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Hypatia88 Gänsefüßchen
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Beiträge: 26 Wohnort: Offenbach am Main
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H 17.02.2021 15:35 Zu ihren Füßen von Hypatia88
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So, hallo mal wieder. Hier eine Kurzgeschichte, an der ich jetzt eine Weile gefeilt habe. Ich schreibe noch nicht so lange Kurzgeschichten und bin immer noch oft etwas unsicher was den Aufbau, Spannungsbogen etc. angeht. Auch bei dieser würde mich das vor allem interessieren: Funktioniert sie als Kurzgeschichte, kommt eine gewisse Spannung auf? Vielen Dank an alle, die sich Zeit nehmen.
Zu ihren Füßen
Es hatte schon den ganzen Tag geschneit und ließ nicht nach. Der Schnee fiel so dicht, dass der blasse Himmel, die Luft und die tief verschneite Landschaft ineinander zu verschwimmen schienen. Matthis fiel es schwer, sich zu orientieren und zunehmend schwerer, zu laufen. Immer wieder kamen heftige Windböen auf, die ihm den Schnee ins Gesicht trieben und ihm für einen Moment den Atem nahmen. Die Flocken stachen wie kalte Nadeln auf seinem brennenden Gesicht.
Matthis war neun oder zehn, so genau wusste er es selbst nicht. Er hatte an diesem Tag noch nichts gegessen. Der Junge war mager und fror in seinen verschlissenen Kleidern. Er fühlte sich schwach und müde und es war, als würde sein Körper in der Kälte langsam erstarren, so dass das Bewegen ihm immer schwerer fiel. Der weiche Schnee begann eine wachsende Anziehungskraft auf ihn zu haben. Er hatte das Verlangen, sich hinein zu legen und auszuruhen. Doch er wusste, dass man das nicht tun durfte. Sein Vater hatte es ihm erklärt, als er noch gelebt hatte. Wer sich in den Schnee legte, der starb. Matthis wollte noch nicht sterben. Er klammerte sich an sein Leben mit der instinktiven Zähigkeit, die Kindern zu eigen ist. Seit dem Frühling war er allein und hatte es bis jetzt geschafft, sich irgendwie durchzuschlagen. Aber er hatte den Winter nicht so früh erwartet. Er war in einige Dörfer gegangen und hatte versucht, um Essen und Unterkunft zu betteln oder Arbeit anzubieten. Doch da Krieg war, gab es viele Waisen und wenig zu Essen. Die Bauern hatten die Hunde auf ihn gehetzt.
Er folgte nun einer Straße am Rand eines Waldes, ohne wirklich ein Ziel zu haben. Nur vorwärts, nicht stehen bleiben. Ihn trieb die vage Hoffnung auf irgendetwas, ein Wunder vielleicht, ein Eingreifen Gottes. Aber ein Teil von ihm, ein erwachsener Teil, den er früh im Leben hatte entwickeln müssen, sagte ihm, dass Wunder selten waren. Er verdrängte diesen Teil so gut er konnte und ging weiter. Letztendlich einfach, weil er nichts anderes zu tun wusste. Immer weiter, in stumpfer Apathie.
Dann tauchte ein Stück von der Straße entfernt im Schneetreiben der Umriss eines Hauses auf. Es wirkte ärmlich, stellte er fest, als er näher kam. Ein einfaches Haus aus unverputztem Lehm, Fachwerk, Strohdach. Es stand vereinzelt, nur ein windschiefer Stall lehnte daran. Matthis näherte sich vorsichtig. Das Haus lag völlig still. Die Fensterläden waren geschlossen, kein Rauch stieg vom Schornstein auf und der Schnee vor de Tür war unberührt. Als der Junge auf die Schwelle zuging, stolperte er über eine kleine Erhebung, die er nicht bemerkt hatte. Er schob mit einem Fuß den Schnee beiseite und sah, dass es der Leichnam eines struppigen Hundes war, mit einem Strick um den Hals, hart gefroren. Matthis zögerte einen Moment. Das Haus war ihm nicht ganz geheuer. Aber ohne Unterschlupf war ihm der Tod ja doch gewiss.
Er drückte gegen die Tür, die sich leise, ohne Widerstand öffnen ließ. Drinnen war es dunkel und still. Die Hütte war klein, aber recht hoch, etwa drei Schritt, mit einem langen Dachbalken in der Mitte. An diesem Balken hingen drei aufgeknüpfte Leichen. Ein Mann, eine Frau und ein Mädchen, das wohl in Matthis Alter gewesen war. Die Füße der Erwachsenen hingen etwa auf Höhe seiner Schultern.
Im ersten Augenblick schrak Matthis zurück, doch er beruhigte sich schnell. Der Anblick von Toten war nicht neu für ihn. Er musterte die Leichen. Sie hatten eingesunkene Gesichter und pergamentartige Haut. Scheinbar waren sie schon eine Weile tot, wenigstens ein paar Tage. Die plündernden Soldaten, die sie vermutlich getötet hatten, waren fort. Das war gut. Dieses Haus war also unbenutzt und vermutlich sicher. Es hatte eine Feuerstelle, einen Kamin. Niemand würde ihn daraus vertreiben.
Er untersuchte es gründlich. Viel gab es nicht, einen Hauptraum und eine Küche. Essen war natürlich nicht zu finden, nicht der kleinste Krümel. Was die Soldaten vielleicht verschmäht hatten, hatten Mäuse oder Ratten längst entdeckt. Es gab einige Haushaltswaren, Krüge, Töpfe, die noch intakt waren. Die hölzernen Möbel waren allerdings allesamt zertrümmert. Matthis fragte sich, warum. Vermutlich einfach aus Vergnügen an der Zerstörung. Immerhin musste er nicht lange nach Feuerholz suchen.
Er durchsuchte auch den Stall, wo noch etwas Stroh und ein alter Jutesack zu finden waren. Das Stroh konnte er als Zunder benutzen, den Rest davon stopfte er in den Sack, um wenigstens eine Art von Bett zu haben. Nachdem er das Feuer entzündet hatte, legte er sich davor und schlief, überwältigt von Erschöpfung, in kurzer Zeit ein.
Irgendwann nachts erwachte er und erschrak über den schrecklichen Gestank, der die Hütte erfüllte. Die Toten hatten in der Wärme zu riechen begonnen. Er versuchte kurz, am Bein des Mannes zu ziehen, um ihn herunter zu bekommen, aber der einzige Effekt war ein widerliches Knacken, bei dem ihm übel wurde. Schließlich holte er von draußen frische Tannennadeln, die er etwas zerrieb und in ein Tuch füllte, das er sich vor das Gesicht band. So legte er sich wieder schlafen.
Diesmal lag er länger wach. Das Atmen war mühsam, ihn quälte der Hunger und ungewohnte Geräusche an diesem fremden Ort ließen ihn immer wieder alarmiert hoch schrecken. Als er endlich schlief, hatte er einen lebhaften Traum. Wie so oft ging es darin um den Tag, als seine Eltern gestorben waren. Er saß wieder in der Baumkrone, in die er sich geflüchtet hatte, als er die Schreie hörte. Der Baum war nicht weit vom Hof seiner Eltern entfernt, nah genug, um zu sehen, was passierte. Er sah wieder, wie sie seiner Mutter und Schwester Gewalt antaten. Wie einer von ihnen den kleinen Bruder, der noch nicht zwei war, an den Füßen griff, als er nicht aufhörte zu schreien, und seinen Kopf an der Wand zerschmetterte. Dieses Knacken verfolgte ihn. Aber beinahe noch schlimmer war, was sie mit seinem Vater getan hatten. Söldner aus der Fremde hatten sich eine grässliche Foltermethode ausgedacht, bei der sie den Bauern, die sie zum Reden bringen wollten, Gülle in die Kehle schütteten, bis diese keine Luft mehr bekamen. Sie hatten vom Vater wissen wollen, wo das Vieh versteckt war. Aber es gab kein Vieh mehr, es war längst von anderen Söldnern geraubt worden. Die Gülle in der Grube stammte von Menschen. Natürlich glaubten sie das nicht und wiederholten den Prozess wieder und wieder. Matthis konnte noch von seinem Platz das Keuchen und Würgen seines Vaters hören, bis dieser schließlich zusammensackte und still liegen blieb.
Doch im Traum hörte das Keuchen nicht auf, er hörte es immer noch, lauter und lauter. Irgendwann bemerkte er, dass er aufwachte. Das Geräusch war auch jetzt noch da. Er lag eine Weile still und wagte nicht, die Augen aufzuschlagen, erfüllt von einem unaussprechlichen Grauen. Er betete flüsternd. Schließlich öffnete er die Lider doch und blickte auf. Die Toten waren stumm und reglos wie zuvor. Aber das Keuchen hielt an. Er erkannte jetzt, dass es von außerhalb der Hütte kam. Eigentlich war es eher ein Schnaufen. Er hörte jetzt, wo er darauf achtete, auch leise das Knirschen des Schnees unter schweren, langsamen Schritten. Was immer da draußen war, bewegte sich um die Hütte herum. War es doch ein Söldner? Ein Landstreicher? Oder etwas anderes als ein Mensch? Angst stieg in ihm hoch, kalte, prickelnde Schauer liefen über seine Schultern und Brust. Plötzlich schreckte er auf blickte zur Tür. Sie hatte keinen Riegel. Mit wachsender Panik sah er sich um nach irgendetwas, mit dem er sie verbarrikadieren könnte, doch es gab nichts. Matthis unterdrückte einen Schrei und rutschte über den Boden in eine der Ecken des Zimmers, wo er sich so klein wie möglich machte. Das Feuer war weit herunter gebrannt und er hoffte verzweifelt, dass der Schatten ihn verbergen würde.
Wenige Augenblicke später drückte etwas von außen gegen die Tür. Sacht, langsam. Als sie schließlich weit genug auf schwang, erstarrte Matthis vor Furcht. Der Kopf und die Schultern eines Tieres schoben sich herein, eines großen, massigen Tieres mit dunklem Fell und langen Klauen. Im ersten Moment glaubte der Junge, ein Dämon sei gekommen, um seine Seele zu holen. Erst als das Wesen weiter in den Raum trat, begriff er, dass es ein Bär sein musste. Er hatte noch niemals einen gesehen, aber in der Dorfkirche in seiner Heimat hatte es ein Wandbild der Arche Noah gegeben, auf dem zwei Bären zu sehen waren. Sie hatten allerdings eher wie stämmige Hunde mit kurzen Beinen ausgesehen.
Das Tier, das jetzt den Raum betrat, war so breit, dass es Mühe hatte, durch die Tür zu kommen. Es hielt inne, als es halb drinnen war. Blinzelte in das schwache Licht des Feuers. Schnüffelte. Matthis in seiner Ecke hielt unwillkürlich die Luft an. Der Bär kam jetzt ganz herein. Seine langen Klauen kratzten über die abgetretenen Holzdielen, die unter seinem Gewicht ächzten. Den Jungen schien er nicht bemerkt zu haben. Er näherte sich einer der Leichen. Es war die des Mannes, die am nächsten zur Tür hing. Auch sie beschnupperte das Tier ausgiebig, bevor es sich auf die Hinterbeine erhob. In dieser Haltung reichte sein Kopf beinahe bis an den Dachbalken. Der Bär gab ein tiefes Brummen von sich und bleckte kurz seine eindrucksvollen Zähne. Er legte seine Krallen um den Oberkörper des Toten, als wolle er ihn umarmen. Matthis schloss fest die Augen. Er hörte das Reißen von Stoff, Knirschen und Knacken, das Geräusch der Zähne, die sich in das Fleisch gruben, ein feuchtes, Ekel erregendes Schmatzen.
Das ging eine Weile, die ihm ewig vorkam. Er hielt vollkommen still, bewegte keinen Muskel. Innerlich aber war ihm nach Schreien zumute. Das Gefühl seiner Einsamkeit und Schutzlosigkeit überflutete ihn. Er wollte nach Hause. Er wollte seine Mutter. Tränen liefen aus seinen geschlossenen Augen über sein Gesicht, sein ganzer Körper begann jetzt zu zittern, doch er gab immer noch keinen Laut von sich. Irgendwann hörte er ein Zerren, der Strick knarrte. Wie stark konnte dieser Strick sein? Dann krachte es laut und etwas schlug schwer auf dem Boden auf. Ein letztes Schnauben erklang, danach entfernten sich die kratzenden Schritte, begleitet von einem Schleifen.
Erst eine halbe Stunde später hatte Matthis genug Mut, um aufzustehen und die Tür zu schließen. Die Leiche des Mannes war fort.
Er saß den Rest der Nacht in seiner Ecke, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen. Die meiste Zeit hielt er sich still, doch manchmal wiegte er sich vor und zurück, ohne es wirklich zu bemerken. Er ließ das Feuer ausgehen. Als es hell wurde, öffnete er zaghaft die Tür. Spuren der großen Pranken führten von der Hütte fort direkt in den Wald. Matthis ließ die Tür offen und ging hinaus. Dort rollte er draußen Schnee zu einer großen Kugel, wie er und andere Kinder es früher im Spiel gemacht hatten, um einen Mann zu bauen oder eine Festung. Das schien unendlich lange her. Matthis rollte den Schneeball, als er groß genug war, nach drinnen, flachte ihn etwas ab und kletterte hinauf. Er befand sich mittig zwischen der Frau und dem Kind und kam jetzt mit seinem Messer gerade hoch genug, um die Stricke zu zerschneiden. Danach musste er sich eine Weile ausruhen, bis er wieder genug Kraft hatte, um die Leichen eine nach der anderen nach draußen, weg von der Hütte zu schleifen. Dann ging er zurück nach drinnen und schob noch mit einer letzten Anstrengung den Schnee nach draußen.
Als er fertig war, zitterte er vor Erschöpfung und Kälte. Er entzündete das Feuer wieder und legte sich davor auf den Strohsack. Bald, dachte er, musste er etwas zu essen suchen, solange er noch die Kraft dazu hatte. Bald. Aber nicht jetzt. Ihm fielen fast sofort die Augen zu. Doch einen Augenblick später schreckte er wieder auf. Er horchte in alle Richtungen. Kein Geräusch außer dem des Windes im Kamin. Matthis legte noch ein Stück Holz aufs Feuer. Dann kroch er mit dem Sack in seine Ecke. Statt sich auf ihn zu legen, schlang er die Arme darum. Zusammen gekauert und mit dem Gefühl von stachligem Stroh und Jute an seinem Gesicht schlief er ein.
Er träumte vom Sommer und den Armen seiner Mutter.
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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17.02.2021 15:53
von Thomas74
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Liest sich flüssig und spannend. Ziel erreicht, würde ich sagen.
Nur das:
Zitat: | Dann ging er zurück nach drinnen und schob noch mit einer letzten Anstrengung den Schnee nach draußen.
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glaube ich nicht.
Auch hadere ich mit den Zeitangaben. Einmal rechnest du in Augenblicken, danach sprichst du von einer halben Stunde. Eine Weile hätte hier besser gepasst.
P.S.: Warum brät er nicht den Hund? Der müsste doch noch gut sein?
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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MauerseglerIn Gänsefüßchen
M Alter: 21 Beiträge: 29
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Hypatia88 Gänsefüßchen
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Beiträge: 26 Wohnort: Offenbach am Main
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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17.02.2021 18:01
von Thomas74
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Wenige Augenblicke später drückte etwas von außen gegen die Tür.
Erst eine halbe Stunde später hatte Matthis genug Mut, um aufzustehen und die Tür zu schließen. Die Leiche des Mannes war fort.
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Hypatia88 Gänsefüßchen
H
Beiträge: 26 Wohnort: Offenbach am Main
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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19.02.2021 15:47
von Thomas74
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Genau diese halbe Stunde meinte ich. "Eine Weile" oder "eine halbe Ewigkeit später" würde besser passen.
Mal als Verständnisfrage: Warum legt er sich nicht zum Schlafen in die erwähnte Küche? Die hat ja zwangsläufig auch einen heizbaren Herd?
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Hypatia88 Gänsefüßchen
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Beiträge: 26 Wohnort: Offenbach am Main
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Selanna Reißwolf
Beiträge: 1146 Wohnort: Süddeutschland
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02.03.2021 19:23
von Selanna
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Hallo Hypatia88,
mir gefiel Deine Kurzgeschichte! Sie war anrührend, einfühlsam, traurig, dramatisch und auch spannned.
Drei kleine Mankos, zum ersten kleine Manko aber ein ellenlanger Sermon meinerseits: Das Elend war mir etwas zu geballt: Da ist ein Kind, aber nicht irgendeines, sondern eines, das beide Eltern und die Schwester verlor. Es verlor sie aber nicht irgendwie, sondern durch ein Massaker, das es natürlich auch noch mit ansehen musste. Es verliert den ganzen Besitz und hungert, es hat niemanden, der sich um es kümmert, und muss mutterseelenallein umherwandern, aber nicht irgendwann, sondern in Kriegszeiten (Bauernkriege? 30jähriger? Würde ich tippen) und im Winter. Es findet eine leere Hütte, aber nicht irgendeine, sondern eine, in der drei Leichen von der Decke baumeln. Aber es schläft nicht einfach unter drei von der Decke baumelnden Leichen, sondern es kommt auch noch ein Bär und holt sich eine davon. Aber er holt sich nicht nur eine Leiche, sondern frisst sie auch noch vor dem Kind an… Ja, langes breittretendes Erklären meinerseits und man kann auch einfach sagen, so war es eben, damals, solche Schicksale kamen vor. Ich störe mich auch nicht an dem Elend an sich, aber mir kam es beim Lesen (subjektiv) so vor, als wolltest Du mit dem Text (unter anderem) überzeugen, indem Du (das ist nicht böse gemeint, mir fällt einfach kein anderer Ausdruck ein) auf die Tränendrüse drückst. Wäre es zB nicht genauso schlimm, wenn das halb verhungerte Kind in einem Haus alleine, nachts und mit herumschleichenden Bären übernachten muss und der Bär zB nur den Hundekadaver (der meinetwegen im Haus liegt) frisst? Oder wenn das halb verhungerte Kind in einem Haus alleine unter drei Gehängten, nachts und mit herumschleichenden Bären übernachten muss, aber es wenigstens Sommer ist?
Das zweite Manko: Ich kenne mich mit Bären nicht aus, aber würde ein Bär eine Hütte betreten, in der ein offenes Feuer brennt? Du schreibst, der Junge ließ es nach dem Besuch des Bären ausgehen. Ich fände es logischer, wenn er von den Geräuschen geweckt wird und bemerkt, dass das Feuer bereits ausgegangen ist, und dann betritt der Bär die Hütte. Was meinst Du?
Und: Zitat: | eine nach der anderen |
Diese Formulierung verbinde ich mehr als zwei Dingen. Bei nur zweien würde ich eher: „die eine, dann die andere“ oder ähnlich schreiben.
Am Ende muss ich noch einmal betonen (nicht dass das inzwischen in Vergessenheit geriet ), dass ich die Geschichte insgesamt gelungen finde! Gerne gelesen
Liebe Grüße
Selanna
_________________ Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham |
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Hypatia88 Gänsefüßchen
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Beiträge: 26 Wohnort: Offenbach am Main
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H 07.03.2021 15:14
von Hypatia88
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Hallo Selanna!
Danke für das Feedback! Ich finde was du geschrieben hast tatsächlich sehr hilfreich und bedenkenswert. Ich habe zuletzt oft sehr düstere Geschichten geschrieben, mehr oder weniger mit dem Gedanken, dass die Vergangenheit oft zu rosig dargestellt wird. Die Geschichte spielt im dreißigjährigen Krieg, der schon ziemlich heftig war, es gab da neben dem Krieg ja auch eine Klimakatastrophe, die sogenannte kleine Eiszeit, und eine Menge Seuchen. Du sagst es ja auch, es gab vermutlich Schicksale in der Art.
Aber trotzdem finde ich, dass du recht hast. Pathos kann ich selbst eigentlich auch nicht leiden. Im Moment merke ich, dass ich lieber längere Sachen schreibe und diese Geschichte soll eine Art Vorgeschichte abgeben für einen längeren Text, in dem es um Söldner geht und wie ein Krieg in dieser Art die Psyche der Menschen prägt. Die Geschichte und auch zum Teil diese Vorgeschichte habe ich schon ziemlich lange im Kopf, quasi seit der Schulzeit . Ich habe sogar schon mit Angang Zwanzig mal einen Roman dazu geschrieben mit dem ich nicht wirklich zufrieden war. Jetzt wo ich dank Corona unfreiwillig viel Freizeit habe habe ich Lust, das Thema noch mal zu bearbeiten.
Gerade deshalb finde ich es aber auch wichtig, manche der älteren Ideen kritisch zu betrachten.
Lange, Rede, letztendlich möchte ich sagen ich, ich stimme dir denke ich zu und werde den Text ein Bisschen umarbeiten, auch mit Blick auf die anderen Anmerkungen.
Also, herzlichen Dank, diese Art von Feedback kann ich gut gebrauchen.
Gerade deswegen finde ich es auch wichtig, Feedback zu bekommen
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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07.03.2021 15:28
von Thomas74
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Also, ich finde die Szenerie nicht zu düster.
Ich bin aber auch der Ansicht, so ein Prota muss erstmal richtig vom Leben gefi...k werden, um ihn dann langsam vom Boden zu kratzen und wieder aufzubauen
Wenn es stimmig ist, warum nicht? Wäre das ein Buchanfang, würde ich definitiv weiterlesen, was das Leben noch alles für Gemeinheiten bereit hält. Aber für mich muss die Geschichte trotzdem gut ausgehen.
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Selanna Reißwolf
Beiträge: 1146 Wohnort: Süddeutschland
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11.03.2021 19:38
von Selanna
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Hallo Hypatia88,
Zitat: | Ich habe zuletzt oft sehr düstere Geschichten geschrieben, mehr oder weniger mit dem Gedanken, dass die Vergangenheit oft zu rosig dargestellt wird. |
Ist ja witzig, ich habe mitunter das Gefühl, dass sie zu düster dargestellt wird (zum Beispiel ärgert es mich mittlerweile, wenn ich in einem historischen Roman, insbesondere wenn er im Mittelalter spielt, wieder über die inzwischen fast obligatorische Vergewaltigung stolpere).
Zitat: | Du sagst es ja auch, es gab vermutlich Schicksale in der Art. |
Mit absoluter Sicherheit gab es die und dann auch noch die, die schlimmer waren. Es war ja auch nur mein Leseeindruck. Vielleicht ist mir auch nicht das Elend zu viel, sondern nur die Geschichte für so viel gebündeltes Elend zu kurz?
Zitat: | diese Geschichte soll eine Art Vorgeschichte abgeben für einen längeren Text |
Ha, dann lass ihn so, ich glaube, wenn der weitere Text vielschichtigere Erlebnisse/Emotionen beschreibt als nur Elend, ist das völlig okay.
Zitat: | , in dem es um Söldner geht und wie ein Krieg in dieser Art die Psyche der Menschen prägt. Die Geschichte und auch zum Teil diese Vorgeschichte habe ich schon ziemlich lange im Kopf, quasi seit der Schulzeit . |
Mutter Courage? Nein, im Ernst: Der Verlust der Menschlichkeit, soziale Verwahrlosung, das ist ein spannendes, komplexes Thema, eine tolle Idee für einen Roman.
Liebe Grüße
Selanna
@Thomas74:
Bei mir ist andersherum: Ich mag dafür keine Happy Ends.
_________________ Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham |
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