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Falsche Freunde


 
 
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Smokowski
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Beitrag19.08.2023 23:02
Falsche Freunde
von Smokowski
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Kann man so weit verstehen, wer spricht?

Zwischen den dichten Laubkronen der Bäume war es unverkennbar: Ein Saurier. Ein anderes Wort fiel Klaus nicht ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das scharfe Gebiss riss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen. Nur der Schwanz fehlte. Aus der Entfernung von ca. 50 Metern war die Größe des Wesens schwer abzuschätzen. Es war mindestens so groß wie ein Teenager. Sah er zu ihm rüber? Egal. Renn!
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf, bis er mit einem Satz den 28-jährigen Dirk eingeholt hatte. Dieser machte einen Sprung zurück, weil Klaus direkt neben ihm zum stehen kam.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Klaus aber sein Herz schlug nicht nur vor Anstrengung. Die Angst trieb ihn den Schweiß aus den Poren. Was wartete Dirk noch? Klaus griff dem schmächtigen, aber durchtrainierten Tänzer am Arm. Er zog ihn weg und rief: „Hau´ ab, du Spast!“
Wieso wurde er so beleidigend? Sie waren in Lebensgefahr! Irgendwie aber musste er zu bewegen sein, um zu fliehen. Egal. Klaus packte seinen Begleiter erneut am Arm. Dieser aber erhob seine Faust, seine blauen Augen blitzen, und er rannte auf Klaus zu. Klaus war erleichtert: Sie konnte den dichten Wald endlich verlassen, um weiter oben auf dem Gipfel gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der die letzten Wochen nahezu pausenlos in seinem Atelier stand, um Acrylbilder anzufertigen, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang mühelos hochrennen konnte. Auch einen riesigen Olivenbaum hatte er erklommen und er hätte locker auf den blonden Dirk runter spucken können, doch er reichte ihm seine blasse Hand.
Sein Begleiter aber schlug nach der angebotenen Rechten und suchte eine Position, um hoch zu klettern. Während er mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhen ungelenk an einzelnen Ästen emporstieg, rotzte er: „Spast! Affe! Hornochse!“
Klaus kletterte höher und er fühlte sich zunehmend sicherer. Sein Herz raste noch immer. Er griff in seinem Rucksack seine Wasserflasche und leerte sie in einem Zug. Wenn wenigstens nur diese Hitze vorübergehen würde. Dirk knurrte auf, weil er mit seinem ärmellosen Jackett an einem Ast hängen blieb, aber dann gewann er Meter an Meter. Er weiterte seine Krawatte und sah auf: „Weiter hoch kannst du nicht mehr! Mach´ dich auf was gefasst!“
Klaus blieb sachlich. „Ärgere dich nicht! Im Wald ist ein großes Raubtier! Ein Reptil!“
„Hier gibt´s gar keine gefährlichen Tiere! Schon gar keine großen Reptilien!“
„Wieso bist du dir so sicher?“ Klaus machte eine Geste auf die Landschaft, welches vom Olivenbaum aus zu sehen war. „Wir sind in Katalonien und du bist aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klaus´ seinen Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Ob ich aus Kiel bin oder nicht, darum geht es nicht! Du hast schon genug Mist gebaut!“

„Kann ich euch was helfen?“, rief eine weibliche Stimme von unten in Spanisch, die in der Betonung des „S“ gipfelte. Klaus sah eine junge Frau um die 20, mit langen, brauen Locken, welche beinahe ihren ganzen Torso bedeckten. Er kramte gedanklich in seinem Spanisch-Wortschatz. „Atención! Achtung!“, stotterte er, und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein riesiges Raubtier! Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie aber lachte und sprach Englisch: „Meinen Sie das Reptil?“ Sie hielt die Kante ihrer rechten Hand an die Stirn, was in etwa der Größe des Tiers entsprach.
Dirk sah zu Klaus hoch. Glaubte er Klaus jetzt? Musste erst diese Frau kommen?
„In diesem Wald lebt ein großes Reptil?“, fragte der Tänzer auf Englisch.
Sie nickte. Er kletterte höher.
„Es ist komplett ungefährlich! Es ist ein Aasfresser!“
Dieses Tier hatte Klaus noch nie gesehen und die Unterhaltung wurde auf Englisch weitergeführt. „Von woher ist es?“
„Es ist erst vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt worden, aber dann aus dem Zoo von Barcelona geflohen. Hier ist es nun glücklich!“
Interessant. Da hatte Klaus die letzten Wochen aber was verpasst. Dirk kletterte herunter und sprang von einem Ast auf den Boden. Er hielt der Frau seine rechte Hand hin. „Hallo, wir haben eine Autopanne und suchen einen Spot für Handyempfang.“
Sie sah auf ihr Smartphone. „Es ist sechs Uhr abends und die Werkstätten haben schon geschlossen. Bis zum nächsten Dorf sind es 10 Kilometer.“ Sie machte einen Wink auf dem Weg, von dem sie gekommen war. „Ihr könnt bei mir gerne übernachten und morgen früh telefonieren. Ich bin Esmeralda.“
Oh. Die war aber freundlich. Sie sah nach oben. „Was ist mit dir? Willst du da oben Wurzeln schlagen?“
Klaus begann mit dem Abstieg. Mit seinen Sneakers war er rasch unten. Er sah der südländischen Frau in ihre leuchtend-grünen Augen. Sie war schlank und trug eine schwarze Jeans. Unter ihren Locken schaute eine grüne Bluse hervor. Aus ihrem Mund drang der Geruch von Minze. Er reichte ihr die Hand, welche sie mit ungewöhnlich festem Griff erwiderte. „Ich bin der Klaus und komme aus Berlin!“
Sie machte eine Handbewegung auf einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie gingen los. Die Sonne versteckte sich augenscheinlich zwischen zwei riesigen Felsspitzen der Pyrenäen. Es wurde merklich kühler. Klaus atmete auf.
„Meine Wohnung ist nicht weit – ein paar Hundert Meter. Seid ihr aus Deutschland?“
„Ja. Ich bin der Dirk. Ich bin professioneller Tänzer und ich trete in Valencia auf einem Festival auf.“
„Oooh!“, meinte Esmeralda.
Dirk lachte. „Ich habe auch schon ein paar Preise gewonnen.“
„Ok? Was tanzt du denn so?“
„Alles Mögliche. Flamenco, Linedance, sogar Capoeira, Breakdance.“
„Das ist aber vielfältig! Ich tanze Flamenco.“
„Cool. Ich würd´ mich gerne auf einen Tanz freuen.“
Klaus war genervt. Dirk sollte sich besser ausruhen nach seiner 24-Stunden-Fahrt.
Sie deutete auf Klaus´ sein buntes Batik-Shirt: „Bist du auch Künstler?“
„Ja. Ich bin Maler. Ich lass´ mich von Salvador Dalí inspirieren...“
„Gut! Willkommen in Spanien!“  
„…Ich habe einen eigenen Stil mit viel Architektur. Ein Freund aus Barcelona ist davon begeistert. Er will mich managen. Völlig kostenlos. Das rechtfertigt den weiten Weg von Berlin nach Barcelona.“
„Und dieser Freund ist…“ Sie sah Dirk an.
Klaus schüttelte seinen Kopf. „Nein. Er nicht. Wir teilen uns nur das Spritgeld. Für meine einandhalb Meter großen Bilder brauche ich ein Auto. Er hat es 24 Stunden lang gefahren, dann aber den Graben gesetzt.“
„Ich hasse ihn!“, fauchte Dirk. „Er ist ein miserabler Mitfahrer! Dauernd hatte er mich abgelenkt, weil er auf der Strecke irgendwelche Bauwerke ansehen wollte!“
„Dauernd?“ Klaus war überrascht.
„Ja, dauernd!“
„Aber, aber …“, Klaus hatte ein unangenehmes Gefühl im Magen. „Ich wollte nur einmal dieses Römeraquädukt sehen.“
Esmeralda verdrehte genervt die Augen. „Streitet euch nicht, sonst werdet ihr Bekanntschaft mit dem Reptil machen!“
Dirk warf Klaus einen fiesen Blick zu. Esmeralda lief zwischen ihnen her. Absichtlich? Klaus war das ganz recht. Er wollte mit diesem aggressivem Typen so wenig wie möglich zu tun haben. Er wollte auch wirklich nur einmal aussteigen. Er hoffte, dass sie auch nicht anfing, ihn zu hassen.
„Ist es dein Haustier?“, fragte Dirk.
„Es gehört zur Natur, es hält sie im Gleichgewicht. Es ist mal im Wald und mal hält es aus meinem Kräutergarten die Mäuse fern! Ich spare mir das Geld für Fallen!“
Dirk schmunzelte. „Hast du keine Angst, dass es sich ein größeres `Mäuschen´ schnappen könnte?“
Esmeralda winkte ab. „Wenn´s das tut, kriegt´ s aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder eben Oliven.
Esmeralda deutete am Ende des Olivenhains auf eine Felsspitze, die im Sonnenschatten eines großen Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist denn dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich wohne in einer Höhlenwohnung, der natürlichsten Form des Wohnens, meiner Meinung nach!“
Darunter konnte sich Klaus nichts vorstellen. Saß man dort um ein Lagerfeuer und grillte an Spießen das Fleisch erlegter Tiere?
Sie deutete auf ein Feld mit diversen Pflanzen, welche um und sogar in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah sonst niemanden weit und breit. „Lebst du hier ganz alleine?“
Sie kicherte. „Rocky ist auch noch da!“
„Ist das dein Freund?“
„Ihr werdet ihn kennen lernen.“
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr war zu erkennen. Klaus sah oben auf dem Felsen einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Auch seitlich eingemeißelte Fensterluken wurden offenbar. Sie waren verglast. Es war doch kein Steinzeitleben, wie zuerst angenommen. Der Einlass für die Tür war ebenfalls vorhanden, in welche Esmeralda verschwand. Ihre Hand winkte die verblüfften Jungs hinein.
Argwöhnisch betrachtete Dirk den Eingang. „Mich wundert´s, dass es nicht eingestürzt ist.“ „Es ist ja nur für einen Tag.“, grummelte Klaus. Er duckte sich hinein, Dirk stolperte hinterher.
Als sie in die Felskuppel traten, unter der man locker stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Auf der rechts-hinteren Seite gegenüber dem Eingang existierte eine Einbauküche mit Ceran-Kochfeld und Spüle. Sonst war die rechte Seite mit Regalen zugestellt, dicht an dicht, auf denen sich kleine Gläschen mit Kräutern befanden. Auf der linken Seite stand ein Gemütlichkeit ausstrahlendes Sofa, ausgerichtet auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. Über dem Sofa, auf der weiß gekalkten Wand, war in geschwungenen, schwarzen Lettern „Erizo del Mar“ geschrieben. Was bedeutete das? Direkt gegenüber vom Eingang führte eine Tür in einen weiteren Raum. So hausten heutige Höhlenmenschen also.
Dirk machte eine Kopfbewegung zum Fernseher: „Du verdienst gut, oder?“
„Ich bin promovierte Ärztin mit starkem Hang zur Ganzheitlichkeit! Ich habe im nächsten Ort eine gut laufende Praxis.“
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Dann haute sie auch noch wilden Tieren auf die Schnauze! Was machte ausgerechnet sie in dieser Ödnis? Klaus hätte sie eher in der High Society auf Kunstausstellungen erwartet.
Sie ging in die Küche und schüttete in einen Kochtopf den Inhalt verschiedener grünfarbiger Gläser. „Ich mach´ euch eine Pesto mit Schinkenwürfeln.“
Sie warf Dirk eine Fernbedienung zu: „Schaut einen Film. Das Essen kann etwas dauern!“
Klaus sah sich um. Wo war überhaupt dieser Rocky?
Dirk stellte sich mit der Bedienung vor den Fernseher. Er wählte im Menü YouTube aus und startete einen Reggaeton-Tanz. Er schwang sein Bein, drehte sich einmal um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter Esmeralda. Er schwang sein Gesäß, fasste ihr an die Hüfte und wollte sie zum Mitschwingen animieren. Warum ruhte er sich nach 24 Stunden Fahrt nicht einfach aus? Sie aber drehte sich um, schlug mit ihrer flachen Hand auf seine Brust. Er wäre beinahe in das Regal gekippt, hätte Esmeralda ihn nicht rechtzeitig gehalten. Die Eingangstür wurde aufgeschlagen. Es war das saurierartige Reptil, welches sich zwischen Dirk und Esmeralda stellte. Der fleischige Atem schlug Klaus ins Gesicht. Dirk machte einen Satz nach hinten auf die Couch und schrie. Klaus floh in das Nebenzimmer und drückte die Tür zu – er fragte sich daraufhin, wie er das überhaupt in der kurzen Zeit geschafft hatte. Etwas später hörte er Esmeraldas Stimme hinter der Tür: „Rocky ist wieder weg! Du kannst rauskommen!“  
Ok, das Reptil war also Rocky?
Klaus öffnete die Tür einen Spalt breit und sah Dirk immer noch auf einem Sofa stehen. Dieser war kreidebleich. Esmeralda winkte Klaus in den Raum hinein. Dieser sprang zum Couchtisch und klemmte ihn im Hauseingang zwischen Klinke und Boden.
„Rocky kommt nicht wieder!“, zischte Esmeralda, während sie ihre Arme vor der Brust verschränkt hielt. Mit erhobener Nase sah sie auf Dirk herab: „Er hat mit seinem Schrei die empfindlichen Ohren des Reptils verletzt! Es ist nun in den eintägigen Streik getreten.“
Dirk legte seine rechte Hand ans Kinn und schmunzelte. „Tja, das war halt der Schrei eines Künstlers!“
Esmeralda schmunzelte ebenfalls: „Du kannst mir gerne das Wohnzimmer hüten…“
„Aye, aye!“, antwortete Dirk voller Stolz und hielt seine rechte Hand an den Kopf wie nach einem Befehl an einen Matrosen.
„… während Klaus und ich ins Schlafzimmer gehen.“
Dirk erstarrte und wirkte überrascht.
„Komm, Klaus!“ Sie öffnete die Tür des Schlafzimmers und beide gingen hinein. Dann schloss sie die Tür und flüsterte: „Wo hast du bloß diesen Typen aufgegabelt?“
„Wir haben uns vor ein paar Tagen in Berlin kennen gelernt. Ich dachte, dass er ein lustiger Typ sei und dann hatten wir uns einfach entschieden, nach Spanien zu fahren.“
„Ich finde diesen Typen schrecklich. Er sagt, dass er dich hasst und dass du ein miserabler Mitfahrer seist und macht dich für den Unfall verantwortlich, hält aber selber keine Fahrpause ein. Das ist ein Zeichen für einen schwachen Charakter.“
Klaus stieß erleichtert die Luft aus. Esmeralda war auf seiner Seite.
„Der wird in der Nacht im Wohnzimmer sein blaues Wunder erleben.“
„Oh, was denn?“
Sie kicherte. „Das wirst du noch sehen … aber keine Angst, bei mir bist du in Sicherheit.“
„Du wirst ihn doch nicht töten, oder?“
„Ach, I wo, das ist einfach nur ein toxischer Freund, dem man Manieren beibringen muss. Er hört dir nicht zu und akzeptiert dich auch nicht so, wie du bist!“
Klaus fasste sich an seinen Bauch. Er hatte ein gutes Gefühl mit ihrer Aussage. Er war todmüde, fiel in Esmeraldas Bett und schlief sofort ein.



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Calvin Hobbs
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Beitrag20.08.2023 07:23

von Calvin Hobbs
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Ja, kann man.
MfG


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Smokowski
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Beitrag20.08.2023 12:58

von Smokowski
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Danke, Calvin Hobbes.
Das ist schon mal gut. Dann kann man sich ja dem Rest der Geschichte widmen. Ich habe die Stellen an den schwarz markierten Bereichen überarbeitet, damit man nicht noch einmal alles lesen muss.

Zwischen den dichten Laubkronen der Bäume war es unverkennbar: Ein Saurier. Ein anderes Wort fiel Klaus nicht ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das scharfe Gebiss riss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen. Nur der Schwanz fehlte. Aus der Entfernung von ca. 50 Metern war die Größe des Wesens schwer abzuschätzen. Es war mindestens so groß wie ein Teenager. Sah er zu ihm rüber? Egal. Renn!
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf, bis er mit einem Satz direkt neben dem 28-jährigen Dirk zum stehen kam. Dieser machte einen Sprung zurück.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Klaus aber sein Herz schlug nicht nur vor Anstrengung. Die Angst trieb ihn den Schweiß aus den Poren. Was wartete Dirk noch? Der gleichaltrige Klaus griff dem schmächtigen, aber durchtrainierten Tänzer am Arm. Er zog ihn weg. Dirk rief: „Hau´ ab, du Spast!“
Wieso wurde er so beleidigend? Sie waren in Lebensgefahr! Klaus hatte es vor Panik die Sprache verschlagen. Egal. Klaus packte seinen Begleiter erneut am Arm. Dieser aber erhob seine Faust, seine blauen Augen blitzten, und er rannte auf Klaus zu. Klaus war erleichtert: Sie konnten den dichten Wald endlich verlassen, um weiter oben auf dem Gipfel gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der die letzten Wochen nahezu pausenlos in seinem Atelier stand, um Acrylbilder anzufertigen, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang mühelos erklimmen konnte. War es der evolutionäre Überlebenstrieb, um aus einer Gefahrenzone zu entkommen? Vielleicht. Auch einen riesigen Olivenbaum hatte Klaus erklommen und er hätte locker auf den blonden Dirk runter spucken können, doch er reichte ihm seine blasse Hand.
Sein Begleiter aber schlug nach der angebotenen Rechten und suchte eine Position, um hoch zu klettern. Während er mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhe ungelenk an einzelnen Ästen emporstieg, rotzte er: „Spast! Affe! Hornochse!“
Klaus verstand´ die Beleidigungen immer noch nicht, kletterte aber höher, was gut war, weil er sich zunehmend sicherer fühlte. Sein Herz raste noch immer. Er griff in seinem Rucksack seine Wasserflasche und leerte sie in einem Zug. Wenn wenigstens nur diese Hitze vorübergehen würde. Dirk knurrte auf, weil er mit seinem ärmellosen Jackett an einem Ast hängen blieb, aber dann gewann er Meter an Meter. Er weiterte seine Krawatte und sah auf: „Weiter hoch kannst du nicht mehr! Mach´ dich auf was gefasst!“
Klaus blieb sachlich. „Ärgere dich nicht! Im Wald ist ein großes Raubtier! Ein Reptil!“
„Hier gibt´s gar keine gefährlichen Tiere! Schon gar keine großen Reptilien!“
„Wieso bist du dir so sicher?“ Klaus machte eine Geste auf die Landschaft, welches vom Olivenbaum aus zu sehen war. „Wir sind in Katalonien und du bist aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klaus´ seinen Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Ob ich aus Kiel bin oder nicht, darum geht es nicht! Du hast schon genug Mist gebaut!“
„Ja, was denn? Ich verstehe dich nicht!“
Die Reise hatte erst so gut angefangen. Sie unterhielten sich über Kunst.


„Kann ich euch was helfen?“, rief eine weibliche Stimme von unten in Spanisch, die in der Betonung des „S“ gipfelte. Klaus sah eine junge Frau um die 20, mit langen, brauen Locken, welche beinahe ihren ganzen Torso bedeckten. Er kramte gedanklich in seinem Spanisch-Wortschatz. „Atención! Achtung!“, stotterte er, und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein riesiges Raubtier! Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie aber lachte und sprach Englisch: „Meinen Sie das Reptil?“ Sie hielt die Kante ihrer rechten Hand an die Stirn, was in etwa der Größe des Tiers entsprach.
Dirk sah zu Klaus hoch. Glaubte er Klaus jetzt? Musste erst diese Frau kommen, um die Existenz des Reptils zu beweisen? Er würde gerne mit Dirk noch einmal in Ruhe reden, doch nun war erst einmal diese Frau da.
„In diesem Wald lebt ein großes Reptil?“, fragte der Tänzer.
Sie nickte. Er kletterte höher.
„Es ist komplett ungefährlich! Es ist ein Aasfresser!“
Dieses Tier hatte Klaus noch nie gesehen und die Unterhaltung wurde auf Englisch weitergeführt. „Von woher ist es?“
„Es ist erst vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt worden, aber dann aus dem Zoo von Barcelona geflohen. Hier ist es nun glücklich!“
Interessant. Da hatte Klaus die letzten Wochen aber was verpasst. Dirk kletterte herunter und sprang von einem Ast auf den Boden. Klaus begann nun auch mit dem Abstieg. Mit seinen Sneakers war er rasch unten. Dirk hielt der Frau seine rechte Hand hin. „Hallo, wir haben eine Autopanne und suchen einen Spot für Handyempfang.“
Sie sah auf ihr Smartphone. „Es ist sechs Uhr abends und die Werkstätten haben schon geschlossen. Bis zum nächsten Dorf sind es 10 Kilometer.“ Sie machte einen Wink auf dem Weg, von dem sie gekommen war. „Ihr könnt bei mir gerne übernachten und morgen früh telefonieren. Ich bin Esmeralda.“
Oh. Die war aber freundlich. Klaus sah der südländischen Frau in ihre leuchtend grünen Augen. Sie war schlank und trug eine schwarze Jeans. Unter ihren Locken schaute eine grüne Bluse hervor. Aus ihrem Mund drang der Geruch von Minze. Er reichte ihr die Hand, welche sie mit ungewöhnlich festem Griff erwiderte. Ungewöhnlich, aber vielleicht war das einfach ihre Art. „Ich bin der Klaus und komme aus Berlin!“
Sie machte eine Handbewegung auf einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie gingen los. Die Sonne versteckte sich augenscheinlich zwischen zwei riesigen Felsspitzen der Pyrenäen. Es wurde merklich kühler. Klaus atmete auf.
„Meine Wohnung ist nicht weit – es sind nur ein paar hundert Meter. Seid ihr aus Deutschland?“
„Ja. Ich bin der Dirk. Ich bin professioneller Tänzer und ich trete in Valencia auf einem Festival auf.“
„Oooh!“, meinte Esmeralda.
Dirk lachte. „Ich habe auch schon ein paar Preise gewonnen.“
„Ok? Was tanzt du denn so?“
„Alles Mögliche. Flamenco, Linedance, sogar Capoeira, Breakdance.“
Esmeralda schlug ihre Hände zusammen. Vor Freude? „Das ist aber vielfältig! Ich tanze Flamenco.“
„Cool. Ich würd´ mich gerne auf einen Tanz freuen.“
Klaus war genervt. Das erklärte nicht, wieso Dirk soeben so unfreundlich war. Überhaupt war er nur auf Esmeralda fokussiert. Klaus war anscheinend Luft für ihn. Er hatte ein ungutes Bauchgefühl.
Sie deutete auf Klaus´ sein buntes Batik-Shirt: „Bist du auch Künstler?“
„Ja. Ich bin Maler. Ich lass´ mich von Salvador Dalí inspirieren...“
„Gut! Willkommen in Spanien!“   
„…Ich habe einen eigenen Stil mit viel Architektur. Ein Freund aus Barcelona ist davon begeistert. Er will mich managen. Völlig kostenlos. Das rechtfertigt den weiten Weg von Berlin nach Barcelona.“
„Und dieser Freund ist…“ Sie sah Dirk an.
Klaus schüttelte seinen Kopf. „Nein. Er nicht. Wir teilten uns nur das Spritgeld. Für meine einandhalb Meter großen Bilder brauche ich ein Auto. Er hat es 24 Stunden lang gefahren, dann aber in den Graben gesetzt.“
„Ich hasse ihn!“, fauchte Dirk. „Er ist ein miserabler Mitfahrer! Dauernd hatte er mich abgelenkt, weil er auf der Strecke irgendwelche Bauwerke ansehen wollte!“
„Dauernd?“ Klaus war überrascht.
„Ja, dauernd!“
„Aber, aber …“, Klaus hatte ein unangenehmes Gefühl im Magen. „Ich wollte nur einmal dieses Römeraquädukt sehen.“
Esmeralda verdrehte genervt die Augen. „Streitet euch nicht, sonst werdet ihr Bekanntschaft mit dem Reptil machen!“
Dirk warf Klaus einen fiesen Blick zu. Esmeralda lief zwischen ihnen her. Absichtlich? Klaus war das ganz recht. Er wollte mit diesem aggressivem Typen so wenig wie möglich zu tun haben. Er wollte auch wirklich nur einmal aussteigen. Warum machte Dirk die Reise so madig? Klaus hoffte, dass sie nicht auf seine Seite überlief.  
„Ist es dein Haustier?“, fragte Dirk.
„Es gehört zur Natur, es hält sie im Gleichgewicht. Es ist mal im Wald und mal hält es aus meinem Kräutergarten die Mäuse fern! Ich spare mir das Geld für Fallen!“
Dirk schmunzelte. „Hast du keine Angst, dass es sich ein größeres `Mäuschen´ schnappen könnte?“
Esmeralda winkte ab. „Wenn´s das tut, kriegt´ s aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder eben Oliven. Mit seinem Humor hatte er Esmeralda nicht gewonnen - zum Glück. Sonst hätte Klaus zwei Nervensägen gehabt.
Esmeralda deutete am Ende des Olivenhains auf eine emporragende Felsspitze, die im Sonnenschatten eines großen Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist denn dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich lebe in einer Höhle, der natürlichsten Form des Wohnens, meiner Meinung nach. Es ist kühl im Sommer und mild im Winter.“
Darunter konnte sich Klaus nichts vorstellen. Saß man dort um ein Lagerfeuer und grillte an Spießen das Fleisch erlegter Tiere?
Sie deutete auf ein Feld mit diversen Pflanzen, welche um und sogar in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah sonst niemanden weit und breit. „Lebst du hier ganz alleine?“
Sie kicherte. „Rocky ist auch noch da!“
„Ist das dein Freund?“
„Ihr werdet ihn kennen lernen.“
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr war zu erkennen. Klaus sah oben auf dem Felsen einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Auch seitlich eingemeißelte Fensterluken wurden offenbar. Sie waren verglast. Es war doch kein Steinzeitleben, wie zuerst angenommen. Der Einlass für die Tür war ebenfalls vorhanden, in welche Esmeralda verschwand. Ihre Hand winkte die verblüfften Jungs hinein.
Argwöhnisch betrachtete Dirk den Eingang. „Mich wundert´s, dass es nicht eingestürzt ist.“
„Es ist ja nur für einen Tag.“, grummelte Klaus. Er duckte sich hinein, Dirk stolperte hinterher.
Als sie in die Felskuppel traten, unter der man locker stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Auf der rechts-hinteren Seite gegenüber dem Eingang existierte eine Einbauküche mit Ceran-Kochfeld und Spüle. Sonst war die rechte Seite mit Regalen zugestellt, dicht an dicht, auf denen sich kleine Gläschen mit Kräutern befanden. Auf der linken Seite stand ein Gemütlichkeit ausstrahlendes Sofa, ausgerichtet auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. Über dem Sofa, auf der weiß gekalkten Wand, war in geschwungenen, schwarzen Lettern „Erizo del Mar“ geschrieben. Was bedeutete das? Direkt gegenüber vom Eingang führte eine Tür in einen weiteren Raum. So hausten heutige Höhlenmenschen also.
Dirk machte eine Kopfbewegung zum Fernseher: „Du verdienst gut, oder?“
„Ja. Ich bin promovierte Ärztin mit starkem Hang zur Ganzheitlichkeit! Ich habe im nächsten Ort eine gut laufende Praxis.“
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Dann haute sie auch noch wilden Tieren auf die Schnauze! Was machte ausgerechnet sie in dieser Ödnis? Klaus hätte sie eher in der High Society auf Kunstausstellungen erwartet.
Sie ging in die Küche und schüttete in einen Kochtopf den Inhalt verschiedener grünfarbiger Gläser. „Ich mach´ euch eine Pesto mit Schinkenwürfeln.“
Sie warf Dirk eine Fernbedienung zu: „Schaut einen Film. Das Essen kann etwas dauern!“
Klaus sah sich um. Wo war überhaupt dieser Rocky?
Dirk stellte sich mit der Bedienung vor den Fernseher. Er wählte im Menü YouTube aus und startete einen Reggaeton-Tanz. OK. Jetzt unterhält er sich mal: „Dirk, warum warst du …?“
Doch er hörte gar nicht zu.
Er schwang sein Bein, drehte sich einmal um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter Esmeralda. Er schwang sein Gesäß, fasste ihr an die Hüfte und wollte sie zum Mitschwingen animieren. Warum setzte er sich nach 24 Stunden Fahrt nicht einfach auf die Couch? Sie aber drehte sich um, schlug mit ihrer flachen Hand auf seine Brust. Er wäre beinahe in ein Regal gekippt, hätte Esmeralda ihn nicht rechtzeitig gehalten. Die Eingangstür wurde aufgeschlagen. Es war das saurierartige Reptil, welches sich zwischen Dirk und Esmeralda stellte. Der fleischige Atem schlug Klaus ins Gesicht. Dirk machte einen Satz nach hinten auf die Couch und schrie. Klaus floh in das Nebenzimmer und drückte die Tür zu – er fragte sich daraufhin, wie er das überhaupt in der kurzen Zeit geschafft hatte. Etwas später hörte er Esmeraldas Stimme hinter der Tür: „Rocky ist wieder weg! Du kannst rauskommen!“   
Ok, das Reptil war also Rocky?
Klaus öffnete die Tür einen Spalt breit und sah Dirk immer noch auf einem Sofa stehen. Dieser war kreidebleich. Esmeralda winkte Klaus in den Raum hinein. Dieser machte die Tür auf und sprang zum Couchtisch. Klaus klemmte ihn im Hauseingang zwischen Klinke und Boden ein.
„Rocky kommt nicht wieder!“, zischte Esmeralda, während sie ihre Arme vor der Brust verschränkt hielt. Mit erhobener Nase sah sie auf Dirk herab: „Er hat mit seinem Schrei die empfindlichen Ohren des Reptils verletzt! Es ist nun in den eintägigen Streik getreten.“
Dirk legte seine rechte Hand ans Kinn und schmunzelte. „Tja, das war halt der Schrei eines Künstlers!“
Esmeralda schmunzelte ebenfalls: „Du kannst mir gerne das Wohnzimmer hüten…“
„Aye, aye!“, antwortete Dirk voller Stolz und hielt seine rechte Hand an den Kopf wie nach einem Befehl an einen Matrosen.
„… während Klaus und ich ins Schlafzimmer gehen.“
Dirk erstarrte und wirkte überrascht.
„Komm, Klaus!“ Sie öffnete die Tür des Schlafzimmers und beide gingen hinein. Dann schloss sie die Tür und flüsterte: „Wo hast du bloß diesen Typen aufgegabelt?“
„Wir haben uns vor ein paar Tagen in Berlin kennen gelernt. Ich dachte, dass er ein lustiger Typ sei und dann hatten wir uns einfach entschieden, nach Spanien zu fahren. Hat mir sowieso in den Kram gepasst.
„Ich finde diesen Typen schrecklich. Erst stellt er sich nicht vor, sondern sagt, dass er eine Autopanne hat, so, als ob ich irgend eine Angestellte sei. So fängt´ s schon mal an. Dann sagt er, dass er dich hasst und dass du ein miserabler Mitfahrer seist. Er macht dich sogar für den Unfall verantwortlich, hält aber selber keine Fahrpause ein. Das ist ein Zeichen für einen schwachen Charakter.“
Klaus stieß erleichtert die Luft aus. Esmeralda war auf seiner Seite. Es hätte aber auch anders ausgehen können. Er hatte in der kurzen Zeit schon einige Menschen sich blenden lassen sehen.
„Der wird in der Nacht im Wohnzimmer sein blaues Wunder erleben.“
„Oh, was denn?“
Sie kicherte. „Das wirst du noch sehen … aber keine Angst, bei mir bist du in Sicherheit.“
„Du wirst ihn doch nicht töten, oder?“
„Ach, I wo, das ist einfach nur ein toxischer Freund, dem man Manieren beibringen muss. Er hört dir nicht zu und akzeptiert dich auch nicht so, wie du bist!“
Klaus fasste sich an seinen Bauch. Er hatte ein gutes Gefühl mit ihrer Aussage. Er war todmüde, fiel in Esmeraldas Bett und schlief sofort ein.


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Smokowski
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Beitrag23.08.2023 12:55

von Smokowski
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Hier schreibt keiner was. Hängt es damit zusammen, weil ich einmal in einem anderen Betrag zu meinen Texten geschrieben hatte, dass die ganze Kritik erschlagend ist?

Keine Sorge, ich kann Kritik zu diesem Text ab, weil ich neuen Mutes bin. Ich habe auch einen Schreibratgeber gelesen.


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Häherfeder
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Beitrag24.08.2023 09:56

von Häherfeder
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Man merkt, dass du schreiben kannst. So einen Text muss man erstmal raushauen können.
Kritik: Es ist irgendwie too much. Die Gedanken von Klaus, das Verhalten von Esmeralda, die ganze Dialogflut etc. - es ließt sich wie eine amerikanische Teenie-Soap, bei der man jeder Figur einen Tick und 20 andere Eigenheiten verpasst, damit noch genug Material für die nächste Staffel da ist.
Will heißen: Der Unterhaltungswert ist schon da. Aber der Text lässt in mir null Bedürfnis aufkommen, mich in die Figuren hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufiebern, weil alles irgendwie so sprunghaft ist und selbst die Figuren gefühlt nur von einem Ort/ einem Dialog zum nächsten hüpfen und die Szenarie nicht ernstzunehmen scheinen.
Ich muss allerdings dazu sagen: Vielleicht hast du diese Wirkung ja auch beabsichtigt-Idk.
Als Kurzgeschichte, die man kurz mal liest und dann halt wieder vergisst- da funktioniert der Text, man wird unterhalten.
Als Ausschnitt aus einem Roman und wenn der Rest des Romans auch so ist- würde ich keine 20 Seiten durchhalten.
(Hoffe ich war hier nicht zu ehrlich lol )
Gerne gelesen.
Gruß Häherfeder
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DieGunkel
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Beitrag24.08.2023 10:48

von DieGunkel
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Finde auch, dass du flott schreiben kannst. Und ja, mir schwirrt auch ein wenig der Kopf. Ich kann mir die Personen in den Dialogen schlecht vorstellen. Wenn das ein Ausschnitt aus einem längeren Text/Roman ist und an anderer Stelle erläutert wird, dann passt es.
Ein anderer Vorschlag wäre die Dialoge zu entzerren, verschlanken und/oder mehr Erläuterungen dazwischen?! Probiere es für dich einfach mal aus, wenn du magst.

Manchmal ist es hier, dass wenige Feedback geben. Würde das entspannt sehen. muss nicht jedermanns Sache sein, was hier geschrieben wird.
Grüßle, Die Gunkel
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Arminius
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Beitrag24.08.2023 13:50

von Arminius
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Hallo Smokowski,
viel Text auf einmal, aber im Vergleich zu früheren deutlich lesbarer. Daumen hoch
Hier meine wenigen Kritikpunkte:

evolutionärer Überlebenstrieb  das versteht sich von selbst; es gibt keinen anderen.

rotzte ist keine Form der Äußerung.

könnt bei mir übernachten Ehrlich jetzt? Das ist absolut unglaubwürdig, zumal die junge Dame alleine lebt. Es sei denn, sie hegt finstere Absichten.

Seid ihr aus Deutschland? Die Frage hat Klaus eigentlich schon beantwortet.

Sonnenschatten Schatten genügt; die Sonne wirft keinen Schatten.

Fensterluken wurden offenbar ...wurden sichtbar

fleischiger Atem Aus dem Maul des Aasfressers dürfte eher ein überwältigend fauliger Gestank entweichen

Esmeralda ist erst "um die 20" und promovierte Ärztin? Das ist extrem unglaubwürdig. Das Medizinstudium in Spanien dauert in der Regel 6 (in Worten: sechs) Jahre. Oder ist sie eine Hochbegabte, die ihr Medizinstudium mit 14 begann? Bevor Du solche Angaben machst, solltest Du sorgfältig recherchieren (wie beim fleischigen Atem). Die RezipientInnen merken sofort, wo Du nur rätst oder etwas aus dem Bauch heraus als Tatsache hinstellst - und verlieren das Interesse. Jemand, der Dein Buch gekauft hat und so etwas liest, wird sich die Frage des Preis-Leistungsverhältnisses stellen.

„… während Klaus und ich ins Schlafzimmer gehen.“
Dirk erstarrte und wirkte überrascht.
„Komm, Klaus!“ Sie öffnete die Tür des Schlafzimmers und beide gingen hinein. Dann schloss sie die Tür"
Ebenfalls unglaubwürdig; da wird eine Erwartungshaltung geschaffen, die nicht bedient wird.

Zum Dialog: Dialoge treiben in der Regel eine Geschichte an, bringen Dynamik und Spannung ins Spiel. Dein Dialog plätschert fast unmotiviert dahin, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Zusammen mit der unglaubwürdigen Einladung an die beiden Protas ist das recht wenig und weckt keine Neugier.
Klingt jetzt vielleicht alles hart, aber lass Dich nicht entmutigen von der Kritik. Deine Fortschritte sind offensichtlich- und das ist eine gute Basis, noch besser zu werden.
Hasta la vista, hombre.


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Anton Maurer
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Beitrag24.08.2023 16:59

von Anton Maurer
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Ich meine, dass das Alter der Charaktere irrelevant ist ("28-jährig", "gleichaltrig").

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Smokowski
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Beitrag26.08.2023 10:44

von Smokowski
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Schönen guten Morgen!
Danke für eure Antworten.
Nun zu den Fragen:

Häherfeder hat Folgendes geschrieben:
Man merkt, dass du schreiben kannst. So einen Text muss man erstmal raushauen können.
Kritik: Es ist irgendwie too much. Die Gedanken von Klaus, das Verhalten von Esmeralda, die ganze Dialogflut etc. - es ließt sich wie eine amerikanische Teenie-Soap, bei der man jeder Figur einen Tick und 20 andere Eigenheiten verpasst, damit noch genug Material für die nächste Staffel da ist.
Will heißen: Der Unterhaltungswert ist schon da. Aber der Text lässt in mir null Bedürfnis aufkommen, mich in die Figuren hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufiebern, weil alles irgendwie so sprunghaft ist und selbst die Figuren gefühlt nur von einem Ort/ einem Dialog zum nächsten hüpfen und die Szenarie nicht ernstzunehmen scheinen.

Soll ich die Übergänge ausgestalten? Ein anderer Kommentar meint schließlich auch, dass ich mehr Erläuterungen dazwischen schieben soll.
Etwa so?
Zwischen den Bäumen war es unverkennbar: Ein Saurier. Ein anderes Wort fiel Klaus nicht ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das Gebiss des Tieres riss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, die Art Tyrannosaurus Rex zu sehen, aber er war mindestens so groß wie ein Teenager. Aus der Entfernung von ca. 50 Metern war die Größe des Wesens schwer abzuschätzen. Fehlte der Schwanz?


Arminius hat Folgendes geschrieben:
könnt bei mir übernachten Ehrlich jetzt? Das ist absolut unglaubwürdig, zumal die junge Dame alleine lebt. Es sei denn, sie hegt finstere Absichten.

An dieser Stelle habe ich Klaus´ seine Gedanken ausführlich geschildert:
Sie machte einen Wink auf dem Weg, von dem sie gekommen war. „Ihr könnt bei mir gerne übernachten und morgen früh telefonieren. Ich bin Esmeralda.“
Oh. Die war aber freundlich – aber war das von ihr wirklich ernst gemeint? Hatte sie keine Angst vor zwei Männern?

Oder, soll ich Rocky früher erwähnen?

Arminius hat Folgendes geschrieben:
Esmeralda ist erst "um die 20" und promovierte Ärztin? Das ist extrem unglaubwürdig.

Und wie klingt das?
Klaus sah eine junge, erwachsene Frau. Das Alter konnte er schwer abschätzen. Sie hatte lange, braue Locken, welche beinahe ihren ganzen Torso bedeckten.
und später:
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Sie musste mindestens Ende 20 sein.

Arminius hat Folgendes geschrieben:
„… während Klaus und ich ins Schlafzimmer gehen.“
Dirk erstarrte und wirkte überrascht.
„Komm, Klaus!“ Sie öffnete die Tür des Schlafzimmers und beide gingen hinein. Dann schloss sie die Tür" Ebenfalls unglaubwürdig; da wird eine Erwartungshaltung geschaffen, die nicht bedient wird.

Meinst du die Erwartungshaltung, dass die beiden S*x machen?
„… während Klaus und ich ins Schlafzimmer gehen.“
Dirk erstarrte und wirkte überrascht.
Esmeralda legte ihre Hand auf Klaus´ seine Schulter. „Ich will dir was sagen.“ Sie öffnete die Tür des Schlafzimmers und beide gingen hinein.

Klingt das besser?

Arminius hat Folgendes geschrieben:
Zum Dialog: Dialoge treiben in der Regel eine Geschichte an, bringen Dynamik und Spannung ins Spiel. Dein Dialog plätschert fast unmotiviert dahin, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Zusammen mit der unglaubwürdigen Einladung an die beiden Protas ist das recht wenig und weckt keine Neugier.

Mein Dialog plätschert fast unmotiviert dahin? Meinst du, dass die Charaktere gleich klingen?


Anton Maurer hat Folgendes geschrieben:
Ich meine, dass das Alter der Charaktere irrelevant ist ("28-jährig", "gleichaltrig").

Du schreibst "Ich meine". Das hört sich so an, als ob du vorab Text geschrieben hattest, der abhanden gekommen ist.


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Arminius
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Beitrag26.08.2023 11:32

von Arminius
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An dieser Stelle habe ich Klaus´ seine Gedanken ausführlich geschildert:
Sie machte einen Wink auf dem Weg, von dem sie gekommen war. „Ihr könnt bei mir gerne übernachten und morgen früh telefonieren. Ich bin Esmeralda.“
Oh. Die war aber freundlich – aber war das von ihr wirklich ernst gemeint? Hatte sie keine Angst vor zwei Männern?
Oder, soll ich Rocky früher erwähnen?

Es geht darum: eine junge, attraktive Frau trifft im Outback auf zwei ihr völlig unbekannte Männer, Ausländer zumal, die sich zudem äußerst auffällig bzw. ungewöhnlich verhalten. Wäre ich diese Frau, wäre ich erst mal nicht so gastfreundlich. Es wäre interessant, hierzu die Meinung von Kolleginnen zu hören.

Klaus sah eine junge, erwachsene Frau. Das Alter konnte er schwer abschätzen. Sie hatte lange, braue Locken, welche beinahe ihren ganzen Torso bedeckten.
und später:
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Sie musste mindestens Ende 20 sein.

Eine junge Frau, etwa Mitte zwanzig. Damit ist alles gesagt. Das Wort Torso würde ich unbedingt durch Oberkörper ersetzen. Ein Torso ist ein Körper ohne Kopf und Gliedmaßen. Kein sehr schönes Bild.

Meinst du die Erwartungshaltung, dass die beiden S*x machen?
Ich denke nicht, dass auch nur ein*e Leser*in auf den Gedanken käme, dass die beiden sich eine Briefmarkensammlung ansehen wollen.

Mein Dialog plätschert fast unmotiviert dahin? Meinst du, dass die Charaktere gleich klingen?
Nicht unbedingt, das ist schon OK. Es ist nur so, dass der Dialog richtungslos wirkt. Da fehlt die Stringenz. Ein Dialog muss zielführend sein, sonst wird er als überflüssiges Blabla wahrgenommen. Ich würde ihn kürzen, also von nebensächlichem Ballast befreien, und auf das Wesentliche, also das Reptil, zusteuern lassen. Es ist nicht besonders glaubwürdig, dass zwei Männer, die sich fast in panischer Angst vor einem Reptil auf einen Baum flüchten, plötzlich locker unter anderem darüber plaudern, dass sie sich das Spritgeld teilen. Das Motiv für ihre Flucht auf den Baum ist das Reptil und die junge Frau scheint etwas über diese "Bestie" zu wissen. Das ist der Punkt. Nutze das, um Spannung und Erwartung bei den LeserInnen (und bei Deinen Charakteren) zu erzeugen. Den Ansatz dazu hast Du ja bereits geschaffen.


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Smokowski
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Beitrag26.08.2023 12:44

von Smokowski
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Arminius hat Folgendes geschrieben:
Mein Dialog plätschert fast unmotiviert dahin? Meinst du, dass die Charaktere gleich klingen?
Nicht unbedingt, das ist schon OK. Es ist nur so, dass der Dialog richtungslos wirkt. Da fehlt die Stringenz. Ein Dialog muss zielführend sein, sonst wird er als überflüssiges Blabla wahrgenommen. Ich würde ihn kürzen, also von nebensächlichem Ballast befreien, und auf das Wesentliche, also das Reptil, zusteuern lassen. Es ist nicht besonders glaubwürdig, dass zwei Männer, die sich fast in panischer Angst vor einem Reptil auf einen Baum flüchten, plötzlich locker unter anderem darüber plaudern, dass sie sich das Spritgeld teilen. Das Motiv für ihre Flucht auf den Baum ist das Reptil und die junge Frau scheint etwas über diese "Bestie" zu wissen. Das ist der Punkt. Nutze das, um Spannung und Erwartung bei den LeserInnen (und bei Deinen Charakteren) zu erzeugen. Den Ansatz dazu hast Du ja bereits geschaffen.

Also sollen sie nach Ankunft von Esmeralda weiter Angst vor dem Reptil haben und Esmeralda nicht trauen, weil sie nichts vom Reptil befürchtet und die Männer sie nicht kennen?

Ich habe die Stelle jetzt einfach umgestellt. Die Jungs trauen sich nicht vom Baum runter und Esmeralda verspricht, ihnen helfen zu können, wenn sie sich vorstellen. Dann stellen sie sich vor, streiten sich aber ein Bisschen. Sie lädt die beiden zu sich nach Hause ein, wenn sie versprechen, sich nicht zu streiten, sonst holt sie das Reptil. Sie versprechen, sich nicht zu streiten und steigen vom Baum herunter.


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Arminius
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Beitrag27.08.2023 14:22

von Arminius
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Hallo Smokowski,
es ist Deine Geschichte. Du bestimmst, wohin die Reise geht. Für mich geht das aus dem Text aber nicht eindeutig hervor. Was ist der zentrale Konflikt, auf den alles zusteuert? Was ist der tiefere Sinn des Dialogs? Das ist alles noch sehr beliebig und - ja, es wirkt konzeptionslos. Ein bisschen Wortgeplänkel erzeugt noch keine Neugier oder gar Spannung beim Lesen.
Vielleicht ist Deine Geschichte ja viel umfangreicher. Dann sollte man aber ein paar Stichworte über den Inhalt erfahren, um den Ausschnitt besser einordnen zu können (vielleicht steht das woanders und ich habe es nur noch nicht gefunden?). Ohne den Gesamtzusammenhang ist es aber schwierig, einen Textausschnitt zu beurteilen.


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Smokowski
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Beitrag15.11.2023 19:01

von Smokowski
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Hi,

jede Geschichte braucht seine Zeit. So auch meine Kurzgeschichte, welche jetzt etwas über den Standard von 2500 Wörtern geht. Ich denke, das ist auch notwendig, um das Thema eines Mannes, der keine gute Menschenkenntnis hat und sich damit in Teufels Küche begibt, zu beschreiben. Ich hoffe, nun einen klaren Erzählfluss zu haben.
Und ja: Es gibt häufige Szenenwechsel.

Wie ist die Geschichte nun?

Zwischen den Bäumen war es unverkennbar: ein Dinosaurier. Klaus fiel kein anderes Wort ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das Tier riss mit seinem Gebiss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen, mindestens groß wie ein Mensch. Noch nie gesehen. Das Tier sah ihn an. Klaus erschrak, doch er konnte reagieren.
Laufen! Bloß weg von hier!
Er schlug sich durch die Büsche. Wie weit war der Dino weg? 50 Meter? War er wirklich so groß wie ein Mensch? Fehlte der Schwanz? Ist das wichtig gerade? Nein.
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf. Dann ging er in die Hocke und machte einen Satz. Direkt neben Dirk kam er zum Stehen. Dieser sprang zurück.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Klaus sein Herz schlug nicht vor Anstrengung, die Angst trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Was wartete Dirk noch? Klaus griff dem anderen Mann am Arm, um mit ihm zu fliehen.
Dirk zog den Arm weg und rief: „Hau´ ab, du Spast!“
Wieso wurde er beleidigend? Wegen der … was war es noch mal? Egal. Sie waren in Lebensgefahr! Klaus hatte es vor Panik die Sprache verschlagen. Alles, was er tun konnte, war, seinen Begleiter erneut am Arm zu ziehen. Dieser riss sich los und erhob seine Faust. Klaus erwartete einen Schlag und wich aus. Dann sprintete er den Weg weiter hoch. Dirk folgte mit erhobener Faust – vielleicht eher, weil er sauer war, statt vom Dino zu fliehen. Klaus war erleichtert: Sie konnten den dichten Wald endlich verlassen, um weiter oben auf dem Gipfel gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der im Rahmen seines Kunststudiums die letzten Wochen nahezu pausenlos in seinem Atelier stand, um Acrylbilder anzufertigen, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang und einen riesigen Olivenbaum erklimmen konnte. War es der Überlebenstrieb, um aus einer Gefahrenzone zu entkommen? Er hätte locker auf den blonden Dirk runter spucken können, doch er reichte ihm seine blasse Hand.
Sein Begleiter aber ignorierte ihn und stieg mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhe ungelenk an einzelnen Ästen empor. Klaus kletterte ebenfalls höher, was gut war, weil er sich zunehmend sicherer fühlte. Sein Herz raste noch. Er griff in seinem Rucksack seine Wasserflasche und leerte sie in einem Zug. Wenn diese Hitze vorübergehen würde. Dirk knurrte auf, weil er mit seinem ärmellosen Jackett an einem Ast hängen blieb, dann schwang er sich zunehmend elegant an den Ästen hoch. Warum so schnell auf einmal? Wegen seinem Tanztraining? Dirk weiterte seine Krawatte und sah auf: „Weiter hoch kannst du nicht mehr! Mach´ dich auf was gefasst!“
Klaus blieb sachlich. „Ärgere dich nicht! Im Wald ist ein großes Reptil!“
„Ein großes Reptil? Hier gibt´s keine großen Reptilien!“
„Wieso bist du dir sicher?“ Klaus machte eine Geste auf die Landschaft. „Wir sind in Katalonien und du bist aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klaus´ seinen Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Die ganze Zeit willst du mir Dinge zeigen. Seit wir aus Berlin losgefahren sind! Das nervt! Ich checke jetzt den Handyempfang und dann rufen wir eine Werkstatt!“
„Dauernd? Ich hatte nur einmal gefragt ...“
Dirk wedelte wortlos mit seinem Smartphone in der Luft herum. Warum er nicht nebenher reden konnte war Klaus ein Rätsel. Hoffentlich konnte wenigstens ein Pannendienst gerufen werden.  

„Kann ich euch was helfen?“, rief eine weibliche Stimme von unten in Spanisch, die in der Betonung des „S“ gipfelte. Klaus sah einer Frau um die 20 in ihre grünen Augen. Er kramte gedanklich in seinem Spanisch-Wortschatz. „Atención! Achtung!“, stotterte er, und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein riesiges Raubtier! Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie lachte und sprach Englisch. „Meinen Sie das Reptil?“ Sie hielt ihre rechte Hand einige Zentimeter über den Scheitel ihrer dunklen Haare, was in etwa der Größe des Tiers entsprach.
Sie war furchtlos. Warum?
„In diesem Wald lebt ein großes Reptil?“, fragte Dirk.
Sie nickte. Er kletterte höher. Endlich glaubte er daran. Musste erst diese Frau kommen, die die Existenz des Reptils bestätigte?
Sie rief: „Keine Angst. Es greift an, wenn es Hunger hat und momentan, im Herbst, findet es ausreichend Nahrung. Stellt euch vor, dass es ein Hund ist.“
Ein Hund. Kein Hund ist mindesten zwei Meter groß! Dieses Tier hatte Klaus noch nie gesehen. „Von woher ist es?“
„Es ist vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt worden, dort hätten sie Experimente mit ihm gemacht. Hier ist es frei und glücklich!“
Interessant. Da hatte Klaus die letzten Wochen was verpasst. Konnten sie nun diesen Baum verlassen?
„Ihr habt Angst, runterzukommen, nicht wahr?“
Klaus nickte.
Sie spielte mit ihrem schlanken Finger in den Locken, welche ihren ganzen Oberkörper bedeckten. „Wir sollten uns als erstes vorstellen, um Vertrauen aufzubauen. Ich bin Esmeralda.“
„Das Reptil aber …“
Sie sah Dirk an. „Sag, bist du aus Deutschland?“
Dirk stotterte: „Äh ... sind wir. Wir haben eine Autopanne und suchen einen Spot für Handyempfang …!“
Sie zog ihr Smartphone aus der schwarzen Jeans, die ihre breite Hüfte betonte. „Es ist acht Uhr abends. Die Werkstätten haben geschlossen.“
Dirk legte sich die Hand auf die Stirn. Klaus war besorgt. Wie sollte es weitergehen?
„Lasst uns weiter uns vorstellen“, meinte Esmeralda. „Dann lade ich euch ein. Am nächsten Morgen können wir mit einem Abschleppdienst telefonieren.“
Oh. Eine Einladung. Das klang gut. Aber hatte sie als Frau, zumal als attraktive, keine Angst, zwei wildfremde Männer bei sich aufzunehmen? Und wieso wusste sie viel über das Reptil?
Ehe Klaus sie dazu etwas fragen konnte, sah sie Dirk an und rief: „Hey, erzähl´ mehr über dich!“
„Äh, na ja .. ääh, ich bin professioneller Tänzer ...“
„Oooh!“, meinte Esmeralda. „Was tanzt du denn so?“
„Alles Mögliche. Flamenco, Linedance, Breakdance ...“
Esmeralda schlug ihre Hände zusammen. Vor Freude? „Das ist aber vielfältig! Ich tanze Flamenco.“
Dann wandte sie sich Klaus´ zu und deutete auf ihn: „Deine Jeans ist voller Farbflecken. Bist du Maler?“
Klaus sah sich um und blickte dann zurück auf sie. „Woher weißt du so viel über das Reptil?“
„Ich las in der Zeitung, dass jemand ein Grundstück suchte, um es unterzubringen und da hatte ich halt angerufen. Dann stand das Tier halt in meinem Kräutergarten, um Mäuse zu fressen. Dafür bin ich dankbar, ich spare das Geld für Fallen.“
Seltsam. Dass so etwas in der Zeitung stand, war merkwürdig – was für eine Zeitung sollte das sein?
Dirk schmunzelte. „Hast du keine Angst, dass es sich ein größeres `Mäuschen´ schnappen könnte?“
Esmeralda winkte ab. „Wenn´s das tut, kriegt´ s aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder Oliven.
„Es gehorcht dir, oder?“, fragte Klaus.
Sie nickte. Oje. Jetzt verstand er, warum sie keine Angst vor Männern hatte.
„Lass´ uns zu dir nach Hause gehen,“ meinte Dirk. „Klaus, worauf wartest du noch?“
Hatte er keine Angst, dass sie ihn an das Monster verfüttern könnte?
„Dirk! Warte!“ Dirk aber schwang sich den Baum runter bis zum letzten Ast, von dem er aus auf den Boden kam. Dort reichte er ihr die Hand. Sie sah zu Klaus auf: „Komm runter, es wird langsam dunkel.“  
Er sah sich gezwungen, Esmeralda vertrauen zu müssen und er begann mit dem Abstieg. Als er unten ankam, reichte er ihr ebenfalls die Hand, welche sie mit festem Griff erwiderte. Aus ihrem Mund drang der Geruch von Minze.
Sie deutete mit der Hand auf einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie liefen los. Es war landschaftlich schön, das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Klaus in einer prekären Lage befand.  
Eine Weile liefen sie schweigend nebenher, dann fragte Esmeralda. „Klaus, bist du aus Düsseldorf?“  
Er hätte am liebsten nichts gesagt, doch er fühlte sich genötigt, etwas sagen zu müssen – sonst könnte Esmeralda kein Vertrauen zu ihm finden. „Ich bin … ich bin aus Berlin …“
„Und du bist Maler, oder?“
Klaus nickte.  
„Und was machst du hier in Spanien?“
„Ein Freund hat mich nach Barcelona eingeladen, um mich mit meiner Kunst zu managen.“
„Und dieser Freund ist…“ Sie sah Dirk an.
Klaus schüttelte seinen Kopf. „Nein. Er nicht. Er sollte meine einandhalb Meter großen Bilder nach Barcelona fahren. Auf dem Weg hatte er das Auto in den Graben gesetzt.“
„Ich hasse ihn!“, fauchte Dirk. „Dauernd hatte er mich auf der Strecke abgelenkt!“
Für Klaus war es nicht der richtige Zeitpunkt, sich mit diesem Problem zu befassen. Er war froh, heil bis in den morgigen Tag zu kommen.
Sie zeigte am Ende des Olivenhains auf eine emporragende Felsspitze, die im Schatten des Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich lebe in einer Höhle, der natürlichsten Form des Wohnens, meiner Meinung nach. Es ist kühl im Sommer und mild im Winter.“
Darunter konnte sich Klaus nichts vorstellen. Saß man dort um ein Lagerfeuer und grillte an Spießen das Fleisch erlegter Tiere?
Sie deutete auf ein Feld mit diversen Pflanzen, welche um und in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah niemanden weit und breit. „Lebst du hier ganz alleine?“
Sie kicherte. „Mein Schätzchen ist auch noch da.“
Oh, damit könnte sie das Reptil gemeint haben.
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr war zu erkennen. Klaus sah oben einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Seitlich eingemeißelte Fensterluken wurden sichtbar. Sie waren verglast. Es war kein Steinzeitleben wie zuerst angenommen. Der Einlass für die Tür war ebenfalls vorhanden, in welche Esmeralda verschwand. Ihre Hand winkte die verblüfften Jungs hinein.
Als sie in die Felskuppel traten, unter der man locker stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Auf der rechts-hinteren Seite gegenüber dem Eingang existierte eine Einbauküche. Auf der linken Seite stand ein Gemütlichkeit ausstrahlendes Sofa, ausgerichtet auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. Direkt gegenüber vom Eingang führte eine Tür in einen weiteren Raum. So hausten heutige Höhlenmenschen.
Dirk machte eine Kopfbewegung zum Fernseher: „Du verdienst gut, oder?“
„Ich bin promovierte Ärztin mit starkem Hang zur Ganzheitlichkeit! Ich habe im nächsten Ort eine gut laufende Praxis.“
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Dann haute sie wilden Tieren auf die Schnauze! Was machte sie in dieser Ödnis? Er hätte sie in der High Society auf Kunstausstellungen erwartet.
Sie ging an den Herd und schüttete in einen Kochtopf den Inhalt verschiedener grünfarbiger Gläser. „Ich mach´ euch eine Pesto mit Schinkenwürfeln.“
Sie warf Dirk eine Fernbedienung zu: „Schaut einen Film. Das Essen kann dauern!“
Dirk stellte sich mit der Bedienung vor den Smart-Fernseher. Er wählte im Menü YouTube aus und startete einen Reggaeton-Tanz. OK? Hatte er sonst keine Sorgen?
Dirk schwang sein Bein, drehte sich um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter Esmeralda. Er drehte sein Gesäß, fasste ihr an die Hüfte und wollte sie zum Mitschwingen animieren. Oje. Dirks Verhalten war seltsam. Erst fuhr er 24 Stunden lang Auto und machte dann einen Unfall. Dann tanzte er mit einer Frau, der ein menschengroßes, fleischfressendes Reptil gehorchte. Warum setzte er sich nicht einfach auf die Couch?
Esmeralda sah nicht glücklich aus. Sie drehte sich um, schlug mit ihrer flachen Hand gegen seine Brust. Er wäre in ein Regal gekippt, hätte sie ihn nicht rechtzeitig gehalten.
Die Eingangstür wurde aufgeschlagen. Es war das Reptil, welches sich zwischen Dirk und Esmeralda stellte. Es hatte tatsächlich keinen Schwanz. Der fleischige Gestank aus dem Maul schlug Klaus ins Gesicht. Dirk machte einen Satz nach hinten und zog einen Revolver, den er auf das Tier richtete. Klaus floh in das Nebenzimmer und drückte die Tür zu. Er fragte sich daraufhin, wie er das überhaupt in der kurzen Zeit geschafft hatte.
Wieso hatte Dirk überhaupt einen Revolver? Er war auch nur ein einfacher Künstler, oder? Klaus war naiv. Er lernte Dirk erst vorgestern auf einer Ausstellung kennen. Esmeralda und ihrem Reptil konnte er genau so wenig trauen. Am besten sollte Klaus die Waffe an sich reißen, um diesen Ort verlassen zu können.
Klaus öffnete die Tür einen Spalt breit und er sah Dirk von hinten, der mit dem gezogenen Revolver auf die offene Haustüre zielte. Esmeralda saß daneben auf den Boden. Dirk zeigte mit der Waffe auf sie und meinte: „Dein feiges Monster kann dich nicht beschützen. Du brauchst einen richtigen Mann. Einer, der dich mal richtig rannimmt!“
Klaus schlich auf Zehenspitzen in den Raum und packte Dirk´ seinen Revolverarm. Klaus konnte die Umklammerung der Waffe ein wenig lösen, während Dirk auf ihn fixiert war. Hinter ihm erhob sich Esmeralda – zu spät! Sie packte mit beiden Händen den Kugellauf und befreite das Schießeisen mit einem kurzen Ruck. Der Tänzer machte einen Satz durch die Tür in den Wald. Er war kurz darauf im Dickicht verschwunden, ehe sie auf ihn zielen konnte. Sie machte die Tür zu und war mit Klaus alleine in der Höhle.
Klaus hatte das alles nicht kommen sehen. Esmeralda hatte das Kommando über eine Art Dinosaurier und war nun mit einer Pistole bewaffnet. Würde sie Klaus verfüttern wollen?
Sie steckte die Pistole in ihren Hosenbund. „Ich danke dir, Klaus!“
Er war noch verwirrt, sah abwechselnd aus dem Fenster und dann sie an.
„Was ist los mit dir, Klaus? Bist du enttäuscht darüber, dass du einen Verrückten als Freund hattest?“
Er musste sich eingestehen, dass er keine gute Menschenkenntnis hatte. Ihm fiel auf, dass das frühere Freunde ihm bereits mehrfach gesagt hatten. Es hatte sich lange nicht mehr bestätigt – bis jetzt. Daran konnte er nun nichts ändern. Er wollte sich sicher fühlen.
„Ich will per Taxi, oder Anhalter, in die nächste Stadt. Ich habe Angst vor dem Reptil, aber auch vor Dirk! Dich kenne ich nicht! Ich will hier weg!“
Sie rieb ihr Kinn. „Du hast dir bei mir nichts zu schulden lassen kommen, Klaus. Dich lass´ ich gerne gehen.“ Sie ging zum Festnetz-Telefon. „Ich rufe ein Taxi. Es kann bis hier zur Höhle fahren. Wo willst du übernachten? Ich kann dir ein Hotel in Figueres empfehlen.“
Klaus atmete auf. Esmeralda war kooperationsbereit.
„Ja, ich will nach Figueres in das Hotel, bitte!“
Nach einem kurzen Anruf lief sie ans Fenster und sah mit angelegter Waffe nach draußen. Sie machte einen Wink mit dem Kopf. „Schau, von hier bis zum Feldweg sind es ein paar Meter, aber Dirk ist da draußen. Ich schlage vor, dass ich vorgehe. Du gibst mir Rückendeckung.“
Oha. Sie vertraute Klaus. Gut, in dieser Situation, war gegenseitiges Vertrauen notwendig.
Er nickte. Sie schaltete die Taschenlampe ihres Smartphones an und machte mit der Pistole einen Wink nach draußen. Dann trat sie aus der Vordertür und leuchtete in die Dunkelheit. Während sie einen Pfad entlangliefen, zeichnete Klaus´ seine Angst in jeden Busch eine Freske des Horrors. Das Reptil konnte überall sein, auch Dirk. Am besten nicht weiter nachdenken und laufen, laufen und hoffen, unbeschadet am Feldweg anzukommen.
Ein Rascheln in der Dunkelheit – Klaus hielt den Atem an. Er starrte in das Dunkel, in der Hoffnung, dort etwas zu erkennen. Esmeralda leuchtete kurz in den Busch, dann wieder auf den Weg. „Geh´ weiter“, zischte sie. Es klang mehr wie ein Befehl. Klaus folgte, ohne zu zögern.
Es kam ihn wie eine Ewigkeit vor, dann hörte er den Motor eines Autos – die Scheinwerfer vom Taxi beleuchteten einen Olivenbaum. Noch nie waren Motorengeräusche ein wohliger Klang in seinen Ohren.
„Den Rest kannst du alleine laufen!“
Klaus rannte los und öffnete die Beifahrertür des Mercedes. Der Fahrer wusste, wo es hingehen sollte und fuhr los. Später sah Klaus im Scheinwerferlicht den kleinen Opel Kadett von Dirk im Straßenrand liegen. Was war mit Dirk?
Klaus sah seitlich im Gebüsch, zehn Meter entfernt, wie Zweige wild auf- und abschlugen. Er nahm in Sekundenbruchteilen einen Schatten wahr – war es das Maul des Reptils? Wenn, schien es Großes zu verschlingen. Das Opfer trug Dirk seine Lederschuhe. O nein! Es war geschehen! Das Reptil war eine menschentötende Bestie! Wie in aller Welt konnte es etwas fressen, was so groß war wir es selber?
Mehr konnte Klaus in der kurzen Zeit nicht erkennen. Der Taxifahrer schien nichts gemerkt zu haben. Obwohl Klaus im Taxi saß, musste er zittern.
Er atmete tief ein- und aus, um sich zu beruhigen.
In einem war er sich sicher: Dass er von nun an mit Menschen verreisen wollte, die er gut kannte.


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Beitrag16.11.2023 16:04

von Arminius
Antworten mit Zitat

Smokowski hat Folgendes geschrieben:
Hi,

jede Geschichte braucht seine Zeit. So auch meine Kurzgeschichte, welche jetzt etwas über den Standard von 2500 Wörtern geht. Ich denke, das ist auch notwendig, um das Thema eines Mannes, der keine gute Menschenkenntnis hat und sich damit in Teufels Küche begibt, zu beschreiben. Ich hoffe, nun einen klaren Erzählfluss zu haben.
Und ja: Es gibt häufige Szenenwechsel.

Wie ist die Geschichte nun?

Zwischen den Bäumen war es unverkennbar: ein Dinosaurier. Klaus fiel kein anderes Wort ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das Tier riss mit seinem Gebiss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen, mindestens groß wie ein Mensch. Noch nie gesehen. Das Tier sah ihn an. Klaus erschrak, doch er konnte reagieren.
Laufen! Bloß weg von hier! Gute Einführung in die Geschichte. Erzeugt Spannung und Neugier.
Er schlug sich durch die Büsche. Wie weit war der Dino weg? 50 Meter? War er wirklich so groß wie ein Mensch? Fehlte der Schwanz? Ist das wichtig gerade? Nein.
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf. Dann ging er in die Hocke und machte einen Satz. Question Direkt neben Dirk kam er zum Stehen. Dieser sprang zurück.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Klaus' sein Herz schlug nicht Question vor Anstrengung, die Angst trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Was wartete Dirk noch? Klaus griff dem anderen Mann am Arm, um mit ihm zu fliehen.
Dirk zog den Arm weg und rief: „Hau´ ab, du Spast!“
Wieso wurde er beleidigend? Wegen der … was war es noch mal? Egal. Sie waren in Lebensgefahr! Klaus hatte es vor Panik die Sprache verschlagen. Alles, was er tun konnte, war, seinen Begleiter erneut am Arm zu ziehen. Dieser riss sich los und erhob seine Faust. Klaus erwartete einen Schlag und wich aus. Dann sprintete er den Weg weiter hoch. Dirk folgte mit erhobener Faust – vielleicht eher, weil er sauer war, statt vom Dino zu fliehen. Er weiß ja nichts von dem Dino! Klaus war erleichtert: Sie konnten den dichten Wald endlich verlassen, um weiter oben auf dem Gipfel gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der im Rahmen seines Kunststudiums die letzten Wochen nahezu pausenlos in seinem Atelier stand, um Acrylbilder anzufertigen, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang und einen riesigen Olivenbaum erklimmen konnte. War es der Überlebenstrieb, um aus einer Gefahrenzone zu entkommen? Er hätte locker auf den blonden Dirk runter spucken können, doch er reichte ihm seine blasse Hand.
Sein Begleiter aber ignorierte ihn und stieg mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhe ungelenk an einzelnen Ästen empor. Daumen hoch Klaus kletterte ebenfalls höher, was gut war, weil er sich zunehmend sicherer fühlte. Sein Herz raste noch. Er griff in seinem Rucksack seine Wasserflasche und leerte sie in einem Zug. Wenn nur diese Hitze nicht wäre! vorübergehen würde. Dirk knurrte auf, weil er mit seinem ärmellosen Jackett gibt's das Question eher eine Weste; aber bei der Hitze? an einem Ast hängen blieb, dann schwang er sich behände zunehmend elegant an den Ästen hoch. Warum so schnell auf einmal? Wegen seinem Tanztraining? Question Kein Zusammenhang! Wir wissen noch nicht, dass er Tänzer ist! Dirk weiterte lockerte seine Krawatte und sah auf: „Weiter hoch kannst du nicht mehr! Mach´ dich auf was gefasst!“
Klaus blieb sachlich. „Ärgere dich nicht! Im Wald ist ein großes Reptil!“
„Ein großes Reptil? Hier gibt´s keine großen Reptilien!“
„Wieso bist du dir sicher?“ Klaus machte eine Geste auf die Landschaft. „Wir sind in Katalonien und du bist aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klausens seinen Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Die ganze Zeit willst du mir Dinge zeigen. Seit wir aus Berlin losgefahren sind! Das nervt! Ich checke jetzt den Handyempfang und dann rufen wir eine Werkstatt!“
„Dauernd? Ich hatte nur einmal gefragt ...“
Dirk wedelte wortlos mit seinem Smartphone in der Luft herum. Warum er nicht nebenher reden konnte war Klaus ein Rätsel. Hoffentlich konnte wenigstens ein Pannendienst gerufen werden.  

„Kann ich euch was helfen?“, rief eine weibliche Stimme von unten in Spanisch, die in der Betonung des „S“ gipfelte. Question Klaus sah einer Frau um die 20 sie ist immer noch zu jung für eine Ärztin!! in ihre grünen Augen. Er kramte gedanklich in seinem Spanisch-Wortschatz. Daumen hoch „Atención! Achtung!“, stotterte er, und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein riesiges Question Raubtier! Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie lachte und sprach Englisch. „Meinen Sie das Reptil?“ Sie hielt ihre rechte Hand einige Zentimeter über den Scheitel ihrer dunklen Haare, was in etwa der Größe des Tiers entsprach.
Sie war furchtlos. Warum?
„In diesem Wald lebt ein großes Reptil?“, fragte Dirk.
Sie nickte. Er kletterte höher. Endlich glaubte er es daran. Musste erst diese Frau kommen, um die die Existenz des Reptils zu bestätigen?
Sie rief: „Keine Angst. Es greift an, wenn es Hunger hat und momentan, im Herbst, findet es ausreichend Nahrung. Stellt euch vor, dass es ein Hund ist.“
Ein Hund. Kein Hund ist mindesten zwei Meter groß! Dieses Tier hatte Klaus noch nie gesehen. „Von woher ist es?“
„Es ist vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt worden, dort hätten sie Experimente mit ihm gemacht. Hier ist es frei und glücklich!“ Unglaubwürdig! So ein Biest würde man in Europa nie frei herumstreunen lassen.
Interessant. Da hatte Klaus die letzten Wochen was verpasst. Question Konnten sie nun diesen Baum verlassen?
„Ihr habt Angst, runterzukommen, nicht wahr?“
Klaus nickte.
Sie spielte mit ihrem schlanken Finger hat sie nur einen? in den Locken, welche ihren ganzen Oberkörper bedeckten. „Wir sollten uns als erstes gegenseitig vorstellen, um Vertrauen aufzubauen. Ich bin Esmeralda.“ Warum stellen sich die beiden jetzt nicht vor?
„Das Reptil aber …“
Sie sah Dirk an. „Sag, bist du aus Deutschland?“
Dirk stotterte: „Äh ... sind wir. Wir haben eine Autopanne und suchen einen Spot für Handyempfang …!“ Daumen hoch
Sie zog ihr Smartphone aus der schwarzen Jeans, die ihre breite Hüfte betonte. „Es ist acht Uhr abends. Die Werkstätten haben geschlossen.“
Dirk legte sich die Hand auf die Stirn. Klaus war besorgt. Wie sollte es weitergehen?
„Lasst uns weiter uns vorstellen“, meinte Esmeralda. „Dann lade ich euch ein. Am nächsten Morgen können wir mit einem Abschleppdienst telefonieren.“ Wenn ihr mir sagt, wer ihr seid, lade ich euch vielleicht ein. Morgen können wir dann...
Oh. Eine Einladung. Das klang gut. Aber hatte sie als Frau, zumal als attraktive, keine Angst, zwei wildfremde Männer bei sich aufzunehmen? Und wieso wusste sie so viel über das Reptil?
Ehe Klaus sie dazu etwas fragen konnte, sah sie Dirk an und rief: „Hey, erzähl´ mehr über dich!“
„Äh, na ja .. ääh, ich bin professioneller Tänzer ...“
„Oooh!“, meinte Esmeralda. „Was tanzt du denn so?“
„Alles Mögliche. Flamenco, Linedance, Breakdance ...“
Esmeralda schlug ihre Hände zusammen. Vor Freude? „Das ist aber vielfältig! Ich tanze Flamenco.“
Dann wandte sie sich wieder Klaus´ zu und deutete auf ihn: „Deine Jeans ist voller Farbflecken. Bist du Maler?“
Klaus sah sich um und blickte dann zurück auf sie. „Woher weißt du so viel über das Reptil?“ Warum beantwortet er nicht ihre Frage?
„Ich las in der Zeitung, dass jemand ein Grundstück suchte, um es unterzubringen und da hatte ich halt angerufen. Dann stand das Tier halt in meinem Kräutergarten, um Mäuse zu fressen. Dafür bin ich dankbar, ich spare das Geld für Fallen.“
Seltsam. Dass so etwas in der Zeitung stand, war merkwürdig – was für eine Zeitung sollte das sein?
Dirk schmunzelte. „Hast du keine Angst, dass es sich ein größeres `Mäuschen´ schnappen könnte?“
Esmeralda winkte ab. „Wenn´s das tut, kriegt´ s aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder Oliven.
„Es gehorcht dir, oder?“, fragte Klaus.
Sie nickte. Oje. Jetzt verstand er, warum sie keine Angst vor Männern hatte.
„Lass´ uns zu dir nach Hause gehen,“ meinte Dirk. „Klaus, worauf wartest du noch?“ Das ist, glaube ich, das erste Mal, dass Esmeralda einen Namen erfährt! Dass der andere Dirk heißt, weiß sie immer noch nicht.
Hatte er keine Angst, dass sie ihn an das Monster verfüttern könnte?
„Dirk! Warte!“ Jetzt erst wird der zweite Name erwähnt. Dirk aber schwang sich den Baum hinunter bis zum letzten Ast, von dem er aus auf den Boden kam. Dort reichte er ihr die Hand. Sie sah zu Klaus auf: „Komm runter, es wird langsam dunkel.“  
Er sah sich gezwungen, Esmeralda zu vertrauen zu müssen und er begann mit dem Abstieg. Als er unten ankam, reichte er ihr ebenfalls die Hand, welche sie mit festem Griff erwiderte. Die Hand reichen und einen festen Händedruck erwidern sind zwei verschiedene Dinge. Aus ihrem Mund drang der Geruch von Minze. Ihr Atem roch nach Minze.
Sie deutete mit der Hand auf einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie liefen los. Es war landschaftlich schön, das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Klaus in einer prekären Lage befand. Question In welcher?
Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander, dann fragte Esmeralda. „Klaus, bist du aus Düsseldorf?“ Warum fragt sie ausgerechnet nach Düsseldorf?
Er hätte am liebsten nichts gesagt, doch er fühlte sich genötigt, etwas sagen zu müssen – sonst könnte Esmeralda kein Vertrauen zu ihm finden. „Ich bin … ich bin aus Berlin …“
„Und du bist Maler, oder?“
Klaus nickte.  
„Und was machst du hier in Spanien?“
„Ein Freund hat mich nach Barcelona eingeladen, um mich mit meiner Kunst zu managen.“
„Und dieser Freund ist…“ Sie sah Dirk an. Das ist unlogisch. Klaus hätte sofort gesagt, dass Dirk ihn eingeladen habe.
Klaus schüttelte seinen den Kopf. „Nein. Er nicht. Er sollte meine eineinhalb Meter großen Bilder nach Barcelona fahren. Auf dem Weg hatte er das Auto in den Graben gesetzt.“
„Ich hasse ihn!“, fauchte Dirk. „Dauernd hatte er mich auf der Strecke abgelenkt!“
Für Klaus war es nicht der richtige Zeitpunkt, sich mit diesem Problem zu befassen. Er war froh, heil bis in den morgigen Tag zu kommen.
Sie zeigte am Ende des Olivenhains auf eine emporragende Felsspitze, die im Schatten des Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich lebe in einer Höhle, der natürlichsten Form des Wohnens, meiner Meinung nach. Es ist kühl im Sommer und mild im Winter.“
Darunter konnte sich Klaus nichts vorstellen. Saß man dort um ein Lagerfeuer und grillte an Spießen das Fleisch erlegter Tiere?
Sie deutete auf ein Feld mit diversen Pflanzen, welche um und in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah niemanden weit und breit. „Lebst du hier ganz alleine?“
Sie kicherte. „Mein Schätzchen ist auch noch da.“
Oh, damit könnte sie das Reptil gemeint haben.
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr war zu erkennen. Klaus sah oben einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Seitlich eingemeißelte Fensterluken wurden sichtbar. Sie waren verglast. Es war kein Steinzeitleben wie zuerst angenommen. Der Einlass für die Tür war ebenfalls vorhanden, in welche worin Esmeralda verschwand. Ihre Hand Sie winkte die verblüfften Jungs herein.
Als sie in die Felskuppel traten, unter der man locker stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Auf der rechts-hinteren Seite gegenüber dem Eingang existierte eine Einbauküche. Auf der linken Seite stand ein Gemütlichkeit ausstrahlendes Sofa, ausgerichtet auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. Direkt gegenüber vom Eingang führte eine Tür in einen weiteren Raum. So hausten heutige Höhlenmenschen.
Dirk machte eine Kopfbewegung zum Fernseher: „Du verdienst gut, oder?“
„Ich bin promovierte Ärztin mit starkem Hang zur Ganzheitlichkeit! Ich habe im nächsten Ort eine gut laufende Praxis.“
Klaus erschrak. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Dann haute sie wilden Tieren auf die Schnauze! Was machte sie in dieser Ödnis? Er hätte sie in der High Society auf Kunstausstellungen erwartet.
Sie ging an den Herd und schüttete den Inhalt verschiedener grünfarbiger Gläser in einen Kochtopf. „Ich mach´ euch eine Pesto mit Schinkenwürfeln.“
Sie warf Dirk eine Fernbedienung zu: „Schaut einen Film. Das Essen kann dauern!“
Dirk stellte sich mit der Bedienung vor den Smart-Fernseher. Er wählte im Menü YouTube aus und startete einen Reggaeton-Tanz. OK? Hatte er sonst keine Sorgen?
Dirk schwang sein Bein, drehte sich um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter Esmeralda. Er drehte sein Gesäß, fasste ihr an die Hüfte und wollte sie zum Mitschwingen animieren. Oje. Dirks Verhalten war seltsam. Erst fuhr er 24 Stunden lang Auto und machte baute dann einen Unfall. Dann tanzte er mit einer Frau, der ein menschengroßes, fleischfressendes Reptil gehorchte. Warum setzte er sich nicht einfach auf die Couch? Daumen hoch
Esmeralda sah nicht glücklich aus. Sie drehte sich um, schlug mit ihrer flachen Hand gegen seine Brust. Er wäre in ein Regal gekippt gegen ein Regal gefallen, hätte sie ihn nicht rechtzeitig gehalten. Der Vorgang wird nicht recht deutlich. Kann sie mit der flachen Hand eine solche Kraft entfalten? Und warum will sie ihn festhalten?
Die Eingangstür wurde aufgeschlagen In der Eingangstür erschien das Reptil. Es war das Reptil, welches sich zwischen Dirk und Esmeralda stellte. Es stellte sich sofort zwischen... Es hatte tatsächlich keinen Schwanz. Der fleischige Question s. meine frühere Anmerkung Gestank aus dem Maul schlug Klaus ins Gesicht. Dirk machte einen Satz nach hinten und zog einen Revolver, den er auf das Tier richtete. Das ist sehr unglaubwürdig. Den Revolver hätte man bemerken müssen. Oder trägt er ihn unter der Achsel? Wieso hat er überhaupt eine Waffe? Klaus floh in das Nebenzimmer und drückte die Tür zu. Er fragte sich daraufhin, wie er das überhaupt in der kurzen Zeit geschafft hatte. Eine seltsam unnötige Frage in diesem Augenblick!
Wieso hatte Dirk überhaupt einen Revolver? Eben! Er war auch nur ein einfacher Künstler, oder? Klaus war naiv. Er lernte Dirk erst vorgestern auf einer Ausstellung kennen. Esmeralda und ihrem Reptil konnte er genau so wenig trauen. Am besten sollte Klaus die Waffe an sich reißen, um diesen Ort verlassen zu können. Dazu gehört unglaublich viel Mut!
Klaus öffnete die Tür einen Spalt breit und er sah Dirk von hinten, der mit dem gezogenen Revolver auf die offene Haustüre zielte. Question Esmeralda saß daneben auf den Boden. Question Dirk zeigte mit der Waffe auf sie Worauf zielt er nun eigentlich? Auf die offene Tür? Auf Esmeralda? Warum sitzt sie plötzlich auf dem Boden? und meinte: „Dein feiges Monster kann dich nicht beschützen. Du brauchst einen richtigen Mann. Einer, der dich mal richtig rannimmt!“
Klaus schlich auf Zehenspitzen in den Raum und packte Dirks  seinen Revolverarm. Klaus Klaus konnte die Umklammerung der Waffe ein wenig lösen, während Dirk auf ihn fixiert war. Question Hinter ihm erhob sich Esmeralda – zu spät! Wieso zu spät? Sie packte mit beiden Händen den Kugellauf und befreite riss das Schießeisen mit einem kurzen Ruck an sich. Der Tänzer machte einen Satz "einen Satz machen" kommt zu oft im Text vor durch die Tür in den Wald. Er war kurz darauf im Dickicht verschwunden, ehe sie auf ihn zielen konnte. Sie machte die Tür zu und war mit Klaus alleine in der Höhle. Wo ist das Reptil geblieben? Sein Verschwinden wird nicht erwähnt
Klaus hatte das alles nicht kommen sehen. Esmeralda hatte das Kommando über eine Art Dinosaurier und war nun mit einer Pistole bewaffnet. Würde sie Klaus verfüttern wollen?
Sie steckte die Pistole in ihren Hosenbund. „Ich danke dir, Klaus!“
Er war noch verwirrt, sah abwechselnd aus dem Fenster und dann sie an.
„Was ist los mit dir, Klaus? Bist du enttäuscht darüber, dass du einen Verrückten als Freund hattest?“
Er musste sich eingestehen, dass er keine gute Menschenkenntnis hatte. Ihm fiel auf, dass das frühere Freunde ihm bereits mehrfach gesagt hatten. Es hatte sich lange nicht mehr bestätigt – bis jetzt. Daran konnte er nun nichts ändern. Er wollte sich sicher fühlen.
„Ich will per Taxi, oder Anhalter, in die nächste Stadt. Ich habe Angst vor dem Reptil, aber auch vor Dirk! Dich kenne ich nicht! Ich will hier weg!“
Sie rieb ihr Kinn. „Du hast dir bei mir nichts zu schulden kommen lassen kommen, Klaus. Dich lass´ ich gerne gehen.“ Sie ging zum Festnetz-Telefon. „Ich rufe ein Taxi. Es kann bis hier zur Höhle fahren. Wo willst du übernachten? Ich kann dir ein Hotel in Figueres empfehlen.“
Klaus atmete auf. Esmeralda war kooperationsbereit.
„Ja, ich will nach Figueres in das Hotel, bitte!“
Nach einem kurzen Anruf lief sie ans Fenster und sah mit angelegter Question Kann man eine Faustfeuerwaffe anlegen? Waffe nach draußen. Sie machte einen Wink mit dem Kopf. Sie deutete mit dem Kopf nach draußen. „Schau, von hier bis zum Feldweg sind es nur ein paar Meter, aber Dirk ist da draußen. Ich schlage vor, dass ich vorgehe. Du gibst mir Rückendeckung.“ Question Womit? Er ist unbewaffnet!
Oha. Sie vertraute Klaus. Gut, in dieser Situation, war gegenseitiges Vertrauen notwendig.
Er nickte. Sie schaltete die Taschenlampe ihres Smartphones an und machte winkte mit der Pistole einen Wink nach draußen. Dann trat sie aus der Vordertür und leuchtete in die Dunkelheit. Wohin denn sonst? Während sie einen Pfad entlangliefen, zeichnete Klaus´ seine Angst in jeden Busch eine Freske des Horrors. Question Question Das habe ich gar nicht verstanden Das Reptil konnte überall sein, auch Dirk. Am besten nicht weiter nachdenken und laufen, laufen und hoffen, unbeschadet am Feldweg anzukommen.
Ein Rascheln in der Dunkelheit – Klaus hielt den Atem an. Er starrte in das Dunkel, in der Hoffnung, dort etwas zu erkennen. Esmeralda leuchtete kurz in den Busch, dann wieder auf den Weg. „Geh´ weiter“, zischte sie. Es klang mehr wie ein Befehl. Klaus folgte, ohne zu zögern.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dann hörte er den Motor eines Autos – die Scheinwerfer vom Taxi beleuchteten einen Olivenbaum. Noch nie waren Motorengeräusche ein so wohliger Klang in seinen Ohren.
„Den Rest kannst du alleine laufen!“
Klaus rannte los und öffnete die Beifahrertür des Mercedes. Der Fahrer wusste, wo es hingehen sollte und fuhr los. Später sah Klaus im Scheinwerferlicht den kleinen Opel Kadett von Dirk im Straßenrand liegen. Was war mit Dirk?
Klaus sah seitlich im Gebüsch, zehn Meter entfernt, wie Zweige wild auf- und abschlugen. Er nahm in Sekundenbruchteilen einen Schatten wahr – war es das Maul des Reptils? Wenn, schien es Großes zu verschlingen. Das Opfer trug Dirk seine Lederschuhe. Eigentlich kann er nur kurz einen Schatten wahrnehmen, und doch erkennt er Einzelheiten? Das musst Du eindrücklicher schildern. O nein! Es war geschehen! Das Reptil war eine menschentötende Bestie! Wie in aller Welt konnte es etwas fressen, was so groß war wir es selber?
Mehr konnte Klaus in der kurzen Zeit nicht erkennen. Der Taxifahrer schien nichts gemerkt zu haben. Obwohl Klaus im Taxi saß, musste er zittern.
Er atmete tief ein- und aus, um sich zu beruhigen.
In einem war er sich sicher: Dass er von nun an mit Menschen verreisen wollte, die er gut besser kannte.

Hallo Smokowski,
ich muss jetzt erst mal eine Pause einlegen. Später mehr.
Arminius


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Arminius
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Beitrag16.11.2023 17:51

von Arminius
Antworten mit Zitat

Hallo Smokowski,
Deine umgebaute Geschichte hat an Kontur gewonnen, wenn auch noch etliche Baustellen auf Dich warten. Manche unbeholfen wirkenden Formulierungen bedürfen noch der Überarbeitung/Änderung (ich bin nicht auf alle eingegangen). Manche finde ich aber gut.
Es gibt aber m.E. immer noch zu viele Fragezeichen, die den/die LeserIn ratlos zurücklassen. Warum Du unbedingt auf eine Ärztin "um die 20" bestehen willst, ist für mich nicht nachvollziehbar (ich hatte bereits eine frühere Anmerkung dazu gemacht).
Gegen Ende steigt die Spannungskurve nun deutlich an. Aber die Sache mit dem Revolver will nicht so recht zünden. Man merkt, dass dieser Teil neu ist. Er ist noch nicht vollständig durchdacht und deshalb wenig überzeugend (s. Anmerkungen im Text).
Am Anfang weckst Du durchaus Neugier, was es mit diesem geheimnisvollen Dino auf sich hat. Leider erklärst Du ihn nur unzureichend. Ein echtes Tier (z.B. ein Waran, ein Krokodil) wäre glaubwürdiger, würde aber auch Esmeralda gefährlich werden.
Problematisch finde ich auch, dass Esmeralda zwar vorschlägt, dass man sich gegenseitig vorstellt, sie aber die Namen der beiden später eher zufällig erfährt. So läuft eine Unterhaltung nicht ab.
Die Vorgänge im Haus sind nicht schlüssig dargestellt (s. Anmerkungen).
Dirks grausiger Tod erscheint irgendwie komplett sinnlos. Im Vergleich zu Klaus und Esmeralda ist diese Figur am schwächsten ausgebildet.
Es stellt sich ohnehin die Frage nach der Aussage der Geschichte. Der letzte Satz ist als Kernaussage etwas sehr mager.
Deine Story hat durchaus Potenzial, steht aber auch jetzt noch auf der Stufe eines Entwurfes. Du kannst ihr sicher noch mehr Raffinesse und Feinschliff angedeihen lassen.
Vielleicht kannst Du ja mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.


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Smokowski
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Beitrag30.11.2023 19:35

von Smokowski
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi Arminius,

danke für deine Mühe und deiner Hoffnung, dass die Geschichte Potenzial hat. In welcher Hinsicht hat sie denn Potenzial?

Also ich habe sie jetzt auf das Grundsätzliche reduziert: Klaus wird von Dirk mit leeren Versprechen abgespeist und Esmeralda sagt Klaus, dass von Dirk nicht viel zu erwarten ist. Sie ist nun unter 2500 Zeichen.
- Das Reptil ist nun kein Aasfesser mehr. Daher schlägt Klaus auch nicht der verfaulte Atem des Reptils entgegen.  
- Die Ärztin ist jetzt um die 30.
- Der Revolver ist nicht mehr in der Geschichte und ist auch gar nicht nötig, weil Dirk ja nur prahlen will und kein Mafioso ist.
- Das Reptil ist bewusst in der jetzigen Form so gewählt worden und wird auch so erklärt. Was es damit auf sich hat soll in folgenden Geschichten geschrieben werden.
- die beiden stelle sich von Anfang an mit Namen vor.
- Jetzt, wo ich den Charakter von Dirk stärker eingebracht habe, hat die Geschichte einen ganz anderen Drive.
- Klaus lernt durch die Erfahrung mit dem prahlerischen Dirk dazu.
- Es ging eigentlich nie darum, dass Klaus leichtgläubig unbekannten Menschen vertraut. Von Anfang an sollte in dieser Geschichte Dirk und seine komplexe Persönlichkeitsstörung, Narzissmus, thematisiert werden. Leute in schwierigen Lebenslagen wie Klaus (er hat sein Leben lang nur Kunst gemacht und will davon leben) werden oft Opfer von Narzissten. Der größte wohl eindrücklichste Moment von narzisstischer Gewalt war die Machtergreifung Adolf Hitlers. Ein NAZIsst eben.
Nun meine Geschichte:


Zwischen den Bäumen war es unverkennbar: ein Dinosaurier. Klaus fiel kein anderes Wort ein. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das Tier riss mit seinem Gebiss ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen, mindestens groß wie ein Mensch. Noch nie gesehen. Das Tier sah ihn an. Klaus erschrak, doch er konnte reagieren.
Laufen! Bloß weg von hier!
Er schlug sich durch die Büsche. Wie weit war der Dino weg? 50 Meter? War er wirklich so groß wie ein Mensch? Fehlte der Schwanz? Ist das wichtig gerade? Nein.
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf. Dann ging er in die Hocke und sprang über einen Busch. Direkt neben Dirk kam er zum stehen. Dieser zuckte zusammen.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Die Angst trieb Klaus den Schweiß aus den Poren, sein Herz raste. Was wartete Dirk noch? Klaus griff ihn am Arm, um zu fliehen.
Dirk zog den Arm weg und rief: „Hau´ ab, du Spast!“
Wieso wurde er beleidigend? Wegen der … was war es noch mal? Egal. Sie waren in Lebensgefahr! Klaus hatte es vor Panik die Sprache verschlagen. Alles, was er tun konnte, war, seinen Begleiter erneut am Arm zu ziehen. Dieser riss sich los und erhob seine Faust. Klaus erwartete einen Schlag und wich aus. Dann sprintete er den Weg weiter hoch. Dirk setzte zum Schlag an und folgte. Klaus war erleichtert: Sie konnten den dichten Wald endlich verlassen, um weiter oben gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der im Rahmen seines Kunststudiums die letzten Wochen nahezu pausenlos in seinem Atelier stand, um Acrylbilder anzufertigen, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang und einen riesigen Olivenbaum erklimmen konnte. War es der Überlebenstrieb, um aus einer Gefahrenzone zu entkommen? Er hätte locker auf den blonden Dirk runter spucken können, doch er reichte ihm seine blasse Hand.
Sein Begleiter aber ignorierte ihn und stieg mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhe ungelenk an einzelnen Ästen empor. Klaus kletterte ebenfalls höher, was gut war, weil er sich zunehmend sicherer fühlte. Sein Herz raste noch. Er griff in seinem Rucksack zur Wasserflasche und leerte sie in einem Zug. Wenn nur diese Hitze nicht wäre. Dirk knurrte auf, weil er mit seinem weißen Hemd an einem Ast hängen blieb, dann schwang er sich behände an den Ästen hoch. Warum so schnell auf einmal? Dirk hatte bestimmt noch viele Geheimnisse. Klaus kannte ihn erst seit einer Woche. Dirk lockerte seine Krawatte und sah auf: „Nur unter meiner Führung können wir Erfolg haben, vergess´ das nicht!“
Klaus blieb sachlich. „Aber, im Wald ist ein großes Reptil!“
„Hier gibt´s keine großen Reptilien!“
„Wieso bist du dir sicher?“ Klaus machte eine Geste auf die Landschaft. „Wir sind in Katalonien und du bist aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klausens Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Ich bin dein Kunstmanager, Klaus! Ich bestimme, was falsch und was richtig ist und – wo es hingeht! Das Auto mit deinen Bildern liegt im Straßengraben, aber du erzählst mir irgendetwas über Reptilien. Merkst du noch was?“
Dirk griff in seine Hängetasche, zog sein Smartphone hervor und wedelte damit in der Luft herum. „Ich checke jetzt den Handyempfang. Dann rufen wir eine Werkstatt!“
Klaus war nervös, weil Dirk ihm nicht glaubte! Das passierte öfters, aber diesmal war es besonders wichtig. Klaus war völlig durcheinander und wollte seine Gedanken ordnen. Dafür zog aus seiner Jeans ein Notizbuch und schrieb. Er schrieb, dass Dirk unfreundlich sei, die Kunst aber musste endlich vermarktet werden. Darin setzte Klaus sein ganzes Herzensblut. Entweder jetzt oder gar nicht. Dann sah er auf die weite Ebene, um sich abzulenken. Dort war ein blauer Streifen am Horizont – das Mittelmeer? Davor eine Stadt. War es Figueres? Wenn ja, dann waren sie wenigstens nicht mehr weit von Barcelona weg.

„Kann ich euch was helfen?“, rief eine weibliche Stimme von unten in Spanisch. Sie war leise, aber deutlich. Klaus sah einer Frau um die 30 in ihre grünen Augen. Er kramte gedanklich in seinem Spanisch-Wortschatz. „Atención! Achtung!“, stotterte er, und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein großes Reptil!“ Er machte mit seinen Armen eine Größenandeutung. „Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie lachte und redete auf Englisch weiter. „Meinen Sie den Waran?“ Sie hielt ihre rechte Hand einige Zentimeter über den Scheitel ihrer dunklen Haare, was in etwa der Höhe des Tiers entsprach.
Sie war furchtlos und sprach von einem Waran. Meinte sie damit den Miniatur-Dino, der in etwa gleich groß war.
„In diesem Wald lebt ein Waran?“, fragte Dirk.
Sie nickte.
Er kletterte höher. „Und wie lang ist er?“
„Es läuft auf zwei Beinen und ist kaum größer als ich.“ Ok. Der Dino und der Waran waren wohl das Gleiche. Außerdem glaubte Dirk dem Klaus es endlich. Musste erst diese Frau kommen, um die Existenz des Reptils zu bestätigen?
„Dirk! Ich habe recht gehabt mit dem Reptil…“
„Du bist schuld am Unfall!“
„Wieso denn?“
„Stell´ keine Fragen!“
Klaus war verunsichert. Was hatte er denn jetzt schon wieder verbrochen?
„Ich spreche kein Deutsch“, meinte Esmeralda. „Aber kann es sein, dass ihr einen Unfall hattet?“
Dirk nickte.
Sie zog ihr Smartphone aus der schwarzen Jeans, die ihre breite Hüfte betonte. „Es ist acht Uhr abends. Die Werkstätten haben geschlossen.“
Dirk legte sich die Hand auf die Stirn. Klaus war besorgt. Wie sollte es weitergehen?
„Wenn ihr mir sagt, wer ihr seid, lade ich euch vielleicht ein. Morgen können wir dann mit einem Abschleppdienst telefonieren.“
Oh. Eine Einladung. Das klang gut. Aber hatte sie als Frau, zumal als attraktive, keine Angst, zwei wildfremde Männer bei sich aufzunehmen? „Esmeralda. Wieso hast du keine Angst vor uns? Und wieso fürchtest du nicht das Reptil?“
„Ich habe keine Angst, weil mir das Reptil gehorcht. Also benehmt euch!“
Dirk schmunzelte. „Hast du keine Angst, dass du gefressen wirst?“
Esmeralda winkte ab. „Bevor es mich auch nur einmal anfasst, kriegt´ s aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder Oliven.
„Was ist los? Kommt endlich runter!“
Klaus zögerte, während Dirk begann, vorsichtig abzusteigen.
„Stell´ dir einfach vor, dass es ein Hund ist“, meinte Esmeralda.
Ein Hund. Kein Hund war zwei Meter groß! Dieses Tier hatte Klaus noch nie gesehen. „Von woher ist es?“
„Es ist vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt worden, dort hätten sie Experimente mit ihm gemacht. Hier aber ist es frei und glücklich!“
Dirk fragte: „Wieso hier in Europa, einem der bürokratischsten Kontinente der Welt?“
Sie lachte. „Ich bin promovierte Ärztin und gewinne Medizin aus den Hinterlassenschaften des Tiers. Es untersteht einem wissenschaftlichen Projekt.“
Im Namen der Wissenschaft. So einfach war es also. Sie hatte einen Doktor in Medizin und war hübsch dazu. Dann haute sie wilden Tieren auf die Schnauze! Wollte sein nun in dieser Ödnis Karriere machen?
Sie spielte mit ihrem rechten Zeigefinger in den Locken, welche ihren ganzen Oberkörper bedeckten. „Wir sollten uns als erstes gegenseitig vorstellen, um Vertrauen aufzubauen. Ich bin Esmeralda.“
Sie sah Dirk an. „Wie heißt du?“
„Äh ... Dirk.“
„…und ich bin Klaus.“
„Seid ihr aus Deutschland?“
„Sind wir.“, meinte Dirk.
 „Und was machst du so?“
„Äh, na ja .. ääh, ich bin Manager.“ Er deutete auf Klaus. „Ich habe ihn nach Barcelona auf eine Kunstausstellung eingeladen.“
„Klaus meinst du?“
„Genau! Nehme Acht auf ihn. Er weiß meine guten Dienste nicht zu würdigen. Vielleicht auch deine nicht. Er hat sein Auto mit seinen eineinhalb Meter großen Bildern einfach in den Graben gesetzt, weshalb wir jetzt das Dilemma haben.“
„Kommt erstmal runter und entspannt euch!“, meinte sie. „Dann können wir in Ruhe weiter reden.“
Klaus ärgerte sich über Dirk. Warum war es ihm gerade so wichtig, über Klaus so schlecht zu reden? Hatte er keine Angst, dass sie ihn an das Monster verfüttern könnte?
Dirk kam auf dem Boden an. Sie sah zu Klaus auf.
Er sah sich gezwungen, Esmeralda vertrauen zu müssen und er begann mit dem Abstieg. Als er unten ankam, gab sie ihm einen festen Händedruck. Ihr Atem roch nach Minze.
Sie deutete mit der Hand auf einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie liefen los.
Sie zeigte am Ende des Olivenhains auf eine emporragende Felsspitze, die im Schatten des Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich lebe in einer Höhle, der natürlichsten Form des Wohnens, meiner Meinung nach. Es ist kühl im Sommer und mild im Winter.“
Darunter konnte sich Klaus nichts vorstellen. Saß man dort um ein Lagerfeuer und grillte an Spießen das Fleisch erlegter Tiere?
Sie deutete auf ein Feld mit diversen Pflanzen, welche um und in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah niemanden weit und breit. „Lebst du hier ganz alleine?“
Sie kicherte. „Mein Schätzchen ist auch noch da.“
Oh, damit konnte sie das Reptil gemeint haben.
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr war zu erkennen. Klaus sah oben einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Seitlich eingemeißelte Fensterluken wurden sichtbar. Sie waren verglast. Es war kein Steinzeitleben wie zuerst angenommen. Der Einlass für die Tür war ebenfalls vorhanden, worin Esmeralda verschwand. Sie winkte die verblüfften Jungs herein.
Als sie in die Felskuppel traten, unter der man locker stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Auf der rechts-hinteren Seite gegenüber dem Eingang existierte eine Einbauküche. Auf der linken Seite stand ein Gemütlichkeit ausstrahlendes Sofa, ausgerichtet auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. So hausten heutige Höhlenmenschen.
Dirk streckte seine Arme von sich. „Esmeralda. Du könntest einen Freizeitpark draus machen! Der Waran ist die Attraktion und dies ist das Parkcafé. Ich habe den Draht zu Investoren. Du könntest wirklich gut dazuverdienen.“
Sie sah auf Dirk herab. „Danke, aber ich bin zufrieden.“
Klaus fragte sich, wie sie solch ein Angebot bloß ausschlagen konnte. Sie konnte reich werden.
„Aber …“ Dirk deutete abwechselnd auf die Decke und die Wand der Höhle. War er nervös?
„Allein diese Tropfsteindecke … hier alles … dieser Standort hat unglaublich viel Potential! Vertrau´ mir, meine Familie hat eine lange Tradition im Immobilienmanagement.“
Nun war Klaus verwirrt. „Dirk. Mir sagtest du, dass deine Familie eine lange Tradition im Kunstmanagement ...“
Dirk hob den Zeigefinger. „Wir haben halt eine lange Tradition im Immobilien- und Kunstmanagement!“
Esmeralda rieb sich ihr Kinn. „Dirk, hast du irgendwelche Referenzen?“
„Ich habe alle Unterlagen im Auto.“
„Solange du mir keine Referenz bietest, glaube ich dir nichts!“
Klaus mochte Esmeralda. Sie scheute nicht davor, gezielt zu hinterfragen. Dirk schien sich zu wundern. „Wow. Du bist intelligent!“, säuselte er. „Das traut man so einem hübschen Mädel wir dir gar nicht zu! Tanz´ mit mir!“
Ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten, schwang er sein rechtes Bein, drehte sich um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter ihr. Er schwenkte rhythmisch sein Gesäß, fasste ihr an die Hüfte und wollte sie zum Mitschwingen animieren. Oje. Dirks Verhalten war seltsam. Erst saß er 24 Stunden lang in einem Auto und musste einen Unfall miterleben. Dann tanzte er mit einer Frau, der ein menschengroßes, fleischfressendes Reptil gehorchte. Warum setzte er sich nicht einfach auf die Couch?
Esmeralda sah nicht glücklich aus. Sie drehte sich um und schupste ihn von sich. Die Eingangstür wurde aufgeschlagen. Dort erschien das Reptil. Es stellte sich zwischen Dirk und Esmeralda. Der fleischige Gestank aus dem Maul schlug Klaus ins Gesicht und er lief rückwärts an eine Wand.
Esmeralda pfiff durch ihre Zähne. Das Tier drehte sich zur Tür zu und verschwand wieder.
Sie sah Dirk an, der zusammengekauert auf dem Boden saß: „Warum kannst du nicht einfach froh sein, dass du nun hier bist, in Sicherheit, einen Schafplatz hast, zu Essen hast?“
Dirk stand auf und sah sich ruckartig um. Er schien nervös zu sein. Warum konnte man nicht normal mit ihm reden?
Er lief einfach raus. Und das Reptil? Hatte er keine Angst davor? Draußen sprang der Manager einfach in einen Rosmarinbusch. Esmeralda stand mit einer großen Rippe aus Trockenfleisch neben Klaus. „Lass´ mich durch. Ich muss´ ihn jetzt füttern. Dann wird niemanden etwas passieren.“
Er ließ sie rausgehen. Es raschelte irgendwo weiter hinten im Wald.
Sie wandte sich Klaus zu. „Er riecht das Fleisch bereits.“
Klaus aber hielt sich die Hand an die Stirn.
„Habe keine Angst. Jetzt, wo es was isst, wird es satt sein. Es wird niemanden etwas passieren.“
Dann zeigte sich hinter einer Geländewelle das Reptil. Es kam näher, Esmeralda warf ihm das Fleisch vor. Es schluckte das Essen mit einem Satz hinunter. Klaus wurde übel bei dem Anblick, musste aber nicht erbrechen.
Esmeralda machte eine Kopfbewegung zum Busch, in dem Dirk verschwand.
„Psychologie ist nicht mein Fachgebiet, aber ich glaube, dass Dirk eine narzisstische Verhaltensstörung hat. Er prahlt damit, alles managen zu können, aber ein simples Nachfragen schon bringt ihm aus dem Konzept. Ich befürchte, dass du einem Hochstapler aufgesessen bist.“
Tatsächlich hatte Dirk, außer zu sagen, dass er ihn in Barcelona „managen“ wollte, nichts geleistet. Dirk meinte sogar, dass sein „Coaching“ eigentlich unbezahlbar sei, aber es würde schon OK sein, wenn Klaus die kompletten Fahrtkosten bezahlt.
„Klaus, ich will dir nicht zu nahe treten, aber du bist naiv. Du musst wissen, warum jemand etwas von dir will. Die anderen müssen Respekt vor dir haben. Stell dir mal vor, mein Schätzchen hätte keinen Respekt vor mir. Es hätte mich schon längst gefressen!“
Er musste sich eingestehen, dass er keine gute Menschenkenntnis hatte. Seine größte Sorge war, als freischaffender Künstler kein Geld verdienen zu können und das wurde ausgenutzt. Ihm fiel auf, dass das frühere Freunde ihm bereits mehrfach gesagt hatten. Es hatte sich lange nicht mehr bestätigt – bis jetzt. Nun musste er etwas in seinem Leben ändern.

Dann lief alles gut und am nächsten Tag konnte Klaus´ sein Auto geborgen werden. Eine Ausstellung konnte er auch ohne Dirk in Barcelona organisieren.


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Arminius
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Beitrag01.12.2023 19:55

von Arminius
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Hallo Smokowski,
Du hast Deine Geschichte schon so oft umgestrickt, dass man sich fragt, ob Du überhaupt einen Plot hast. Die Geschichte ist wie literarisches Action Painting. Sie ist stellenweise so absurd und surreal, dass ich langsam glaube, das ist von Dir so gewollt. Trotzdem solltest Du sie Dir immer wieder mal vornehmen und überarbeiten, z.B. um unmögliche Genitive wie "Klaus´ sein Auto" zu verbessern, denn jetzt kommt die Phase des Feilens, des Glättens, des Optimierens, und die kann länger dauern als das Schreiben selbst.
Es wäre sicher gut, wenn sich auch wieder andere ForistInnen mit Deinem Text beschäftigen würden, um der Einseitigkeit vorzubeugen. Aber Nichtreagieren kann auch eine Kritik darstellen. Wie DieGunkel bereits oben gesagt hat: es muss nicht jedermanns Sache sein, was hier geschrieben wird.


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Smokowski
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Beitrag01.12.2023 21:09

von Smokowski
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Lieber Arminius,

ich habe kein Studium in Literatur gemacht. Ich versuche lediglich, mit Hilfe von Literaturratgebern und mit euch eine zusammenhängende Geschichte zu schreiben. Was ist daran absurd? Ich weiß, andere sagten auch schon, dass meine Geschichten mäandern, du sagst, dass ich drumrum stricke aber ich versuche einfach nur, mich vorzutasten. Ich kann eben nicht richtig eine Geschichte planen - darum bin ich ja auch hier. Mir vorzuwerfen, ich würde nur drumrumstricken und dass meine Geschichte mäandert, würde ja bedeuten, dass die Geschichte nicht funktioniert und das ich eine neue anfangen soll, was alles nicht besser macht .... Hach, ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Was soll ich tun?

Gruß


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Arminius
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Beitrag01.12.2023 22:43

von Arminius
Antworten mit Zitat

Smokowski hat Folgendes geschrieben:
Lieber Arminius,

ich habe kein Studium in Literatur gemacht. Ich versuche lediglich, mit Hilfe von Literaturratgebern und mit euch eine zusammenhängende Geschichte zu schreiben. Was ist daran absurd? Ich weiß, andere sagten auch schon, dass meine Geschichten mäandern, du sagst, dass ich drumrum stricke aber ich versuche einfach nur, mich vorzutasten. Ich kann eben nicht richtig eine Geschichte planen - darum bin ich ja auch hier. Mir vorzuwerfen, ich würde nur drumrumstricken und dass meine Geschichte mäandert, würde ja bedeuten, dass die Geschichte nicht funktioniert und das ich eine neue anfangen soll, was alles nicht besser macht .... Hach, ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Was soll ich tun?

Gruß

Jetzt mach mal halblang.
Die allermeisten hier haben kein Literaturstudium absolviert. Auch die allermeisten SchriftstellerInnen nicht. Ein Literaturstudium ist keine Vorraussetzung zum Schreiben.

Ich nehme an, Du weißt es nicht und hast es deshalb in den falschen Hals bekommen: absurd ist (wie surrealistisch) kein abwertender Begriff. Es gibt sogar den Gattungsbegriff "Absurdes Theater". Beides, absurd und surreal, hat in der Kunst einen festen Platz. Ich habe ja auch bewusst den Vergleich mit Action Painting gewählt. Von Vorwurf (oder gar Abwertung) kann deshalb überhaupt keine Rede sein.

Ich entnehme Deiner Antwort, dass Du nie beabsichtigt hast, absurd oder surreal zu schreiben. OK, akzeptiert. Da lag ich falsch. Aber Deine Geschichte liest sich eben stellenweise so. Sie besitzt einen inneren Zusammenhang, gleichzeitig setzt Du surreal anmutende Stilmittel ein. Die Szenarien, die Dialoge, überhaupt die ganze Konstruktion macht einen eher planlosen Eindruck, als ob Du dir erst beim Schreiben  überlegst, wo die Reise hingehen soll (deshalb die Frage nach dem Plot). Verstärkt wird dieser Eindruck durch deine Änderungen, wahrscheinlich ausgelöst durch die Textkritik.

Das Vortasten ist Dir anzumerken und es gehört Mut dazu, sich im Forum der Kritik zu stellen. Du hast den Willen, besser werden zu wollen, an dir und deinem Stil zu arbeiten. Das verdient Anerkennung. Bleibe unbedingt dabei.

Die Geschichte funktioniert, aber wie erwähnt hast Du noch einige Baustellen, an denen Du arbeiten musst. Ich weiß nicht, welche Ratgeber Du nutzt, aber ich empfehle dir "Creative Writing" von Jesse Falzoi (trotz des Titels ist das Buch auf Deutsch). Wenn Du Zugang zu Bibliotheken hast, leihe es dir aus oder schaffe es dir an. Es lohnt sich unbedingt.

Manchmal ist es tatsächlich so, dass man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. Dann Pause einlegen! Lass deine Geschichte ein paar Wochen ruhen, beschäftige dich mit einer anderen, studiere die Ratgeber oder andere AutorInnen (hier im Forum gibt es mehr als genug Anschauungsmaterial, wie man einen Text durch Textkritik verbessern und weiterentwickeln kann). Und einige Stellen an deinem Text sind gut, die würde ich nicht mehr ändern. Soll ich sie dir markieren?
Also: Kopf hoch und dranbleiben!
Arminius


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Smokowski
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Beitrag01.12.2023 23:58

von Smokowski
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich musste im Text dringend etwas umstellen. Meine letzten Beitrag mit dem Text aber kann ich nicht mehr korrigieren.

Zwischen den Bäumen war es unverkennbar: ein Dinosaurier. Klaus wusste kein anderes Wort. Die Schuppen glänzten in der Sonne und das Tier riss mit seinen Zähnen ein Stück Fleisch aus einem Reh. Er glaubte, einen kleinen Tyrannosaurus Rex zu sehen, mindestens so groß wie ein Mensch. Noch nie gesehen. Das Tier schaute ihn an. Klaus erschrak, aber er konnte reagieren.
Lauf! Nur weg von hier!
Er kämpfte sich durch das Gebüsch. Wie weit war der Dino weg? 50 Meter? War er wirklich so groß wie ein Mensch? Fehlte der Schwanz? Ist das wichtig gerade? Nein.
Auf allen vieren krabbelte Klaus den steilen Kiesweg hinauf. Dann ging er in die Hocke und sprang über einen Busch. Direkt neben Dirk blieb er stehen. Der zuckte zusammen.
„Hast du ein Gespenst gesehen?“
Die Angst trieb Klaus den Schweiß aus den Poren, sein Herz raste. Worauf wartete Dirk noch? Klaus packte ihn am Arm und wollte weglaufen.
Dirk riss den Arm weg und schrie: „Hau´ ab, du Spast!“
Warum wurde er beleidigend? Wegen … was war das noch mal? Egal. Sie waren in Lebensgefahr! Klaus war in Panik geraten. Er konnte nur noch einmal am Arm seines Begleiter ziehen. Dieser riss sich los und hob seine Faust. Klaus rechnete mit einen Schlag und wich aus. Dann sprintete er weiter den Weg hinauf. Dirk holte zum Schlag aus und folgte ihm. Klaus war erleichtert: Endlich konnten sie den dichten Wald verlassen, um weiter oben gegebenenfalls eine Verteidigungsposition einnehmen zu können.
Klaus, der im Rahmen seines Kunststudiums in den letzten Wochen fast ununterbrochen in seinem Atelier Acrylbilder gemalt hatte, war erstaunt, dass er ohne Training diesen steilen Hang und einen riesigen Olivenbaum erklimmen konnte. War es der Überlebensinstinkt, um aus einer Gefahrenzone zu entkommen? Er hätte locker auf den blonden Dirk runterspucken können, doch er streckte ihm seine blasse Hand entgegen.
Doch sein Begleiter ignorierte ihn und kletterte mit den glatten Sohlen seiner Lederschuhe unbeholfen an einzelnen Ästen empor. Auch Klaus kletterte höher, was gut war, denn er sich fühlte sich immer sicherer. Sein Herz raste noch. Er griff nach der Wasserflasche in seinem Rucksack und leerte sie in einem Zug, wenn nur diese Hitze nicht wäre. Dirk stöhnte auf, weil er mit seinem weißen Hemd an einem Ast hängen blieb, dann schwang er sich behände an den Ästen hoch. Warum so schnell auf einmal? Dirk hatte sicher noch viele Geheimnisse. Klaus kannte ihn erst eine Woche. Dirk lockerte seine Krawatte und blickte auf: „Nur unter meiner Führung können wir Erfolg haben, vergiss das nicht!“
Klaus blieb sachlich. „Aber, im Wald ist ein großes Reptil!“
„Hier gibt es keine großen Reptilien!“
„Woher willst du das wissen?“ Klaus deutete auf die Landschaft. „Wir sind in Katalonien und du kommst aus Kiel!“
Dirk schwang sich auf Klausens Ast und stand ihm direkt gegenüber. Seine Augen waren dunkel unterlaufen.
„Ich bin dein Kunstmanager, Klaus! Ich bestimme, was falsch und was richtig ist und – wo es hingeht! Das Auto mit deinen Bildern liegt im Graben, aber du erzählst was über Reptilien. Fällt dir was auf?“
Dirk griff in seine Hängetasche, holte sein Smartphone heraus und wedelte damit in der Luft herum. „Ich checke jetzt den Handyempfang. Dann rufen wir eine Werkstatt!“
Klaus wurde nervös, weil Dirk glaubte ihm nicht! Das passierte schon öfter, aber diesmal war es besonders wichtig. Klaus war völlig durcheinander und wollte seine Gedanken ordnen. Dazu zog er ein Notizbuch aus seiner Jeans und schrieb. Er schrieb, Dirk sei unfreundlich, aber die Kunst müsse endlich vermarktet werden. Klaus steckte sein ganzes Herzblut hinein. Entweder jetzt oder gar nicht. An etwas anderem konnte er gar nicht arbeiten. Dann blickte er zur Ablenkung in die weite Ebene. Da war ein blauer Streifen am Horizont – das Mittelmeer? Davor eine Stadt. War es Figueres? Wenn ja, dann war es zumindest nicht mehr weit bis Barcelona.

„Kann ich euch was helfen?“, rief eine Frauenstimme von unten auf Spanisch. Sie war leise, aber deutlich. Klaus blickte in die grünen Augen einer Frau um die 30. In Gedanken kramte er in seinem Spanisch-Wortschatz. „Atención! Achtung!“, stammelte er und deutete auf den Waldboden. „Ich habe ein Tier gesehen, ein großes Reptil!“ Er deutete mit den Armen die Größe an. „Kletter´ den Baum hoch! Schnell!“
Sie lachte und sprach auf Englisch weiter. „Meinen Sie den Waran?“ Sie hielt ihre rechte Hand wenige Zentimeter über den Scheitel ihres dunklen Haares, was ungefähr der Höhe des Tieres entsprach.
Sie war unerschrocken und sprach von einem Waran. Meinte sie damit den Miniatur-Dino, der in etwa gleich groß war?
„In diesem Wald lebt ein Waran?“, fragte Dirk.
Sie nickte.
Er kletterte höher. „Und wie lang ist er?“
„Er läuft auf zwei Beinen und ist kaum größer als ich.“ Okay, der Dino und der Waran waren wohl dasselbe. Endlich glaubte Dirk dem Klaus. Hatte diese Frau kommen müssen, um die Existenz des Reptils zu bestätigen?
„Dirk! Ich hatte recht mit dem Reptil …“
„Du bist schuld an dem Unfall!“
„Warum?“
„Stell´ keine Fragen!“
Klaus war verunsichert. Was hatte er denn jetzt wieder angestellt?
„Ich spreche kein Deutsch“, sagte sie. „Aber kann es sein, dass ihr einen Unfall hattet?“
Dirk nickte.
Sie zog ihr Smartphone aus der schwarzen Jeans, die ihre breiten Hüften betonte. „Es ist acht Uhr abends. Die Werkstätten haben geschlossen.“
Dirk legte sich die Hand an die Stirn. Das hatte uns gerade noch gefehlt. Wie sollte es weitergehen?
Sie spielte mit dem rechten Zeigefinger in den Locken, die ihren ganzen Oberkörper bedeckten. „Wenn ihr mir sagt, wer ihr seid, lade ich euch vielleicht ein. Dann können wir morgen einem Abschleppdienst anrufen.“
Oh. Eine Einladung. Das klang gut.
Sie sah Dirk an. „Und wie heißt du?“
„Äh ... Dirk.“
„… und ich bin Klaus.“
„Seid ihr aus Deutschland?“
„Sind wir“, sagte Dirk.
"Ich bin Esmeralda."
Hatte diese attraktive Frau keine Angst, zwei wildfremde Männer in ihr Haus einzuladen? „Warum hast du keine Angst vor uns? Und warum hast du keine Angst vor dem Reptil?“
„Ich habe keine Angst, weil das Reptil mir gehorcht. Also benehmt euch!“
Dirk grinste. „Hast du keine Angst, gefressen zu werden?“
Esmeralda winkte ab. „Bevor es mich auch nur einmal anfasst, kriegt es eine aufs Maul!“
Oha. Mit dieser Frau war nicht gut Kirschen essen – oder Oliven.
„Was ist denn los? Kommt endlich runter!“
Klaus zögerte, während Dirk begann, vorsichtig abzusteigen.
„Stell´ dir einfach vor, dass es ein Hund ist“, sagte Esmeralda.
Ein Hund. Kein Hund war zwei Meter groß! So ein Tier hatte Klaus noch nie gesehen. „Von wo kommt es denn her?“
„Es wurde vor kurzem im Urwald von Borneo entdeckt, dort haben sie angeblich Experimente mit ihm gemacht. Aber hier ist es frei und glücklich!“
Dirk fragte: „Warum hier in Europa, einem streng bürokratischen Kontinent?“
„Ich bin promovierte Ärztin und gewinne Medizin aus dem Kot des Tiers. Das ist ein wissenschaftliches Projekt.“
Im Namen der Wissenschaft. So einfach war das. Sie war promovierte Ärztin hübsch dazu. Dann schlug sie wilden Tieren auf die Schnauze! Wollte sie in dieser Einöde Karriere machen?
Sie sah Dirk an. „Was machst du so?“
„Äh, also, ääh, ich bin Manager.“ Er deutete auf Klaus. „Ich habe ihn nach Barcelona zu einer Kunstausstellung eingeladen.“
„Klaus meinst du?“
„Genau! Nimm doch vor ihm in Acht. Er weiß meine guten Dienste nicht zu schätzen. Deine vielleicht auch nicht. Er hat sein Auto mit seinen anderthalb Meter großen Bildern einfach in den Graben gesetzt, deshalb haben wir jetzt dieses Dilemma.“
„Kommt erst mal runter und entspannt euch! … Dann können wir in Ruhe weiterreden.“
Klaus ärgerte sich über Dirk. Warum war es ihm ausgerechnet so wichtig, so schlecht über Klaus zu reden? Hatte er keine Angst, dass sie ihn an das Monster verfüttern würde?
Dirk kam zu Boden. Sie sah zu Klaus auf.
Er fühlte gezwungen, Esmeralda zu vertrauen und er begann mit dem Abstieg. Als er unten ankam, gab sie ihm einen festen Händedruck. Ihr Atem roch nach Minze.
Sie wies ihnen einen Weg durch den lichten Olivenhain und sie gingen los.
Am Ende des Olivenhains zeigte sie auf eine emporragende Felsspitze, die im Schatten des Berges lag. „Dort wohne ich!“
„Wo ist dein Haus?“, fragte Dirk.
„Ich lebe in einer Höhle, der natürlichsten Art zu wohnen, wie ich finde. Da ist es im Sommer kühl und im Winter mild.“
Klaus konnte sich darunter nichts vorstellen. Saßen sie dort um ein Lagerfeuer und grillten das Fleisch erlegter Tiere an Spießen?
Sie zeigte auf ein Feld mit verschiedenen Pflanzen, die um und in den Fugen zwischen dem Felsen wuchsen. „Das ist mein Kräutergarten!“
Klaus sah weit und breit niemanden. „Lebst du hier ganz allein?“
Sie kicherte. „Mein Schätzchen ist auch noch da.“
Oh, vielleicht meinte sie das Reptil.
Je näher sie dem Felsen kamen, desto mehr konnte man sehen. Klaus sah oben einen aus Feldsteinen gemauerten Schornstein. Seitlich waren Fensterluken eingemeißelt. Sie waren verglast. Es war kein Steinzeithaus wie er zuerst vermutet hatte. Auch die Türöffnung war vorhanden, in der Esmeralda verschwand. Sie winkte die erstaunten Männer hinein.
Als sie die Felskuppel betraten, unter der man bequem stehen konnte, trauten sie ihren Augen nicht. Rechts-hinten, gegenüber vom Eingang, befand sich eine Einbauküche. Auf der linken Seite stand ein Sofa, das Gemütlichkeit ausstrahlte, mit Blick auf den großen Flachbildschirm links neben dem Eingang. So wohnten die Höhlenmenschen von heute.
Dirk streckte seine Arme aus. „Esmeralda. Du könntest einen Vergnügungspark draus machen! Der Waran ist die Attraktion und dies ist das Parkcafé. Ich habe den Draht zu Investoren. Du könntest richtig gut verdienen.“
Sie sah auf Dirk herab. „Danke, aber ich bin zufrieden.“
Klaus fragte sich, wie sie so ein Angebot bloß ausschlagen konnte. Sie konnte reich werden.
„Aber …“ Dirk deutete abwechselnd an die Decke und an die Wand der Höhle. War er nervös?
„Allein diese Tropfsteindecke … alles hier … dieser Ort hat unglaublich viel Potenzial! Vertrau´ mir, meine Familie hat eine lange Tradition im Immobilienmanagement.“
Nun war Klaus verwirrt. „Dirk. Du hast mir gesagt, deine Familie hat eine lange Tradition im Kunstmanagement ...“
Dirk hob den Zeigefinger. „Wir haben halt eine lange Tradition im Immobilienmanagement und im Kunstmanagement!“
Beides gleichzeitig? Wie unglaubwürdig.
Esmeralda rieb sich das Kinn. „Dirk, hast du irgendwelche Referenzen?“
„Die habe ich alle im Auto.“
„Solange du mir keine Referenz gibst, glaube ich dir nichts!“
Klaus mochte Esmeralda. Sie scheute sich nicht davor, Fragen zu stellen. Dirk schien überrascht. „Wow. Du bist aber schlau!“, flüsterte er. „Das hätte man einem so hübschen Mädel gar nicht zugetraut! Tanz´ mit mir!“
Ohne ihre Reaktion von ihr abzuwarten, schwang er sein rechtes Bein, drehte sich um die eigene Achse und stand kurz darauf direkt hinter ihr. Er wippte rhythmisch mit dem Hintern, fasste sie an der Hüfte und versuchte, sie zum Mitwippen ihrer Heckteile zu animieren. Oje. Dirks Verhalten war seltsam. Erst saß er 24 Stunden lang in einem Auto und wurde Zeuge eines Unfalls. Dann tanzte er mit einer Frau, der ein menschengroßes, fleischfressendes Reptil gehorchte. Warum saß er sich nicht einfach auf der Couch?
Esmeralda wirkte nicht glücklich. Sie drehte sich um und stieß ihn von sich. Die Haustür ging auf. Da erschien das Reptil. Es drängte sich zwischen Dirk und Esmeralda. Der fleischige Geruch aus dem Maul schlug Klaus ins Gesicht und er lief rückwärts gegen die Wand.
Esmeralda pfiff durch die Zähne. Das Tier wandte sich zur Tür und verschwand.
Sie sah Dirk an, der zusammengekauert auf dem Boden saß: „Warum kannst du nicht einfach froh sein, dass du jetzt hier bist, in Sicherheit, einen Platz zum schlafen und etwas zu essen hast?“
Dirk stand auf und sah sich ruckartig um. Er schien nervös zu sein. Warum konnte man nicht normal mit ihm reden?
Er lief einfach raus. Und das Reptil? Hatte er keine Angst davor? Draußen sprang der Manager einfach in einen Rosmarinbusch. Esmeralda stand mit einer großen Rippe Dörrfleisch neben Klaus. „Lass´ mich durch. Ich muss´ ihn jetzt füttern. Dann passieren keinem was.“
Sie ging an ihm vorbei durch die Tür. Irgendwo weiter hinten im Wald raschelte es.
Sie drehte sich zu Klaus um. „Er riecht schon das Fleisch.“
Doch Klaus hielt sich die Hand an die Stirn.
„Hab keine Angst. Jetzt, wo es was gefressen hat, ist es satt. Es wird niemandem etwas passieren.“
Dann tauchte das Reptil hinter einer Geländewelle auf. Es kam näher, Esmeralda warf ihm das Fleisch hin. Mit einem Satz verschlag es das Essen. Klaus wurde bei dem Anblick übel, aber er musste sich nicht übergeben.
Esmeralda machte eine Kopfbewegung zu dem Busch, in dem Dirk verschwunden war. „Psychologie ist nicht mein Fachgebiet, aber ich glaube, dass Dirk eine narzisstische Verhaltensstörung hat. Er prahlt damit, dass er alles im Griff hat, aber eine einfache Frage bringt ihn aus der Fassung. Ich fürchte, du bist auf einem Hochstapler hereingefallen.“
Tatsächlich hatte Dirk nichts getan, außer zu sagen, dass er ihn in Barcelona „managen“ wolle. Dirk meinte sogar, sein „Coaching“ sei unbezahlbar, aber wenn Klaus die kompletten Reisekosten bezahle, sei das schon OK.
„Klaus, ich will dir nicht zu nahe treten, aber du bist naiv. Du musst wissen, warum jemand etwas von dir will. Die anderen müssen dich respektieren. Stell dir mal vor, mein Schätzchen hätte keinen Respekt vor mir. Es hätte mich längst aufgefressen!“
Er musste sich eingestehen, dass er keine gute Menschenkenntnis hatte. Ihm fiel auf, dass seine früheren Freunde ihm das schon öfters gesagt hatten. Es hatte sich lange nicht mehr bestätigt – bis jetzt. Jetzt musste er etwas in seinem Leben ändern. Seine größte Sorge war, als freischaffender Künstler Geld zu verdienen, und das wurde ausgenutzt.

Dann ging alles gut und am nächsten Tag konnte Klaus das Auto bergen lassen. Er konnte auch ohne Dirk eine Ausstellung in Barcelona organisieren.


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