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Ratte


 
 
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Ronneburger
Geschlecht:weiblichEselsohr
R

Alter: 44
Beiträge: 316



R
Beitrag21.04.2008 11:26
Ratte
von Ronneburger
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

dies ist der Anfang meines Buches, deshalb ist der Text auch nicht in sich geschlossen wie bei einer Kurzgeschichte. Ich wollte allerdings einfach mal hören, was ihr von dem Anfang haltet.

Ratte fielen immer wieder die Augen zu. Die eintönige, etwas nasale Stimme des Mathematik-Lehrers Mathias Boef,  die immer wieder unterbrochen wurde von einem erkältungsbedingten Röcheln, das so langsam chronisch zu werden drohte sowie das eintönige Thema „Gleichschenkliges Dreieck“ taten ihr Übriges.
Ratte gähnte herzhaft und wohl auch etwas zu lautstark, denn Herr Boef wandte ihr tadelnd den Kopf  und einige andere Kinder kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Herr Boef zog streng eine Augenbraue nach oben.
„Ts, ts, ts“, setzte er an, wurde aber von seinem eigenen Niesen unterbrochen. „Hatschi.“
„Gesundheit“, murmelte Ratte.
„Nach dem neuen Knigge sagt man nicht mehr Gesundheit“, tadelte der Lehrer.
Ratte schaute betreten zu Boden und ignorierte Hermine, die von hinten gegen ihren Stuhl stieß.
„Dir scheint langweilig zu sein. Dann komm doch mal an die Tafel und zeig uns, ob du schon kannst, was wir gerade besprochen haben!“
Herr Boef zog geräuschvoll die Nase nach oben, was wieder zu Gekicher im Klassenzimmer führte.
„Ruhe!“, brüllte er und sah erwartungsvoll Ratte an, die noch immer wie versteinert auf ihrem Platz saß.
Endlich fasste sie Mut und stand auf. Mit wackeligen Beinen ging sie zur Tafel und versuchte nicht in die hämisch grinsenden Gesichter ihrer Mitschüler zu blicken. Als sie vor der Tafel stand, schien diese mit einem Male viel größer zu sein.
„So, dann zeichne uns doch mal ein gleichschenkliges Dreieck“, forderte Herr Boef sie auf während er  mit glackernden Schuhen durch die Reihen ging und schließlich abwartend, die Hände vor der Brust verschränkt, an der großen Fensterfront stehen blieb.
„Nun?“
Zaghaft nahm Ratte das große Geodreieck, das wie immer an der Wand vor der Tafel stand, und setzte es an. Die Kreide quietschte vernehmlich und einige Kinder stöhnten gequält und hielten sich die Ohren zu. Rattes Gesicht schien förmlich zu glühen, so rot war sie geworden. Voller Verzweiflung starrte sie den Strich auf der Tafel an, als ob dieser ihr die Antwort geben könnte. Aber je mehr sie ihn anstarrte und sich das Hirn zermarterte, sie konnte die Lösung nicht finden. Vor ihren Augen verschwamm der Strich und sie merkte wie ihr die Tränen herabrannen.
„Heulsuse“, hörte sie es flüstern.
Wütend blickte sie zu Boden und verwünschte im Stillen ihre Großmutter.
Die sei nämlich auch immer so nah am Wasser gebaut gewesen, sagte ihre Mutter immer.
„Setz dich und pass in Zukunft auf, wenn du es nicht weißt!“ sagte Herr Boef kühl.
Der Lehrer zog ihr das Dreieck aus der Hand und Ratte beeilte sich schnell wieder auf ihren Platz zu kommen, um ihr noch immer puterrotes Gesicht hinter einem Buch zu verstecken. Nach schier endlosen 10 Minuten klingelte es endlich und die Jungen und Mädchen der 5b strömten lachend und redend nach draußen. Nur Ratte schien es nicht eilig zu haben. Langsam packte sie ihr Matheheft und das große, grüne Buch „Mathematik 5. - 6. Klasse“ in ihren Rucksack und ging nach draußen. Auf dem Flur war es bereits ganz leer, denn draußen schien die Sonne und die Kinder wollten ihre 15-minütige Pause gut nutzen. Langsam schlenderte Ratte zum Pausenhof und setzte sich dort abseits der anderen lachenden, schwatzenden oder spielenden Kinder im Schneidersitz auf den Boden. Sie öffnete den Rucksack und holte ihr Pausenbrot heraus. Vorsichtig öffnete sie an einer Seite das Papier und hielt ihre Nase vor die Öffnung – Leberwurst.
Sie hasste Leberwurst.
Schnell packte sie es wieder ein und zog aus ihrer Jacke einen Müsliriegel, den sie für Notfälle eingesteckt hatte. Und ein Leberwurstbrot war eindeutig ein Notfall.
„Hey Ratte, willst du nicht mitspielen?“, rief Ali, einer ihrer zwei besten und einzigen Freunde.
Er stand zusammen mit seinem Zwillingsbruder Mohammed, ihrem anderen besten Freund, in einer Gruppe zusammen und spielte Hackisack. Einem Spiel bei dem ein kleines mit Granulat oder Sand gefülltes Stoffsäckchen allein oder zu mehreren mit Beinen und Füßen gespielt wird. Ziel des Spieles ist, den Ball nicht auf den Boden kommen zu lassen. Ratte schüttelte den Kopf. Sie war eine Grobmotorikerin und war froh nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern. Ali zog bedauernd die Schultern hoch, widmete sich dann aber wieder dem Spiel.
Ali und Mohammed waren eineiige Zwillinge und für denjenigen, der nicht genau hinsahen kaum zu unterscheiden. Sie waren arabischer Abstammung, lebten aber schon seit vielen Jahren in Deutschland und konnten sich kaum an ihre eigentliche Heimat erinnern. Sie hatten eine leicht dunklere Haut, tiefschwarze, mandelförmige Augen und freche Grübchen um ihren Mund. Im Allgemeinen konnte man sagen, dass sie wirklich hübsche Jungs waren. Ganz im Vertrauen hatten sie Ratte einmal gestanden, dass sie nur durch ein wirkliches Merkmal voneinander zu unterscheiden waren. Ali hatte im rechten Nasenflügel ein kleines, braunes Muttermal, Mohammed im linken. Ansonsten unterschieden sie sich nicht und selbst Ratte hatte oft Schwierigkeiten sie auseinander zu halten.
Ratte schaute eine Zeit lang dem Spiel zu und knabberte lustlos an ihrem Müsli-Riegel. Dann läutete die Glocke und langsam und behäbig machte sich die Schar von Kindern auf zu ihren Klassenzimmern.
Ratte setzte sich auf ihren Platz und starrte stumm aus dem Zimmer, während um sie herum ihre Mitschüler das Klassenzimmer zum Kriegsgebiet erklärt zu haben schienen. Julius schoss durch ein Filzstiftröhrchen kleine, weiße, rote und grüne Spuckekugeln, die mal in den Haaren von Sybille, einem dicken Mädchen mit Hornbrille oder der Tafel hängen blieben. Ronny versuchte Ariane zu kitzeln, die sich vehement zu wehren wusste und ihn ans Schienbein trat. Die Zwillinge hatten zu einem arabischen Lied angesetzt, das besonders den Mädchen gefiel, die sich wie gackernde Hennen um sie scharten, was die beiden nur noch mehr anstachelte.



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Das ist einer dieser Tage, an dem ich erst weiß was ich rede, wenn ich höre, was ich sage. (Anett Louisan)
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Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8672
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag21.04.2008 17:06

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Hallo Ronneburger

Ich weiß natürlich jetzt nicht, ob ich dieses Buch lesen würde. Aber das liegt wohl daran, dass ich mit meinen 56 Jahren eher nicht zur Zielgruppe gehöre.  lol

Ich finde den Text sehr sauber ausformuliert, kann sprachlich also nicht viel bemängeln. Die Szene mit dem Geodreieck vor der Tafel kann ich mir gut vorstellen. Als Einstieg in Dein Buch mag sie also gehen. Allerdings ist sie natürlich nicht wirklich „dramatisch“. Da ich nicht weiß, wie die Geschichte sich entwickelt, kann ich da nicht sagen, ob Du nicht vielleicht einen effektvolleren Einsstieg finden kannst.

Generell muss ich sagen, dass Du sehr viel „beschreibst“ und weniger „zeigst“. Daraufhin würde ich an Deiner Stelle mal den ganzen Text untersuchen, da ich vermute, dass dies so bleibt. Beispielsweise die Beschreibung der Zwillinge: Da gibt es eine Anreihung von „hatte“ und „waren“. Das liest sich ein wenig trocken.

Gerade der kaum merkbare Unterschied zwischen den beiden lädt doch förmlich zu einer neckischen kleinen Szene ein, in welcher man diese Merkmale einführen kann. Etwas in der Art, dass sie als einzige in der Lage ist, die beiden unterscheiden zu können und sich zusammen mit ihren Freunden gegenüber den Mitschülern daraus einen Schabernack macht.

Einfach versuchen, solche Dinge im Rahmen einer Handlung zu zeigen. Dieses Prinzip: „show, don't tell“ solltest Du Dir etwas genauer ansehen. Dann wird deine „Schreibe“ deutlich lebendiger werden. Diesbezüglich findest Du einige gute Ratschläge in Ralphies „Schreibwerkstatt“ Ebenfalls Interessant der Schreibkurs auf dem „autorenforum.de“.

Ein paar Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen:

Zitat:
Die eintönige, etwas nasale Stimme des Mathematik-Lehrers Mathias Boef, die immer wieder unterbrochen wurde von einem erkältungsbedingten Röcheln, das so langsam chronisch zu werden drohte, sowie das eintönige Thema „Gleichschenkliges Dreieck“, taten ihr Übriges.


Zwei Kommas fehlten (blau)

Zitat:
...zu lautstark, denn Herr Boef wandte ihr tadelnd den Kopf zu und einige andere Kinder...


Zitat:
...gleichschenkliges Dreieck“, forderte Herr Boef sie auf, während er mit glackernden Schuhen...


Ein Komma und Hmm... Was sind „glackernde Schuhe“?  Schöne Wortschöpfung ...

Zitat:
Aber je mehr sie ihn anstarrte und sich das Hirn zermarterte, sie konnte die Lösung nicht finden.


je mehr ...“ erfordert zwingend ... „desto weniger“.

Also entweder: „Aber je mehr sie ihn anstarrte und sich das Hirn zermarterte, desto weniger konnte sie die Lösung finden.“
Oder etwas wie: „Wie lange sie ihn auch anstarrte und sich das Hirn zermarterte, sie konnte die Lösung nicht finden.“
Oder etwas in der Art:“Sie mochte ihn anstarren wie sie wollte und sich das Hirn zermartern, sie konnte die Lösung nicht finden.“

Zitat:
Der Lehrer zog ihr das Dreieck aus der Hand und Ratte beeilte sich schnell wieder auf ihren Platz zu kommen, um ihr noch immer puterrotes Gesicht hinter einem Buch zu verstecken.


Besser: „Der Lehrer zog ihr das Dreieck aus der Hand und Ratte beeilte sich, wieder auf ihren Platz zu kommen, um ihr noch immer puterrotes Gesicht hinter einem Buch zu verstecken."

Sich „schnell beeilen“ ist irgendwie komisch ...

Zitat:
Sie war eine Grobmotorikerin und war froh nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern.


Zweimal „war“ ... „Sie war eine Grobmotorikerin und froh, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern.“ Vielleicht auch: „...und deshalb froh, nicht über...“

Zitat:
...und für denjenigen, der nicht genau hinsahen kaum zu unterscheiden.



Muss heißen: „...und für denjenigen, der nicht genau hinsah, kaum zu unterscheiden.“

Ich hoffe, meine Anmerkungen helfen Dir ein bischen weiter.

Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor
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Locard
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 36
Beiträge: 696
Wohnort: Münster


Beitrag22.04.2008 00:17

von Locard
Antworten mit Zitat

Hey Ronne  Wink

Zitat:
Die eintönige, etwas nasale Stimme des Mathematik-Lehrers Mathias Boef, die immer wieder unterbrochen wurde von einem erkältungsbedingten Röcheln, das so langsam chronisch zu werden drohte [,] sowie das eintönige Thema „Gleichschenkliges Dreieck“ taten ihr Übriges.

Der Satz ist wie eine Teppichkante - da, um darüber zu stolpern. Insgesamt ist der Satz zu überladen mit Informationen. Auf dem ersten Blick schienen für mich Anfang und Ende nicht zusammengehörig. Auf dem zweitem schon Wink Ich weiß auch, woran es liegt. Du hast ein Komma vergessen (siehe eckige Klammer). Ich bin kein Fan von Relativsätzen in Relativsätzen. Das verwirrt mehr, als dass es erklärt und ergänzt. Zumindest geht es mir so.
Ich würde außerdem nicht unbedingt den Vornamen des Mathe-Lehrers nennen. Früher dachte ich, die Vornamen der Lehrer seien Herr oder Frau  Rolling Eyes Den Vornamen zu nennen, finde ich eher untypisch.

Um ehrlich zu sein, finde ich die Geschichte eher mittelmäßig. Das hat einen einfachen Grund: die Action fehlt Wink Was ich damit sagen will, ist, dass deiner Geschichte einfach die Handlung fehlt. Du beschreibst (in einem ausgereiften Stil) einen Morgen in der Schule. Aber mir wurde nicht klar, worauf du hinaus willst. Es plätschert so vor sich hin. Ich glaube, es könnte noch seitenweise so weitergehen. Worauf willst du überhaupt hinaus? Was ist dein Ziel? Warum beschreibst du die Mathestunde? Ist sie wichtig für die Geschichte? Im Moment stehen bei mir ehe drei Question  Question  Question  über meinem Kopf. Es fehlt das Interessante, das Abnormale. Warum sollte der Leser deiner Geschichte weiter folgen?

Deine Geschichte ist auf jeden Fall sehr liebevoll geschrieben und der Charakter der Ratte ist schon formschön. Du hauchst ihr Leben ein, das gefällt mir smile Man merkt jedenfalls, dass du dir einige Gedanken gemacht hast. Spinn noch etwas weiter und arbeite an der Geschichte! Das wird schon und nun heißt's "Tschacka - wir schaffen das!"  Wohow

Locard Wink

PS: Lass dich von meiner Kritik nicht unterkriegen! Du machst das schon!


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