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Liebe geht durch den Magen


 
 
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Taschmetu
Gänsefüßchen
T


Beiträge: 26



T
Beitrag22.09.2014 14:51
Liebe geht durch den Magen
von Taschmetu
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

„Anna, wie war das da bei Dada, du bist von hinten wie von vorne A-N-N-A“

Er liegt auf dem Rücken. Seine Hände und Füße eingefasst in Fesseln, festgezurrt.
Seine Stirn wird gedrückt, der Schädel presst auf Holz. Der Kopf lässt sich kaum drehen. Sein träges Gehirn nimmt die Richtung wahr, ein bisschen links, ein wenig nach rechts. Minimal. Bewusstsein klettert aus dem Dunkel seines Geistes und bringt ihm heftige Schmerzen.

Metall knartscht, vielleicht eine Klinke, Boden knarrt, vielleicht Holzdielen. Sein gesamter Leib tut weh, viele Stunden mag er hier schon regungslos verharren. Jemand kommt. Nicht nur einer. Oder sind sie schon da? Schritte, die über den Grund schaben. Geflüster und Gemurmel, Stimmen, die lauter werden. Nähern sie sich?
Licht. Es blendet ihn. Aus einer gleißenden Fläche werden verschwommene Punkte, die sich zu einem riesigen Kristallleuchter formen. Es ist ein Raum, ein Saal. Um ihn herum dunkle Schatten. Menschen. Zu seiner Linken erkennt er etwas weißes, helles. Daneben glänzende Gegenstände.

Von irgendwo das leise Wispern einer Dame.
„Fasanen schneidet man doch die Stimmbänder durch, damit sie nicht so schreien?“
Er kennt den Ton, den feinen Hauch.
„Das ist in diesem Fall nicht nötig, meine Liebe“, antwortet eine raue Männerstimme.
„Darf ich?“, seufzt sie.
Ein glänzendes Funkeln zeigt sich an der Decke. Die Reflexion eines Gegenstandes. Er kennt das aus der Schule, langweilige Unterrichtsstunden, lustige Blendespiele. Geodreicke, Lineale, metallene Bleianspitzer.

Seine Augen rollen, missachten die Schmerzen, angetrieben von Panik. Er will sehen, was vor sich geht und dreht den Sehnerv unerträglich.
Er kann nichts erkennen.

„Meine Liebe, nun ist es geschehen. Sie müssen noch ein wenig vorsichtiger werden.“ Die Männerstimme hat einen tadelnden Ton.

Eine Handvoll Gestank überfällt seine Nase und drängt sich in die Atemwege hinein. Es fühlt sich an, als verstopfe der Geruch seine Kehle. Die übervollen Nebenhölen senden Signale in seinen Magen, zu dem ihm jede Verbindung fehlt. Es riecht nach faulen Eiern, säuerlich, ätzend. Ein Schwall folgt dem nächsten, beißt sich in seinem Riechzentrum fest. Die Hölle könnte nicht schlimmer stinken.

„Iiiiii!!!“, kreischt eine feine, dritte Stimme.
Die Dame hüstelt.
„Lassen Sie mich nur machen, meine Liebe.“

„Helfen Sie mir bitte ...“, flüstert er und ist überrascht, dass Worte seine Lippen verlassen.

„Ist es wach?“, fragt die dritte Stimme dicht an seinem linken Ohr. Dann piekt etwas in seine Wange.
„Laaa ...“, gibt er von sich. Er kann nicht sprechen.
„Es ist wach!“

„Oh.“
Die Männerstimme hat einen enttäuschten Klang.
„Hel... ...fen Sie mmmm...“
„Können Sie mich verstehen?“, unterbricht ihn die raue Männerstimme.
„Ja,“ keucht er.
„Gut. In Ordnung. Es war zu erwarten, dass Sie erwachen. Vielleicht sind wir Ihnen eine Erklärung schuldig, auch wenn es Ihnen nichts nützen wird."
Wieder spürt er etwas in seiner Wange.
„Lass die Gabel, Paul, es ist nicht nett.“
„Aber Papa, das ist so schön weich.“
„Nein, Paul. Später kriegst Du ein Stück. Jetzt noch nicht.“

Ein Stück? Wovon? Seine Gedanken schlagen Kapriolen. Der Herzschlag dröhnt in seinen Ohren. Er keucht, kriegt kaum noch Luft. Er hustet. Beißender Schmerz in seiner Magengegend. Dann auf einmal. Ruhe. Eingehüllt in Seligkeit. Feine Lichtpunkte tanzen an der Decke. Eine Hand löst sich von seiner Stirn.
„Sie haben uns einen ziemlichen Schrecken eingejagt, mein Guter.“
Er hört die Männerstimme wie von Watte überdeckt.
„Sie hatten einen Kreislaufschock. Ich habe Ihnen eine Spritze gegeben, Beruhigungsmittel. Ich bin Mediziner, Sie sind in guten Händen.“
Alles ist gut. Er ist im Krankenhaus, denkt er. Nur ein böser Traum. Nichts weiter. Er lächelt. Bumm bumm macht sein Herz. Es ist alles gut.

„Wir sind Ihnen noch eine Erklärung schuldig. Wissen Sie, damals in der Schule fing es an. Wissen Sie noch, in der 8 b.“
Die Worte bilden dunkle Wolken in seiner Wattewelt, sie ziehen sich zusammen, verengen seine Wahrnehmung.
„Ja, und es hat wohl ein wenig gedauert, bis Sie damals auf die unscheinbare Dame aufmerksam geworden sind. Um genau zu sein, es waren zwei Jahre. Ist doch richtig, meine Liebe?“
„Ja,“ haucht sie.
Die feine Stimme. Die 8 b. Biologie bei Herrn Kauler, Hauswirtschaftslehrer bei der strengen Frau Wolf. Ein unscheinbares Mädchen. Zwei Jahre.
„Anna“, bringt er hervor.

„Wunderbar!“, ruft der Mann. „Hören Sie, Liebes, er erinnert sich!“
„Ach, Max ... Es ist doch schon so lange her ...“

Max. Sein Name. Anna. Ihr Name. Damals im Regen. In der Bushaltestelle. Der erste Kuss. Händchenhalten. Das Lied von Freundeskreis. Später, E-Mails, so viele E-Mails. Von ihr. Von ihm. Für sie. Für ihn. Jahrelang. Dann. Nichts mehr.

Anna beugt sich zu ihm. Er sieht ihr Gesicht. Sie ist ein älter geworden. Immer noch so schmal und bleich. Ihr Gesicht, ganz nah. Ihre Lippen auf seinen Lippen. Er will den Kuss nicht erwidern. Ekel kriecht in seine Kehle. Sie küsst ihn.
„Wir werden für immer zusammen sein. Rolf, mein Mann, weißt Du ...“ Sie ist ihm so nah, dass er ihren Atem spüren kann.
Eine Träne fällt aus ihrem Gesicht direkt in sein Auge. Es brennt leicht. Er blinzelt. Verschwommenes Licht.
„Ich kann das nicht!“, schluchzt sie.
„Lass nur, Liebes“, sagt Rolf und zieht Anna zurück.
Holzdielen knartschen.

„Um die Wahrheit zu sagen ...“, Rolf räuspert sich, „... meine Frau konnte Sie nie vergessen. Sie hatte schwere Depressionen. ... Sie wollte sich sogar töten. Wegen ihnen. Das konnte ich nicht zulassen.“

Seine Gedanken flitzen umher. Er versucht, seine Hände zu bewegen. Nichts. Er ist immer noch genauso eingeschnürt, wie bei seinem ersten Versuch sich zu regen. Er schluckt seinen schweren Speichel. Er schließt die Augen.
Etwas würgt sich seine Kehle hoch.
„Bleiben sie ruhig. Wir haben ihren Magen vorhin versehentlich geöffnet.“

Holzdielen knartschen. Anna beugt sich wieder über ihn, umfasst sein Gesicht mit ihren Händen.

„Max ...“, schluchzt sie. „Du warst immer ein Teil von mir und wirst es nun vollkommen sein.“
Sie streichelt ihm über seine Stirn, küsst seine Wangen.

„Sie können gewiss sein, dass wir alles von Ihnen verzehren werden. Sie werden also ganz in uns übergehen. Immerhin ist Anna meine Frau, also gehören auch Sie irgendwie zu mir. Und natürlich auch zu unserem Sohnemann. Paul.“

„Ich kriege seine Wange!“, kreischt der kleine Paul aufgeregt.

„Nur Dein Herz, Max,“ flüstert Anna, „das gehört mir. Mir allein.“

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MosesBob
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Beiträge: 18339

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Beitrag23.09.2014 08:09

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Moin Taschmetu!

Nehmen wir das wichtigste vorweg: Dein Schreibstil, diese kurzen prägnanten Sätze, die Sprache und dein Wortgefühl, gefallen mir irre gut. Auch den Aufbau dieser Geschichte finde ich durchweg gelungen. Durch die nebulöse Wahrnehmung deines Protagonisten, die umherschwebenden Dialoge und Dialogfetzen, scheinbar skurril und in den ersten Momenten nur vage in einen Zusammenhang zu bringen, knüpfst du, zumindest in meinem Fall, eine enge Bindung zum Leser. Man klebt irgendwie daran fest.

Obwohl wir im Feedback-Bereich sind, würde ich gerne ein bisschen ins Detail gehen und es nicht nur bei einem Gesamteindruck belassen.

Es gibt einen Absatz, den ich umgestalten würde:

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Eine Handvoll Gestank überfällt seine Nase und drängt sich in die Atemwege hinein. Es fühlt sich an, als verstopfe der Geruch seine Kehle. Die übervollen Nebenhölen senden Signale in seinen Magen, zu dem ihm jede Verbindung fehlt. Es riecht nach faulen Eiern, säuerlich, ätzend. Ein Schwall folgt dem nächsten, beißt sich in seinem Riechzentrum fest. Die Hölle könnte nicht schlimmer stinken.

Das gestrichene ist mir zu geschwätzig. Du zerredest die Aussage, das Entscheidende.

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Zu seiner Linken erkennt er etwas weißes, helles.

richtig: ... etwas Weißes, Helles.

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Sie ist ein älter geworden.

Da fehlt was.

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Ja,“ keucht er.

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Ja,“ haucht sie.

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Nur Dein Herz, Max,“

Hier sind dir die Kommas vor die Anführungszeichen gerutscht.

Kommen wir zum Ende: Da weht ein Hauch von Hannibal durch die Luft; die Szene, in der der halbwegs narkotisierte Typ am Tisch sitzt, sabbernd, kleinkindhaft, mit behinderten Gebärden; die Schädeldecke mit einer chirurgischen Säge geöffnet wie ein Topf Gnocchi spinaci mit Salbeibutter. Die Szene ist irgendwie Kult und der Sprung zu deiner Geschichte nur einen Katzensprung entfernt. Macht aber nichts. Zumindest nicht, so lange du ... nein, Moment. Ich fang anders an. Kennst du diese alte Batman-Serie (bäng, plonk, rattazonk)? Oder diese furchtbaren Filme und TV-Produktionen, in denen der Bösewicht am Ende einen Selbsterklärungsversuch startet, damit auch jeder Depp weiß, was ihn warum wozu bewogen hat? Nein, ganz so schlimm ist es bei dir nicht. Gott bewahre. Nichtsdestotrotz kann ich mich nicht von dem Eindruck loseisen, dass mir die Beweg- und Hintergründe unserer handelnden Dreieinigkeit Max-Rolf-Anna (plus zu stopfender Kindermäuler) zu sehr ad hoc mit dem Zaunpfahl eingeprügelt werden. An diesem Punkt, wenn der Schleier von allem Nebulösen gelüftet wird – und du lüftest ihn bis dahin sehr bedacht und in genau dem richtigen Tempo –, verfehlst du deine vorherige Erzählrichtung um ein paar Grad. Du wirst zu erläuternd. Du räumst alle Fragezeichen aus, brennst sie weg, schaffst sie fort. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so gut ist. Stellenweise (wir sprechen hier nur vom letzten Viertel) wird es sogar ein bisserl platt:

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Max ...“, schluchzt sie. „Du warst immer ein Teil von mir und wirst es nun vollkommen sein.“

Ach komm, jemandem mit deiner Sprachbegabung und deiner Fantasie fällt doch bestimmt was Originelleres ein, oder? Hierzu vielleicht auch:

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Nur Dein Herz, Max,“ flüstert Anna, „das gehört mir. Mir allein.“

Das klingt so groschenromanmäßig, B-Movie Style.

Nicht missverstehen: Der Schluss ist nicht schlecht. Falls dich irgendwann mal der Drang beschleichen sollte, noch etwas an der Geschichte zu überarbeiten, dann würde ich um Himmels Willen die Finger von allem anderen lassen. Nur den Schluss würde ich mir vorknöpfen.

Fazit: Trotz schwächelndem Ende habe ich in letzter Zeit selten eine vor allem auch sprachlich so überzeugende Geschichte hier gelesen. Heißen Dank dafür. Und gerne mehr davon.

Viele Grüße,

Martin

PS: Für den Titel kriegst du eine glatte sechs von mir und zehn Schläge mit dem Rohrstock. Mal abgesehen davon, dass der Titel schlecht ist, also wirklich richtig schlecht, verrät er auch zu viel.


_________________
Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)

Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse)
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lupus
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Beitrag23.09.2014 09:13

von lupus
Antworten mit Zitat

ausgezeichnet. Inhalt, Sprache, Struktur, Länge (wär's länger geworden, hätte die Sprache an Wirkung verloren) ... einfach nur gut.

Mir hat sogar das Ende gefallen. Man könnte sagen: das Ende ist so derart kitschig, dass es schon wieder gut ist; hat mir ein Lächeln abgerungen. (ob das allerdings von dir geplant oder gewollt ist, ist eine andere Frage ...)

also, bis auf die paar Fehlerchen (MoBo): Daumen hoch


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag23.09.2014 17:17

von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Taschmetu,
eine nette, kleine Geschichte hast du dir da überlegt. Sie ist gut, aber so begeistert wie MosesBob bin ich leider nicht, dafür sind mir einige Logikbrüche drin, die mir deine Geschichte als etwas zu konstruiert erscheinen lassen, um das Nebulöse und die Akteure des Effektes Willen künstlich für den Leser aufrecht zuhalten.
MosesBob hat dir die wenigen Schreibfehler aufgezeigt und hauptsächlich dein letztes Viertel verbesserungswürdig angesehen.
Den Titel würde ich auch überdenken. Mit den ersten Zeilen deiner Geschichte verrät er bereits zu viel.

Ich mag deinen knappen Stil und deine Beschreibung aus der Sicht von Max ist dir gut gelungen. Dennoch sind mir einige Dinge bitter aufgestoßen:

Die ein oder andere Wortwiederholung fand ich leider nicht optimal, z.B. Gesicht, oder knartschen...zuerst
Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Metall knartscht...
,
dann
Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Holzdielen knartschen.
und kurz darauf erneut
Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Holzdielen knartschen.

Aber das ist Geschmackssache und gehört eher zum Schreibstil, den ein mancher mag oder eher nicht.

Was mir unverständlich und unlogisch erscheint, und für mich als reiner Effekt des Skurrilen und Nebulösen erklärbar ist, ist Rolfs Siezen an seine Frau. Mit dem "meine Liebe" habe ich nicht wirklich ein Problem, obwohl er sie am Ende mit "Liebes" anspricht, aber im Kontext finde ich solche Sätze unpassend:
Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Meine Liebe, nun ist es geschehen. Sie müssen noch ein wenig vorsichtiger werden.“ Die Männerstimme hat einen tadelnden Ton.
anstelle "Liebes, du musst noch ein wenig vorsichtiger werden."

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Lassen Sie mich nur machen, meine Liebe.“
anstelle "Lass mich nur machen, Liebes."

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Hören Sie, Liebes, er erinnert sich!“
, anstelle "Hörst du, Liebes, er erinnert sich."



Als der junge Paul mit eingewoben wird in das Trio, wird er vom Vater wie es sich gehört angesprochen. Warum redet Rolf mit seiner Frau Anna so gestelzt und distanziert?

Zu Paul. Ich weiß nicht, wie alt er ist, aber seine ersten Worte sind mir auch zu sehr auf Effekt und unnatürlich formuliert:
Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Ist es wach?“, fragt die dritte Stimme <-- müsste von Max als eine Kinderstimme erkannt werden, oder? Wird hier mMn weiterhin versucht, dem Leser das Nebulöse aufrechtzuerhalten und aufgrund des Effektes wird diese Info ausgeklammert. Max müsste sich logischerweise über die Kinderstimme wundern. dicht an seinem linken Ohr. Dann piekt etwas in seine Wange.
„Laaa ...“, gibt er von sich. Er kann nicht sprechen.
Es ist wach!“

Warum "es"? Sieht Paul nicht, dass ein Mann gefesselt auf dem Tisch liegt? Passt für mich leider nicht.



Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Wieder spürt er etwas in seiner Wange.
„Lass die Gabel, Paul, es ist nicht nett.“
„Aber Papa, das ist so schön weich.“
„Nein, Paul. Später kriegst Du ein Stück. Jetzt noch nicht.“

Wenn, dann würde ich hier die beiden markierten Worte überdenken.
"Das ist nicht nett" klingt für mich plausibler. Zu "es ist nicht nett" gehört für mich noch eine Fortführung des Satzes, wie z.B. "es ist nicht nett, wenn sie mich so anstarren."
Pauls Satz "das ist so schön weich." gefällt mir auch nicht. "das" bezieht sich auf die Wange, müsste somit "sie" heißen, oder? Ansonsten würde ich anstelle von "das" eher zu "es" tendieren. "Aber, Papa, es ist so schön weich."


Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Max. Sein Name. Anna. Ihr Name. Damals im Regen. In der Bushaltestelle. Der erste Kuss. Händchenhalten. Das Lied von Freundeskreis. Später, E-Mails, so viele E-Mails. Von ihr. Von ihm. Für sie. Für ihn. Jahrelang. Dann. Nichts mehr.

Für mich einer der Schwachpunkte der Geschichte. Er hat den Kontakt zu ihr abgebrochen. Warum? Wenn sie beide so verliebt ineinander waren, die unzähligen Emails, Händchenhalten, Küsse. Warum der Kontaktabbruch? Kommt für mich sehr unmotiviert daher.


Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Anna beugt sich zu ihm. Er sieht ihr Gesicht. Sie ist ein älter geworden. Immer noch so schmal und bleich. Ihr Gesicht, ganz nah. Ihre Lippen auf seinen Lippen. Er will den Kuss nicht erwidern. Ekel kriecht in seine Kehle. Sie küsst ihn. <-- da ihre Lippen bereits auf seinen sind, küsst sie ihn bereits und er erwidert es nicht. Auf diesen Satz kannst du verzichten, denn er ist redundant.
„Wir werden für immer zusammen sein. Rolf, mein Mann, weißt Du ...“ Sie ist ihm so nah <-- kannst du mMn weglassen, da es aufgrund der Wahrnehmung ihres Atems ersichtlich ist. Sie ist außerdem, wie zuvor beschrieben, über ihn gebeugt. Du könntest hier nur erwähnen, dass er ihren Atem spürt. dass er ihren Atem spüren kann.
Eine Träne fällt aus ihrem Gesicht <-- Auf die Wiederholung von Gesicht könntest du hier verzichten, weil, woraus sollte ihre Träne sonst fallen? direkt in sein Auge. Es brennt leicht. Er blinzelt. Verschwommenes Licht.
„Ich kann das nicht!“, schluchzt sie.
„Lass nur, Liebes“, sagt Rolf und zieht Anna zurück. <-- hier verwendet Rolf "Liebes", nicht "meine Liebe". Würde ich vereinheitlichen.
Holzdielen knartschen.



Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Wir haben ihren Magen vorhin versehentlich geöffnet.“

Mit "wir" ist gemeint, dass Rolf, Anna und Paul mitgeschnitten haben, oder nur Rolf und seine Frau Anna?
Passt für mich nicht, denn Anna ist ja schon emotional überfordert mit Max zu reden: "Ich kann das nicht!", schluchzt sie, schreibst du oben. Logischer wäre es für mich, dass Rolf, der Mediziner, an Max geschnitten hat
Wie kann man einen Magen versehentlich öffnen? Für mich ist Rolf ein mieser Mediziner.
Ich würde zumindest aus "wir" "ich" machen und das "versehentlich" weglassen.


Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
„Max ...“, schluchzt sie. „Du warst immer ein Teil von mir und wirst es nun vollkommen sein.
Sie streichelt ihm über seine Stirn, küsst seine Wangen.

„Sie können gewiss sein, dass wir alles von Ihnen verzehren werden. Sie werden also ganz in uns übergehen. Immerhin ist Anna meine Frau, also gehören auch Sie irgendwie zu mir. Und natürlich auch zu unserem Sohnemann. Paul.

Hier wiederholt sich einiges und Rolf spricht mir zu holprig. Da ließe sich einiges überdenken.


Falls du an deiner Geschichte arbeiten möchtest, und mMn ist dies notwendig, vielleicht ist etwas Hilfreiches an meinen Anmerkungen für dich dabei.

LG,
Constantine
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Taschmetu
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Beiträge: 26



T
Beitrag11.10.2014 16:19

von Taschmetu
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Hallo Constantine, MosesBob und Lupus!

Habt Dank für eure umfangreiche und konstruktive Kritik.

Ich gehe mir vielem d' accord, allerdings habe ich die schlechte Angewohnheit, meine Geschichten nur sehr langsam zu überarbeiten. Vielleicht schaffe ich das noch die Tage, ihr habt wirklich viele Dinge genannt, die zu bemängeln sind. - Und die ich auch schon teils eingeflegt habe (leider kann man das hier ja nicht im Text direkt).

Immerhin, so hoffe ich, habe ich die Kritik in einer neuen Geschichte versucht umzusetzen, diese ist allerdings auch deutlich länger geworden und nicht ganz so "brutal". Wink

Vielen Dank auf jeden Fall und beste Grüße!

Taschmetu
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag11.10.2014 17:37

von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Taschmetu,

Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Ich gehe mir vielem d' accord, allerdings habe ich die schlechte Angewohnheit, meine Geschichten nur sehr langsam zu überarbeiten. Vielleicht schaffe ich das noch die Tage, ihr habt wirklich viele Dinge genannt, die zu bemängeln sind. - Und die ich auch schon teils eingeflegt habe (leider kann man das hier ja nicht im Text direkt).

Freut mich, dass dir die Kritikpunkte weiterhelfen. Ich finde, es lohnt sich definitiv an dieser  Geschichte noch zu feilen. Bin auf deine Überarbeitung gespannt.

LG,
Constantine
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