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Autor |
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silesio Eselsohr
Alter: 89 Beiträge: 237 Wohnort: Dubai
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18.11.2017 22:39 Umschwung von silesio
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Blau strahlt der Himmel, endlos froh,
die Sonne spiegelt sich im See.
Auf fliegt der Blick ins Irgendwo.
Vor Schönheit tun die Augen weh.
Gedanken steigen federleicht
und sinken wieder, schwer wie Blei,
wenn Dunkelheit dem Glänzen weicht:
Wie lange noch? Wann ist´s vorbei?
Bald wird es wieder Winter sein.
Ein Leichentuch bedeckt die Welt.
Dann irr` ich hilflos, krank, allein.
Schnee wirbelt auf und fällt und fällt
Es gibt eine rhetorische Figur, die man im Altertum schon bei Sokrates gefunden hat: Ironie. Dabei wird etwas behauptet, was rein wörtlich nicht der Wirklichkeit entspricht. Aber: Um die erwünschte Wirkung zu erzielen, müssen Sprecher und Hörer/Leser wissen, dass dieser Widerspruch besteht.
Dadurch kommt etwas Gebrochenes, Uneigentliches und Doppeldeutiges in das Gesprochene und Geschriebene, und warum das so ist, wird nur den Wissenden offenbar.
Nun zu den obigen Versen. Sie beginnen jubelnd, dankbar, und obwohl sich an der herrlichen Umgebung eines herrlichen Oktobertages nichts ändert, kippt die Stimmung total um.
Könnte man diesen Umschwung, diese Brechung Ironie nennen?
Weitere Werke von silesio:
_________________ Ein ernster Mensch, der gerne lacht. |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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19.11.2017 00:08
von firstoffertio
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Hhm. Für Ironie müsste das vielleicht durchgängiger fröhlich erscheinen? Hier schlägt das schon in der Mitte um.
Gefällt mir trotzdem. Statt wieder vielleicht nieder? Muss aber nicht sein.
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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19.11.2017 12:45
von holg
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Wie du schon sagst: Ironie braucht immer Kontext, Absprache, Übereinkunft, um als solche wahrgenommen zu werden. Ohne deine Zusatzbemerkung kann ich sie in dem Gedicht nicht erkennen. Das ist ein romantisch-verklärtes Dingelchen (das ich mag) mit starkem Stimungsumschwung, das genau das aussagt, was da steht.
Selbst mit deiner Anmerkung muss ich mir selbst aussuchen, ob ich die ersten fünf oder die unteren sieben Verse ironisch betrachten will. Hinweise finde ich leider nicht.
Helfen würde etwas in der Art wie:
„Ich liebe den Duft von Herbst, wenn nach dem Spaziergang das Aroma unter den Schuhen gefangenen Laubes die Wohnung erfüllt, vermischt mit dem Hautgout darunter verborgener Hundekacke.“
Oder ein entsprechender Vortrag, der entweder am Anfang betont melancholisch oder am Ende überfröhlich Hinweise gibt.
Oder ein gänzlich auf „schiefe“ Bilder ausgelegtes Gedicht. Für den Frühling sah das bei mir mal so aus (muss 20 Jahre her sein und ist über das Entwurfstadium nie hinaus gekommen)
Wenn Vögel morgens wieder schreien,
und Nebel träge durch die Täler schwebt;
wenn Pflanzen sich auf Regen wieder freuen,
die Spinnenfrau ein neues Netz sich webt;
Wenn Frösche wieder tot auf Straßen liegen,
die Sonne wieder scheint, so hell und klar;
wenn Schwalben wieder um die Scheunen fliegen
und scheißen, ist der Frühling wieder da.
Das ist nicht toll (in Teilen grundfalsch) und wäre mir in anderem Kontext eher peinlich, aber ich denke, es transportiert eine gewisse Ironie.
Ich hoffe, ich konnte etwas für dich verwertbares beitragen.
Holg
_________________ Why so testerical? |
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silesio Eselsohr
Alter: 89 Beiträge: 237 Wohnort: Dubai
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19.11.2017 23:17
von silesio
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@firstofficio
Ach, lieber firtstofficio,
wenn du das schreibst, dann bin ich froh.
@Holg
Mein lieber Holg, die Ironie
ist deutlich, und ich spürte sie,
was ja nicht so schwer war,weil du sie in einen langen Artikel über Ironie eingebettet hast. Aber auch ohne deine Erklärungen wäre die Ironie unübersehbar und unüberhörbar gewesen.Es bedarf also keiner Absprache und keines Hinweisschildes: Vorsicht,Ironie.
_________________ Ein ernster Mensch, der gerne lacht. |
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Harald Show-don't-Tellefant
Alter: 76 Beiträge: 5104 Wohnort: Schlüchtern
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20.11.2017 09:19
von Harald
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Ich sehe da keine Ironie,
für mich erscheint dies wie die Gedanken eines Schwermütigen, Depressiven,
der fatalistisch kommendes Unheil empfindet …
… und sich ncht aufraffen kann, dies abzuwenden.
_________________ Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker
Harald
Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste! |
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Pickman Plottdrossel
Beiträge: 2293 Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare
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20.11.2017 09:55
von Pickman
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silesio hat Folgendes geschrieben: | Mein lieber Holg, die Ironie
ist deutlich, und ich spürte sie,
was ja nicht so schwer war,weil du sie in einen langen Artikel über Ironie eingebettet hast. Aber auch ohne deine Erklärungen wäre die Ironie unübersehbar und unüberhörbar gewesen.Es bedarf also keiner Absprache und keines Hinweisschildes: Vorsicht,Ironie. |
Wenn der Autor die Ironie seines Textes erkennt, reicht das vollkommen; denn bekanntlich hat der Leser mit dem Text nichts zu schaffen.
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silesio Eselsohr
Alter: 89 Beiträge: 237 Wohnort: Dubai
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20.11.2017 10:23
von silesio
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@Harald Du hat recht, ich bin leider (!) ein viel zu depressiver Mensch, der sozusagen nur bei besonders schönen Ereignissen aus seiner depressiven Grundstimmung auftaucht, aber wohl auch das Schöne mit grosser Intensität erleben kann, vielleichtr gefühlsmässig, ja religiös überhöht,
@Pickman Da habe ich mich wihl missverständlich ausgedrückt: Ironie sehe ich nicht oder nur abgeschwächt in meinem Versen, sonden in den Beispielen, die Holg angeführt hat.
Trotzdem Dank für deine Reaktion
_________________ Ein ernster Mensch, der gerne lacht. |
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Pickman Plottdrossel
Beiträge: 2293 Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare
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20.11.2017 20:25
von Pickman
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Passt schon. Hab die entscheidenden zwei Worte in Deinem Post überlesen.
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silesio Eselsohr
Alter: 89 Beiträge: 237 Wohnort: Dubai
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21.11.2017 12:01
von silesio
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Zugegeben, meine 3 Verse sind nicht die Reinform von und für Ironie.
Aber wann wendet man sie an? Wozu wendet man sie an? Vor welchem Publikum kann und darf sie anweden?
Einem Kind oder einem Einwanderer mit minimalen Sprachkenntniisen gegenüber wird man nicht nur keine Wirkung erzielen, sondern sie womöglich gar verunsichern.
Ist Ironie nur etwas für Wissende und Gebildete?
_________________ Ein ernster Mensch, der gerne lacht. |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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23.11.2017 12:02
von holg
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Wissen ist mMn unbedingt Voraussetzung dafür, dass Ironie funktioniert. Bildung nicht unbedingt, jedenfalls keine, die über die Kenntnis der verwendeten Sprache hinaus geht. Das muss man nicht auf Kinder (die oft einen sehr feinen Sinn für Ironie haben) oder Einwanderer begrenzen. Da geht jede Fremdsprache, die man selbst nicht wirklich sehr gut beherrscht.
Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die trotz hohen Bildungsgrades immun gegen Ironie sind, sie einfach nicht erkennen.
Wichtiger als Bildung erachte ich Menschenkenntnis, Kenntnis des Kontextes. Wenn ich die eigentliche Meinung, die Geisteshaltung eines Menschen kenne oder erkenne, kann ich Ironie aufspüren. Weiss ich nicht, wie der andere eigentlich denkt, kann ich die Ironie seiner Äußerung unmöglich dechiffrieren.
In Schriftform ist das immer problematisch. Die Art des Vortrages, Haltung, Gestik gibt immer gute Hinweise. Schon am Telefon kann das ganz schwierig werden. Hier muss man Marker einbauen, die für die Zielgruppe eindeutige Hinweise bedeuten. Nicht dieser Gruppe zugehörige sollen ja eventuell gerade die Ironie nicht verstehen.
"Das hast du gut gemacht", z.B. ist (im Sinne möglicher Ironie) zweideutig.
"Das hast du ja super hingekriegt", dürfte von jedem hier als ironisch gesehen werden, auch ohne den Kontext zu kennen (totalen Bockmist gebaut).
Habe schon erlebt, dass ehrlich gemeintes Lob ähnlich der zweiten Aussage zu wirklichen Ängsten bei meinen Trainees führte, weil sie einfach ihre Leistung selbst nicht realistisch einschätzen konnten, meine Äußerung aber (fälschlicherweise) als ironisch eingestuft hatten.
Wann und vor welchem Publikum musst du dir selbst beantworten.
Generell eher, um Spott oder ähnliches auszudrücken.
_________________ Why so testerical? |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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23.11.2017 12:13 Re: Umschwung von holg
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Ich versuch mal, ein paar ironische Brüche (wahrscheinlich viel zu viele) einzubauen.
nur gespielt hat Folgendes geschrieben: | Blau dröhnt der Himmel, endlos froh,
die Sonne schniegelt sich im See.
Haltlos der Blick ins Irgendwo.
Vor Schönheit tun die Augen weh.
Gedanken flauchen flederleicht
und sinken wieder, schön wie Blei,
wenn Dunkelheit den Glanz erweicht:
Wann endlich, sag mir, ist's vorbei?
Bald wird es wunder Winter sein.
Sein Leichentuch liebkost die Welt.
Dann leb' ich happy und allein.
Schnee wirbelt auf und fällt und fällt |
_________________ Why so testerical? |
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