und verabschiedete ihn dann bestimmt.
Diese Gespräche waren für mich mindestens so ermattend, wie für sie enttäuschend und ich konnte ihnen ja auch nicht helfen und ich wollte auch nicht.
Ein Mal, da hatte ich es gemacht. Ich hatte einem einfach ehrlich gesagt, dass er mir egal war, das seine Belange mich nicht interessierten, das mich sein Betteln anwiderte und ich nicht für ihn verantwortlich war. Er hatte geschrieen, er würde sich bei irgendeiner Kommission beschweren oder so etwas.
Dann hatte er die Tür zugeschmissen und war lautstark den weissen Flur entlangepoltert, vorbei am Empfangsbereich, wo er noch die Empfangsdame beleidigte.
Vermutlich hatte er dann am Abend viel getrunken und vielleicht geweint, beschwert hat er sich jedenfalls nie. Und selbst wenn, es hätte niemanden interessiert. Es war hart, aber es war so.
Ich war kein Unmensch, es interessierte sich niemand für seine Belange, warum hätte es das auch sollen?
Ich arbeitete noch einige Stunden, führte noch einige Gespräche, dann war Feierabend und ich konnte nach Hause. Doch das war mir egal.
Ich nahm den braunen Hut vom rechten Rand meines leeren Schreibtisches und vom Ständern neben der Eingangstür die teure, schwarze Jacke, die ich mir einmal von meinem Weihnachtsgeld gekauft hatte. Ich verabschiedete mich von der Dame am Empfang und stieg in mein Auto.
Es war ein altes Auto und so sah es auch aus. Es war in einem dunklen Blau lackiert, die Scheinwerfer starrten allesamt vor Dreck und auf der Frontscheibe schien eine Kolonie von Tauben kurz nach der Mittagszeit genistet zu haben.
Der Himmel war schon sehr dunkel geworden und die Sonne sah man nirgendwo mehr aufblitzen. Gerade als ich losfuhr schalteten sich auch schon die Strassenlampen ein und tauchten den Abend in das übliche, monotone, gelbe Licht.
Nach der Hälfte des Weges, den ich in etwa 11 Minuten zurückgelegt hatte, musste ich plötzlich anhalten, da sich vor mir die Autos stauten.
Erst als ich langsam näher kam sah ich, dass sich weiter vorne ein Unfall ereignet hatte.
Langsam und gemächlich schoben sich die anderen Wagen vorwärts und als ich mich dann endlich am Unfallort vorbeitasten konnte, sah ich, dass es ein schwerer Unfall gewesen war.
Zwei Autos mussten frontal ineinander gerast sein und aus der Frontscheibe des einen rann eine blutigweisse Masse, die wohl einmal der Körper eines Menschen gewesen war. Es hätte schlimm sein sollen, aber es war mir egal. Ich dachte, das war das Leben. Dann fuhr ich weiter.
Am Strassenrand sah ich einen Freund von mir, der unter einer Laterne mit einen schlampig aussehenden Mädchen redete, er winkte und ich winkte ihm auch. Aber ich hielt nicht an, da ich nicht reden wollte.
Zu Hause rauchte ich eine Weile und sah Fernsehen, nebenbei las ich eine Zeitschrift und überflog einige Artikel, es war schon spät und meine Augen rutschten nur noch träge über die Buchstaben.
Auf der rechten Seite war ein Artikel über ein paar Jugendliche die einen alten Mann getötet hatten, nachdem sie bei ihm eingebrochen waren. Der Mann hatte sich nicht gewehrt, bis einer der jungen Männer ihn zwingen wollte, zusätzlich zu seinen anderen Wertsachen, seinen Ehering herzugeben.
Ich dachte, dass ich meinen hergegeben hätte, wenn ich einen gehabt hätte. Auf der linken Seite wurde ein Mittel gegen Inkontinenz unter der Überschrift "Ohne Harndrang lebt's sich leichter" angepriesen.
Es hiess Prostagut forte, aber ich dachte das war retard. Dann legte ich die Zeitschrift beseite, trank einen Schnapps und legte mich schlafen.
Etwa zwei Stunden lag ich wach, doch dann schlief ich ein und träumte wirre und anstrengende Bilder, bis in die frühen Morgenstunden.
Am nächsten Morgen machte ich mir einen heissen Kaffee, schwarz und rauchte, während das Wasser durch den Filter lief.
Der Morgen war still, was mir auf der einen Seite sehr gut gefiel, auf der anderen aber auch nicht, da ich dann immer in Gedanken versank. Nachdenken gehörte nicht mehr zu den Dingen die mir große Freude bereiteten. Meistens wurde ich davon nur traurig oder kam zu keinem echten Ergebnis. Am Ende laugte es nur aus, sich und sein Leben zu hinterfragen, man hatte die Karten vom Leben auf die Hand bekommen, die man hatte und nichts liess sich daran mehr ändern.
Auf dem Weg zur Arbeit sah ich, dass immernoch dunkelrote Flecken und Glassplitter als Beweis für den Unfall vom Vortag auf der Strasse lagen.
So schnell wurden die Leute vergessen, heute noch ein paar Spuren, Morgen würde nichts mehr davon Zeugen, dass sich hier für ein paar Menschen und die Menschen um sie eine Katastrophe ereignet hatte. Der Regen wusch alles fort, schneller als man es dachte oder vielleicht sogar schneller als man es sich wünschte. Wer würde schon an mich denken, aber ich dachte so ist das Leben.
In der Firma stellte sich schon am frühen Morgen eine sehr sympathische und attraktive junge Frau vor, um sich für eine Stelle zu bewerben.
Ich schwitzte, da es sehr heiss war und sie schwitzte auch. Ihr Kleid klebte an ihrem warmen Körper und meine Augen wollten sich nur schwer von ihr wegbewegen lassen.
Ihre Zeugnisse waren gut, obwohl mir das bereits egal war. Sie passte in die Firma und mir gefiel der Gedanke, sie öfter zu sehen. Ich lächelte. Sie wirkte nicht besonders selbstbewusst, eher wie ein einfaches gutes Mädchen und es gefiel mir.
Ich hätte sie gerne gefragt, ob sie mit mir ausgehen wolle, doch da ich bei der Arbeit war, wollte ich mir diese Blöße nicht geben. Dass ich sie so oder so eingestellt hätte, war bereits grenzwertig genug. Sie war auch nur Fleisch.
Am Ende des Gesprächs liess sie ihre Unterlagen auf meinem Tisch liegen und ich verabschiedete sie mit einem "wir melden uns bei ihnen". Sie lächelte schüchtern und ich liess mich ebenfalls zu einem Lächeln herab.
Es passte gar nicht zu mir, aber dieses Mädchen hatte mich gereizt. Das war lange nicht mehr passiert.
Den ganze Abend über rauchte ich und dachte an das Mädchen. Wenn ich mehr zu tun gehabt hätte, hätte ich sie wohl schnell vergessen, so aber fiel es mir überaus schwer mich abzulenken. Immer wieder tropften sexuelle Vorstellungen in meine Gedanken, immer spielte ich mit ihr.
Der Schweiss rann auf meine dunkle Ledercouch, die klebrig davon wurde.
Eine ungute Hitze umflorte meine Stirn und mein ganzes Wohnzimmer wurde ein wenig lüstern und obszön davon. Ihre Schüchternheit machte mich rasend, es gefiel mir.
Ich trank ein Glas Rotwein, um mich ein wenig zu beruhigen, was auch wunderbar funktionierte. Dann hörte ich ein wenig Musik mit meinem Schallplattenspieler zur Zerstreuung und ging dann früh schlafen. Der Schlaf war tief und ruhig wie selten.
Die nächsten Tage waren erleichternd gleichförmig in der Firma und da ich einige größere Ereignisse in La Rochelle in der Zeitung verfolgen konnte, liessen sich auch die Gedanken an das Mädchen gut verdrängen.
Bei einer größeren Lieferung aus Afrika, war am Hafen ein Schiff gekentert und samt seiner Ladung untergegangen, die Gendarmerie war sich unsicher, ob es sich um einen Anschlag oder einen Unfall handelte und die Ermittlungen wurden en Detaille in der Zeitung beschrieben.
Die ganze Woche war kein einziger Arbeiter unter den bei mir vorstelligen Leuten, den ich hätte einstellen können. Nur Taugenichtse und Versager, die alle elendig bettelten, so dass ich trotz der Ruhe oft gelangweilt und genervt war. Also beschloss ich an einem Freitagabend am Hafen spazieren zu gehen.
Es war recht spät, doch da ich ein wenig früher Schluss gemacht hatte, war die Sonne noch nicht untergegangen.
Erst langsam senkte sie sich und der Anblick des Hafens war sehr schön. Ich stand am unteren Ende, direkt am Meer und betrachtete die rot angestrahlte Szenerie.
Die beiden Schlosstürme, links und rechts und ganz rechts ein Wald aus Schiffmasten Dort, wo die die anliegenden Schiffe vor Anker lagen. Das Meer war sehr ruhig und hatte eine wunderschöne grünrote Farbe durch den Sonnenuntergang.
Ein paar Pärchen waren ebenfalls stehengeblieben um das Panorama zu geniessen. Eine einzelne Möwe segelte über den Hafen und dann sah ich sie.
Das Mädchen, dass ich vor wenigen Tagen eingestellt hatte und sie stand ganz allein vorne bei dem linken der beiden Schlosstürme. Ihr blondes, langes Haar glänzte in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne.  
Sie trug ein langes weisses Kleid und auch wenn ich sie in der vergangenen Woche verdrängt hatte, überfiel mich meine Leidenschaft für ihr ruhiges und zerbrechliches Aussehen sofort, als ich sie alleine dort stehen sah.
Ich fragte mich, ob ihr Begleiter wohl nur kurz fortgegangen war, um etwas zu trinken oder zu essen zu besorgen und als ich sie dort, schön wie sie war, stehen sah, wurde ich mir sehr sicher, dass sie in Begleitung eines Mannes sein musste.
Eine so schöne junge Frau konnte unmöglich alleine am Hafen herumstehen. So viel Glück konnte ich unmöglich haben.
Aber als nach fünf Minuten noch immer keine starke Hand um ihre Hüfte gelegt war, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und ging zu ihr hin. Als ich direkt hinter ihr stand stockte ich.
Mir fiel nicht ein wie ich mich verhalten könnte, meine Hand streckte sich aus, aber ich nahm sie zurück, ich konnte sie nicht einfach betatschen. Mein Mund öffnete und schloss sich wieder, doch dann drehte sie sich um. Sie lächelte. Das befreite mich ein wenig aus meiner Starre und ich konnte ein "Hallo Fräullein" hervorwürgen. Sie erkannte mich und sagte:
"Ah, sie sind doch Herr Rigot, sie haben mich eingestellt!"
"Nennen sie mich doch bitte Pierre"
"Oui, Pierre und ich bin Jaqueline"
"Jaqueline Maveaux, ein schöner Name"
Dann fragte sie was ich allein am Hafen machen würde. Ich schilderte ihr, dass die vergangene Woche sehr langweilig gewesen war und ich mich beim Anblick des Hafens gut zerstreuen konnte. Das machte ihr Lächeln noch breiter und sie plapperte strahlend hervor:
"C'est fantastique! Ich liebe diesen alten Hafen ebenfalls, schon als Kind bin ich oft mit meiner Mutter hier entlang spaziert und noch heute komme ich sehr gerne in meiner freien Zeit hierher."
Ich fragte sie, ob sie alleine sei und als sie ja sagte machte mein Herz einen kleinen Sprung. Dann bemerkte ich, wie sehr ich vor Aufregung schwitzte, wischte mir hastig über die Stirn und stotterte leicht, als ich sie fragte ob sie noch Lust habe ind ein Cafe zu gehen.
Sie lächelte auf eine Art, die ich nicht recht deuten konnte, wollte aber gerne mitkommen.
Wir schlenderten den Hafen entlang und in eine Seitenstrasse, dort kannte ich ein nettes Cafe, in dem ich schon öfter gewesen war. Wir setzten uns vor dem Cafe an einen der kleinen, runden Tische, ich bestellte ein Glas Wein und sie bestellte einen Milchkaffee.
Wir redeten sehr entspannt und sie lächelte viel. Ich schwitzte nicht mehr, aber mein Herz schlug noch immer schnell. Sie war wunderschön, ihr Haar wallte träumerisch um ihren Kopf und ihre herrlich grünen Augen gaben ihrem Gesicht einen geheimnisvollen Ausdruck. Ihr lächeln konnte ich noch immer nicht recht deuten, doch es wirkte manchmal fast, als blitze doch eine gewisse Überlegenheit daraus hervor. Ich wurde nicht schlau aus dem Zusammenspiel ihrer schüchternen Art und der forschen Sprechweise, die so gut zu diesem gewitzten Lächeln passte.
"Ich möchte ihnen noch danken, dass sie mich eingestellt haben"
"Haben sie wohl etwas dagegen wenn wir uns duzen?"
"Non Pierre"
"Bonne. Und ich habe dich eingestellt, weil du hervorragende Referenzen besitzt und gut in die Firma passt, du musst dich nicht dafür bedanken!>>
"Merci Pierre."
Er sah ihr tief in die Augen, er wusste das er sich in sie verliebt hatte. Und das er sie wiedersehen wollte.



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Taugenichts
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Beitrag27.11.2007 02:08

von Taugenichts
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Achja, falls es jemandem gefallen sollte:
Das ist die erste Version der Geschichte, als reine Kurzgeschichte gedacht, ... man wird direkt in die Handlung geworfen und verlässt sie eben so abprupt wieder.
Ich habe aber auch noch eine Fortsetzung geschrieben, die noch weiter auf die Psyche des Hauptcharakters eingeht und die Vorgänge schildert, die zu dem Mord führen, die ich auf Verlangen noch posten könnte!


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aLiFeOnCeLoSt
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Beitrag27.11.2007 18:43

von aLiFeOnCeLoSt
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hey taugenichts...also mir gefällt deine geschichte und ich würde gern auch die fortsetzung lesen... smile

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du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu!"
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Eireena
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Beitrag29.11.2007 11:05

von Eireena
Antworten mit Zitat

Hallo Taugenichts!

Habe lange überlegt, warum mir der Anfang Deiner Geschichte nicht so recht gefällt.
Es liegt hautpstächlich daran, dass ich erst im dritten Satz erfahre, dass die Szenerie am Hafen ist. Am Anfang, dachte ich, der brackige Wassergeruch kommt aus einem abgestanden Glas, einer Badewanne – ist auf jeden Fall innerhalb einer Wohnung zu orten. Dadurch wirkt der Anfang dann ein wenig gestelzt und konstruiert.
Ich fände es besser wenn Du mit dem „Die beiden Schlosstürme ragten steif und kalt in...“ beginnen würdest. Aber auch mit dem Satz habe ich ein Problem, nämlich mit dem „nächtlichen Bild des Hafens“. Erstmal ist es doppelt gemoppelt, da Du ja einen spearaten Satz für die Tageszeit hast (..., noch war es Nacht...“) und nächtliches Bild so ein bisschen klingt, wie aus der Affaire gezogen, Du musst jetzt nicht beschreiben, wie so ein nächtliches Bild aussieht, leider kann ich es mir als Leser auch nur vage vorstellen.

Zitat:
Sie trug das selbe rein weisse Kleid.

Rein weiße Kleid klingt etwas merkwürdig, vielleicht weil „rein“ auch als Partikel verwendet wird, „rein gar nichts“ etc.

Drei kleine Flüchtigkeitsfehler sind mir im ersten Teil aufgefallen:

Zitat:
immernoch
  wird auseinander geschrieben
Zitat:
Bote
  sind Boote.
Zitat:
letztes mal
wird Mal hier nicht groß geschrieben?

Das Bild, dass die Boote wie tote Körper im Wasser treiben gefällt mir!

Soviel zum ersten Teil. Den jetzt folgenden Bruch finde ich nicht deutlich genug. Der Leser denkt – jedenfalls ich – dass die Geschichte an dem selben Morgen im Büro weitergeht. Dabei ist es eine Rückblende. Ein Aha-Effekt ist für den Leser natürlich immer etwas Nettes, aber hier fühle ich mich einfach nur schlecht informiert, wenn es erst später deutlich wird. Vielleicht könntest Du mit irgendeinem Satz, muss ja nicht so etwas sein wie „ Vor zwei Monaten hatte alles begonnen“, aber vielleicht gibt’s ja etwas literarisch anspruchsvolleres und netter klingendes, um das zu verdeutlichen Wink

Zitat:
"Sagen sie, wieso bin ich denn nicht für sie geeignet?"


Bei dem Dialog habe ich mich gefragt, ob ein einfacher Hafenarbeiter fragen würde, warum er für jemanden nicht geeignet sei, sondern eher „Warum wollen Sie mich denn nicht haben?“ „Was haben Sie gegen mich?“ „Was haben Sie an mir auszusetzen“ i

Zitat:
"Das ist doch scheisse." Blaffte er wütend. "Wenn sie einem nicht einmal eine Chance geben. Ich finde es eine Frechheit, dass sie nicht einmal erklären, welche Eigenschaften sie denn suchen oder wie ihr Muster aussieht!"

Das kommt mir auch etwas zu reflektiert vor. Könnte er nicht nach „Das ist eine Frechheit!“ einfach aufhören, sich zu beschweren, ohne noch mal auf die fehlenden Erklärung einzugehen. Ist eine Frechheit, dass er keine Chance bekommt.

Zitat:
Ich antwortete, dass ich in meiner Freizeit gerne selbst dachte und verabschiedete ihn dann bestimmt.

Insgesamt ein schöner Dialog, der mich zum Schmunzeln gebracht hat, vor allem der Satz ..

Seine Heimfahrt und den Abend zu Hause finde ich gut beschrieben. Du charakterisierst Deinen „Helden“ nebenbei, ohne dass es aufdringlich ist und da gefällt mir, wie z.B. das mit dem Ehering.

Zitat:
Der Morgen war still, was mir auf der einen Seite sehr gut gefiel, auf der anderen aber auch nicht, da ich dann immer in Gedanken versank. Nachdenken gehörte nicht mehr zu den Dingen die mir große Freude bereiteten. Meistens wurde ich davon nur traurig oder kam zu keinem echten Ergebnis. Am Ende laugte es nur aus, sich und sein Leben zu hinterfragen, man hatte die Karten vom Leben auf die Hand bekommen, die man hatte und nichts liess sich daran mehr ändern.

Dies finde ich zu langatmig. Nach dem ruhigen Abend hoffe ich als Leser, dass es nun mit der Handlung weitergeht. Ein paar Einblicke in seine Seele sind auf jeden Fall noch drin, aber in dieser langen und nicht besonders präszise und knackig beschriebenen Art, gefällt es mir nicht.


Zitat:
In der Firma stellte sich schon am frühen Morgen eine sehr sympathische und attraktive junge Frau vor, um sich für eine Stelle zu bewerben.
Ich schwitzte, da es sehr heiss war und sie schwitzte auch. Ihr Kleid klebte an ihrem warmen Körper und meine Augen wollten sich nur schwer von ihr wegbewegen lassen.
Ihre Zeugnisse waren gut, obwohl mir das bereits egal war. Sie passte in die Firma und mir gefiel der Gedanke, sie öfter zu sehen. Ich lächelte. Sie wirkte nicht besonders selbstbewusst, eher wie ein einfaches gutes Mädchen und es gefiel mir.
Ich hätte sie gerne gefragt, ob sie mit mir ausgehen wolle, doch da ich bei der Arbeit war, wollte ich mir diese Blöße nicht geben. Dass ich sie so oder so eingestellt hätte, war bereits grenzwertig genug. Sie war auch nur Fleisch.
Am Ende des Gesprächs liess sie ihre Unterlagen auf meinem Tisch liegen und ich verabschiedete sie mit einem "wir melden uns bei ihnen". Sie lächelte schüchtern und ich liess mich ebenfalls zu einem Lächeln herab.
Es passte gar nicht zu mir, aber dieses Mädchen hatte mich gereizt. Das war lange nicht mehr passiert.

Der Teil ist wirklich Klasse! Die Spannung kommt gut rüber, das am Körper klebende Kleid, sein Schweiß, einfach nur gut.

 Der Rest der Geschichte, das Kennenlernen am Hafen und die Unterhaltung im Café gefällt mir.

Würde nun natürlich auch gerne wissen, wie die vollständige Geschichte aussieht und hoffe, dass Du den Rest bald einstellst Wink

LG
Eireena


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Wer A sagt, beherrscht noch lange nicht das ganze Alphabet. © Andreas Marti
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