Zeigen, nicht beschreiben: Unterschied zwischen den Versionen

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Des Weiteren führt die Regel '''Zeigen, nicht beschreiben''' oft zu guten Ergebnissen, wenn es um das Charakterisieren von [[Protagonist]]en geht. Eine Aufzählung guter und schlechter Eigenschaften einer Person wirkt wenig lebendig und liest sich langweilig. Stattdessen kann oft mit einer kleinen Beispielszene verdeutlicht werden, wie sich eine [[Figur]] in bestimmten Situationen verhält. So kann der Leser selbst Rückschlüsse auf den Charakter ziehen.
Des Weiteren führt die Regel '''Zeigen, nicht beschreiben''' oft zu guten Ergebnissen, wenn es um das Charakterisieren von [[Protagonist]]en geht. Eine Aufzählung guter und schlechter Eigenschaften einer Person wirkt wenig lebendig und liest sich langweilig. Stattdessen kann oft mit einer kleinen Beispielszene verdeutlicht werden, wie sich eine [[Figur]] in bestimmten Situationen verhält. So kann der Leser selbst Rückschlüsse auf den Charakter ziehen.
== Den Leser selber denken lassen ==
Gezeigte Dinge kommen bei den meisten Lesern besser an und bleiben länger im Gedächtnis. Das liegt unter anderem daran, dass die Leser stärker in die Geschichte mit einbezogen und vom [[Autor]] gefordert werden.
Ein Beispiel: Mit einem Satz wie „Sarah war sehr aufgeregt vor ihrem großen Auftritt“ wird der Leser mit einer Information abgespeist. Zeigt man dagegen Sarah, wie sie von einem Bein auf das andere tritt, ihr Oberteil zweimal verkehrt herum anzieht und von ihrer Freundin drei mal angesprochen werden muss, bevor sie reagiert - dann muss der Leser anhand dessen selbst den Schluss ziehen, dass Sarah aufgeregt ist.
Dies entspricht auch eher der Wahrnehmung von Menschen in der Realität: Man sieht eine Person, beobachtet ihr Verhalten, hört, was sie sagt und zieht daraus Rückschlüsse über ihre Persönlichkeit oder ihren Gemütszustand.
Ein [[Autor]], der eine neue [[Figur]] einführt und schreibt: „John war ein Mistkerl“, der bevormundet seine Leser. Er zwingt ihnen seine eigene Meinung (oder die des [[Protagonist]]en) auf, anstatt ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine Meinung zu bilden. Wenn man als Leser selbst aufgrund dessen, was John tut und sagt, wütend auf ihn wird und bei sich denkt: „Was für ein Mistkerl!“, dann ist diese Erkenntnis viel stärker und die Information über Johns Charakter bleibt nach dem Lesen länger im Gedächtnis.
Zudem lässt man dem Leser auch die Freiheit, John vielleicht trotz oder gerade wegen seiner bösen Taten zu mögen und sich mit ihm zu identifizieren – die [[Figur]] wird von selbst dreidimensionaler.
Dasselbe gilt auch für Schauplätze. Zu schreiben „Der Wald war wunderschön“, ist nur eine Behauptung des [[Autor]]s. Ziel muss es sein, den Wald so zu beschreiben – dem Leser zu „zeigen“ – dass dieser selbst denkt: „Wow, das ist aber ein schöner Wald!“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Zeigen, nicht beschreiben“ vor allem deshalb so effektiv ist, weil es den Leser selber denken lässt und nicht bevormundet. Er wird dadurch stärker in die Geschichte involviert und kann sich eigene Gedanken machen.


== Beispiele ==
== Beispiele ==

Version vom 30. Juli 2011, 22:31 Uhr

Zeigen, nicht beschreiben, auch bekannt als Show, don't tell, ist eine Aufforderung an Autoren, das Geschehen und die Figuren nicht nur zu beschreiben, sondern sie für den Leser erlebbar zu machen und ihm quasi zu zeigen (Kopfkino). Dies kann zum Beispiel durch Dialoge und das Vermitteln von Gefühlen, die der Protagonist empfindet, oder durch die Schilderung von Gerüchen und Geräuschen, die der Protagonist wahrnimmt, geschehen (Mit allen Sinnen (be)schreiben).

Beschreibungen von Bewegungen und Gefühlen

Statische Beschreibungen sollten vermieden werden. Kleiner Tipp: Eine Konstruktion mit dem Verb »sein« ist häufig ein Hinweis auf das ungeliebte »Telling« und kann meist leicht umgangen werden.

Charakterisierungen

Des Weiteren führt die Regel Zeigen, nicht beschreiben oft zu guten Ergebnissen, wenn es um das Charakterisieren von Protagonisten geht. Eine Aufzählung guter und schlechter Eigenschaften einer Person wirkt wenig lebendig und liest sich langweilig. Stattdessen kann oft mit einer kleinen Beispielszene verdeutlicht werden, wie sich eine Figur in bestimmten Situationen verhält. So kann der Leser selbst Rückschlüsse auf den Charakter ziehen.

Den Leser selber denken lassen

Gezeigte Dinge kommen bei den meisten Lesern besser an und bleiben länger im Gedächtnis. Das liegt unter anderem daran, dass die Leser stärker in die Geschichte mit einbezogen und vom Autor gefordert werden.

Ein Beispiel: Mit einem Satz wie „Sarah war sehr aufgeregt vor ihrem großen Auftritt“ wird der Leser mit einer Information abgespeist. Zeigt man dagegen Sarah, wie sie von einem Bein auf das andere tritt, ihr Oberteil zweimal verkehrt herum anzieht und von ihrer Freundin drei mal angesprochen werden muss, bevor sie reagiert - dann muss der Leser anhand dessen selbst den Schluss ziehen, dass Sarah aufgeregt ist. Dies entspricht auch eher der Wahrnehmung von Menschen in der Realität: Man sieht eine Person, beobachtet ihr Verhalten, hört, was sie sagt und zieht daraus Rückschlüsse über ihre Persönlichkeit oder ihren Gemütszustand.

Ein Autor, der eine neue Figur einführt und schreibt: „John war ein Mistkerl“, der bevormundet seine Leser. Er zwingt ihnen seine eigene Meinung (oder die des Protagonisten) auf, anstatt ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine Meinung zu bilden. Wenn man als Leser selbst aufgrund dessen, was John tut und sagt, wütend auf ihn wird und bei sich denkt: „Was für ein Mistkerl!“, dann ist diese Erkenntnis viel stärker und die Information über Johns Charakter bleibt nach dem Lesen länger im Gedächtnis. Zudem lässt man dem Leser auch die Freiheit, John vielleicht trotz oder gerade wegen seiner bösen Taten zu mögen und sich mit ihm zu identifizieren – die Figur wird von selbst dreidimensionaler.

Dasselbe gilt auch für Schauplätze. Zu schreiben „Der Wald war wunderschön“, ist nur eine Behauptung des Autors. Ziel muss es sein, den Wald so zu beschreiben – dem Leser zu „zeigen“ – dass dieser selbst denkt: „Wow, das ist aber ein schöner Wald!“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Zeigen, nicht beschreiben“ vor allem deshalb so effektiv ist, weil es den Leser selber denken lässt und nicht bevormundet. Er wird dadurch stärker in die Geschichte involviert und kann sich eigene Gedanken machen.

Beispiele

Gefühle

Statt oberflächlich zu beschreiben –

Anna war wütend und sie schrie Arne laut an.

– sollte ein Autor die nötigen Details liefern, damit der Leser mitfiebern kann:

Annas Schädel dröhnte und Wut köchelte in ihrem Bauch. »Was zum Teufel soll das, Arne?« Ihre Stimme überschlug sich.

Charakterisierung

Sätze wie den folgenden findet man (leider) allzu häufig:

Hans war ein guter Mann und half gerne anderen Menschen.

Erstens liest man hier eine wenig spannende »war«-Konstruktion, zum anderen ist es eine sehr unbestimmte Beschreibung. Hans' Charakter wird viel besser folgendermaßen veranschaulicht:

Am Straßenrand hockte ein kleiner Junge mit tränennassen Wangen. Hans, gerade auf dem Weg zur S-Bahn, zögerte, hielt an und ging vor dem Kleinen in die Knie. »Was ist denn los, junger Mann?«
»Meine Mama hat mich zu einem neuen Laden geschickt und ich hab mich verlaufen ... « Heftige Schluchzer unterbrachen den Wörterschwall. »Ich komm nicht heim, und Geld hab ich auch nicht.«
Hans schaute auf die Uhr. Um seine Bahn noch zu bekommen, müsste er fast rennen. Hans steckte die Uhr weg, nahm die Hand des Jungen und zog ihn auf die Füße. »Wie heißt du denn und wo wohnst du?«

Choreographie

Im nächsten Beispiel betrachten wir nur Choreographie und Emotionen.

Sie drehte sich um und ging zum Schrank.

Das ist Choreographie. In diesem Beispiel bewegt man die Figur, aber ohne den Leser miterleben zu lassen, WIE sie das macht. Das ist Choreographie als Telling, d. h. Beschreibung.

Sie wirbelte herum und rannte zum Schrank.

Auch Choreographie, aber nun kann der Leser sehen, WIE die Figur sich bewegt, denn hier wurde die Bewegung gezeigt statt beschrieben. Der Leser kann daraus außerdem bereits erahnen, dass die Figur aufgeregt ist, weiß aber noch nicht, welche Aufregung er mitfühlen soll.

Zu Tode erschrocken wirbelte sie herum und rannte zum Schrank.

Choreographie: Wie tut sie es (show), Gefühlzustand (tell). Nun weiß der Leser, dass sie (und damit auch er, der Leser!) zu Tode erschrocken ist, aber es wird im gesagt. Das funktioniert prima bei einfachen Gefühlen.

Ihr Herz raste, sie schnappte nach Atem, wirbelte herum und rannte zum Schrank.

Choreographie show, Gefühlszustand show. In dieser Version unseres Beispiels kann der Leser mitfühlen.

Beschreibungen

Ähnlich verhält es sich bei der Beschreibung von Orten oder Szenen. Mit der oberflächlichen Beschreibung –

Das Zimmer war hell und groß.

– ist es nicht getan. Das wirkt weder stimmig noch intensiv. Als Autor sollte man es tunlichst vermeiden, lediglich Behauptungen aufzustellen, sondern den Leser an die Hand nehmen, um ihm den Ort zu zeigen, wie an folgendem Beispiel zu sehen:

Das von der Sonne hell erleuchtete Zimmer bot Platz für über hundert Personen.

Der Autor hat hier ein lebendiges Bild des Raumes erzeugt. Der Leser kann sich sofort ein Bild machen, was Größe und Helligkeit des Zimmers angeht.