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Anthologie 12 – Sonnen-Erwachen (Solarpunk), Münchner Schreiberlinge, 31.03.2024

 
 
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RMAK
Gänsefüßchen


Beiträge: 37
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Beitrag11.01.2024 23:03

von RMAK
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BrianG hat Folgendes geschrieben:
Solchose



 Rolling Eyes Solektiv geht auch. Skizziere mal nen Text dazu. Wird schwierig, weil Satire Verbot Kopf an die Wand
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Drakenheim
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Beitrag25.01.2024 18:58

von Drakenheim
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Eine Zeichentrickfigur mit schwarzer Kleidung hat mal gesagt: "Ich bin so nonkonformistisch, ich gehe mit euch Nonkonformisten nicht konform. Ich mache mit." (Gedächtnisprotokoll, Fehler garantiert enthalten.)

Positiv denken ist nicht meine Stärke, da habe ich noch viel zu lernen. Und auch, wenn die Eckpunkte der Geschichte eng gesteckt sind... Versuch ist es wert. Meine letzte Geschichte haben sie auch genommen.
Content Notes, SR-Reading... Pfh. Ist wohl die neue Zeit. Solange niemand von mir verlängt, die Angstfraktion Deutschlands zu wählen, kann ich mich den neuen Sitten anpassen.

Besonders, wenn die dystopieverliebten Berufspessimisten hier schon "Gesinnungsaufsatz" schreien und sich massiv in ihrer geistigen Entfaltunsfreiheit gestört fühlen. Wenn sich jemand so laut aufregt, muss es doch geil werden, oder? lol
(Oder galt das nur für Spießer und Eltern?)
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yung44156
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Y


Beiträge: 14



Y
Beitrag29.02.2024 18:37

von yung44156
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ich finde es wirklich traurig, wie sich so viele hier, gegen eine erzählung in einem positiven ton wehren...

dann auch noch das aufkommen von "wokeness" oder "ideologie".

Das ist einfach ein Genre und hat entsprechende Rahmenbedingungen. Wer keine Rosamunde-Pilcher mag, muss sich das auch nicht geben, aber braucht dann dies nicht zum Anlass seinen Senf über Aristokratie-Kritik in jedes Kommentarfeld zu schreiben...

Ich habe auf jeden Fall eine Geschichte geschrieben, die ich bestimmt morgen einsenden werde...
fand das Ganze inspirierend
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Herztrost
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Beitrag06.03.2024 08:51

von Herztrost
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Guten Morgen,

ich finde es spannend, dass überhaupt und wie hier über eine Ausschreibung für einen Wettbewerb diskutiert wird. Ich verstehe so etwas als ein Angebot, eine Idee, die man anregend finden kann oder eben nicht. Mir persönlich ist es lieber, wenn die Bedingungen klar sind, ein Verein sich zu erkennen gibt, als wenn er das nicht tut. Die Erlöse des Buches kommen diesem gemeinnützigen Verein zugute - wenn man diesen nicht unterstützen möchte, schreibt man dafür nicht.

Zum Thema Utopie versus Dystopie: In unseren modernen Zeiten hat die Dystopie eindeutig die Nase vorn. In der Antike (Platons Atlantis) und in der Frühen Neuzeit (Thomas Morus "Utopia") und, wenn man die christliche Erzählung eines neuen Himmelsreichs auf Erden mit dazunimmt, selbst im Mittelalter war man doch gern auch einmal optimistischer unterwegs, auch oder gerade weil die reale Gegenwart  dem nicht entsprach. Und für Gedankenexperimente, wie eine gute Zukunft für Menschen aussehen kann, ist die Literatur mit ihren fiktionalen Freiräumen doch hervorragend geeignet.
Das eine gute Geschichte aus einem Grundkonflikt heraus geboren wird, schließt ein grundsätzlich utopisches Setting ja nicht aus. Und wenn es ein "Happy End" für diese eine, kleine Geschichte nicht sein darf, dann gibt es noch den offenen, aber optimistischen Schluss, die An- und Vorausdeutung bis hin zur Drohung gar. Schließlich ist jedes Ende nur ein vorläufiges! Wink

Das Sensitivity reading ist nichts "Merkwürdiges" oder "Ideologisches". Im besten Sinne ist es genau das, was das Wort ausdrückt: Bewusst mit Sprache in verschiedensten, komplexen Themenkontexten umzugehen.
Bei uns in der redaktionellen Arbeit mit "pragmatischen Texten" wird es bei Bedarf von Externen gemacht, weshalb es Extrakosten sind, die aber durchaus einen Mehrwert auch für die weitere redaktionelle Arbeit haben. In Normalfall bekommt der Autor davon nichts mit, weil es Teil des regulären redaktionellen Bearbeitungsprozesses ist.
Im Bereich der Literatur bewegen wir uns in eben jenen fiktionalen Freiräumen, die jeder Schreibende füllen kann. Kommt aber ein Verlag ins Spiel, gelten dessen Vertragsbedingungen, die man als Autor unterschreibt. In diesem Fall hier wird das Sensitivity reading als Teil des Arbeitsprozesses transparent kommuniziert.
Gerade Literaten sollten die Macht der Worte kennen und sie entsprechend bewusst einsetzen und das eigenes Wirken nicht unterschätzen. Insofern finde ich ein Sensitivity reading in diesem Bereich interessant. Ich würde keine Vorbehalte dagegen hegen oder es gar als "Bevormundung" oder "Zensur" bewerten, sondern als ein Angebot begreifen. Es ist eine Möglichkeit, am Text weiter zu arbeiten und neue Erfahrungen als Autor:in zu machen.

Viele Grüße Herztrost
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
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Beitrag06.03.2024 09:16

von Michel
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Jetzt habe ich gerade nach dem "Gefällt mir"-Button gesucht.

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nebenfluss
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Beitrag06.03.2024 12:38

von nebenfluss
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Hallo Herztrost,
ich habe ein paar Fragen an dich wegen deines Posts hier:
Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Guten Morgen,

ich finde es spannend, dass überhaupt und wie hier über eine Ausschreibung für einen Wettbewerb diskutiert wird. Ich verstehe so etwas als ein Angebot, eine Idee, die man anregend finden kann oder eben nicht. Mir persönlich ist es lieber, wenn die Bedingungen klar sind, ein Verein sich zu erkennen gibt, als wenn er das nicht tut. Die Erlöse des Buches kommen diesem gemeinnützigen Verein zugute - wenn man diesen nicht unterstützen möchte, schreibt man dafür nicht.

Das schreibst du so hin als sei es ein Naturgesetz. Mich interessiert die Frage, wem die Erlöse zugute kommen, hier nur sehr peripher. Für die Frage, ob ich etwas einreiche oder nicht, ist sie definitiv nicht entscheidend - warum ist sie das für dich?

Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Zum Thema Utopie versus Dystopie: In unseren modernen Zeiten hat die Dystopie eindeutig die Nase vorn. In der Antike (Platons Atlantis) und in der Frühen Neuzeit (Thomas Morus "Utopia") und, wenn man die christliche Erzählung eines neuen Himmelsreichs auf Erden mit dazunimmt, selbst im Mittelalter war man doch gern auch einmal optimistischer unterwegs, auch oder gerade weil die reale Gegenwart  dem nicht entsprach. Und für Gedankenexperimente, wie eine gute Zukunft für Menschen aussehen kann, ist die Literatur mit ihren fiktionalen Freiräumen doch hervorragend geeignet.

Ich denke, es ist für heutige Schriftsteller nicht ganz unerheblich, dass zwischen T. Morus und der Gegenwart die Epoche der Aufklärung liegt.
Wo siehst du denn in der Ausschreibung den Freiraum für Gedankenexperimente, wie eine gute Zukunft für Menschen aussehen kann? Ich lese es so, dass diese Zukunft über die fünf Grundsätze im Wesentlichen vorgegeben ist und die Hauptaufgabe für den Autor darin besteht, eine plausible Herleitung zu finden:
Zitat:
Außerdem (wenn ihr die Vergangenheit betrachtet) muss einen logisch nachvollziehbaren Grund dafür geben, warum diese Menschen sich nun plötzlich derart sozial und kooperativ verhalten und an die Zukunft der Kinder denken …


Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Das Sensitivity reading ist nichts "Merkwürdiges" oder "Ideologisches". Im besten Sinne ist es genau das, was das Wort ausdrückt: Bewusst mit Sprache in verschiedensten, komplexen Themenkontexten umzugehen.

Ich gehe als Schriftsteller bewusst mir Sprache um, das ist Dreh- und Angelpunkt meines Schreibens. Wenn darin eine Beleidigung oder sonstige Zuschreibung vorkommt, dann deshalb, weil sie da im Sinne des Textes drinstehen soll. Versteht Sensitivity Reading das?

Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Bei uns in der redaktionellen Arbeit mit "pragmatischen Texten" wird es bei Bedarf von Externen gemacht, weshalb es Extrakosten sind, die aber durchaus einen Mehrwert auch für die weitere redaktionelle Arbeit haben. In Normalfall bekommt der Autor davon nichts mit, weil es Teil des regulären redaktionellen Bearbeitungsprozesses ist.

Was heißt: Der Autor bekommt im Normalfall nichts davon mit, und bezieht sich das auf belletristische Texte? Ist es da nicht vielmehr üblich, dass der Autor das letzte Wort hat, also allen Änderungen an seinem Text zustimmen muss?

Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Gerade Literaten sollten die Macht der Worte kennen und sie entsprechend bewusst einsetzen und das eigenes Wirken nicht unterschätzen. Insofern finde ich ein Sensitivity reading in diesem Bereich interessant. Ich würde keine Vorbehalte dagegen hegen oder es gar als "Bevormundung" oder "Zensur" bewerten, sondern als ein Angebot begreifen. Es ist eine Möglichkeit, am Text weiter zu arbeiten und neue Erfahrungen als Autor:in zu machen.

... und ich sehe die Aufgabe eines Verlags oder Herausgebers eben darin, Autoren, die ihre Sprache offensichtlich nicht bewusst einsetzen, abzulehnen - und nicht darin, die Autoren zu einer bestimmten Moral zu erziehen. Siehst du das anders?
Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Viele Grüße Herztrost

Viele Grüße zurück!


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Herztrost
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Beitrag07.03.2024 00:37
Schreibwettbewerb
von Herztrost
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Hallo,

oje, das sind ja doch ein paar viele Fragen, also setze ich mich mal besser vom Sofa an den Schreibtisch und versuche mich an ein paar brauchbaren Antworten.

Zunächst meine Gedanken zum konkreten Schreibauftrag dieses Wettbewerbs.
(Eigentlich wollte ich dazu gar keine großen Überlegungen anstellen. Ich müsste mich ein paar Tage einschließen, um jetzt noch einen Wettbewerbsbeitrag zu schreiben, aber da macht mein geschätztes Umfeld nicht mit, fürchte ich. Aber klar, wer A sagt, muss auch B sagen, also...)  

I. Die Dystopie - der Zusammenbruch: Das Heuschreckengedöns wurde als Auslöser des Weltuntergangsszenarios gewählt. Erinnert mich auch an diverse Trashfilme. Es gab mal einen mit Millionen schwarzen Ameisen, echt gruselig. Man könnte ja einmal recherchieren, was solche riesigen Heuschreckenschwärme auf anderen Kontinenten anrichten - und dann überlegen, wie Europäer spontan reagieren würden, wenn so ein Schwarm auf hiesige Gefilde trifft. Da wäre sicher nichts mehr mit der romantischen Vorstellung des niedlichen Heupferds im Wiesenrain... Ansonsten fällt mir noch "biblische Plage" ein.
Letztendlich könnte man die Heuschreckeninvasion auch nur als Platzhalter betrachten: Ein globales Ereignis sorgt für einen (raschen) Zusammenbruch der bisherigen Ordnung. Tabula rasa, aus die Maus, Flasche leer usw.
Das entscheidende für mich hier wäre, dass der Schreibauftrag, so wie er gestellt ist, es nicht zwangsläufig notwendig machen würde, das Wort "Heuschrecke" auch nur irgendwie in der Geschichte, die es zu schreiben gilt, unterzubringen. Warum? Moment...

II. Von der Dystopie zur Utopie - Der Aufbruch: Nach den ganzen, aus dem dystopischen Genre schon recht wohlbekannten, betrüblichen Folgeerscheinungen des Zusammenbruchs könnte es einen im wahrsten Sinne des Wortes "toten Punkt" geben. Danach kippt das ganze Geschehen von destruktivem zum konstruktivem Verhalten. Warum? Vielleicht gibt es nichts mehr zu vernichten. Vielleicht treffen die wenigen Überlebenden einfach nicht mehr aufeinander, weil Mobilität nur per Pedes oder Pferdchen geht. Und wenn man jemanden nicht leiden kann, schickt man ihn einfach weg. Reicht nun. Oder man sieht es vielleicht doch ein, dass ein Acker sich zusammen leichter bestellen lässt, wenn man keinen Traktor hat... Wer weiß. Jedenfalls bilden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann neue gesellschaftliche Ordnungsstrukturen, wenn auch vielleicht zunächst nur auf regionaler Ebene mit einem äußerst begrenzten Wirkungskreis (das Tal in den Alpen...), der sich dann erweitert. Und da Zerstören immer schneller geht als Aufbauen, wird diese Phase sich wahrscheinlich länger hinziehen... (Da finde ich 50 Jahre etwas knapp, aber gut...)

III. Die Utopie - ... (mir fällt jetzt nix mit -bruch ein, egal Wink): Jedenfalls finden die regionalen Gruppen wieder zusammen. Weil? Man Interesse daran hat, sich zu begegnen, sich auszutauschen, zu kommunizieren und zu handeln ... Man gibt dem Kind einen Namen (UE Smile) und einigt sich auf grundsätzliche Werte. (Gleichberechtigung, Zukunftsorientierung... Was sind Autos? Was solls...) und lebt fortan friedlich bis zum Ende aller Tage... Oder bis die Ressourcen wieder knapper werden... Oder bis zur nächsten Heuschreckenplage... Wie auch immer Smile

Oha, das hat jetzt bis hier hin schon ein bisschen Spaß gemacht. Aber zurück zum eigentlichen Thema: Dem Schreibauftrag.

Die UE verkündet einen Wettbewerb. (Ein Wettbewerb im Wettbewerb, das Spiegelbild im Spiegel - ah.) Es geht um Erinnerungskultur. Wie war das damals? In den Jahren des Aufbruchs? Was der Großvater noch wusste. Kinder, befragt die Oma, den Opa! Und schreibt es auf und schickt es ein!

Jetzt, an diesem Punkt, kommen wir ins Spiel. Was wollen wir?
Einen sich erinnernden, reflektierenden, sinnierenden und kommentierenden Ich-Erzähler? Als Rahmen? (Der Klassiker.) Oder ganz? Im Monolog mit sich selbst? Oder im Dialog mit dem Enkel?
Oder gehen wir in eine Figur hinein, erleben wir mit ihr einen Moment, einen winzigen Ausschnitt aus den vielen Jahren des Aufbruchs nach? Also personal, Er/Sie-Form mit allen Facetten der unmittelbaren Gedankenwiedergabe? Warum nicht?

Und wenn wir die Form wissen, was erzählen wir? Welchen Moment wählen wir?
Es soll eine Situation aus Teil II sein. Dem Aufbruch. Also bewegen wir uns in einer Grenzregion (spannend!). Quasi dem Reich zwischen Dystopie und Utopie. Ich würde daher einen Moment nehmen, der genau diesen Kipppunkt zwischen Destruktion und Konstruktion im ganz Kleinen, Zwischenmenschlichen zeigt. Das Abstrakte im Brennglas des Konkreten.
Vielleicht mit einem Knall beginnend? Destruktives, eruptives Verhalten in einer Situation zwischen zwei/drei ... Menschen als scheinbar auswegloser Konflikt? Dann. Bevor alle draufgehen oder Schaden nehmen. Innehalten. (Vielleicht, wenn man mag und es braucht, ein symbolischer Fingerzeig von außen, Fatum, Göttlichkeit, was auch immer, einfügen.) Und danach eine kleine zwischenmenschliche Geste, ein winziges Zucken, ein Blick (von einem Kind?), ein Funken  - und es findet Kommunikation statt. Die Situation entspannt sich. Schließlich Worte, größere Gesten und der Konflikt ist hier, für diesen einen kleinen Moment, gelöst. Tada - die Blaupause für alles Weitere, was da an Positivem noch so kommen mag...

Nun, das wäre meine Herangehensweise. Und ich finde: Ja, die lässt viel zu. Ganz ohne Heuschrecken oder Patriarchat Wink. Es wäre zwar kein Plot für eine dreibändige Utopie-Saga, aber für die geforderte Zeichenanzahl könnte es wohl reichen. In diesem Fall wäre die Erklärung für die Verhaltensänderung: Wir sind Menschen. Und wir wollen und brauchen und suchen Kommunikation mit anderen Menschen. Weil wir Menschen sind.

In diesem Sinne grüßt
Herztrost

P.S. Für die Autor-Verlag-Erziehung-Moral-Thematik wird es nun heute nicht mehr reichen. Und ich gebe freimütig zu, dass ich mich vorhin bewusst entschied, lieber mit dem Fabulieren anzufangen. Das macht einfach mehr Spaß am Abend:-) Zum "trockenen Zeug" gern Weiteres ein anderes Mal.
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nebenfluss
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Beitrag07.03.2024 12:59
Re: Schreibwettbewerb
von nebenfluss
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Hallo Herztrost,
Herztrost hat Folgendes geschrieben:

oje, das sind ja doch ein paar viele Fragen, also setze ich mich mal besser vom Sofa an den Schreibtisch und versuche mich an ein paar brauchbaren Antworten.

Sorry fürs Aufscheuchen. Zwei der Fragen (die erste und die letzte) hätte ich mir eventuell sparen können, weil sie eher auf deine persönliche Haltung abzielen als auf Nachfragen zum Verständnis. Ich wollte aber irgendwie, nachdem ich Fragen angekündigt hatte, jede Stelle, an der ich die Stirn runzle, mit einer Frage verknüpfen. Aber du entscheidest ja selbst, ob und wie du darauf eingehst.

Danke für deine Ausführungen zur möglichen Herangehensweise. Sie bestätigen den Eindruck, den ich auch selbst gewonnen habe. Meine Gedanken kreisen sehr um diesen "toten Punkt" und eben nicht darum, wie ich persönlich mir eine positive Zukunft nach einem solchen Szenario vorstelle.
Um das auch kurz zu skizzieren: Eine logische und wünschenswerte Folge einer globalen Nahrungsmittelkrise wäre für mich der Grundsatz "Alle Menschen haben ein Recht auf Nahrung" -> "Die Nahrungsversorgung sämtlicher Menschen ist unbedingt und möglichst nachhaltig sicherzustellen." - und ganz bestimmt nicht so etwas Abstraktes wie "Patriarchat schadet uns allen". An diesem Ziel ankommen zu müssen, schränkt mich auch beim Nachdenken über diesen Wendepunkt ein, da ich es - wie du sagst, geht es ja nicht um eine dreibändige Saga - schon so verstehe, dass ein solcher Grundsatz sich mehr oder weniger unmittelbar aus der Rekapitulation der Katastrophe ergeben müsste. Irgendwie müsste sich an diesem Punkt also die Auffassung verbreiten, das Patriarchat sei letztlich der Auslöser für den Kernkraft-Störfall oder die verhererenden Folgen gewesen. Da scheint mir weniger Fantasie gefragt zu sein sondern vielmehr die Recherche antipatriarchaler Thesen, aus denen sich das irgendwie ableiten ließe - und dann noch die Frage, wie die verbliebene Menschheit unter apokalyptischen Bedingungen zu dieser Einsicht gelangen könnte (haben die keine anderen Sorgen?). Und ich denke, das ist der Punkt, an dem auch ich mich dem Eindruck einer (versuchten) "ideologischen" Gängelung durch die Aufgabenstellen nicht ganz erwehren kann.


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Drakenheim
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Beitrag08.03.2024 18:21

von Drakenheim
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Oh, wenn ich ehrlich bin, habe ich die fünf Grundsätze nicht so sehr verinnerlicht, will sagen: Die nehme ich nicht wörtlich. Ansonsten würde ich einen Text beginnen über die Vor- und Nachteile von Patriarchat, die Vor- und Nachteile von Matriarchat, und wieso beides dumme Ideen sind. Die anderen vier Grundsätze kann ich unterzeichnen.

Mir ist aufgefallen, dass in diesem Faden viel Ablehnung gegen die Vorgaben aufgekommen sind. Das hat mich wirklich irritiert. Ich möchte gerne verstehen, wie das zustande gekommen ist. Bin ich auf der richtigen Spur, wenn ich die in Anführungszeichen gesetzten Grundsätze verdächtige?


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Herztrost
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Beitrag09.03.2024 13:04
Heuschrecken, Patriarchat und anderes ...
von Herztrost
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Hallo,

man könnte auch, um das Ganze weniger "erörterungsmäßig" und auktorial, dafür aber etwas unterhaltsamer zu gestalten, diesen Diskurs in Handlung, Symbolik und Figurenrede überführen.

Zum Beispiel:
Wir sind in der Zeit des Aufbruchs. Von mir aus im kleinen, abgeschlossenen Tal. Zwei Menschen treffen aufeinander. Nachts, es ist dunkel. Der eine sieht das Lagerfeuer des anderen und nähert sich. Patriarchat und Matriarchat - da liegt es nahe, einen Mann und eine Frau zu nehmen. Sie kennen sich nicht, kommen aus unterschiedlichen Gemeinschaften Überlebender (Walking Death, hehe), betreten das Tal aus gegensätzlichen Richtungen. Man redet miteinander. Dialog. Unverbindlich.
= vielleicht symbolisch Phase 0. Vor den Heuschrecken. Man kommt miteinander aus. Teilt das Abendbrot. ...

Dann fliegt etwas vorbei. Noch etwas. Schatten. Heuschrecken? Ein Schwarm? Angst! (Bedrohung für beide - k.A. vielleicht sind die auch giftig...; Bedrohung für deren Gemeinschaft - Unsere Ernte... Wo kommen sie her? Wo fliegen sie hin? ... Windrichtung? ...) Aber: Entwarnung, nur ...ähm... Fledermäuse? Der Vorfall ist aber Anlass für die Diskussion. Ursachen des jetzigen Zustands dieser Welt? Schuld? (Patriarchat, Matriarchat - die Begriffe würde ich gar nicht unbedingt nennen, klingt so akademisch, eher Struktur beschreiben. Einen konkreten Vorwurf...) Die Diskussion wird schärfer, Vorwürfe, Eskalation bishin zum Griff nach der Waffe. Dann könnte man wieder etwas durch die Nacht fliegen lassen. Zack - Kampf.
= symbolisch Phase I. Zusammenbruch

Beschreibung des Kampfgeschehens. Beide sind gleich stark. Bringen sich in eine Lage, in der beide sterben werden. Und dann muss es unseren Kipppunkt geben. Vom Tod zum Leben. Vielleicht: Die Frau und der Mann hören einen Schrei. Im Dunkeln ein Augenpaar. Einen Kopf. Eine kleine Gestalt. Tritt hervor. Es ist ein Kind. Das Kind des Mannes. Vater. Es hatte sich versteckt sollen. Und Mann und Frau lassen die Waffen fallen.
=symbolisch Phase II. Aufbruch

Man kehrt zurück ans Lagerfeuer. Hält Abstand. Isst weiter. Gibt dem Kind zu essen. Tröstet es und tröstet sich. Morgens geht man wieder getrennte Wege, deutet aber vielleicht an, dass man sich gegenseitig warnen wird, wenn neue Schwärme in Sicht kommen sollten oder so.
= Andeutung der Phase III. Utopie

Smile

Grüße Herztrost
(die sich fleißig zu ihren ersten 15 Forumsbeiträgen hinarbeitet und sich dabei definitiv kreativ herausgefordert fühlt Smile)
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nebenfluss
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Beitrag09.03.2024 17:43

von nebenfluss
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Drakenheim hat Folgendes geschrieben:
Mir ist aufgefallen, dass in diesem Faden viel Ablehnung gegen die Vorgaben aufgekommen sind. Das hat mich wirklich irritiert. Ich möchte gerne verstehen, wie das zustande gekommen ist. Bin ich auf der richtigen Spur, wenn ich die in Anführungszeichen gesetzten Grundsätze verdächtige?

Ja und nein.
Ich denke, Basis der Ablehnung ist die generelle Sorge über den Umbruch im Kulturbetrieb, der sich in der Etablierung von Ideen wie Sensitivity Reading und Content Notes äußert.
Die Ausschreibung treibt die dahinterstehende Agenda aber auf die Spitze, indem diese nicht nur die Rahmenbedingungen betrifft, sondern auch positiv konnotierte "Pointe" des Textes sein soll.
Also ja, die Grundsätze. Aber als Eskalation einer schon länger beobachteten, beunruhigenden Entwicklung und nicht als Einzelfall, wo man ja einfach von einer Teilnahme absehen kann.


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RaiBruHerte
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Beitrag09.03.2024 18:14

von RaiBruHerte
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Drakenheim hat Folgendes geschrieben:
Mir ist aufgefallen, dass in diesem Faden viel Ablehnung gegen die Vorgaben aufgekommen sind. Das hat mich wirklich irritiert. Ich möchte gerne verstehen, wie das zustande gekommen ist. Bin ich auf der richtigen Spur, wenn ich die in Anführungszeichen gesetzten Grundsätze verdächtige?

Ja und nein.
Ich denke, Basis der Ablehnung ist die generelle Sorge über den Umbruch im Kulturbetrieb, der sich in der Etablierung von Ideen wie Sensitivity Reading und Content Notes äußert.
Die Ausschreibung treibt die dahinterstehende Agenda aber auf die Spitze, indem diese nicht nur die Rahmenbedingungen betrifft, sondern auch positiv konnotierte "Pointe" des Textes sein soll.
Also ja, die Grundsätze. Aber als Eskalation einer schon länger beobachteten, beunruhigenden Entwicklung und nicht als Einzelfall, wo man ja einfach von einer Teilnahme absehen kann.


Sensitvity Reading und Content Notes sind vielleicht bald Zugangsvoraussetzungen für das Einreichen von Manuskripten oder Auslegung in Buchhandlungen oder Besprechung der Bücher in den Medien. Wurde nicht schon in 15 Hochschulen das Gendern verbindlich gefordert?( es waren wohl einzelne Dozenten ). So soll es auch schon üblich sein, wissenschaftliche Texte in Blocksatz zu verlangen. Muss man sich Sorgen machen? Ja.
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Herztrost
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Beitrag09.03.2024 22:09
Veränderung in Kultur und Sprache
von Herztrost
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Guten Abend,

da ich eh noch ein paar Antworten schuldig geblieben bin und die Diskussion nun wieder ins Theoretische und Generelle geht, ein paar  - von mir abschließende - Gedanken dazu.

Veränderungen in Kulturbetrieb und sprachlichen Konventionen

Es ist nun einmal so, dass sich Sprache wandelt. Weil sich Kultur wandelt, weil sich Gesellschaft wandelt - wie jeder einzelne Mensch in seinem Leben auch. Und es gibt immer beides: Vertreter:innen konservativer Richtungen und Vertreter:innen progressiver Richtungen. Problematisch wird es immer dann, wenn die eine Richtung der anderen vorwirft, sie "unterdrücken", "bevormunden" oder gar "dominieren" oder "reglementieren" zu wollen. Aber nochmal: Grundsätzlich liegt die Veränderung von Dingen in der Natur der Dinge selbst. Dass das Unsicherheiten hervorruft (wohlgemerkt auf beiden Seiten), ist ebenfalls normal. Deshalb finde ich es wichtig, damit sensibel umzugehen, im Gespräch und konstruktiv zu bleiben - wiederum ausgehend von beiden Seiten.

Ein Beispiel ist das "Gendern".

1. Das "Gendern" ist eine Tendenz der Zeit, ebenso wie der Gebrauch des generischen Maskulins eine Tendenz der Zeit war/ist. Beides liegt nicht in der Natur der Sache, "war immer so" oder "wird immer so sein". Es wäre ja absurd, mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Schreiberlingen das "Gendern" vorzuwerfen, weil sie Doppelformulierungen benutzten. Mit 10 Minuten Google-Suche bin ich auf die Untersuchung von Ursula Doleschal gestoßen. Sie hat deutsche Texte und Grammatiken untersucht, um herauszufinden, ab wann das generische Maskulin als solches systematisch Eingang in die deutsche Grammatik bzw. Textproduktion fand. Ihr (erstes) Fazit: Es lässt sich (erst!) nach 1946  zunächst in juristischen Rechtstexten vermehrt finden. Auch ein Blick in die Grammatik anderer Sprachen lohnt sich, um ein wenig das Dogmatische aus der Diskussion herauszunehmen. (Auf beiden Seiten - ich wiederhole mich da gerne, damit das klar ist.)

2. Das "Gendern" bezieht sich m.E. auf pragmatische Texte. Pragmatische Texte wiederum beziehen sich auf Inhalte, die außerhalb ihrer selbst existieren (Sachtexte) und haben eine bestimmte Gebrauchsfunktion. Deswegen ist es durchaus nachvollziehbar, dass man hier den Gesprächsgegenstand auch "genau" bezeichnen möchte. Und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wieso das "Gendern" bei den pragmatischen Texten so einen Anstoß erregt oder Aufregungspotential besitzt. Wenn in der Amtssprache oder in der Rechtssprache oder bei wissenschaftlichen Texten entsprechende Formeln nun verwendet werden, dann ist es eine Art der inhaltlichen Präzisierung. Sprachästhetik spielt hier doch eher eine untergeordnete Rolle. Ich lese solche Texte ja nicht zum Vergnügen. Und ob nun ausgerechnet das "Gendern" den Lesefluss bei solchen Texten gravierend stört... Da würde ich doch eher bei anderen Dingen (z.B. Satzbau) anfangen... . Der Blocksatz als "Verfallserscheinung"? Veränderungen eben, s.o. Etwas anderes ist es vielleicht bei bestimmten journalistischen Textsorten. Aber auch hier gibt es "Tendenzen unserer Zeit", aber doch keine Vorschriften, welche Form des "Genderns" ggf. gewählt werden müsste.

3.  Wird das "Gendern" in literarischen, also fiktionalen Texten, die ästhetisch rezipiert werden, überhaupt gemacht? Ist mir persönlich noch nie aufgefallen. Vielleicht, weil es dort nicht gewollt ist und keine Funktion hat? Siehe oben.

Ein weiteres Beispiel ist das Sensitivity Reading.

1. Auch hier bezogen sich meine bisherigen Ausführungen auf pragmatische Texte @Nebenfluss. Und es geht dabei auch nicht darum, einzelne Wörter "herauszufiltern". Das macht die Word-Suchfunktion völlig kostenlos, wenn man das will. Bei uns in der Redaktion (Achtung: pragmatische Texte!) können wir jemanden bei Bedarf beauftragen, so ein Reading durchzuführen. Dieser Jemand kennt sich in einem Thema besonders gut aus (z.B. Altersdiskriminierung, Diskriminierung mit religiösem Hintergrund und und und). Und er setzt Kommentare, die helfen sollen, das Thema inhaltlich besser zu verstehen und ggf. sprachlich entsprechend dem Thema (pragmatische Texte!) angemessener zu formulieren. Dann besprechen wir das im Redaktionsteam und ggf. der Redakteur mit dem Autor oder der Autorin. "Im Normalfall bekommen Autor:innen das nicht mit", soll bedeuten: Wir sagen nicht im tadelnden Ton zum Autor: "Laut Sens. Reading heißt es aber so und so." Sondern wir bitten den Autoren ggf., einen weiteren Aspekt mit aufzunehmen, also z.B. ein Material zu ergänzen, um der Komplexität des Themas besser gerecht zu werden. Ich kann daran nichts Verwerfliches finden, dient es doch dazu, der komplexen Wirklichkeit im pragmatischen Text besser gerecht zu werden.

2. Wie ist ein S.R. in Bezug auf literarische Texte zu verstehen? Nun, wie ich schrieb: Ich kann hierzu keinerlei Erfahrungswerte beitragen. Vielleicht kann das jemand anderes hier. Aber ich finde es durchaus interessant, weil ich mir vorstellen könnte, dass es vielleicht die weitere Arbeit am Text initiiert. Und auch hier kann es nicht um einzelne Wörter gehen (s.o.). Außerdem kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass ein S.R. genereller "Zwang" oder "Zugangsberechtigung" werden könnte. Denn: Es würde ja in bestimmten Genres gar keinen Sinn machen und - noch mal: Es kostet dem Verlag Geld. Eventuell wird oder ist es bereits Teil des normalen Lektorats. Jeder Verlag hat sein Programm, schließt Inhalte deshalb ein oder aus. Das ist normal. In diesem Fall würde ich es, genau wie Nebenfluss zunächst sagte,  als Teil eines einzelnen Wettbewerbs sehen. Dieser hat mit seinen - ich unterstelle einmal - absichtlich provokant gewählten Formulierungen außerdem das erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit. Mehr nicht.

Abschließend: Autor, Verlag, Erziehung und Moral

Ohne auf die hier gefühlt eher mit negativen Konnotationen versehenen Begriffe Erziehung und Moral eingehen zu wollen, nur diese Anmerkung von mir: Die Idee, ein Verlag könnte einen Schreibenden zu einer bestimmten "Moral" "erziehen" wollen, widerspricht meinem grundsätzlichen Verständnis von der Beziehung zwischen Autor:innen und Verlag. Ich persönlich gehe davon aus, dass beide gemeinsam ein Produkt erstellen wollen, auf dem beider Namen geschrieben steht. Ich sehe es als eine Zusammenarbeit, eben konstruktiv, wohlwollend und vertrauensvoll, denn beide Beteiligte haben ein Ziel: Dass das Produkt Verbreitung findet, also gekauft und gelesen wird.

Das soll es von mir - hier an dieser Stelle und dazu - gewesen sein. Vielleicht alles auch ein wenig "off-topic". Oder zu viel. Oder es wert, bei Bedarf in einem eigenen Forumsbeitrag, den es ja vielleicht schon gibt, diskutiert zu werden.

Viele Grüße Herztrost
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Charlie Brokenwood
Eselsohr


Beiträge: 209



Beitrag09.03.2024 23:59
Re: Veränderung in Kultur und Sprache
von Charlie Brokenwood
Antworten mit Zitat

Herztrost hat Folgendes geschrieben:


3.  Wird das "Gendern" in literarischen, also fiktionalen Texten, die ästhetisch rezipiert werden, überhaupt gemacht? Ist mir persönlich noch nie aufgefallen. Vielleicht, weil es dort nicht gewollt ist und keine Funktion hat? Siehe oben.


Hallo Herztrost, das Thema "Gendern in literarischen Texten" gab es hier im Forum in diesem Faden z.B. schon mal

https://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=79804

ist ein recht heißes Eisen...


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And those who were seen dancing were thought to be insane by those who could not hear the music. (...)
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Drakenheim
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Beitrag10.03.2024 15:36

von Drakenheim
Antworten mit Zitat

RaiBruHerte hat Folgendes geschrieben:
[...] Ich denke, Basis der Ablehnung ist die generelle Sorge über den Umbruch im Kulturbetrieb, der sich in der Etablierung von Ideen wie Sensitivity Reading und Content Notes äußert. [...]
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
[...] Sensitvity Reading und Content Notes sind vielleicht bald Zugangsvoraussetzungen für das Einreichen von Manuskripten oder Auslegung in Buchhandlungen oder Besprechung der Bücher in den Medien. [...]

Hallo Nebenfluss, hallo RaiBruHerte,
danke euch beiden für eure Antworten. Ihr beide erwähnt Sensitivity Reading und Content Notes als Knackpunkte. Tatsächlich finde ich das in diesem Faden noch zwei weitere Male offen ausgesprochen.
Grim hat Folgendes geschrieben:
[...] Die Ankündigung von Content Notes und (professionellem) Sensitivity Reading schreckt mich ab. [...]
RMAK hat Folgendes geschrieben:
Punkt 3 macht mir Angst;

3. Diese Anthologie wird ein (vom freien Software-Projekt SPBuchsatz gesponsertes) professionelles Sensitivity (SR) erhalten. [...]


Gemäßigte Stimmen gehen auf die engen Vorgaben ein, die als einschränkend oder herausfordernd gesehen werden. Andere Stimmen drücken eine allgemeine Ablehnungshaltung aus, wobei ich mir die beobachtete Intensität der Ablehnung nicht aus diesem Kontext erklären konnte.
Aber ich bin einen Schritt weiter gekommen auf der Suche nach einer Antwort für mich: Die gefühlsstarken Reaktionen sind eher Ausdruck der Sorge vor unangenehmen Veränderungen im Literaturbetrieb, als eine Ablehnung der Ausschreibung.


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nebenfluss
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Beitrag10.03.2024 19:49
Re: Veränderung in Kultur und Sprache
von nebenfluss
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Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Problematisch wird es immer dann, wenn die eine Richtung der anderen vorwirft, sie "unterdrücken", "bevormunden" oder gar "dominieren" oder "reglementieren" zu wollen.

Eine sehr fragwürdige Aussage. Schließlich kann es sein, dass es sich tatsächlich um Bevormundung (bis hin zur Zensur) handelt. Das zu erkennen und gegebenenfalls auch die Verantwortlichen zu benennen, ist Ausdruck von Wachsamkeit und bestimmt nicht der Punkt, an dem es erst "problematisch wird". Ohne solches kritisches Bewusstsein würden Ideen wie geschlechtergerechte Sprache oder Sensitivity Reading doch gar nicht erst entstehen.

Herztrost hat Folgendes geschrieben:
2. Wie ist ein S.R. in Bezug auf literarische Texte zu verstehen? Nun, wie ich schrieb: Ich kann hierzu keinerlei Erfahrungswerte beitragen. Vielleicht kann das jemand anderes hier. Aber ich finde es durchaus interessant, weil ich mir vorstellen könnte, dass es vielleicht die weitere Arbeit am Text initiiert. Und auch hier kann es nicht um einzelne Wörter gehen (s.o.).

Nach dem, was im Netz zu finden sind, werden durchaus oft einzelne Wörter markiert. Es kann aber auch um komplette Darstellung einer Figur oder einer Situation gehen bis hin zu einer In-Frage-Stellung des gesamten Plots.


Drakenheim hat Folgendes geschrieben:
Ihr beide erwähnt Sensitivity Reading und Content Notes als Knackpunkte.

Die beiden tauchen oft im Tandem auf, auch in Ausschreibungen, weil sie beide Ausdruck dieses speziellen Blicks auf literarische Wirksamkeit sind. Als Knackpunkt im Sinne einer ablehnenden Haltung empfinde ich persönlich Content Notes aber eigentlich nicht, weil sie ohne Auswirkung auf den Text bleiben. Ich habe mich nur in einer vergangenen Ausschreibung schon mal gefragt, warum der Autor diese Liste erstellen soll, wenn die Herausgeberin sie ohnehin überprüft und ergänzt, weil sie offenbar die entscheidende Expertise bei sich verortet. Deshalb behalte ich mir vor, ein KI-Modell mit meinem Text zu füttern und einfach die Content Notes, die es findet, mitzuschicken. Ich will die Hauptarbeit in meinen Text stecken und nicht in Spekulationen, wem beim Lesen ein Schweißausbruch oder Schlimmeres widerfahren könnte.


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kioto
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Beitrag09.04.2024 19:48

von kioto
Antworten mit Zitat

Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Ich würde keine Vorbehalte dagegen hegen oder es gar als "Bevormundung" oder "Zensur" bewerten, sondern als ein Angebot begreifen. Es ist eine Möglichkeit, am Text weiter zu arbeiten und neue Erfahrungen als Autor:in zu machen.


Bei diesem Satz gruselt es mich leicht. Könnte diese Formulierung nicht aus "1984" stammen?

Nichts für Ungut.


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Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

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nebenfluss
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Beitrag11.04.2024 07:19

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

kioto hat Folgendes geschrieben:
Herztrost hat Folgendes geschrieben:
Ich würde keine Vorbehalte dagegen hegen oder es gar als "Bevormundung" oder "Zensur" bewerten, sondern als ein Angebot begreifen. Es ist eine Möglichkeit, am Text weiter zu arbeiten und neue Erfahrungen als Autor:in zu machen.


Bei diesem Satz gruselt es mich leicht. Könnte diese Formulierung nicht aus "1984" stammen?

Als Formulierung sicher nicht, aber ich verstehe, was du meinst. Liest sich wie internalisiertes Doppeldenk bzw. die Anleitung dazu. Es schwingt aber insgesamt auch etwas Schöne neue Welt mit in dem Versuch, Störungen des gewünschten Denkens durch eine Ladung sloganhafter Wohlfühlprosa zu neutralisieren.
Solche Empfehlungen sind mittlerweile keine Einzelfälle mehr; fraglich ist, ob sie befolgt werden. So schickte die Germanistin Lisa Pychlau-Ezli einem - m. E. sehr ausgewogenen und hörenswerten - Streitgespräch mit Sören Sieg im Deutschlandfunk einen Kommentar zu seinen Couchsurfing-Erlebnissen in Afrika hinterher, der mit dem Absatz endet:
Lisa Pychlau-Ezli hat Folgendes geschrieben:
Die von Penguin Random House beauftragte Sensitivity-Gutachterin hat Herr Sieg zu dessen Empörung vorgeschlagen, sich rassismuskritisch fortzubilden und das Buch anschließend noch einmal zu schreiben. Einen derartigen Vorschlag abzulehnen, der nicht nur eine Unmenge an Arbeit bedeuten würde, sondern auch die Bereitschaft zu einem kompletten Umdenken, ist sicherlich nur menschlich. Niemand lässt sich gerne kritisieren. Niemand hat Lust, ein fertiges Buch noch einmal zu schreiben. So sehr ich auch die Perspektive der Gutachterin teile, war dies vermutlich ein eher unrealistischer Vorschlag. Möglicherweise war auch ihr Ton zu harsch. Und dennoch bleibt die Frage: Was für ein Text wäre dabei herausgekommen, wenn Herr Sieg diesen Vorschlag tatsächlich angenommen hätte? Was wäre gewesen, wenn er die Anregungen seiner Gutachterin nicht schlichtweg abgelehnt und gegen ihre Umsetzung angekämpft hätte, sondern wenn er die Kritik positiv aufgenommen und ihr Feedback ernsthaft reflektiert hätte?

Hier wird das Recht eines Autors, einem Sensitivity-Gutachten nicht zu folgen, in reine menschliche Schwäche umgedichtet: "Empörung" sowie Unlust, "sich kritiseren zu lassen", sich "fortzubilden" und eine "Unmenge Arbeit" ohne Bezahlung ein zweites Mal zu leisten. Gleichzeitig hätte man sich genau das mit dem Ziel eines "komplettes Umdenkens" des Autors gewünscht, weil dann ein dem postkolonialen Ideenkonstrukt entsprechendes Buch herausgekommen wäre.
Aber bitte komplettes Umdenken nicht als Gehirnwäsche übersetzen, das gibt bestimmt verbale Haue vom Feinsten.


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Levo
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Beitrag11.04.2024 08:52

von Levo
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Meine SR-Erfahrungen taten zwar weh im Sinne von „Autsch, ich hab Rassismus in mir“, die Interaktionen waren aber immer höflich, konstruktiv, nett und auch lustig im Umgang. Ich konnte nicht alles nachvollziehen und das war auch in Ordnung so. Meine SR-Lektorin wusste, dass eine rassistische Figur vorkommt, und hat die auch nicht bekrittelt. Es geht ja nicht um Wohlfühlliteratur, sondern um das Treffen der Intention des Autory. Ich wollte eine rassistische Figur, ohne selbst unbewusst rassistisch zu formulieren, sprich: der Rassismus sollte strikt bei der Figur bleiben.
Und wie immer bei Zusammenarbeit mit einem Lektor: mal passt es, mal nicht.
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