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Sinn-Phonie auf der A2


 
 
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AlterEg0
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 26
Wohnort: Schwerin


Beitrag15.01.2011 13:46
Sinn-Phonie auf der A2
von AlterEg0
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

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Moin, moin,

zwar bin ich im Moment mitten in einem Umzug, aber für die Schreibsucht gibt es ja Nächte. Folgende Story ist der erste von drei Teilen über ein kleines Abenteuer auf der Autobahn. Ich denke, nächste Woche gibt es den zweiten, und übernächste Woche den dritten. Für mich dient es als Test, ob ich nicht nur für das Herz, sondern auch für andere Organe, vorzugsweise Lachmuskeln und im dritten Teile dann Paarungsorgane schreiben kann.
Ich hoffe, Ihr habt ein bisschen Spaß.
Liebe Grüße von meinem anderen Ich
 Very Happy
----------------------------------------------------------------------------------------
Es war ein früher Sonntagmorgen auf der A2. Ich wollte eigentlich nur noch in meine Koje und das möglichst schnell. Auf der Party gestern hatte jemand den Notausgang mit leeren Whiskyflaschen verbarrikadiert und eine der Ladies auf meinem Schoss wollte unbedingt „hasch-mich“ mit mir spielen. Ich hatte gewonnen und als Dank dafür zeigte mir jetzt der Rückspiegel statt meines Gesichts eine Berglandschaft nach dem Einschlag einer Cruise Missile. Ich streckte ihm die Zunge heraus und beschloss, ihn bis Dortmund einfach zu ignorieren.
Eilig hatte ich es auch noch, denn spätestens zu Mittag wollte ich im Borussenstadion die Radiotechnik für die Livereportage des Fussballklassikers gegen Schalke kontrollieren. Also schaltete ich bei entspannten Zweihundert den Autopiloten ein und mein Denkorgan auf Standby, in der Hoffnung, die nächsten Stunden ein paar von den Falten wegdämmern zu können.
Das hätte ich besser nicht getan. Die Sonne quälte sich gerade mühevoll über den flachen Horizont, als mich bei Magdeburg eine Frau in einer Nobelkutsche überholte. Unaufgeregt setzte sie den Blinker, zog auf die linke Seite und scherte nur Sekunden später genauso entspannt irgendwo vor mir wieder auf die rechte Fahrspur ein.
Blondhaarig, so um die Vierzig, die Hände locker auf dem Lenkrad und mit ihren Gedanken weit weg. Nur ihr Körper war noch auf der Autobahn und ich fand, dass er hier auch gut hinpasste. Ihre weiße Seidenbluse und der BH hatten ein Vollbeschäftigungsprogramm und ich musste ein zweites Mal hinschauen, um sicher zu sein, dass es auch tatsächlich ihre Händen waren, die auf dem Lenkrad lagen.
 Eine Ladung Testosteron riss meine Denkfunktionen aus dem Tiefschlaf und das mit dem Gesichtsfalten bügeln hatte sich damit erledigt. Mercedesstern und blonde Strähnen sind eine Kombination, die schon immer einen unwiderstehlichen Reiz auf mich ausgeübt hat, genau wie rote, brünette, schwarze und welche Farben Frauen noch ihren Haaren antun.
Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie nur alle acht Wochen schnell beim Haarschneider um die Ecke klopfen, ob er eben mal Zeit hatte und danach mit einem Stempel auf der Rabattkarte wieder verschwinden. Wahrscheinlich beschäftigte sie ein ganzes Kosmetikteam mehrere Stunden und der Chef strich seinen Leuten vorsorglich den Jahresurlaub, wenn sie sich anmeldete.
Hatte sie mich wahrgenommen? Ihr Blick ging durch mich hindurch als sei ich aus Fensterglas und auch ihr Überholvorgang hatte etwas so Nebensächliches, Selbstverständliches, dass ich mich zu einem von vielen Hemmnissen auf ihrer Route degradiert fühlte.
In meinem Hinterkopf erwachte ein kleines Glühwürmchen zum Leben und ich schaute einigermaßen verdutzt in den Rückspiegel, ob auch wirklich ich am Steuer saß. Als Radioreporter war ich es zwar gewohnt, dass die Leute mir am liebsten aus dem Wege gingen, der Macho in mir steckte jetzt aber in einem echten Dilemma.
Der Spiegel hatte mir die eben noch herausgestreckte Zunge verziehen und zeigte mir meine Wenigkeit in voller Lebensgröße. Halblange brünette Haare in leichten Wellen rahmen blaue Augen, die von winzigen Lachfältchen umgeben sind. Die Nase ist eindeutig zu groß, wenn auch nicht so, dass sie jemand für einen parkenden Bus halten würde. Mein kantig geratenes Kinn lässt mich in stillen Stunden über eine Verwandtschaft mit Kirk Douglas nachdenken und in der Vorderfront meiner Denkfabrik sind zwei Falten, auf denen ein Intercity bequem von Hamburg bis nach München fahren könnte. Zugegeben, als Modell für eine Münzprägung kommt mein Gesicht nicht unbedingt in Frage, aber es hat durchaus einen gewissen, von den Höhen und Tiefen eines neununddreißigjährigen Lebens verbeulten Charme.
Der Einladung zur gestrigen Party verdankte ich, dass meine Einmeterneundzig zurzeit in einen Bossanzug verpackt sind. Mein üblicher Tageskampfanzug aus abgelatschten Turnschuhen, Jeanshose und Wollpullover wäre dort nicht unbedingt passend gewesen. Für einen Infight mit Blondchen hätte ich mir nichts Besseres wünschen können, denn Luxuskarosse und Outfit ließen mich nicht vermuten, dass ihr abendliches Lieblingshobby Burger-Wettfuttern mit Turnschuhträgern sein könnte.
Alles in allem für mich keine Ursache, so einfach über mich hinweg zu sehen, zumal ich ihr auch noch eines meiner „Schmilz-den-Eisberg“-Grinsen direkt in die Pupillen gefeuert hatte.
Mein Stolz war verletzt, und wie. Anlass genug für eine Drüse, Arbeitsbereitschaft herzustellen und mich mit ein wenig Adrenalin auf Betriebstemperatur zu bringen. Ihr Wagen trug ein Bochumer Nummernschild und damit verblieben mir noch ungefähr drei Stunden. Die Startbahn vor mir war um diese frühe Morgenstunde wie leergefegt und nur weit entfernt am Horizont sah ich einen schwarzen Punkt, der dem endlosen Band der Straße folgte. Ich schaltete ihn auf die Zielerfassung und verschweißte meinen rechten Fuß mit dem Bodenblech. Der Porsche röhrte vor Freude wie ein Löwe auf Brautschau, flutete die sechs Brennkammern und nur Augenblicke später, das Bugfahrwerk hatte noch nicht einmal richtig abgehoben, ging ich mit Tempo Zweihundertzwanzig und vorschriftsmäßigem halbem Tachoabstand direkt hinter ihrem Mercedes wieder auf Schleichfahrt.

Zehn Minuten später stieg mein Adrenalinspiegel auf Rekordniveau und erste Deichbrüche drohten, denn sie nahm noch immer keine Notiz von mir.
Vielleicht sollte ich ihr irgendwann einen Tipp geben, wie ein Rückspiegel richtig eingestellt wird, so mit Vergrößerungsfunktion auf den Fahrer des nachfolgenden Wagens wäre nicht schlecht. Jedem Überholmanöver war ich brav gefolgt wie ein Bernhardiner, der mit Frauchen Gassi geht und bekam als Dank dafür nicht einmal einen Blick? Meine Hormondrüse überlegte gerade, ob sie die Notfallreserve angreifen sollte, als mir die Erleuchtung kam.
Blinker links, der Fuß kitzelt ein wenig das Gaspedal und schon konnte ich ihr in die Augen schauen – dachte ich zumindest. In Wirklichkeit ging ihr Blick immer noch stur geradeaus, gerichtet auf das graue Band, auf dem ihr Wagen Kilometer für Kilometer in sich hineinfraß. Da half nur noch der große Hammer. Carrera fahren für Fortgeschrittene, Symphonie der Gliedmaßen in perfekter Koordination. Während der linke Fuß das Kupplungspedal ins Bodenblech hämmerte, jagte der rechte den Drehzahlmesser in den ultravioletten Bereich. Meine schweißige Hand vergewaltigte brutal die Schaltkulisse und der gequälte Steuerknüppel meldete dem Maschinenraum, dass es zwei Gänge abwärts ging. Der quittierte das Kommando mit dem Trompeten einer wütenden Elefantenherde, die gerade ein Löwenrudel platt macht.
Blondschöpfchen drehte ihren Kopf langsam zu mir herum und dann kam ganz großes Kino. Die Premiere hatte ich wahrscheinlich knapp verpasst, so etwa vor zwanzig Jahren, aber dafür war sie aus den Anfängerfehlern heraus. Zuerst bog sie die Winkel ihres süßen Mundes nach oben, dann durften die schneeweißen Beisserchen ans Tageslicht und ganz zum Schluss als Finale Furioso der Augenaufschlag. Rumms - das schlug direkt, unter Umgehung aller Notfallsicherungen, in meinem Zentralnervensystem ein und ließ mich fast das Lenkrad verreißen. Ich beendete sicherheitshalber erst einmal meine ehrenamtliche Stauführerschaft und fädelte mich kurz vor ihrem Wagen wieder auf der rechten Fahrspur ein.
Die nächste halbe Stunde trainierten wir Windschattenfahren vor dem Hauptfeld und jeder achtete peinlich darauf, dass der andere nicht zu viel Führungsarbeit leisten musste. Bei jedem meiner Überholvorgänge schaltete sie den Heizstrahler eine Stufe höher und irgendwie musste ich sie so langsam von der Piste schubsen. Die Frage war nur - wie?
Ich zermarterte mir gerade den winzigen Teil meines Denkzentrums, der noch nicht in Testosteron ersoffen war, als sie mir ein wenig Hilfestellung gab. Mein nun schon vermutlich etwas gequält wirkendes Lächeln war gerade wieder auf dem Weg zu ihr, als sie rein zufällig, mich dabei ansehend, ihre Haarpracht mit einem Kopfschütteln lockerte und sie anschließend mit der linken Hand – damit ich es auch ja sah – ausführlich wieder in Form brachte.
Jepp – und schon ging der noch denkfähige Rest meines Gehirns in einem neuen Hormonschwall endgültig auf die Bretter. Weibliche Wesen haben so viele Waffen und sie werden in diesem Arsenal immer eine finden, die dich k.o. schlägt. Eine schöne Frau, die dich anschaut und dabei ganz unauffällig auffällig mit einem nichtssagenden Lächeln ihren Kopfschmuck in das rechte Licht rückt, gehört schon in die Kategorie Gottesanbeterin auf Partnersuche.
Zumindest die niederen Denkfunktionen taten noch ihren Dienst, denn meine beiden Arme begannen in Richtung der rechten Frontscheibe wilde Bewegungen zu vollführen. Ein herzliches Lachen und ein Nicken waren ihre Antwort, schnell genug, dass mein Selbsterhaltungstrieb kurz aus seinem Tiefschlaf erwachte und dafür sorgte, dass zumindest eine Hand gerade noch rechtzeitig wieder das Lenkrad fand.
Die nächsten Minuten verbrachte ich damit, nach einer Raststätte Ausschau zu halten und gleichzeitig mein in dem Hormonschwall abgesoffenes Gehirn wieder fit zu bekommen, zumindest den Teil, in dem das Sprachzentrum lag. Ich hatte so ein Gefühl, als wenn ich es demnächst dringend benötigen würde. Als ich fündig wurde und feststellte, dass ich zumindest meinen Namen wieder fehlerfrei aussprechen konnte, kam auch ein Vorwegweiser zu einer Raststätte in Sicht. „Bielefeld – 5 Km“.
Knapp vorher, so ungefähr 4,9 km, klinkte ich sicherheitshalber schon mal den rechten Blinker ein und ließ ab da kein Auge mehr vom Rückspiegel. Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten, bis auch sie den Blinker setzte und ab diesem Moment stellte mein Herzschlag die Resonanz zum An- und Aus des gelben Lichts an dem schwarzen Mercedes hinter mir her.

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Icre84u
Erklärbär
I


Beiträge: 3



I
Beitrag15.01.2011 17:28

von Icre84u
Antworten mit Zitat

Hallo,

nicht über die ersten zwanzig Zeilen rausgekommen - zu viele Klötze aufm Weg.

"Auf der Party gestern hatte jemand den Notausgang mit leeren Whiskyflaschen verbarrikadiert und eine der Ladies auf meinem Schoss wollte unbedingt „hasch-mich“ mit mir spielen. Ich hatte gewonnen und [...]"

als einzelnes Bild - als Witz - okay, aber das zieht sich ja durch jede Zeile.
Bei Chandler finde ich genau diese Art zu schreiben witzig, weil sie sporadisch benutzt wird und er nicht durchgehend mit der Witzkeule um sich schlägt. Außerdem sind seine Texte schlanker, wodurch die Witze pointierter werden. Zum Beispiel - warum Übertreibung auf Übertreibung häufen - nur eine Lady auf dem Schoß, usw.

Sonst gefallen mir dir Worte die du findest ( Notausgang, verbarrikadiert, Ladies, Hasch-mich...), nur stehen sie sich für meinen Geschmack gegenseitig im weg.

Viele Grüße,

Icre84u.
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Gast3
Klammeraffe
G


Beiträge: 794
Wohnort: BY


G
Beitrag16.01.2011 15:51

von Gast3
Antworten mit Zitat

Hallo AlterEg0,

ich mag humorige Geschichten wirklich gern, und deine Bilder sind insgesamt auch witzig, aber in ihrer Fülle hier einfach zu gehäuft. Es schadet überhaupt nicht, wenn du die Dinge zwischendrin mal so benennst, wie sie eben heißen.

Blondhaarig, so um die Vierzig, die Hände locker auf dem Lenkrad und mit ihren Gedanken weit weg. Nur ihr Körper war noch auf der Autobahn und ich fand, dass er hier auch gut hinpasste. Ihre weiße Seidenbluse und der BH hatten ein Vollbeschäftigungsprogramm und ich musste ein zweites Mal hinschauen, um sicher zu sein, dass es auch tatsächlich ihre Händen waren, die auf dem Lenkrad lagen.

Das hier erscheint mir ein bisserl weit hergeholt und übertrieben, was der Gute in den wenigen Sekunden mit einem schnellen Seitenblick alles erfasst smile

Insgesamt finde ich die Idee witzig und unterhaltsam, hier wäre aber weniger eindeutig mehr. Also, einen Gang zurückschalten, wäre nicht schlecht smile extra

Liebe Grüße
schneestern


_________________
Sich vergleichen, ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
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Aknaib
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Beiträge: 740
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Beitrag16.01.2011 22:02
Re: Sinn-Phonie auf der A2
von Aknaib
Antworten mit Zitat

AlterEg0 hat Folgendes geschrieben:
Für mich dient es als Test, ob ich nicht nur für das Herz, sondern auch für andere Organe, vorzugsweise Lachmuskeln und im dritten Teile dann Paarungsorgane schreiben kann.
Leider hat mich keiner der drei Bereiche erreicht.

Der Text ist zu überladen mit Vergleichen, die bei mir nicht witzig ankommen.
Mir ging es wie Icre84u und ich wollte nach den ersten Zeilen schon nicht mehr weiterlesen.

Dein Protagonist fährt 200. Die Lady überholt ihn spielerisch, dies wäre dann ca. 250km/h.
Wie kann er bei dieser Geschwindigkeit die vielen Details zur Frau wahrnehmen?

Die äußerliche Beschreibung des Protagonisten im Mittelteil ist zu gewollt; sie könnte m.E.  entfallen.

Die technischen Details vom Autofahren ebenfalls in Metapher verpackt,  haben mein Interesse am Text noch mehr gekillt.

Der Text könnte abgespeckt werden. Der relativ kurze Moment in der die Geschichte spielt- was ich wiederum gut finde- läßt sich verdichten.
Du hast viele lange Sätze -teilweise sind sie umständlich und der Füllwörteranteil könnte reduziert werden.  "Auch" und "nur" sind mir besonders aufgefallen.

Der erste Satz eines Textes soll den Leser in die Geschichte ziehen.
Deiner:
Zitat:
Es war ein früher Sonntagmorgen auf der A2.
erklärt zwar  wo ich mich als Leser befinde und wann, aber er ist stinklangweilig.
Rückblenden in Kurzgeschichten finde ich generell problematisch erst recht wenn es um eine "Momentaufnahme" geht. Versuche chronologisch zu erzählen. Das Blaue könnte entfallen.

Anregung:
Auf der Party gestern hatte jemand den Notausgang mit leeren Whiskyflaschen verbarrikadiert. und eine der Ladies auf meinem Schoss wollte unbedingt „hasch-mich“ mit mir spielen. Ich hatte gewonnen und als Dank dafür zeigte mir jetzt der Rückspiegel statt meines Gesichts eine Berglandschaft nach dem Einschlag einer Cruise Missile. Ich streckte ihm die Zunge heraus und beschloss, ihn bis Dortmund einfach zu ignorieren.
An diesem frühen Sonntagmorgen fuhren nur wenige Autos auf der A2 . Ich wollte eigentlich nur noch in meine Koje und das möglichst schnell.


Am Anfang als Wortwiederholung zwei modale Hilfsverben zu verwenden, ist ebenfalls nicht günstig.

Lieber AlterEg0

da hat wohl der Umzug im Vordergrund gestanden und die Nächte sind zu kurz gewesen ... ?
In einer Kurzgeschichte sollte jedes Wort sitzen.
An diesem Text, gibt es einiges zu tun - doch es lohnt sich.

Herzliche Grüße
Bianka
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Sun Wukong
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S
Beitrag17.01.2011 19:50

von Sun Wukong
Antworten mit Zitat

Hallo AlterEg0, die anderen haben ja schon gute Hinweise gegeben. Einen Punkt versuche ich mal zu vertiefen:
Icre84u hat Folgendes geschrieben:
Außerdem sind [Chandlers] Texte schlanker, wodurch die Witze pointierter werden. Zum Beispiel - warum Übertreibung auf Übertreibung häufen - nur eine Lady auf dem Schoß, usw.

Sonst gefallen mir dir Worte die du findest ( Notausgang, verbarrikadiert, Ladies, Hasch-mich...), nur stehen sie sich für meinen Geschmack gegenseitig im weg.
Kann ich unterschreiben. Du hast Ideen und du findest Bilder - also wunderbares Ausgangsmaterial. Die Strukturierung ist aber noch chaotisch. Wenn du Stand-Up-Comedians magst, achte mal genau auf die Sätze, die sie benutzen: die Sprache ist immer ganz klar und lenkt das Publikum durch ein stetiges Auf- und Abbauen von Spannungen.
Zitat:
Ihre weiße Seidenbluse und der BH hatten ein Vollbeschäftigungsprogramm und ich musste ein zweites Mal hinschauen, um sicher zu sein, dass es auch tatsächlich ihre Händen waren, die auf dem Lenkrad lagen
Dieser letzte Teil von diesem Satz hat eigentlich was, weil es so ein groteskes Bild ist. Beim ersten Lesen ging das aber unter durch die eher lüsterne Schilderung am Anfang des Satzes (das "hatten" nimmt übrigens hier auch viel Dynamik aus dem Satz raus). Wäre also ein Beispiel, wo sich die Bilder im Weg stehen.
Stattdessen könnte man den Schlussteil besser zur Geltung bringen, wenn nicht schon vorweggenommen wird, dass sie groß gebaut ist:
Zitat:
Ungläubig streiften meine ungezogenen Augen über ihre Seidenbluse: ich musste tatsächlich noch ein zweites Mal hinschauen, um sicher zu gehen, dass es ihre Händen waren, die den Wagen lenkten


Wenn du den Bildern und Ideen, die dir am besten gefallen, mehr Wirkung verschaffst, kannst du sicher noch viel aus der Geschichte rausholen.
Grüße, K.
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AlterEg0
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 26
Wohnort: Schwerin


Beitrag18.01.2011 00:57
Das darf doch nicht wahr sein
von AlterEg0
pdf-Datei Antworten mit Zitat

wieso wisst Ihr das und ich nicht? Na, da habe ich noch eine Menge zu lernen. Wieder einmal ein Vorhang zur Seite gezogen. Ich denke, dass Problem wird wohl wieder sein, dass ich mir nicht klar war, was dabei herauskommen sollte - Comedy oder eine ernsthafte Geschichte.
Letzteres natürlich und das Positive (neben der Hilfe!) ist die Tatsache, dass da zumindest erkennbar wurde, wessen Stil mich einfach nur begeistert - Raymond Chandler.
Leider muss ich meine Aktivitäten ein wenig einschränken zur Zeit und kann mich deshalb nicht so kümmern, wie ich gerne wollte.

Danke für die Hilfe.
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AlterEg0
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 26
Wohnort: Schwerin


Beitrag19.01.2011 13:46
Ich fabuliere so gerne
von AlterEg0
pdf-Datei Antworten mit Zitat

und jedes Mal, wenn ich stolz wie ein Pfau meine Texte hier einstelle, muss ich sie hinterher kürzen. Der Witz dabei - weniger ist wiklich mehr - finde ich zumindest.
So, dann hier die zweite Version. Gefällt mir schon etwas besser, aber sie ist noch nicht so richtig rund, nicht flüssig.
--------------------------------------------------------------------------------------

Es war ein früher Sonntagmorgen auf der A2 und die Sonne quälte sich gerade mühevoll über den flachen Horizont, als mich bei Magdeburg eine Frau in einem großen Mercedes überholte. Unaufgeregt setzte sie den Blinker, zog auf die linke Seite und scherte nur Sekunden später genauso entspannt vor mir wieder auf die rechte Fahrspur ein. Im Vorbeifahren hatte ich blonde Haare, eine weiße Seidenbluse und ein nicht mehr ganz junges Profil gesehen. Ihr Überholvorgang hatte etwas so Nebensächliches, als sei ich nur ein weiteres von vielen Hemmnissen auf ihrer Route.
    In meinem Hinterkopf erwachte ein kleines Glühwürmchen zum Leben. Auf der Party gestern hatte jemand den Notausgang mit leeren Whiskyflaschen verbarrikadiert und eine Lady auf meinem Schoß wollte unbedingt „hasch-mich“ mit mir spielen. Ich hatte gewonnen und als ich jetzt in den Rückspiegel sah, zeigte er mir statt meines Gesichts eine Berglandschaft nach dem Einschlag einer Cruise Missile.
    Trotzdem war mein Stolz verletzt. Der Macho in mir kann nicht gut damit umgehen, von einer schönen Frau – und alle Frauen sind schön – übersehen zu werden. Mercedesstern und blonde Haare sind eine Kombination, die schon immer einen unwiderstehlichen Reiz auf mich ausgeübt hat, genau wie rote, brünette und schwarze.
    Anlass genug für eine Drüse, mich mit ein wenig Adrenalin auf Betriebstemperatur zu bringen. Ihr Wagen hatte ein Bochumer Nummernschild und damit verblieben mir noch ungefähr drei Stunden. Die Autobahn vor mir war um diese frühe Morgenstunde wie leergefegt und nur weit entfernt am Horizont sah ich einen schwarzen Punkt, der dem endlosen Band der Straße folgte. Ich musste nicht lange nachdenken. Mein rechter Fuß trat das Gaspedal ins Bodenblech und sofort presste mich die Beschleunigung in den Schalensitz. Der Porsche röhrte wie ein Löwe auf Brautschau und kurze Zeit später hatte ich wieder ein lesbares Mercedeskennzeichen in Reichweite.
    Zehn Minuten später war ich keinen Schritt weiter. Jedem Überholmanöver war ich gefolgt wie ein Bernhardiner, der mit Frauchen Gassi geht und bekam als Dank dafür nicht einmal einen Blick im Rückspiegel. Sie sah immer noch stur geradeaus, auf das graue Band, dem ihr Wagen Kilometer für Kilometer folgte.
    Blinker links, der Fuß kitzelt ein wenig das Gaspedal und schon konnte ich ihr in die Augen schauen – dachte ich zumindest - aber auch das half nicht. Ihre Aufmerksamkeit zu erhalten, war nicht so einfach, wie ich es mir wünschte und so griff ich zu einer nie versagenden Methode.
    Während der linke Fuß das Kupplungspedal ins Bodenblech hämmerte, jagte der rechte den Drehzahlmesser in den ultravioletten Bereich. Meine schweißige Hand vergewaltigte die Schaltkulisse und der gequälte Steuerknüppel meldete dem Maschinenraum, dass es zwei Gänge abwärts ging. Der quittierte das Kommando mit dem Trompeten einer wütenden Elefantenherde, die gerade ein Löwenrudel platt macht.
    Jetzt drehte Blondschöpfchen endlich ihren Kopf zu mir und dann bekam ich großes Autokino bei Tempo einhundertdreißig zu sehen. Die Premiere hatte ich wahrscheinlich knapp verpasst, um etwa zwanzig Jahre, aber dafür war sie aus den Anfängerfehlern heraus. Zuerst bog sie die Winkel ihres süßen Mundes nach oben, dann ließ sie die schneeweißen Zähne ans Tageslicht und ganz zum Schluss als Finale Furioso der Augenaufschlag. Statt eines erzürnten Blicks, weil ich sie in ihrer „Sonntagmorgen-Autobahn-Träumerei“ unterbrach, bekam ich stattdessen eine so deutliche Einladung, dass ich fast das Lenkrad verriss. Ich beendete meine ehrenamtliche Stauführerschaft und fädelte mich kurz vor ihrem Wagen wieder auf der rechten Fahrspur ein.
    Die nächste halbe Stunde trainierten wir Windschattenfahren vor dem Hauptfeld und jeder achtete peinlich darauf, dass der andere nicht zu viel Führungsarbeit leisten musste. Bei jedem meiner Überholvorgänge schaltete sie ihr Lächeln eine Stufe höher und ich zermarterte mir den Teil meines Denkzentrums, der noch nicht von Testosteron überschwemmt war, wie ich sie von der Piste herunter bekam.
    Sie hatte irgendwann ein Einsehen und gab mir ein wenig Hilfestellung. Mein nun schon etwas gequältes Lächeln war gerade wieder auf dem Weg zu ihr, als sie mich ansah, ihre Haarpracht mit einem Kopfschütteln lockerte und sie anschließend mit der linken Hand ausführlich wieder in Form brachte.
    Jetzt ging der noch denkfähige Rest meines Gehirns in einem neuen Hormonschwall endgültig auf die Bretter. Weibliche Wesen haben so viele Waffen und sie werden in diesem Arsenal immer eine finden, die der Situation angemessen ist. Eine schöne Frau, die ganz unauffällig auffällig mit einem nichtssagenden Lächeln ihren Kopfschmuck in das rechte Licht rückt, gehört schon in die Kategorie Gottesanbeterin auf Partnersuche.
Zumindest die niederen Denkfunktionen taten noch ihren Dienst, denn meine beiden Arme begannen in Richtung der rechten Frontscheibe wilde Bewegungen zu vollführen. Ein herzliches Lachen und ein Nicken waren ihre Antwort, schnell genug, dass mein Selbsterhaltungstrieb kurz aus seinem Tiefschlaf erwachte und dafür sorgte, dass zumindest eine Hand gerade noch rechtzeitig wieder das Lenkrad fand.
    Die nächsten Minuten verbrachte ich damit, nach einer Raststätte Ausschau zu halten und gleichzeitig mein in dem Hormonschwall abgetauchtes Gehirn wieder fit zu bekommen. Ich hatte das Gefühl, wenigstens das Sprachzentrum demnächst wieder zu benötigen. Als ich fündig wurde und meinen Namen wieder fehlerfrei aussprechen konnte, kam ein Vorwegweiser zu einer Raststätte in Sicht. „Bielefeld – 5 Km“.
Kurz vor der Ausfahrt, so ungefähr 4,9 km, klinkte ich den rechten Blinker ein und ließ ab da kein Auge mehr vom Rückspiegel. Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten, bis auch sie den Blinker setzte und ab diesem Moment stellte mein Herzschlag die Resonanz zum An- und Aus des gelben Lichts an dem schwarzen Mercedes hinter mir her.
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AlterEg0
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 26
Wohnort: Schwerin


Beitrag19.01.2011 13:56
Ergänzung
von AlterEg0
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Wenn Ihr durchschaut, bitte daran denken, dass es der erste Teil ist. Der zweite spielt in einer Raststätte, der dritte im Babywickelraum  Embarassed
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anuphti
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Beiträge: 4320
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Beitrag19.01.2011 16:58
Re: Ergänzung
von anuphti
Antworten mit Zitat

AlterEg0 hat Folgendes geschrieben:
Wenn Ihr durchschaut, bitte daran denken, dass es der erste Teil ist. Der zweite spielt in einer Raststätte, der dritte im Babywickelraum  Embarassed


Hallo AlterEg0,

Bedeutet das Embarassed im Babywickelraum, dass der dritte Teil eigentlich in den Redlightbereich gehört?

Vorsicht, wir haben auch 12-jährige User hier im Forum, da müssen wir wir ganz schnell die Reißleine ziehen, wenn es "mehr als dezent erotisch" wird smile extra

Liebe Grüße
Nuff

PS
was Deinen ersten Teil angeht, ich denke auch, etwas weniger ist mehr in Deinem Fall, zwischendurch wirklich schöne Ideen, aber alles zusammen überladen.

Die Überarbeitung ist für mich allerdings auch nicht viel besser, weil Du oft einfach ganze Sätze raus geschmissen hast, anstatt den Stil der Sätze zu korrigieren.

Nichts für ungut smile


_________________
Pronomen: sie/ihr

Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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