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Die schwarze Königin


 
 
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TZH85
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 39
Beiträge: 297
Wohnort: Essen
Pokapro 2017


Beitrag16.01.2016 14:55
Die schwarze Königin
von TZH85
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ein Auszug aus Kapitel drei - der Prota sammelt ein paar Erkenntinsse über den Antagonisten der Story.
Zum Verständnis: Peyr ist der Protagonist, Will sein Zwillingsbruder. "Der Metzger" ist der Deckname eines Banditenfürsten, der ihre Stadt bedroht - und der macht angeblich gemeinsame Sache mit einer Zauberin. Was überraschend ist - immerhin leben die Figuren in einer Welt, in der es seit tausend Jahren keine Magie mehr gibt.


Die Suche nach Wills geheimnisvollem Magieexperten führte uns über beide Flüsse und einmal quer durch den gesamten Stadtkern. Das Holzviertel lag auf der westlichen Uferseite der Pechmarie, grenzte im Süden an das Fleischviertel und war im Norden über eine Brücke mit dem Hexenbuckel verbunden. Ich folgte Will in eine schäbige Seitenstraße, nicht weit vom Handwerkerhafen entfernt.
»Da wären wir«, sagte Will.
 Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse. Wir standen zwischen einem kleinen Laden für Flechtwerk, einem geschlossenem Drechslerbetrieb, und einer Taverne mit verrammelten Fenstern.
»Ganz ehrlich«, sagte ich, »wenn du mich gefragt hättest, wo wir nach einem Gelehrten für verbotene Wissenschaften suchen sollen, hätte ich aufs Buchviertel getippt. Wo sind wir?«
Will deutete auf die heruntergekommene Taverne.
»›Der gläserne Schuh‹«, las ich.
»Komm mit«, sagte er und klopfte: Tock. Pause. Tock, Tock. Pause. Tock. Ich studierte sein Profil und fragte mich, ob ich wirklich der Einzige von uns beiden war, der Geheimnisse hütete.
Eine Türklappe wurde aufgezogen und ein dunkles Paar Augen erschien auf der anderen Seite.
»Ich bin's«, sagte Will. »Heute mit Anhang.«
Ein Mann mit beeindruckendem Bauch und breiten Schultern öffnete uns. Er grunzte eine Begrüßung, als wir die Schwelle passierten. Will hielt zielstrebig auf die Treppe zu, mir blieben nur ein paar Augenblicke, um mich umzusehen. Kerzen in schmierigen Laternen, weinrote Tapete, die sich langsam von den Wänden löste, zwei durchgesessene Sofas, übersät mit Kissen, und ein Tresen voller schmutziger Gläser.
Wir erreichten den ersten Stock über die schiefe Treppe und betraten einen dunklen Flur, von dem sechs Zimmer abgingen. Es roch nach Staub, schalem Bier und süßem Parfüm. Licht fiel durch die Türschlitze und durch die Wände drang eine Mischung aus Kichern, Knarzen und leisem Grunzen.
»Ein Bordell«, sagte ich. »Dein Gelehrter verbringt seine Feierabende in einem Bordell?«
Will lachte. »Unsinn. Meine Gelehrte arbeitet in einem Bordell.«
Ich stöhnte.
»Das solltest du hier besser lassen. Kann teuer werden«, sagte Will.
Er klopfte an die letzte Tür auf der rechten Seite und öffnete. Eine junge Blondine saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kürzte sich mit einer rostigen Schere die Haarspitzen. Sie sah kurz auf, ein Lächeln umspielte ihre rot bemalten Lippen, und dann wandte sie sich wieder ihren Locken zu.
»Wenn du glaubst, du kriegst Gruppenrabatt, liegst du falsch, Will«, sagte sie.
»Merga, Peyr. Peyr, Merga«, sagte Will. »Merga müsste eigentlich Rußlingens ärmste Dirne sein - wenn man bedenkt, wie scharf ihre Zunge ist. Peyr ist mein kleiner Bruder.«
»Ähm. Freut mich?«, sagte ich.
Mergas Blick huschte von meinem Gesicht zu Willins und zurück. »Wir hatten schon die Ehre. Oder habe ich so wenig Eindruck hinterlassen?«, fragte sie.
Ich stutzte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
»Du bist die Magierin, die uns die Masken besorgt hat«, sagte ich. Ihr roter Mund teilte sich in ein breites Grinsen.
»Womit kann ich dienen, Liebling?« Merga drapierte ihre blonde Mähne über ihre nackte Schulter und zwinkerte mir zu. Hitze breitete sich schlagartig in meinem Gesicht aus, während Will in seine Faust prustete. »Äh«, sagte ich.
»Mit deinem Kopf. Wir brauchen nur ein paar Informationen.« Will hielt sich den Bauch, Lachtränen schwammen in seinen Augen.
»Ein Rußlin die Stunde«, sagte Merga. »Hier gibt's keine Wünsche umsonst.«
Ich sah zu Will rüber, er starrte zurück, unnachgiebig. Seufzend zog ich meine Börse hervor. Merga sprang auf, schnappte sich das Geldstück und deponierte es in ihrem Ausschnitt. Sie lehnte sich an ihre Kommode an und fragte: »Also. Was wollt ihr wissen?«
Will ließ sich auf dem Bett nieder. »Deine Idee, Peyr.«
»Hast du von einer Magierin gehört, die für den Metzger arbeitet?«, fragte ich.
Merga wurde blass und fischte die Münze wieder aus ihrem Dekolletee. »Hier«, sagte sie, »nimm die zurück. Das ist es nicht wert.«
»Wie viel?«, fragte Will.
Die Blondine schürzte die Lippen und verschränkte ihre Arme vor dem Körper. »Es geht nicht um die Summe, Will.«
Ich legte das Geldstück neben sie auf die Kommode. »Wir verraten niemandem, woher wir die Informationen haben. Versprochen.«
Merga warf meinem Bruder einen düsteren Blick zu. »Also gut«, sagte sie und nahm den Rußlin wieder an sich. »Aber wenn auch nur ein anderer Magier erfährt, dass ich darüber gesprochen habe, besuche ich euch nachts mit meiner Schere.«
Ich schluckte. Vor meinem inneren Auge blitzte ein Bild auf. Merga, die sich über mein Bett beugte, bis ihre goldenen Locken mein Gesicht berührten. Rote Lippen, leicht geöffnet - eine rostige Schere in ihrer erhobenen Hand. Eine Gänsehaut stahl sich meine Wirbelsäule hinab. Der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind. Verwirrende Albträume.
»Sie nennt sich die ›schwarze Königin‹«, sagte Merga. »Und die Magier, die ihr folgen, gehören zum Hexenhammer.«
Will und ich tauschten fragende Blicke aus, die Blondine seufzte.
»Der Hexenhammer? Sagt euch nichts? Also ehrlich. Ihr Feenverehrer interessiert euch wirklich kein bisschen dafür, was in der Magierwelt so passiert, oder? So lange wir alle schön brav hinter unserer Backsteinmauer bleiben ...«
»Ja, danke«, sagte Will. »Nimm einfach mal an, wir wären Ignoranten. Was ist dieser Hexenhammer?«
»Lustig, dass ihr euch so wenig darum sorgt. Immerhin wollen sie euch alle in Ketten legen. Wenn sie erst die Magie wiederhergestellt haben und ein neues Hexenzeitalter eingeläutet wird«, sagte Merga.
Schweigen.
»Das sind die Typen, die auf dem Fest Ärger gemacht haben«, sagte ich.
Merga nickte. »Genau die. Der Hexenhammer rekrutiert immer mehr Magier, auch in Rußlingen. Und sie scheinen absolut überzeugt zu sein, dass ihre schwarze Königin uns das Ende der magielosen Ära bringen wird.«
Magielose Ära. Erst vor wenigen Stunden hatte ich mit eigenen Augen gesehen, dass unsere Ära nicht so magielos war, wie bisher angenommen.
»Merga«, sagte ich. »Hast du schon mal einen praktizierenden Zauberer gesehen? Jemanden, der echte Magie verwendet hat?«
Sie sah mich an, als hätte ich sie gefragt, ob sie ein Einhorn von mir kaufen wolle. Ihre Lippen bebten und einen Augenblick später lachte sie hemmungslos. Will stützte sein Kinn auf den Knöcheln ab, ein nachdenklicher Ausdruck verdunkelte seine Miene.
»Wenn ich jemanden zaubern gesehen hätte«, sagte die Dirne und rang nach Luft, »dann wäre ich jetzt nicht hier. Dann würde ich vor demjenigen niederknien und ihn anflehen, mich in seine Dienste zu nehmen. Und wenn ich glauben würde, dass die schwarze Königin wirklich zaubern könnte, würde ich die Beine in die Hand nehmen und fliehen. Rußlingen wäre dem Untergang geweiht.«


Edit: Fehlendes Satzzeichen gefunden.

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Oktoberkatze
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 58
Beiträge: 314

Ei 1 Ei 9


Beitrag16.01.2016 21:12
Re: Die schwarze Königin
von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

Hallo TZH85,

ein schöner Text, habe ihn gerne gelesen. Er macht mich neugierig auf das, was Peyr gesehen hat und natürlich darauf, wie es weitergeht.

Aber der Text lässt mich auch etwas ratlos zurück, weil er Fragen aufwirft, die sich zu widersprechen scheinen:
Weshalb ist Merga für Will eine Magieexpertin ist, wo sie doch in einem magielosen Zeitalter leben sollen?
Dann erkennt Peyr sie als die Magierin, die ihnen früher Masken besorgt hat, also doch kein magieloses Zeitalter?
Und wenn es um praktizierende Zauberer geht, bricht Merga fast in Panik aus?
Oder gibt es einen Unterschied zwischen Magiern und praktizierenden Zauberern, den du weiter vorher näher erläuterst?

TZH85 hat Folgendes geschrieben:

Die Suche nach Wills geheimnisvollem Magieexperten führte uns über beide Flüsse und einmal quer durch den gesamten Stadtkern. Das Holzviertel lag auf der westlichen Uferseite der Pechmarie, grenzte im Süden an das Fleischviertel und war im Norden über eine Brücke mit dem Hexenbuckel verbunden. Ich folgte Will in eine schäbige Seitenstraße, nicht weit vom Handwerkerhafen entfernt.
»Da wären wir«, sagte Will.
 Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse. Wir standen zwischen einem kleinen Laden für Flechtwerk, einem geschlossenen Drechslerbetrieb, und einer Taverne mit verrammelten Fenstern.
»Ganz ehrlich«, sagte ich, »wenn du mich gefragt hättest, wo wir nach einem Gelehrten für verbotene Wissenschaften suchen sollen, hätte ich aufs Buchviertel getippt. Wo sind wir?«
Will deutete auf die heruntergekommene Taverne.
»›Der gläserne Schuh‹«, las ich und war keinen Deut schlauer.
»Komm mit«, sagte er und klopfte: Tock. Pause. Tock, Tock. Pause. Tock. Ich studierte sein Profil und fragte mich, ob ich wirklich der Einzige von uns beiden war, der Geheimnisse hütete.
Eine Türklappe wurde aufgezogen und ein dunkles Paar Augen erschien auf der anderen Seite.
»Ich bin's«, sagte Will. »Heute mit Anhang.«
Ein Mann mit beeindruckendem Bauch und breiten Schultern öffnete uns. Er grunzte eine Begrüßung, als wir die Schwelle passierten. Will hielt zielstrebig auf die Treppe zu, mir blieben nur ein paar Augenblicke, um mich umzusehen. Kerzen in schmierigen Laternen, weinrote Tapete, die sich langsam von den Wänden löste, zwei durchgesessene Sofas, übersät mit Kissen, und ein Tresen voller schmutziger Gläser.
Wir erreichten den ersten Stock über die schiefe Treppe und betraten einen dunklen Flur, von dem sechs Zimmer abgingen. Es roch nach Staub, schalem Bier und süßem Parfüm. Licht fiel durch die Türschlitze und durch die Wände drang eine Mischung aus Kichern, Knarzen und leisem Grunzen.
»Ein Bordell«, sagte ich. »Dein Gelehrter verbringt seine Feierabende in einem Bordell?«
Will lachte. »Unsinn. Meine Gelehrte arbeitet in einem Bordell.«
Ich stöhnte.
»Das solltest du hier besser lassen. Kann teuer werden«, sagte Will. Daumen hoch²
Er klopfte an die letzte Tür auf der rechten Seite und öffnete. Eine junge Blondine saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kürzte sich mit einer rostigen Schere die Haarspitzen. Sie sah kurz auf, ein Lächeln umspielte ihre rot bemalten Lippen, und dann wandte sie sich wieder ihren Locken zu.
»Wenn du glaubst, du kriegst Gruppenrabatt, liegst du falsch, Will«, sagte sie.
»Merga, Peyr. Peyr, Merga«, sagte Will. »Merga müsste eigentlich Rußlingens ärmste Dirne sein - wenn man bedenkt, wie scharf ihre Zunge ist. Peyr ist mein kleiner Bruder.«
»Ähm. Freut mich?«, sagte ich.
Mergas Blick huschte von meinem Gesicht zu Willins und zurück. »Wir hatten schon die Ehre. Oder habe ich so wenig Eindruck hinterlassen?«, fragte sie.
Ich stutzte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
»Du bist die Magierin, die uns die Masken besorgt hat«, sagte ich. Ihr roter Mund teilte sich wie teilt sich ein Mund in ein Grinsen? Ich kann mir vorstellen, ihn zu einem Grinsen zu verziehen oder zu lautem Lachen zu öffnen. in ein breites Grinsen.
»Womit kann ich dienen, Liebling?« Merga drapierte ihre blonde Mähne über ihre nackte Schulter und zwinkerte mir zu. Hitze breitete sich schlagartig in meinem Gesicht aus, während Will in seine Faust prustete. »Äh«, sagte ich.
»Mit deinem Kopf. Wir brauchen nur ein paar Informationen.« Will hielt sich den Bauch, Lachtränen schwammen in seinen Augen.
»Ein Rußlin die Stunde«, sagte Merga. »Hier gibt's keine Wünsche umsonst.«
Ich sah zu Will rüber, er starrte zurück, unnachgiebig. Seufzend zog ich meine Börse hervor. Merga sprang auf, schnappte sich das Geldstück und deponierte es in ihrem Ausschnitt. Sie lehnte sich an ihre Kommode an würde ich streichen und fragte: »Also. Was wollt ihr wissen?«
Will ließ sich auf dem Bett nieder. »Deine Idee, Peyr.«
»Hast du von einer Magierin gehört, die für den Metzger arbeitet?«, fragte ich.
Merga wurde blass und fischte die Münze wieder aus ihrem Dekolletee. »Hier«, sagte sie, »nimm die zurück. Das ist es nicht wert.«
»Wie viel?«, fragte Will.
Die Blondine schürzte die Lippen und verschränkte ihre Arme vor dem Körper. »Es geht nicht um die Summe, Will.«
Ich legte das Geldstück neben sie auf die Kommode. »Wir verraten niemandem, woher wir die Informationen haben. Versprochen.«
Merga warf meinem Bruder einen düsteren Blick zu. »Also gut«, sagte sie und nahm den Rußlin wieder an sich. »Aber wenn auch nur ein anderer Magier erfährt, dass ich darüber gesprochen habe, besuche ich euch nachts mit meiner Schere.«
Ich schluckte. Vor meinem inneren Auge blitzte ein Bild auf. Merga, die sich über mein Bett beugte, bis ihre goldenen Locken mein Gesicht berührten. Rote Lippen, leicht geöffnet - eine rostige Schere in ihrer erhobenen Hand. Eine Gänsehaut stahl sich meine Wirbelsäule hinab. Der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind. Verwirrende Albträume.
»Sie nennt sich die ›schwarze Königin‹«, sagte Merga. »Und die Magier, die ihr folgen, gehören zum Hexenhammer.«
Will und ich tauschten fragende Blicke aus, die Blondine seufzte.
»Der Hexenhammer? Sagt euch nichts? Also ehrlich. Ihr Feenverehrer interessiert euch wirklich kein bisschen dafür, was in der Magierwelt so passiert, oder? So lange wir alle schön brav hinter unserer Backsteinmauer bleiben ...«
»Ja, danke«, sagte Will. »Nimm einfach mal an, wir wären Ignoranten. Was ist dieser Hexenhammer?«
»Lustig, dass ihr euch so wenig darum sorgt. Immerhin wollen sie euch alle in Ketten legen. Wenn sie erst die Magie wiederhergestellt haben und ein neues Hexenzeitalter eingeläutet wird«, sagte Merga.
Schweigen.
»Das sind die Typen, die auf dem Fest Ärger gemacht haben«, sagte ich.
Merga nickte. »Genau die. Der Hexenhammer rekrutiert immer mehr Magier, auch in Rußlingen. Und sie scheinen absolut überzeugt zu sein, dass ihre schwarze Königin uns das Ende der magielosen Ära bringen wird.«
Magielose Ära. Erst vor wenigen Stunden hatte ich mit eigenen Augen gesehen, dass unsere Ära nicht so magielos war, wie bisher angenommen.
»Merga«, sagte ich. »Hast du schon mal einen praktizierenden Zauberer gesehen? Jemanden, der echte Magie verwendet hat?«
Sie sah mich an, als hätte ich sie gefragt, ob sie ein Einhorn von mir kaufen wolle. Ihre Lippen bebten und einen Augenblick später lachte sie hemmungslos. Will stützte sein Kinn auf den Knöcheln ab, ein nachdenklicher Ausdruck verdunkelte seine Miene.
»Wenn ich jemanden zaubern gesehen hätte«, sagte die Dirne und rang nach Luft, »dann wäre ich jetzt nicht hier. Dann würde ich vor demjenigen niederknien und ihn anflehen, mich in seine Dienste zu nehmen. Und wenn ich glauben würde, dass die schwarze Königin wirklich zaubern könnte, würde ich die Beine in die Hand nehmen und fliehen. Rußlingen wäre dem Untergang geweiht.«
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TZH85
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Alter: 39
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Pokapro 2017


Beitrag16.01.2016 21:28
Re: Die schwarze Königin
von TZH85
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Oktoberkatze hat Folgendes geschrieben:
Hallo TZH85,

ein schöner Text, habe ihn gerne gelesen. Er macht mich neugierig auf das, was Peyr gesehen hat und natürlich darauf, wie es weitergeht.

Aber der Text lässt mich auch etwas ratlos zurück, weil er Fragen aufwirft, die sich zu widersprechen scheinen:
Weshalb ist Merga für Will eine Magieexpertin ist, wo sie doch in einem magielosen Zeitalter leben sollen?
Dann erkennt Peyr sie als die Magierin, die ihnen früher Masken besorgt hat, also doch kein magieloses Zeitalter?
Und wenn es um praktizierende Zauberer geht, bricht Merga fast in Panik aus?
Oder gibt es einen Unterschied zwischen Magiern und praktizierenden Zauberern, den du weiter vorher näher erläuterst?


Danke fürs Feedback, Oktoberkatze!
Ich hätte die Vorab-Infos vielleicht etwas ausbauen sollen.
Der Auszug stammt aus Kapitel drei, vorher wurde schon gezeigt, dass die Magier eine Gilde sind (die Stadt Rußlingen beherbergt insgesamt dreizehn Gilden, alle Bewohner gehören einer davon an). Sie konnten früher zaubern, inzwischen ist die Magie aber "versiegt" und die Magiergilde besteht im Grunde nur noch aus Kräuterkundigen und Quacksalbern - und sind innerhalb der Stadt so etwas wie Ausgestoßene. Allerdings halten sie Traditionen von früher aufrecht, wie eben bestimmte Feste und überliefern ihre Sagen (etc.) mündlich weiter. Das magielose Zeitalter hält aber schon über tausend Jahre an - so lange haben sie niemanden mehr tatsächlich zaubern sehen.
Die Zugehörigen anderer Gilden kennen sich nur marginal mit Magier-Lore aus.
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Kashyda
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
K


Beiträge: 16
Wohnort: Hessen


K
Beitrag21.01.2016 22:48
Re: Die schwarze Königin
von Kashyda
Antworten mit Zitat

Hallo liebe TZH85,
dies hier ist mein erstes Feedback zu einem Schreibwerk in diesem Forum smile Ich hoffe, es hilft dir!

Erst einmal: finde ich die Idee hinter der Geschichte toll - nicht abgedroschen und irgendwie im Bereich Fantasy mal etwas anderes, als man ständig im Buchladen findet!

Deine Art Dialoge zu formulieren hat einen humoristischen Stil und lockert sehr auf, ohne übertrieben zu wirken. Allerdings ähneln mir die hier vorgestellten Charaktere dabei auch ein wenig. Aber der Ausschnitt ist sicher zu kurz, um sich als Leser ein genaueres Bild von den einzelnen Figuren zu machen. Nur als Hinweis: hab vielleicht ein Auge darauf, dass die Figuren sich in ihren Charaktereigenschaften nicht zu ähneln (hier spreche ich aus eigener Erfahrung Wink).

Deinen Schreibstil finde ich allgemein sehr ansprechend und sympathisch!

Noch eine Sache, die mir durch den Kopf ging: 1000 Jahre magielos erscheinen mir sehr lang, um noch immer alte Traditionen und alte Rituale ect. aufrecht zu erhalten.
 
Nun ein paar Anmerkungen im Text:

TZH85 hat Folgendes geschrieben:
Die Suche nach Wills geheimnisvollem Magieexperten führte uns über beide Flüsse und einmal quer durch den gesamten Stadtkern. Das Holzviertel lag auf der westlichen Uferseite der Pechmarie, grenzte im Süden an das Fleischviertel und war im Norden über eine Brücke mit dem Hexenbuckel verbunden. Ich folgte Will in eine schäbige Seitenstraße, nicht weit vom Handwerkerhafen entfernt.
»Da wären wir«, sagte Will, als er plötzlich stehen blieb.
 Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse. Wir standen zwischen einem kleinen Laden für Flechtwerk, einem geschlossenem Drechslerbetrieb, und einer Taverne mit verrammelten Fenstern.
»Ganz ehrlich«, sagte ich, »wenn du mich gefragt hättest, wo wir nach einem Gelehrten für verbotene Wissenschaften suchen sollen, hätte ich aufs Buchviertel getippt. Den Satz finde ich zu lang. Vielleicht eher so? "die Suche nach einem Gelehrten für verbotene Wissenschaften hätte mich nun eher ins Buchviertel getrieben. Wo sind wir?«
Will deutete auf die heruntergekommene Taverne.
»›Der gläserne Schuh‹«, las ich das verbeulte Schild vor. "Aha." Schulterzuckend blickte ich Will an.
»Komm mit«, sagte er und klopfte: Tock. Pause. Tock, Tock. Pause. Tock. Ich studierte sein Profil und fragte mich, ob ich wirklich der Einzige von uns beiden war, der Geheimnisse hütete.
Eine Türklappe wurde aufgezogen und ein dunkles Paar Augen erschien auf der anderen Seite.
»Ich bin's«, sagte Will. »Heute mit Anhang.«
Ein Mann mit beeindruckendem Bauch und breiten Schultern öffnete uns. Er grunzte eine Begrüßung, als wir die Schwelle passierten. Will hielt zielstrebig auf die Treppe zu, und mir blieben nur ein paar Augenblicke, um mich umzusehen. Kerzen in schmierigen Laternen, weinrote Tapete, die sich langsam von den Wänden löste, zwei durchgesessene Sofas, übersät mit Kissen, und ein Tresen voller schmutziger Gläser. Gut geschrieben mit den paar Augenblicken, dann flott alles aufgezählt smile
Wir erreichten den ersten Stock über die schiefe Treppe und betraten einen dunklen Flur, von dem sechs Zimmer abgingen. Es roch nach Staub, schalem Bier und süßem Parfüm. Licht fiel durch die Türschlitze und durch die Wände drang eine Mischung aus Kichern, Knarzen und leisem Grunzen. Auch schön beschrieben! Nicht zu viel, nicht zu wenig
»Ein Bordell«, sagte ich stellte ich fest. »Dein Gelehrter verbringt seine Feierabende in einem Bordell?«
Will lachte. »Unsinn. Meine Gelehrte arbeitet in einem Bordell.«
Ich stöhnte. Ich würde Peyr an dieser Stelle eher total perplex und skeptisch erwarten, ihn spekulieren lassen, ob sein Bruder ihn veralbern will.. Aber vielleicht fehlt mir dazu jetzt auch etwas Vorgeschichte smile
»Das solltest du hier besser lassen. Kann teuer werden«, sagte Will.
Er klopfte an die letzte Tür auf der rechten Seite und öffnete. Eine junge Blondine saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kürzte sich mit einer rostigen Schere die Haarspitzen. Sie sah kurz auf, ein Lächeln umspielte ihre rot bemalten Lippen, und dann wandte sie sich wieder ihren Locken zu.
»Wenn du glaubst, du kriegst Gruppenrabatt, liegst du falsch, Will«, sagte sie.
»Merga, Peyr. Peyr, Merga«, sagte Will. »Merga müsste eigentlich Rußlingens ärmste Dirne sein - wenn man bedenkt, wie scharf ihre Zunge ist. Peyr ist mein kleiner Bruder.«
»Ähm. Freut mich?«, sagte ich.
Mergas Blick huschte von meinem Gesicht zu Willins und zurück. »Wir hatten schon die Ehre. Oder habe ich so wenig Eindruck hinterlassen?«, fragte sie.
Ich stutzte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
»Du bist die Magierin, die uns die Masken besorgt hat«, sagte ich. Ihr roter Mund teilte sich in ein breites Grinsen.
»Womit kann ich dienen, Liebling?« Merga drapierte ihre blonde Mähne über ihre nackte Schulter und zwinkerte mir zu. Hitze breitete sich schlagartig in meinem Gesicht aus, während Will in seine Faust prustete. »Äh«, sagte ich.
»Mit deinem Kopf. Wir brauchen nur ein paar Informationen.« Will hielt sich den Bauch, Lachtränen schwammen in seinen Augen.
»Ein Rußlin die Stunde«, sagte Merga. »Hier gibt's keine Wünsche umsonst.«
Ich sah zu Will rüber, er starrte zurück, unnachgiebig. Seufzend zog ich meine Börse hervor. Merga sprang auf, schnappte sich das Geldstück und deponierte es in ihrem Ausschnitt. Sie lehnte sich an ihre Kommode an und fragte: »Also. Was wollt ihr wissen?«
Will ließ sich auf dem Bett nieder. »Deine Idee, Peyr.«
»Hast du von einer Magierin gehört, die für den Metzger arbeitet?«, fragte ich.
Merga wurde blass und fischte die Münze wieder aus ihrem Dekolletee. »Hier«, sagte sie, »nimm die zurück. Das ist es nicht wert.«
»Wie viel?«, fragte Will.
Die Blondine schürzte die Lippen und verschränkte ihre Arme vor dem Körper. »Es geht nicht um die Summe, Will.«
Ich legte das Geldstück neben sie auf die Kommode. »Wir verraten niemandem, woher wir die Informationen haben. Versprochen.«
Merga warf meinem Bruder einen düsteren eingehend scharfen Blick zu. »Also gut«, sagte sie schließlich und nahm den Rußlin wieder an sich. »Aber wenn auch nur ein anderer Magier erfährt, dass ich darüber gesprochen habe, besuche ich euch nachts mit meiner Schere.« Ihre Stimme klang auf einmal sehr scharf.
Ich schluckte. Vor meinem inneren Auge blitzte ein Bild auf. Merga, die sich über mein Bett beugte, bis ihre goldenen Locken mein Gesicht berührten. Rote Lippen, leicht geöffnet - eine rostige Schere in ihrer erhobenen Hand. Eine Gänsehaut stahl sich meine Wirbelsäule hinab. Der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind. Verwirrende Albträume.
»Sie nennt sich die ›schwarze Königin‹«, sagte Merga. »Und die Magier, die ihr folgen, gehören zum Hexenhammer.«
Will und ich tauschten fragende Blicke aus, die Blondine seufzte.
»Der Hexenhammer? Sagt euch nichts? Also ehrlich. Ihr Feenverehrer interessiert euch wirklich kein bisschen dafür, was in der Magierwelt so passiert, oder? So lange wir alle schön brav hinter unserer Backsteinmauer bleiben ...«
»Ja, danke«, sagte Will. »Nimm einfach mal an, wir wären Ignoranten. Was ist dieser Hexenhammer?«
»Lustig, dass ihr euch so wenig darum sorgt. Immerhin wollen sie euch alle in Ketten legen. Wenn sie erst die Magie wiederhergestellt haben und ein neues Hexenzeitalter eingeläutet wird«, sagte Merga.
Schweigen.
»Das sind die Typen, die auf dem Fest Ärger gemacht haben«, sagte ich.
Merga nickte. »Genau die. Der Hexenhammer rekrutiert immer mehr Magier, auch in Rußlingen. Und sie scheinen absolut überzeugt zu sein, dass ihre schwarze Königin uns das Ende der magielosen Ära bringen wird.«
Magielose Ära. Erst vor wenigen Stunden hatte ich mit eigenen Augen gesehen, dass unsere Ära nicht so magielos war, (hier kein Komma) wie bisher angenommen.
»Merga«, sagte ich. »Hast du schon mal einen praktizierenden Zauberer gesehen? Jemanden, der echte Magie verwendet hat?«
Sie sah mich an, als hätte ich sie gefragt, ob sie ein Einhorn von mir kaufen wolle. Ihre Lippen bebten und einen Augenblick später lachte sie hemmungslos. Will stützte sein Kinn auf den Knöcheln ab, ein nachdenklicher Ausdruck verdunkelte seine Miene.
»Wenn ich jemanden zaubern gesehen hätte«, sagte die Dirne und rang nach Luft, »dann wäre ich jetzt nicht hier. Dann würde ich vor demjenigen niederknien und ihn anflehen, mich in seine Dienste zu nehmen. Und wenn ich glauben würde, dass die schwarze Königin wirklich zaubern könnte, würde ich die Beine in die Hand nehmen und fliehen. Rußlingen wäre dem Untergang geweiht.«


Edit: Fehlendes Satzzeichen gefunden.


_________________
Manches braucht halt einfach Zeit, das sollte das eigene Herz irgendwann einsehen...

//Kristallstaub
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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1443



Beitrag21.01.2016 22:53

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Flott und unterhaltsam geschrieben. Nichts zu meckern. Der Gag mit dem Stöhnen hat mir gefallen. Genau die richtige Prise Humor.

Gruß
Jack!


_________________
Monster.
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Oktoberkatze
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 58
Beiträge: 314

Ei 1 Ei 9


Beitrag21.01.2016 23:03
Re: Die schwarze Königin
von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

TZH85 hat Folgendes geschrieben:
Oktoberkatze hat Folgendes geschrieben:
Hallo TZH85,

ein schöner Text, habe ihn gerne gelesen. Er macht mich neugierig auf das, was Peyr gesehen hat und natürlich darauf, wie es weitergeht.

Aber der Text lässt mich auch etwas ratlos zurück, weil er Fragen aufwirft, die sich zu widersprechen scheinen:
Weshalb ist Merga für Will eine Magieexpertin ist, wo sie doch in einem magielosen Zeitalter leben sollen?
Dann erkennt Peyr sie als die Magierin, die ihnen früher Masken besorgt hat, also doch kein magieloses Zeitalter?
Und wenn es um praktizierende Zauberer geht, bricht Merga fast in Panik aus?
Oder gibt es einen Unterschied zwischen Magiern und praktizierenden Zauberern, den du weiter vorher näher erläuterst?


Danke fürs Feedback, Oktoberkatze!
Ich hätte die Vorab-Infos vielleicht etwas ausbauen sollen.
Der Auszug stammt aus Kapitel drei, vorher wurde schon gezeigt, dass die Magier eine Gilde sind (die Stadt Rußlingen beherbergt insgesamt dreizehn Gilden, alle Bewohner gehören einer davon an). Sie konnten früher zaubern, inzwischen ist die Magie aber "versiegt" und die Magiergilde besteht im Grunde nur noch aus Kräuterkundigen und Quacksalbern - und sind innerhalb der Stadt so etwas wie Ausgestoßene. Allerdings halten sie Traditionen von früher aufrecht, wie eben bestimmte Feste und überliefern ihre Sagen (etc.) mündlich weiter. Das magielose Zeitalter hält aber schon über tausend Jahre an - so lange haben sie niemanden mehr tatsächlich zaubern sehen.
Die Zugehörigen anderer Gilden kennen sich nur marginal mit Magier-Lore aus.


Hallo TZH85,
danke für die Aufklärung. Damit lösen sich meine Fragen in Wohlgefallen auf lol
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Ayemea
Geschlecht:weiblichLeseratte
A

Alter: 33
Beiträge: 129



A
Beitrag21.01.2016 23:13

von Ayemea
Antworten mit Zitat

Hallo TZH85,

das ist ein wirklich sehr schöner Text, den du hier hochgeladen hast. Der Stil gefällt mir.

Was mich interessieren würde, wäre, wie alt die Charaktere in deiner Geschichte sind und für welche Zielgruppe (vom Alter her) du schreiben möchtest. Ich beim Lesen hatte das Gefühl, dass die Geschichte eine eher jüngere Zielgruppe ansprechen soll, allerdings aufgrund des Schauplatzes wohl auch nicht zu jung.

Ich denke, die Szene, in der Merga das Geld nicht annehmen und die Informationen nicht rausrücken möchte, könntest du noch ein bisschen weiter ausbauen. Für mein Gefühl ändert sie dann doch arg schnell ihre Meinung und nur, weil die beiden ihr versprechen, es niemandem weiter zu erzählen. Wenn es wirklich ein so heikles Thema ist, könnte sie meiner Ansicht nach ein bisschen hartnäckiger ihr Wissen hüten.

Insgesamt finde ich sehr gelungen, was du uns hier vorgestellt hast. Es macht definitiv Lust auf mehr. Smile


_________________
Das Leben ist der Spielplatz des Todes.
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TZH85
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 39
Beiträge: 297
Wohnort: Essen
Pokapro 2017


Beitrag21.01.2016 23:40

von TZH85
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke @ all erst mal für die Rückmeldungen. Freut mich, dass der Text/Stil gefällt Smile

@ Kashyda: das ist ein sehr nützlicher Tipp, danke! Bei Peyr und Will ist die Ähnlichkeit gewollt (ist eine der Prämissen im Text - wie beeinflussen Umstände Menschen mit ähnlichem Potential?) Bei Merga und einer weiteren Figur muss ich aber definitiv aufpassen. Wird für die überarbeitete Fassung notiert!


@ Ayemea: Peyr und Will sind 17, das Zielpublikum sollte knapp darunter anfangen. Es gibt ein paar Zweideutigkeiten, Kämpfe und etwas Blut im Text, aber es ist definitiv kein dark Fantasy. Eher Jugendalter bis Young Adult mit humorigem Unterton. Für Leser, die mit Romantasy nichts anfangen können Wink
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Zeitenträumer
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Beitrag25.01.2016 23:17

von Zeitenträumer
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Wieder gut. Sehr gut. Schreib ein Exposé und dann ab dafür, dauert dann sowieso noch ewig. Aber ich würde wetten, dass du eine gute Agentur findest, jedenfalls, wenn die Story ein rundes Ende hat.

Ayemeas Vorschlag, Merga etwas länger zögern zu lassen, stimme ich uneingeschränkt zu. Erstens hat sie Angst, zweitens kann sie hier mehr rausholen als das eine Goldstück.

Ein paar klitzekleine Härchen habe ich trotzdem noch in der Suppe gefunden. Sind natürlich bis auf ein, zwei Fehler nur Vorschläge, der Text ist auch so völlig in Ordnung. Nimm dir, was du brauchen kannst.

Zitat:
Die Suche nach Wills geheimnisvollem Magieexperten führte uns über beide Flüsse und einmal quer durch den gesamten Stadtkern. Das Holzviertel lag auf der westlichen Uferseite der Pechmarie, grenzte im Süden an das Fleischviertel und war im Norden über eine Brücke mit dem Hexenbuckel verbunden. Ich folgte Will in eine schäbige Seitenstraße, nicht weit vom Handwerkerhafen entfernt.
»Da wären wir«, sagte Will.
Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse Tut man das wirklich? Ich sah mich um würde mir reichen. Wir standen zwischen einem kleinen Laden für Flechtwerk, einem geschlossenem Drechslerbetrieb, und einer Taverne mit verrammelten Fenstern.
»Ganz ehrlich«, sagte ich, »wenn du mich gefragt hättest, wo wir nach einem Gelehrten für verbotene Wissenschaften suchen sollen, hätte ich aufs Buchviertel getippt. Wo sind wir?«
Will deutete auf die heruntergekommene Taverne.
»›Der gläserne Schuh‹«, las ich.
»Komm mit«, sagte er und klopfte: Tock. Pause. Tock, Tock. Pause. Tock. Ich studierte sein Profil und fragte mich, ob ich wirklich der Einzige von uns beiden war, der Geheimnisse hütete.
Eine Türklappe wurde aufgezogen und ein dunkles Paar Augen erschien auf der anderen Seite.
»Ich bin's«, sagte Will. »Heute mit Anhang.«
Ein Mann mit beeindruckendem Bauch und breiten Schultern öffnete uns. Er und grunzte eine Begrüßung, als wir die Schwelle passierten. Will hielt zielstrebig auf die Treppe zu, mir blieben nur ein paar Augenblicke, um mich umzusehen. Kerzen in schmierigen Laternen, weinrote Tapete, die sich langsam erzeugt bei mir das etwas unglückliche Bild, dass die Tapete sich in diesem Moment von der Wand schält von den Wänden löste, zwei durchgesessene Sofas, übersät mit Kissen, und ein Tresen voller schmutziger Gläser.
Wir erreichten den ersten Stock über die schiefe ein ähnliches Problem wie in dem anderen Text mit Godewerth: ich hatte mir die Treppe schon gerade vorgestellt. Daher würde ich das beschreibende Adjektiv zur ersten Erwähnung setzen Treppe und betraten einen dunklen Flur, von dem sechs Zimmer abgingen. Es roch nach Staub, schalem Bier und süßem Parfüm. Licht fiel durch die Türschlitze und durch die Wände drang eine Mischung aus Kichern, Knarzen und leisem Grunzen.
»Ein Bordell«, sagte ich verblüfft?. »Dein Gelehrter verbringt seine Feierabende in einem Bordell?«
Will lachte. »Unsinn. Meine Gelehrte arbeitet in einem Bordell.«
Ich stöhnte.
»Das solltest du hier besser lassen. Kann teuer werden«, sagte Will.
Er klopfte an die letzte Tür auf der rechten Seite und öffnete. Eine junge Blondine saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und kürzte sich mit einer rostigen Schere die Haarspitzen. Sie sah kurz auf, ein Lächeln umspielte ihre rot bemalten Lippen, und ; dann wandte sie sich wieder ihren Locken zu.
»Wenn du glaubst, du kriegst Gruppenrabatt, liegst du falsch, Will«, sagte sie.
»Merga, Peyr. Peyr, Merga«, sagte Will. »Merga müsste eigentlich Rußlingens ärmste Dirne sein - wenn man bedenkt, wie scharf ihre Zunge ist. Peyr ist mein kleiner Bruder.«
»Ähm. Freut mich?«, sagte ich.
Mergas Blick huschte von meinem Gesicht zu Willins und zurück. »Wir hatten schon die Ehre. Oder habe ich so wenig Eindruck hinterlassen?«, fragte sie.
Ich stutzte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. würde ich streichen
»Du bist die Magierin, die uns die Masken besorgt hat«, sagte ich. Ihr roter Mund teilte sich in ein breites verzog sich zu einem breiten Grinsen.
»Womit kann ich dienen, Liebling?« Merga drapierte ihre blonde Mähne über ihre nackte Schulter und zwinkerte mir zu. Hitze breitete sich schlagartig in meinem Gesicht aus, während Will in seine Faust prustete. »Äh«, sagte ich.
»Mit deinem Kopf. Wir brauchen nur ein paar Informationen.« Will hielt sich den Bauch, Lachtränen schwammen in seinen Augen.
»Ein Rußlin die Stunde«, sagte Merga. »Hier gibt's keine Wünsche umsonst.«
Ich sah zu Will rüber, er starrte zurück, unnachgiebig. Seufzend zog ich meine Börse hervor. Merga sprang auf, schnappte sich das Geldstück und deponierte es in ihrem Ausschnitt. Sie lehnte sich an ihre Kommode. an und fragte: grundsätzlich finde ich durch Doppelpunkt eingeleitete direkte Rede immer wenig elegant und fast immer vermeidbar »Also. Was wollt ihr wissen?«
Will ließ sich auf dem Bett nieder. »Deine Idee, Peyr.«
»Hast du von einer Magierin gehört, die für den Metzger arbeitet?«, fragte ich.
Merga wurde blass und fischte die Münze wieder aus ihrem Dekolletee. »Hier«, sagte sie, »nimm die zurück. Das ist es nicht wert.«
»Wie viel?«, fragte Will.
Die Blondine schürzte die Lippen und verschränkte ihre Arme vor dem Körper. »Es geht nicht um die Summe, Will.«
Ich legte das Geldstück neben sie auf die Kommode. »Wir verraten niemandem, woher wir die Informationen haben. Versprochen.«
Merga warf meinem Bruder einen düsteren Blick zu und seufzte?. »Also gut«, sagte sie und nahm den Rußlin wieder an sich. »Aber wenn auch nur ein anderer Magier erfährt, dass ich darüber gesprochen habe, besuche ich euch nachts mit meiner Schere.«
Ich schluckte. Vor meinem inneren Auge blitzte ein Bild auf. Merga, die sich über mein Bett beugte, bis ihre goldenen Locken mein Gesicht berührten. Rote Lippen, leicht geöffnet - eine rostige Schere in ihrer erhobenen Hand. Eine Gänsehaut stahl sich meine Wirbelsäule hinab. Der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind. Verwirrende Albträume.
»Sie nennt sich die ›schwarze Königin‹«, sagte Merga. »Und die Magier, die ihr folgen, gehören zum HexenhammerLässt mich stolpern. Der "Hexenhammer" ist das Werk zur Legitimation der Hexenverfolgungen durch die Inquisition. Zweifellos ein schöner Name für einen Geheimbund, aber leider schon besetzt. Oder ist das Absicht?
Will und ich tauschten fragende Blicke aus, die Blondine seufzte.
»Der Hexenhammer? Sagt euch nichts? Also ehrlich. Ihr Feenverehrer interessiert euch wirklich kein bisschen dafür, was in der Magierwelt so passiert, oder? So lange wir alle schön brav hinter unserer Backsteinmauer bleiben ...«
»Ja, danke«, sagte Will. »Nimm einfach mal an, wir wären Ignoranten. Was ist dieser Hexenhammer?«
»Lustig, dass ihr euch so wenig darum sorgt. Immerhin wollen sie euch alle in Ketten legen. Wenn sie erst die Magie wiederhergestellt haben und ein neues Hexenzeitalter eingeläutet wird«, sagte Merga.
Schweigen.
»Das sind die Typen, die auf dem Fest Ärger gemacht haben«, sagte ich stellte ich fest?.
Merga nickte. »Genau die. Der Hexenhammer rekrutiert immer mehr Magier, auch in Rußlingen. Und sie scheinen absolut überzeugt zu sein, dass ihre schwarze Königin uns das Ende der magielosen Ära bringen wird.«
Magielose Ära. Erst vor wenigen Stunden hatte ich mit eigenen Augen gesehen, dass unsere Ära nicht so magielos war, wie bisher angenommen.
»Merga«, sagte ich. »Hast du schon mal einen praktizierenden Zauberer gesehen? Jemanden, der echte Magie verwendet hat?«
Sie sah mich an, als hätte ich sie gefragt, ob sie ein Einhorn von mir kaufen wolle. Ihre Lippen bebten und einen Augenblick später lachte sie hemmungslos. Will stützte sein Kinn auf den Knöcheln ab, ein nachdenklicher Ausdruck verdunkelte seine Miene. Nachdenklich und verdunkeln passt für mich nicht recht zusammen
»Wenn ich jemanden zaubern gesehen hätte«, sagte die Dirne und rang nach Luft, »dann wäre ich jetzt nicht hier. Dann würde ich vor demjenigen niederknien und ihn anflehen, mich in seine Dienste zu nehmen. Und wenn ich glauben würde, dass die schwarze Königin wirklich zaubern könnte, würde ich die Beine in die Hand nehmen und fliehen. Rußlingen wäre dem Untergang geweiht.«


Sehr gern gelesen.

Beste Grüße,

David
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TZH85
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Beitrag26.01.2016 12:21

von TZH85
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Danke für die Anmerkungen und das Lob, David!

Eigentlich hatte ich anfangs vor, den Roman über Amazon selbst zu veröffentlichen. Aber mittlerweile glaub ich, dass ich zuerst mal ein paar Agenturen abklappern sollte. Wenn es da nichts wird, kann ich's ja noch immer selber raushauen.

Mit dem Exposé warte ich allerdings lieber noch, bis alles zumindest in der Rohfassung steht. Ich schick ganz ungern halbgare Sachen raus - und wer weiß? Vielleicht kommt während des Schreibens noch ein Geistesblitz. Sollte ohnehin nicht mehr allzu lange dauern, bis ich durch bin.

Die Szene mit Merga werde ich ausbauen - habe schon eine Idee smile
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TZH85
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Beitrag07.05.2016 22:06

von TZH85
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier auch noch mal, weil die Testleserbörse so versteckt ist smile

Testleser gesucht

N'Abend! Ich suche ein bis zwei Testleser für mein Fantasy-Manuskript. Bisher hab ich in Freundes/Bekanntenkreis rekrutiert, aber eine unabhängige Stimme täte gut.

Genre: Fantasy

Inhalt: Peyr und Willin sind grundverschieden - bis auf ihr Gesicht und das Talent, Ärger heraufzubeschwören. Während der eine Zwilling sich auf sein schnelles Köpfchen verlässt, bevorzugt der Andere schnelle Fäuste. Als ein selbsternannter Banditenfürst und seine Incantatin ihre Heimatstadt bedrohen, müssen die Brüder ihre ganze Straßenschläue einsetzen, um die eine Person zu beschützen, die das Undenkbare verhindern kann: die Rückkehr der totgeglaubten Magica-Kunst.
Peyr ist der Ich-Erzähler der Geschichte, die sich an Jugendliche und Young-Adult-Leser richtet. Romanzen findet ihr nicht, dafür Humor, Action und ein bisschen Detektivarbeit seitens der Brüder.

Der Umfang:Ungefähr 100 000 Wörter.

Besondere Wünsche: Ich verlange keine Detail-Kritik. Es geht mir nicht um eine Stilanalyse (wenn über einen Ausdruck gestolpert wird, kann's natürlich erwähnt werden). Vielmehr möchte ich wissen: Findet ihr Löcher im Plot? Handeln die Figuren nachvollziehbar? Sind sie sympathisch?
Durchquälen muss sich niemand. Falls die Geschichte nicht überzeugt, würde ich einfach gern wissen, an welcher Stelle und warum der geneigte Testleser ausgestiegen ist.

Bei Interesse einfach eine PN schicken.
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Michel
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Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag08.05.2016 11:04

von Michel
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Hach. Lockere, routinierte Schreibe. Liest sich süffig weg. Kompliment. Ich suche trotzdem mal nach Erbsen.

Die Welt der Geschichte klingt nicht nach typischem Mittelalter, auch wenn Schusswaffen o.ä. keine Rolle zu spielen scheinen. Bisher keine Prinzessinnen, Schlösser oder fahrenden Rittersleut. Gefällt mir. Ich bin verblüfft, wie sehr ich über deutsch klingende Ortsnamen stolpere - aber falsch klingen sie auf keinen Fall.

Das Bordell ist eine nette Szene - vorsicht mit Klischees. Der grunzende Türwächter, die Beobachterklappe - war das Milieu schon damals so zwielichtig wie heute? (In Regensburg gab es sogar ein städtisches Bordell mit einer Art Betriebsordnung - den Roten Herzfleck.) Und nennt man das in Deiner Welt Bordell?

Ab der Szene mit der Dirnen-Magierin wird es gefühlt etwas holperig und weniger stimmig. Einige Ausdrücke wurden schon weiter oben angesprochen: Die sich teilenden Lippen zum Beispiel. Ich musste unwillkürlich an Saurons Mund aus dem dritten HdR-Film denken. Über die rot bemalten Lippen bin ich auch gestolpert. Entweder geschminkt oder durch die Brille des Protag geschildert - dann würde ich eine deutlichere Übertreibung wählen, "bepinselt" oder so.

Dialog: Klingt streckenweise etwas zu modern für das Ambiente. Ich meine nicht, dass alles klingen muss wie auf dem Mittelaltermarkt, aber "Wir brauchen nur ein paar Informationen" klingt für mich eher nach Agentenfilm. Oder "die Typen". Robert Asprin arbeitet mit sowas, aber seine Fantasy ist auch etwas ... speziell. Da treffen grüne Dämonen mit ausgeprägtem Gespür für Finanzen auf Mafia-Typen mit Knarren.

In der Szene steckt eine Menge Information drin, aber ich finde, Du hast sie gut eingestreut. Immer dann, wenn ich ungeduldig werde, geht es szenisch weiter, z.B. mit der rostigen Schere. Die finde ich auch etwas arg klischeehaft.

Fazit: Süffig, wie gesagt. Ironisch bis humorvoll. Damit mir die Figuren länger im Gedächtnis bleiben, müssten sie allerdings noch etwas aus den Klischees heraustreten.

LG Michel
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