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Philomela und Prokne


 
 
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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Beiträge: 26



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Beitrag18.08.2014 10:13
Philomela und Prokne
von Taschmetu
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Im Garten
Im Palastgarten Athens gab es eine versteckte Steinmauer, die prächtige, pupurfarbene Paeonien umschloss. Prokne saß dort und rollte ihr Holzpferd traurig über den Rand der Mauer. Seit Jahren hatte sie nicht mehr damit gespielt, doch morgen würde es der Göttin Hestia geopfert werden.
Die Sonne schien durch die grünen Zweige, Blütenstaub flog durch die Luft. Es war angenehm warm. Prokne und ihre Schwester Philomela hatten als Kinder oft hier verweilt. Eine Melodie kam ihr in den Sinn, die sie seit langer Zeit nicht mehr erinnert hatte. Sie summte sie, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht.
"Welch liebliche Blumen blühen in Eurem Garten."
Prokne erschrak und drehte sich um. Hinter ihr stand Tereus und musterte sie.
"Was tut Ihr hier ...", stammelte Prokne.
Tereus erstickte ihre Worte mit seinen Lippen. Eine Ewigkeit verging, in der Prokne glaubte, nicht mehr atmen zu können.
Schließlich ließ Tereus sie los und verschwand.
Prokne wischte sich seinen Speichel von ihrem Mund. Ihr Herz raste. Sie verfluchte ihr Schicksal, packte das Pferd und schleuderte es gegen die Steine, bis seine kleinen Räder absprangen und sein Körper zerbrach.


Der Sieg und das Geschenk
Auf ihrer Schlafstatt wälzte sich Prokne unruhig hin und her. Weder das Bad noch der Wein hatten Tereus` Geschmack fortspülen können. Sie konnte nicht schlafen. Die Ereignisse der letzten Tage spielten sich immer wieder vor ihrem inneren Auge ab.
Prokne sah ihren Vater, König Pandion von Athen, in seinem feinsten Ornat, die Mutter Zeuxippe im weißen Gewand an seiner Seite mit den Zwillingen Butes und Erechtheus im Arm. Die Schwester, Philomela, mit eingeflochtenen Haaren zu ihrer Linken. Sie selbst stand ebenfalls auf der Agora, an der Eingangspforte zum Tempel des Zeus, umgeben von ihrer Familie, von Priestern und Ratsältesten. Sie sah die Häupter tausender Athener, die sich versammelt hatten und in Jubel ausbrachen, als Tereus und sein Heer endlich in der Stadt Einzug hielten.
Jungen Zicklein, blökenden Schafen und einem kräftigen Stier wurden die Kehlen durchgeschnitten, zum Dank für die Götter, zum Dank der Niederlage des Königs Labotakos von Theben, zum Dank für den siegreichen Feldherrn Tereus.
Das Blut der Tiere rann die Stufen des Tempels hinab, langsamer werdend, sich verdickend. Leblose Tierkörper stapelten sich hinter dem Opferaltar. Philomela kämpfte mit den Tränen, als der Priester das Opfermesser an die Kehle eines schreienden Lämmchens setzte.
Tereus stapfte die blutigen Stufen empor. Er gebot dem Volk zu schweigen und verkündete mit lauter Stimme, dass sein Heer die Soldaten des thebanischen Königs vernichtet hatte. Tosender Beifall ertönte.
König Pandion trat neben ihn und bat Prokne nach vorne, er legte ihre Hände ineinander und rief:
"Tereus, dem Sieger zum Dank, werde ich, König Pandion von Athen, meine Tochter Prokne zur Frau geben."
Tereus griff ihre Hand und hielt sie in die Höhe. Zustimmende Rufe aus dem Volk verwandelten sich in gewaltigen Applaus.

Prokne betrachtete das Tuch, in das sie die Teile ihres Spielzeugpferdes gewickelt hatte. Tereus machte ihr Angst. Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen.
Die Worte des Vaters kamen ihr in den Sinn: "Mein Kind, du bist der Garant für den Frieden zwischen unseren Völkern."
Sie erinnerte sich an die tröstenden Worte ihrer Mutter: "Auch ich musste erst lernen, deinen Vater zu lieben."
Sie konnte ihre Eltern unmöglich enttäuschen. Sie musste sich zusammenreißen. Wenn der Morgen graute, würde sie Tereus Frau werden und mit ihm nach Thrakien segeln. Sie würde lachen, auch wenn ihr nach Weinen zumute war, sie würde tanzen und singen, auch wenn das Heimweh sie zerfraß.
Sie würde all das tun, um Athen vor Schaden und Schande zu bewahren.

Vorsichtig öffnete sich die Tür. Schnell wischte Prokne sich die Tränen aus dem Gesicht. Philomelas kleine Gestalt huschte wie ein Schatten in den Raum, sie tapste zu Proknes Liege und kuschelte sich unter die Decke an ihre Schwester.
Eine Weile hörte Prokne nur den Atem Philomelas, spürte ihre Wärme und ihre Umklammerung. Schließlich sprach Philomela unterbrochen von Schluchzern.
"Du ... du darfst nicht ... nicht gehen."
Prokne streichelte ihr sanft den Rücken bis Philomela sich etwas beruhigt hatte.
"Ich habe keine Wahl", flüsterte Prokne.
"Ich weiß ... ich will auch nicht weinen ... , ich finde auch, dass Tereus ... dass Tereus nett ist."
Prokne drückte ihre Schwester sanft.
"Und ...", fuhr Philomela fort, "die Sklaven erzählen sich, dass er der Sohn von Ares ist."
Prokne zog erstaunt beide Brauen hoch. Noch vor wenigen Jahren, als die Thraker als Feinde Athens galten, kursierte eine andere Geschichte.
Tantalos, der erste Thrakerkönig, soll den Göttern bei einem Festmahl sein eigen Fleisch und Blut vorgesetzt haben und dafür mit unermesslichen Qualen bestraft worden sein. Das Geschlecht der Thraker sei bis zum Ende der Zeit von den Göttern verflucht, hieß es.
"Prokne, ich habe hier ein Geschenk ... für dich", unterbrach Philomela Proknes Gedanken. Sie nestelte an ihrem Nachtgewand, zog etwas Stoff hervor und drückte ihn Prokne in die Hand. Prokne ertastete Perlen, Nähte, Stickerein. Philomela nähte gerne.
Vorsichtig stand Prokne auf und holte die Öllampe nahe heran. Im Licht schimmerte das Tuch, in das Philomela kleine Bilder gestickt hatte. Der Palast war darauf zu sehen und zwei Mädchen, die sich an den Händen hielten, außerdem viele kleine Blüten und Muster.
"Gefällt es dir?", fragte Philomela hoffnungsvoll.
"Es ist wundervoll, ich danke dir", antwortete Prokne und faltete das Tuch sorgsam an ihr Herz. Gleichzeitig füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie blies die Öllampe aus, damit Philomela ihren Kummer nicht sah, und legte sich zurück an ihre Seite.
"Vielleicht kann ich dich einmal besuchen ...", flüsterte Philomela.
"Das hoffe ich", sagte Prokne.
Arm in Arm schliefen die Schwestern ein.

Die Hochzeit und der Abschied
Die schützende Dunkelheit wich einem viel zu früh grauenden Morgen. Prokne und Philomela wurden von ihrer Mutter Zeuxippe geweckt, die ein paar Mal in die Hände klatsche. Unzähligen Sklavinnen betraten das Schlafgemach. Prokne blinzelte und sah die kostbare, langhalsige Loutophoros-Amphore, in der das heilige Wasser für die Hochzeitswaschung aufbewahrt wurde.
Prokne wurde gewaschen und gekämmt, mit Öl gesalbt und enthaart, geschminkt und frisiert. Dann legten ihr die Sklavinnen das Hochzeitskleid an und banden ihr den Brautgürtel um.
"Du siehst wunderschön aus", befand Philomela.
Prokne zupfte an ihren Haaren, zog an ihrem Kleid. Die Haare waren so fest um ihren Kopf geflochten, dass es beinahe schmerzte. Das Kleid wog unglaublich schwer.
Prokne folgte ihrer Mutter und Philomela durch die Gänge des Palastes, vorbei an sich verneigenden Sklaven und flackernden Fackeln. In ihrer rechten Hand hielt Prokne das Bündel, in dem die Teile des Holzpferdes lagen. Sie gelangten nach draußen in den Palastinnenhof. Am Himmel standen dichte Wolken und es war drückend schwül. Tereus kam mit seinen Kriegern aus dem linken Palastflügel hinzu. König Pandion und die Hohepriester warteten im Innenhof, um das Brautpaar ins Prythaneion zu geleiten.
Vor den Palasttoren wurden sie von einer jubelnden Menschenmenge erwartet, einige Menschen legten Prokne und Tereus Blumenkränze um. Die ganze Agora war versehen mit prächtigem Pflanzenschmuck, selbst die hochragenden Speere der Krieger, die einen Weg zum Prythaneion abschirmten, trugen Blüten.

Im Prythaneion war es dunkel. Der königliche Rat, die Boule, tagte hier, um die Staatsgeschäfte zu besprechen. Es war auch der Ort, an dem das Feuer der Hestia brannte, die für die häuslichen Angelegenheiten und für Heirat zuständig war.
Heute drückte die träge Luft die Flammen der Hestia nieder. Der Hohepriester rief die Göttin an und auf sein Geheiß wurde Proknes Kinderspielzeug von Sklaven in die Feuerschale gelegt. Nur das Bündel mit dem Holzpferd, das Prokne selber hineingeworfen hatte, flackerte ein wenig auf, der Rest kohlte langsam vor sich hin. Hestia nahm die Gaben nicht freundlich an, selbst den Brautgürtel verschmähte sie.
Den Priestern bereitete das schlechte Omen Sorge und die meisten von ihnen waren froh, die Zeremonie rasch vollziehen zu können. Die Segel nach Thrakien sollten noch vor Sonnenuntergang gesetzt werden.
Beim anschließenden Mahl schmeckte der Wein bitter. Sobald Lyra und Zitarra einen Moment lang schwiegen, ertönten die Rufe eines Uhus. Tänzer bogen ihre Körper zu Trommelklängen, doch ihre Bewegungen wirkten grotesk und warfen schaurige Schatten.
In der Abenddämmerung zog die Gesellschaft zum Hafen. Sklaven und Esel schleppten Proknes Mitgift zu den Booten. Noch hatte Prokne gehofft, ein Gewitter könnte die Abfahrt verzögern, doch als sie auf das Meer blickte, zeigte es sich spiegelglatt und der Himmel war sternenklar.
Prokne umarmte ihre Mutter, ihren Vater, ihre kleinen Zwillingsbrüder, die noch nicht verstanden, was vor sich ging. Philomela weinte die ganze Zeit. Selbst Pandions Augen waren feucht. Jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr ihn der Abschied von seiner ältesten Tochter traf.
Ein letztes Mal vergrub Prokne ihr Gesicht in den Armen ihrer Mutter, drückte sich an den ledernen Brustpanzer ihres Vaters, strich den Zwillingen über den Kopf und küsste Philomela auf die Stirn.
Dann stieg sie zu Tereus an Bord und die thrakische Flotte stach in See.

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Einar Inperson
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Beitrag18.08.2014 10:53

von Einar Inperson
Antworten mit Zitat

Hallo Taschmetu,

für mich ist das eine gelungene Nacherzählung eines alten Mythos. Sprachlich bleibst du einheitlich und angemessen in der zeitlichen Verortung des Stückes.

Jetzt könnte man einwenden, den alten Stoff inhaltlich und sprachlich ins Heute zu übersetzen. Aber diese Geschichte sollen dann andere erzählen. Das ist nicht dein Thema.

Überrascht bin ich über deine Kategorisierung Horror. Empfindest du den Mythos bereits als Horrorgeschichte oder adaptierst du den Mythos, um daraus eine Horrorgeschichte entstehen zu lassen? ich bin gespannt. Das kommende Grauen schimmert aus deinem Text bereits heraus. Der Leser ahnt, dass da nichts Gutes draus wird.

Eine leise Kritik von mir. Da wo du die Empfindungen von Prokne und Philomela bereits gut erfühlbar machst, bleibt Tereus seltsam blass. Für meinen Geschmack dürfte auch ein wenig die Umgebung, die Kleidung, das Leben um die Protagonisten herum eingebaut werden. Zudem fehlt mir etwas die Bewegung. Das herein huschen von Philomela hat mir gut gefallen. Prokne erscheint mir etwas statisch.

Aber es ist dein Text und nicht meiner. Smile

Und ich habe ihn sehr gerne gelesen.


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Rainer Prem
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Beitrag18.08.2014 11:20

von Rainer Prem
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Hallo,

Im Gegensatz zu Einar kenne ich den Mythos nicht, muss mich also ganz auf deine Erzählung verlassen.

Ich nehme an, dies soll der Anfang eines Romans sein.

Insofern solltest du dir mehr Zeit (= Sätze) nehmen, uns die Hauptfigur Prokne nahezubringen. Die erste Szene könnte sehr emotional werden, aber du versäumst es, uns Proknes Gefühle zu erzählen. Prinzipiell könnte Thereus auch ihr geheimer Liebhaber sein, den sie verlassen muss. Das Wegwischen des Speichels soll wohl Abscheu ausdrücken, aber es wäre schon besser, das klarer darzustellen.

Wenn du nicht ganz in ihren Kopf hineinwillst, dann beschreibe ihren Gesichtsausdruck oder ihren Tonfall.

In der zweiten Szene (Rückblende) lässt du wiederum Proknes Einstellung und Gedanken zu all dem komplett außen vor. Wenn ich die Wichtigkeit der Szenen nach ihrer Länge messe, dann sehe ich ein Drittel Beschreibung der Familie, eine Drittel Beschreibung des Opferrituals, und nur das restliche Drittel passiert etwas mit der Hauptperson. Dabei geht es hier um ein lebensveränderndes Ereignis, das meines Erachtens eine breitere Beschreibung verdient.

Dann folgt der erste richtige Dialog, könnte wieder sehr emotional werden, aber Prokne ist ... zwar freundlich und nett zu ihrer Schwester, aber sonst kalt und gefühllos. "erstaunt" ist das einzige Mal, wo du in ihre Gefühlswelt hineingehst.

Dasselbe beim Rest dieses Textes. Alle anderen zeigen Gefühle, nur Prokne nicht.

*

"Unzähligen Sklavinnen betraten das Schlafgemach." => Grammatikfehler und auch extreme Übertreibung.

Grüße
Rainer
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bibiro
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B
Beitrag18.08.2014 16:20

von bibiro
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Hallo,

Wenn man weiß, wie es mit Prokne, Philomela und Terseus endet, dann ist man - also zumindest ich - ganz froh darum, wenn diese Wahnsinnige ihre Gedankengänge, ihr Innerstes, nicht offenlegt.

Denn spätestens, wenn es darum geht, wie sie ihr eigenes Kind tötet und seinem Vater das Fleisch als Mahlzeit vorsetzt, um dessen Untreue zu sühnen - sorry, aber als Mutter übersteigt das mein Vorstellungsvermögen und ich will gar nicht wissen, was für krankhafte Hirnwindungen solch eine Wahnsinnstat hervorrufen.

Ich habe eine Bekannte, die das Leben eines Papstes (der sich nicht sonderlich christlich verhielt) nacherzählte, und sie bediente sich im Gegensatz zu den opulent ausgeschmückten Nacherzählungen eines sachlich-nüchternen Tonfalls, den ich persönlich für solch ein schwieriges Thema als angemessen und angenehm zu lesen empfand.

Mir sind im aktuellen Text einige Wortwiederholungen und inhaltliche Doppelungen aufgefallen. Ansonsten klar, ein Stil, der nicht jedem liegt - aber meines Erachtens doch gerade deshalb passend für das Thema.

Bibi

P. S. @ Einar - was ist Horror, wenn nicht Proknes Tat?
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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T
Beitrag18.08.2014 18:10

von Taschmetu
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Hallo!

Erstmal herzlichen Dank für euer Feedback!

Ich denkne, ich werde euren Rat annehmen und versuchen, die Figuren noch ein wenig plastischer zu machen, noch stärker auf deren Gefühle eingehen.

Bibiro hat es aber schon auf den Punkt gebracht, wenngleich es bei mir etwas anders gelagert ist.
Wie soll man die Gefühle von Psychopathen beschreiben? Schwierig, oder???

Ich kann übrigens Prokne schon irgendwie "verstehen". Immerhin wird sie zwangsverheiratet, ordnet sich diesem Kerl (Tereus) total unter und kriegt dann irgendwann raus, dass der ihre Schwester gefangen hält usw.

Wen ich dagegen nicht so gut "verstehen" kann, das ist die Figur, die tatsächlich "blass" bleibt, wie auch Einer schon angemerkt hatte, nämlich Tereus.
Ich denke, von ihm halte ich mich auch weiterhin fern, er wird dann einfach durch seine Taten "sprechen" ...

Aber was Prokne angeht, da habt ihr recht, sie könnte ihr noch stärker beschreiben, vor allem ihre Verzweiflung, die sie unter einer Maske erdrückt.

Danke Rainer, für den Umsetzungstip (Sprach, Tonfall, Außenperspektive).


Danke euch allen!!!

Taschmetu
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bibiro
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Beitrag19.08.2014 14:05

von bibiro
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Hallo Taschmetu,

ich hab dir eine PN geschickt, schau mal in deinen Posteingang, bitte!

Grüßle Bibi
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Einar Inperson
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Wohnort: Auf dem Narrenschiff


Beitrag19.08.2014 15:59

von Einar Inperson
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bibiro hat Folgendes geschrieben:

P. S. @ Einar - was ist Horror, wenn nicht Proknes Tat?


Hallo Bibi,

Proknes Tat ist grausam oder Tragödie oder Wahnsinn. Aber Horror? Ich denke nicht.

Sind Kindstötungen heutzutage Horror? Kommt da Grusel auf oder nicht doch eher Traurigkeit?


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Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
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Zeitenträumer
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Beitrag19.08.2014 16:23

von Zeitenträumer
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Hallo Taschmetu, dann will ich auch mal meinen Senf dazu geben. Wie schon angeklungen ist, könntest du hier glaube ich durch mehr Nähe zu den Figuren deutlich mehr herausholen, denn es sind ja eigentlich sehr bewegende Momente für die Beteiligten. Ein paar Beispiele:

Zitat:
Prokne erschrak und drehte sich um. Hinter ihr stand Tereus und musterte sie.

Wie mustert er sie? Mit kaltem Blick? Lüstern?

Zitat:
Eine Ewigkeit verging, in der Prokne glaubte, nicht mehr atmen zu können.

Hat sie Angst? Versucht sie sich zu wehren? Wie fühlen sich die Lippen an?

Die Szene mit Philomena ist rührend, aber sie könnte noch schöner sein, wenn Prokne selbst etwas gerührter wäre, z.B.:

Zitat:
"Prokne, ich habe hier ein Geschenk ... für dich", unterbrach Philomela Proknes Gedanken. Sie nestelte an ihrem Nachtgewand, zog etwas Stoff hervor und drückte ihn Prokne in die Hand. Prokne ertastete Perlen, Nähte, Stickerein, und lächelte. Philomela nähte gerne.

Zitat:
Prokne spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. "Es ist wundervoll, ich danke dir", antwortete Prokne sie mit rauher Stimme und faltete das Tuch sorgsam an ihr Herz. Gleichzeitig füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie blies die Öllampe aus, damit Philomela ihren Kummer nicht sah, und legte sich zurück an ihre Seite.

Was mir auffällt, ist dass du häufig die Perspektive Proknes verlässt, was zur Distanz zu ihr beiträgt, z.B.:

Zitat:
Tereus machte ihr Angst.

z.B. "Sie ängstigte sich vor Tereus"?

Zitat:
Selbst Pandions Augen waren feucht. Jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr ihn der Abschied von seiner ältesten Tochter traf.

z.B. "Sie sah, dass selbst Prandions Augen feucht waren, der die Trauer über den Abschied seiner Tochter zuvor gut verborgen hatte."

Vielleicht verstehst du, was ich meine. Meine Vorschläge sind natürlich nur Anregungen - vergiss, was du nicht gebrauchen kannst.

Beste Grüße,
Zeitenträumer
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bibiro
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Beiträge: 716



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Beitrag19.08.2014 17:07

von bibiro
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Einar Inperson hat Folgendes geschrieben:
Hallo Bibi,

Proknes Tat ist grausam oder Tragödie oder Wahnsinn. Aber Horror? Ich denke nicht.

Sind Kindstötungen heutzutage Horror? Kommt da Grusel auf oder nicht doch eher Traurigkeit?


Hallo Einar,

Kindstötungen sind für mich insbesondere der Neonatizid und aus gutem Grund werden Frauen die diese Tat begangen haben, nicht mit dem üblichen Maß bewertet, das man an Tötungsdelikte anlegt.

Nach drei entbundenen Kindern kann ich dir versichern, dass der Hormoncocktail, der deine Adern dabei flutet, mindestens ebenso effektiv wirkt wie ein mittelschweres Besäufnis.
Da man mit steigendem Promillelevel jedoch eine verminderte Schuldfähigkeit zugestanden bekommt, erschließt sich in meinen Augen eine logische Analogie, frisch entbundene Mütter ebenso zu behandeln.

Der ganze Gefühlscocktail, der bei einer Entbindung ausgeschüttet wird, kann ja selbst die Psyche von gestandenen Frauen in fester, liebevoller Partnerschaft nach der Geburt ihres Wunschkindes völlig aus dem Tritt bringen.
Stichwort Wochenbettdepression. Ich war erschrocken, was für patente, toughe Frauen im Freundeskreis davon betroffen waren.

Darüber hinaus betreffen Fälle von Neonatizid überwiegend solche Frauen, die zuvor die Schwangerschaft überaus effektiv verdrängt haben und denen angesichts des Kindes, das sie aus sich herausgepresst haben, in Verbindung mit dem Hormonflash dann im Wortsinne alle Sicherungen durchbrennen.

Deshalb ist es ja auch leider so, dass man mit noch so tollen Angeboten, sei es Babyklappe oder anonyme Geburt, diese Frauen nicht zur Gänze erreichen kann.
Denn um solche Angebote annehmen zu können, müssten sie in der Lage sein, zu planen - und sei es nur so weit, dieses Kind in ein Handtuch zu wickeln, in eine Reisetasche zu legen und vor die Tür vom nächsten Krankenhaus zu stellen.
Von daher macht es mich einfach nur traurig, dass diesen Frauen ein Netz, ein doppelter Boden fehlte, der sie in dieser Ausnahmesituation hätte auffangen können.

Aber Prokne war weit entfernt davon, eine frischentbundene Mutter zu sein, die sich in einem Grenzbereich des menschlichen Lebens, aber auch der Gefühle bewegt.

Ein Kind zu töten und zuzubereiten, um den Vater mit dem Genuss der Speise zu bestrafen ist doch  Stoff für einen Horrorschocker, egal wer so etwas tut.

Eine solche Tat würde man doch am ehesten einer Art Hannibal Lector zutrauen.

Dass es sich dabei um Proknes eigen Fleisch und Blut handelte, legt meines Erachtens nur eine weitere Schippe Horror/Wahnsinn drauf.

Nein, mit Kindstötungen im Sinne von Neonatizid - so furchtbar die sind - hat das meines Erachtens wenig zu tun.
Abgesehen davon, dass in beiden Fällen ein Kind tot ist.

Aber wir bewerten ja Todesfälle unterschiedlich. Unsere Gerichte unterscheiden fein säuberlich nach fahrlässiger Tötung, Körperverletzung mit Todesfolge, Totschlag oder Mord, je nach dem, wie die Umstände des Todesfalls gelagert waren.

Von daher ordne ich das für heutige Leser durchaus unter Horror ein.

Eine ganz andere Frage ist, wie der Mythos auf die Zeitgenossen der alten Griechen wirken sollte.
Infantizid war seinerzeit ja probates und gesellschaftlich akzeptiertes Mittel zur Selektion von kranken, schwächlichen Kindern oder schlicht eine nachgelagerte Geburtenkontrolle.
Wobei die Entscheidung darüber, so weit ich weiß, ausschließlich dem männlichen Familienoberhaupt zustand.
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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Beitrag20.08.2014 11:59

von Taschmetu
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@ Bibi
Ich hab Dir auch eine PN geschickt, hoffe, die ist angekommen?

@Einar
Ich denke auch, dass das "Horror" ist, zumindest so, wie ich es vorhabe zu schreiben. Wink Eher so in Richtung Psycho, Ekel und Gewalt als in Richtung "Gespenstergeschichte", aber das Genre passt schon.
Na, mal gucken, ob mir das gelingt. Ovid hat auf jeden Fall gut vorgelegt.

@Zeitenträumer
Vielen Dank für Deine sehr hilfreichen TIps! Das ist ja toll, wie ich mit relativ "simplen" Kniffen da mehr "Gefühl" hineinbekäme. Ich lass den Text noch ein bisschen ruhen, aber Deine Anmerkungen trage ich im Geiste und werde sie auf jeden Fall berücksichtigen; auch für den weiteren Verlauf.
Wirklich gut gesehen!!! Danke!!!!
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