Übungstext Lügner(in)

[MarieJulie]

Der Raum sieht aus, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefegt. Kleidung, zerbrochenes Glas, Papier und Bücher liegen verstreut auf dem Boden. Schuldbewusst schaut sie ihn an. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen während er auf eine Antwort wartet. Stille. „Lügnerin“, flüstert er. Sie fängt an zu weinen. "Hör auf zu heulen. Sag mir lieber was passiert ist. Ich will alles wissen!" schreit er. Seine Augen sind hasserfüllt. Im Moment ist ihr Kopf einfach nur leer. "Ich höre..." sagt er. "Es ist alles so kompliziert. Ich weiß nicht was ich sagen soll", erwidert sie. "Ich will die Wahrheit hören. Wie konntest du mich betrügen? Warum tust du mir das an? Hab ich dir nicht alles gegeben?" Sie schaut aus dem Fenster. Nein, das hatte er nicht. Wie oft saß sie einsam und allein zu Hause. Ihr einziger Freund: der Rotwein. Er hatte ihr ein schönes Leben versprochen. Doch darauf wartet sie bis heute. Er ist immer nur weg. Arbeiten sagt er. Ja klar, sein Job verlangt schon einiges, aber muss er dafür sein Privatleben aufopfern? Nun ist es sowieso zu spät. Sie hatte ihn betrogen. Es ist einfach passiert. Sie hat nicht darüber nachgedacht. Es war einer dieser einsamen Abende. Sie saß mal wieder allein zu Hause und trank Rotwein. Da klopfte es an der Tür und der nette junge Nachbar von nebenan stand vor ihr. Nunja, sie fand ihn schon immer sehr anziehend. Sie hatte schon etwas zu viel getrunken. Sie bat ihn rein. Er folgte ihr und gemeinsam tranken sie noch eine Flache Rotwein. Es war ein schöner Abend. Sehr entspannend. Sie haben viel gelacht und sich amüsiert. Das hatte sie schon so lange vermisst. Sie fühlte sich gut. Sehr weiblich. Sie gefiel ihm anscheinend auch. Und dann passierte es. Ohne Vorwarnung. Sie gab sich ihm hin. Es fühlte sich gut an, aber nicht richtig. Danach schämte sie sich. Sie wollte sich gerade wieder anziehen, als auf einmal die Tür aufging und John in der Tür stand.