18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Der Abschied


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
klausge
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 42



Beitrag28.01.2011 15:30
Der Abschied
von klausge
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Hallo Leute. Ich habe mich mal an eine Realtitätsgeschichte herangewagt. Bitte um Eure Kritik.

Zitternd saß der alte Mann in seinem Rollstuhl. Er war nur mehr ein Schatten seines Selbst. Nichts an ihm erinnerte noch an den großen stattlichen Mann, der er einst gewesen war. Seine Haut spannte sich wie brüchiges Pergament über die vertrocknenden Knochen. Das Zittern konnte er auch nicht mehr kontrollieren, genauso wenig wie er noch selbst aufstehen konnte. Früher war er einmal ein großer gepflegter Mann gewesen, doch von alledem war nicht mehr viel sichtbar. Stolz hatte er damals seine Uniform getragen, war mit seinen Mitgliedern mit marschiert. Die Orden die er erlangt hatte, glitzernd an seine Brust geheftet. Doch jetzt war er nur mehr ein altes zitterndes Wrack, bei dem man befürchtete, daß sein Körper bei einer stärkeren Berührung zusammenfallen würde. Dabei war alles noch gar nicht so lange her. Erst gute fünfzehn Jahre waren vergangen, nachdem ihn seine starke Gesundheit verlassen hatte. Jetzt war er hier, gefangen in seinem Körper, den er jahrzehntelang geschunden hatte und starb seinen langsamen Tod.
Er hatte doch so ein schönes Leben gehabt. Nachdem er den Krieg und die dabei erlittenen Qualen überlebt hatte, verweigerten ihm die Sowjets als zweiter Vorarbeiter zu arbeiten, weil er nicht freiwillig zur Partei gegangen war. Dabei war die Arbeit nichts Besonderes gewesen. Er hatte Schuhsohlen kleben und dafür jeden Tag drei Kilometer von seiner Wohnung zur Arbeit gehen und wieder zurück gehen müssen. Es war die einzige Arbeit, die man ihm damals angeboten hatte. Und er hatte sie verloren, weil er nicht zur Partei gegangen war. „Ich mußte einmal schon freiwillig zur Partei gehen um Arbeit zu bekommen“, hatte er dem Vorarbeiter geantwortet. „Dann hat man mich freiwillig eingezogen und ich durfte freiwillig an die Ostfront. Nein, danke, ich bin vom freiwilligen Dienst geheilt.“ Am nächsten Tag, als er die drei Kilometer hinter sich gebracht hatte, erwartete ihn schon sein Vorarbeiter mit dem Kündigungsschreiben. „Wenn du dich doch entschließen solltest zur Partei zu gehen, kannst du gerne wieder hier anfangen“, sagte ihm der Vorarbeiter als Entschuldigung und ließ ihn stehen.
Er verließ die Gegend, nicht die Besatzungszone und siedelte sich im Süden des Landes an. Hier waren die Leute anders, auch die Besatzer waren gemütlicher. Es war grüner, mehr Wald und frische Luft, mehr Berge und weniger Zerstörung sichtbar. Die Leute hatten, speziell in den ländlicheren Gebieten, mehr Zeit. Sie aßen gern und tranken guten Wein. Die Wirtschaft war im Aufbau begriffen, und nachdem die Besatzungsmächte sich geeinigt hatten aus den besetzten Gebieten wieder abzuziehen, ging es richtig aufwärts.
Er arbeitete damals für eine Versicherungsgesellschaft und erlebte den Aufschwung in vollen Zügen mit. Nachdem der Staat wieder sein eigenes Geld und die Leute durch ehrliche Arbeit wieder zu diesem gelangen konnten, waren Versicherungen groß im Kommen. Alles wurde versichert, und wenn es nur war, um sein Hab und Gut im Falle eines neuen Krieges finanziell abgesichert zu haben.
Den Leuten ging es gut, und ihm dadurch auch. Die Versicherungen zahlten sich aus, auch wenn es Anfangs nur kleine Sachen waren, die versichert wurden, so kamen im Laufe der Zeit auch Wohnungen, Häuser und Firmen zu seinen täglichen Einkünften. Danach kamen Lebensversicherungen, welche zu dieser Zeit noch sehr neu gewesen waren, und die zahlten sich schon sehr bald aus. Er schwamm, gewissermaßen, auf einer Welle des Erfolges und genoß seinen Erfolg. Es dauerte nicht lange, bis er ein größeres Auto fuhr als sein Chef.
„Bist du denn wahnsinnig“, hatte dieser damals zu ihm gesagt, „Wie kannst du dir nur einen Mercedes kaufen! Da denkt doch ein jeder, daß ich nichts kann.“
„Ich habe mein Geld eben gut angelegt“, antwortete er und genoß es den knallroten Wagen zu fahren.
In dieser Zeit kam er in Kontakt mit dem Besitzer eines kleinen Weinguts bei dem er öfter wegen des guten Weines einkehrte.
„Wenn du irgendwann einmal eine Arbeit bräuchtest, bei mir könntest du sofort als Vertreter anfangen. Du bist fleißig, pfiffig und hast einen guten Schmäh. Mit dir könnten wir das ganze Land beliefern.“
Da ihm seine Arbeit bei der Versicherung nicht mehr so viel Spaß machte, wie am Anfang, wechselte er zu dem kleinen Weingut und arbeitete sich schnell zum Verkaufsleiter des gesamten Süd und Ostbereichs des Landes hinauf. Wie bei der Versicherung vorher, war er überzeugt, von seinen Produkten, ließ sich gerne mit den Kunden zu einem Plausch und dem einen oder anderen Viertel Wein nieder. Damit bekam er fast alle Gasthäuser und Restaurants in seine Hand.
Als man die einzelnen Weingüter in Genossenschaften zusammenschloß wechselte er wiederum und zog wieder nach Nordosten, wo er vorher gelebt hatte. Es war eine, mittlerweile reiche, von Touristen aus der ganzen Welt durchzogene, Gegend geworden und der Wein erreichte mittlerweile große Bedeutung. Er begann wieder als normaler Handelsvertreter bei der größten Weingenossenschaft der Gegend und krempelte abermals die Gegend um. Diesmal waren kleine Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Aschenbecher und Feuerzeuge die Lockvögel und er gab sie nur in kleinen Mengen ab.
„Sag mal, warum gibst du den Leuten nur so wenig, von den Werbesachen?“ hatte ihn damals sein Verkaufsleiter gefragt.
„Ganz einfach, wenn die Leute nur ein Stück davon bekommen, gehen sie vorsichtiger damit um, haben es länger und geben es nur ausgewählten Kunden zum Gebrauch. Und wenn die Sachen mal kaputt oder aus sind, fragen sie mich danach. Damit bekommen wir Stammkunden und auch Neukunden, die stolz auf unsere Produkte sind.“
So kam es, daß er der beste Weinverkäufer im gesamten Osten des Landes wurde, aber auch ein Opfer seiner Leidenschaft des Weintrinkens. Immer öfter begann er nach seiner Pensionierung schon morgens zum Glas zu greifen. Speziell nach seiner Pensionierung, als er plötzlich ohne Aufgabe dastand. Seine Kinder waren schon außer Haus, seine Frau gestorben, was sollte er denn noch machen, außer das, war er sein Leben lang gemacht hatte? Er besuchte seine ehemaligen Kunden und trank mit ihnen.
So lernte er auch einen Mann kennen, der damals bei einer Uniformtragenden Vereinigung gewesen war. „Wenn du Zeit hast, über christliche Grundsätze verfügst und gerne neue und interessante Leute kennenlernen willst, dann komm doch einfach mal mit. Wenn’s dich interessiert, dann kannst du ja drüber nachdenken, ob du nicht Mitglied werden willst.“
Was hab ich denn schon zu verlieren, dachte er sich damals, ging eines Tages mit und wurde Mitglied in der Vereinigung. Hier durfte er auch seine in der Vergangenheit erworbenen Orden tragen, ohne daß man ihn deswegen schief ansah. Hier hatte er ein Betätigungsfeld gefunden, das ihm gefiel. Er, der immer im christlichen Glauben gelebt hatte, ging mit gleichgesinnten zur Messe, und meistens gab es danach auch eine kleine oder größere Feier. Es wurden Fahnen, Standarten und Uniformen getragen. Niemand fragte zu dieser Zeit, was bekomme ich dafür. Damals war die Devise, was kann ich für das Gelingen der guten Sache beitragen. Doch die Zeit lief weiter, die Leute – und vor allem die Jungen – hatten weniger Zeit, weil die Arbeit mehr Zeit verlangte. Und so wurden es fast jährlich weniger. Als er General von seiner Abteilung wurde, waren es schon sehr viel weniger als zu der Zeit, als er angefangen hatte. Viele blieben trotz Arbeit und Familie noch dabei, so wie sein Adjutant, den er vor einigen Jahren zufälligerweise aufgenommen hatte.
Sein Adjutant hatte ihn noch erlebt, als den großen stattlichen Mann, charmant, gepflegt, ein wenig eitel, trinkfest, und mit einer guten Singstimme, die er gerne für ein paar Stücke aus dem Zarewitsch ertönen ließ. Dann plötzlich hatte seine Gesundheit angefangen schwach zu werden. Der tägliche Alkoholkonsum hatte seine Venen brüchig gemacht, und dadurch mußte er immer öfter ins Krankenhaus. Bis er an den Rollstuhl gefesselt gewesen war. Aber das war schon lange her. Sein Adjutant würde ihm als General nachfolgen, das stand für ihn fest. Er hatte ihn schon immer gern gemocht, und er war sich sicher, daß es nun Zeit war für eine jüngere Führung. Doch auch sein Adjutant war nicht immer und jederzeit verfügbar, arbeitete er doch jetzt im Ausland. Aber er hatte, wie schon vorher in seinem Leben, alle Weichen gestellt. Den Kindern und Enkeln waren bereits alle Wertsache überschrieben worden. Er selbst hatte sich ins Pflegeheim zurückgezogen und wartete nun darauf zu sterben.
Er verabschiedete seinen Adjutanten und Freund, wünschte ihm und seiner Familie noch ein schönes Weihnachtsfest und blieb alleine in seinem Zimmer zurück.
Ein halbes Jahr später erreichte seinen Adjutanten die Nachricht, daß sein Chef und väterlicher Freund in Ruhe eingeschlafen sei.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 30
Beiträge: 394
Wohnort: tief im Westen


Beitrag29.01.2011 19:12
Re: Der Abschied
von Amarenakirsche
Antworten mit Zitat

Hallo klausge!

Ich mag deinen Text, vor allem den Anfang. Man kann sich bildlich vorstellen wie aus dieser großen Persönlichkeit der kranke, traurige alte Mann geworden ist.

Besonders gefallen mir diese Stellen:

klausge hat Folgendes geschrieben:
Er war nur mehr ein Schatten seines Selbst. Nichts an ihm erinnerte noch an den großen stattlichen Mann, der er einst gewesen war. Seine Haut spannte sich wie brüchiges Pergament über die vertrocknenden Knochen.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Doch jetzt war er nur mehr ein altes zitterndes Wrack, bei dem man befürchtete, daß sein Körper bei einer stärkeren Berührung zusammenfallen würde.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Jetzt war er hier, gefangen in seinem Körper, den er jahrzehntelang geschunden hatte und starb seinen langsamen Tod.



Allerdings hatte ich vor allem am Ende das Gefühl, dass du einfach aufzählst was er alles erlebt hat. Da und da gearbeitet, umgezogen, neuer Job und so weiter.
Mir fehlt da ein wenig das Gefühl - es klingt teilweise wie ein Zeitungsbericht. Aber vielleicht soll es das auch.
Wenn ich darf, würde ich noch ein paar konkrete Sachen kritisieren. Ist aber meine persönliche Meinung, das muss nicht für jeden gelten.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Erst gute fünfzehn Jahre waren vergangen, nachdem ihn seine starke Gesundheit verlassen hatte.

Wie wäre es mit "seit"?


klausge hat Folgendes geschrieben:
Nachdem der Staat wieder sein eigenes Geld und die Leute durch ehrliche Arbeit wieder zu diesem gelangen konnten

Irgendwie ist der Satz unvollständig.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Danach kamen Lebensversicherungen, welche zu dieser Zeit noch sehr neu gewesen waren

Kannst du das "gewesen" weglassen? "Waren" reicht meiner Meinung nach aus.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Du bist fleißig, pfiffig und hast einen guten Schmäh.

Ähm... was ist ein Schmäh?


klausge hat Folgendes geschrieben:
Süd- und Ostbereichs

Ganz kleine Anmerkung.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Immer öfter begann er nach seiner Pensionierung schon morgens zum Glas zu greifen. Speziell nach seiner Pensionierung, als er plötzlich ohne Aufgabe dastand.

Ich würde das erste "nach seiner Pensionierung" weglassen. Sonst wiederholst du dich und das "speziell" klingt dann widersprüchlich.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Niemand fragte zu dieser Zeit, was bekomme ich dafür.
Damals war die Devise, was kann ich für das Gelingen der guten Sache beitragen.

Meine Meinung: "Was bekomme ich dafür?" Damals... "Was kann ich für das Gelingen der guten Sache beitragen?"
Ich musste die Sätze zweimal lesen, weil nicht deutlich herauskam, dass es fragend gemeint war.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Doch die Zeit lief weiter, die Leute – und vor allem die Jungen – hatten weniger Zeit, weil die Arbeit mehr Zeit verlangte.

Dreimal "Zeit". Kannst du das anders ausdrücken?



Dein Thema gefällt mir richtig gut. Vielleicht kannst du mit meinen Tipps etwas anfangen und überarbeitest den Text ein bisschen.
Ich würd mich freuen, ihn dann noch einmal zu lesen!

liebe Grüße,
die Amarenakirsche
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zwima
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 640
Wohnort: Reihenhausidyll


Beitrag30.01.2011 18:36

von zwima
Antworten mit Zitat

Hallo Klaus,
ich fang mal an, auch wenn ich immer wieder aus deinem Text geflogen bin. Das liegt wahrscheinlich an mir, weil ich einfach so schrecklich übersättigt mit (Nach-)Kriegsgeschichten bin, dass mich der erste Rückblick ziemlich frustiert hat.

Toll dagegen war der Einstieg. Ich konnte mir den alten Mann in seinem Rollstuhl richtig gut vorstellen. Ganz dubios wurde es für mich dann allerdings, als du seinen weitern Werdegang beschrieben hast.

Er lebte also in der sowjetischen Besatzungszone und konnte nicht zweiter Vorarbeiter werden, weil er nicht in die Parte wollte. Sich als Versicherungsmakler selbstständig zu machen ging aber, oder ist er in einen anderen Besatzungssektor (also die spätere BRD) umgezogen?

Im Texctfluss haben mich am meisten die vielen Wiederholungen gestört:

klausge hat Folgendes geschrieben:
Er hatte Schuhsohlen kleben und dafür jeden Tag drei Kilometer von seiner Wohnung zur Arbeit gehen und wieder zurück gehen müssen.

Zweimal gehen so nah beieinander lässt sich bestimmt vermeiden.

klausge hat Folgendes geschrieben:
rwartete ihn schon sein Vorarbeiter mit dem Kündigungsschreiben. „Wenn du dich doch entschließen solltest zur Partei zu gehen, kannst du gerne wieder hier anfangen“, sagte ihm der Vorarbeiter als Entschuldigung und ließ ihn stehen.

Zweimal Vorarbeiter. Das ist so ein sperriges Wort und dadurch, dass es zweimal so nah beieinander steht, stößt es mir noch mehr auf.


klausge hat Folgendes geschrieben:
Versicherungen groß im Kommen. Alles wurde versichert, und wenn es nur war, um sein Hab und Gut im Falle eines neuen Krieges finanziell abgesichert zu haben.
Den Leuten ging es gut, und ihm dadurch auch. Die Versicherungen zahlten sich aus, auch wenn es Anfangs nur kleine Sachen waren, die versichert wurden,

ständig Versicherung und versichern

klausge hat Folgendes geschrieben:
so kamen im Laufe der Zeit auch Wohnungen, Häuser und Firmen zu seinen täglichen Einkünften. Danach kamen Lebensversicherungen, welche zu dieser Zeit noch sehr neu gewesen waren,
kamen, kamen.

klausge hat Folgendes geschrieben:
Nordosten, wo er vorher gelebt hatte

Wann vorher? Dorthin wo er nicht zweiter Vorarbeiter werden konnte?

klausge hat Folgendes geschrieben:
Es war eine, mittlerweile reiche, von Touristen aus der ganzen Welt durchzogene, Gegend geworden und der Wein erreichte mittlerweile große Bedeutung.

Mittlerweile ist ein Füllwort. Zweimal in einem Satz braucht man es mit Sicherheit nicht.

klausge hat Folgendes geschrieben:
Es war eine, mittlerweile reiche, von Touristen aus der ganzen Welt durchzogene, Gegend geworden und der Wein erreichte mittlerweile große Bedeutung. Er begann wieder als normaler Handelsvertreter bei der größten Weingenossenschaft der Gegend und krempelte abermals die Gegend um.

Gegend, Gegend, Gegend. Vielleicht hast Du dir ja was bei den vielen Wiederholungen gedacht und ich versteh den Sinn einfach nur nicht. Mich stören sie jedenfalls gewaltig.

Irgendwo hier hab ich dann abgebrochen. Die Gründe dafür hab ich dir geschrieben. Hinzu kam dann auch noch, dass große Teile der Geschichte in PQP geschrieben waren. Klar, sie besteht ja auch zu großen Teilen aus Rückblicken. Es ließt sich aber dennoch sperrig.

Soviel von mir.

LG
Zwima


_________________
HarperCollins:
Winterglück am Meer, Nordlichtträume am Fjord, Sommerzauber am Fjord, Winterküsse unterm Nordstern, Lichter, die vom Himmel fallen, Lichterzauber in Whispering Heights (2024), AT Van (2025)

Piper:
Späte Ernte, AT Moor

Lübbe:
Everything-for-youo-Trilogie, Unter-Haien-Dilogie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Pantufle
Wortedrechsler


Beiträge: 67
Wohnort: Wildbach


Beitrag30.01.2011 21:58

von Pantufle
Antworten mit Zitat

Hallo Klausge!

Für mich liegt die Stärke des Textes ebenfalls im Anfang. Man hat sofort ein Bild vor sich, kann es sich vorstellen und das finde ich als Einstieg höchst erfreulich!
Zitat:
Jetzt war er hier, gefangen in seinem Körper, den er jahrzehntelang geschunden hatte und starb seinen langsamen Tod.
Mein Favorit!

Danach fängt es für mich an zu holpern. Grund: Die vielen Wiederholungen. Ganz speziell die Stelle mit dem Versicherungsangestellten.
Zitat:
Er arbeitete damals für eine Versicherungsgesellschaft und erlebte den Aufschwung in vollen Zügen mit. Nachdem der Staat wieder sein eigenes Geld und die Leute durch ehrliche Arbeit wieder zu diesem gelangen konnten, waren Versicherungen groß im Kommen. Alles wurde versichert, und wenn es nur war, um sein Hab und Gut im Falle eines neuen Krieges finanziell abgesichert zu haben.
Den Leuten ging es gut, und ihm dadurch auch. Die Versicherungen zahlten sich aus, auch wenn es Anfangs nur kleine Sachen waren, die versichert wurden, so kamen im Laufe der Zeit auch Wohnungen, Häuser und Firmen zu seinen täglichen Einkünften. Danach kamen Lebensversicherungen, welche zu dieser Zeit noch sehr neu gewesen waren, und die zahlten sich schon sehr bald aus.
Das ist mir zu viel. Vielleicht könntest Du das ein wenig eingrenzen, nicht ganz so detailliert schildern, ohne die Bedeutung zu schmälern?

Was mir wiederum sehr positiv auffällt, ist die Auflockerung durch die eingefügten Dialoge! Das hält den ganzen Text lebendig.

Zitat:
Immer öfter begann er nach seiner Pensionierung schon morgens zum Glas zu greifen. Speziell nach seiner Pensionierung, als er plötzlich ohne Aufgabe dastand.
Auch hier würde ich die Wortwiederholung vermeiden. Es hat eine starke Einprägsamkeit durch die Wiederholung der Sätze und der Verstärkung, durch den angehängten Zusatz. Das ist wohl reine Geschmacksache, ob es hierfür einen extra Satz benötig.

Zitat:
Uniformtragenden Vereinigung
Eigenname? Ansonsten würde ich für eine kleine Uniform plädieren.

Zitat:
Und so wurden es fast jährlich weniger. Als er General von seiner Abteilung wurde, waren es schon sehr viel weniger als zu der Zeit, als er angefangen hatte. Viele blieben trotz Arbeit und Familie noch dabei, so wie sein Adjutant, den er vor einigen Jahren zufälligerweise aufgenommen hatte.
1. Ist so eine Vereinigung in Abteilungen untergliedert?
2. Wieso hatte er ihn "zufällig" aufgenommen?

Zitat:
Er selbst hatte sich ins Pflegeheim zurückgezogen und wartete nun darauf zu sterben.
Er verabschiedete seinen Adjutanten und Freund, wünschte ihm und seiner Familie noch ein schönes Weihnachtsfest und blieb alleine in seinem Zimmer zurück.
Da fehlt mir ein Übergang, der irgendwie darauf hinweisen könnte, dass er Besuch gehabt hat.

So. Fertig. Ich finde Du hast eine recht schöne Lebensschau geschrieben, die mit einigen Überarbeitungen als gut bezeichnet werden könnte.

LG
Pantufle
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
klausge
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 42



Beitrag31.01.2011 17:30

von klausge
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Uff, danke erst mal für die Blumen im Vorfeld. Ich werde mich daran machen, und den Text mal gründlich überholen. Ich hatte ihn vor zwei Jahren angefangen zu schreiben und letztes Jahr kurz vor Weihnachten fertig geschrieben. Wahrscheinlich ist deshalb so ein grober Schnitt zwischen dem Einstieg und dem Rückblick.
Vielen Dank auf alle Fälle für Eure Kritik. Mit so einer konstruktiven habe ich noch selten zu tun gehabt. Wenn ich fertig bin mit dem Überarbeiten stelle ich die Neufassung ein.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 30
Beiträge: 394
Wohnort: tief im Westen


Beitrag31.01.2011 17:54

von Amarenakirsche
Antworten mit Zitat

Ja stimmt, das erklärt den Bruch.
Ich freu mich schon darauf, die neue Fassung zu lesen!

liebe Grüße,
die Amarenakirsche
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
klausge
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 42



Beitrag07.02.2011 13:02

von klausge
pdf-Datei Antworten mit Zitat

So, ich habe mich am Wochenende hingesetzt und versucht den Text durch Eure Mithilfe flüssiger lesbar zu machen. Einige Sachen erklären sich wohl nun von selbst, bis auf den "Schmäh". Das ist allerdings auch schwer zu umschreiben. Schmäh ist ein typisch österreichisches Wort bedeutet soviel wie Wortwitz, Verkaufsargument, Überredungskunst, guter Unterhalter, und ähnliches. Sagt mir halt, wie ihr es nun findet.

Der junge Mann trat in das Zimmer ein um seinen alten Freund zu besuchen. Es roch nach Alter, Schweiß, Urin und Tod. Sein Freund war hier allein und feierte mit den anderen Heimbewohnern das Weihnachtsfest. Ein Fest für Kinder, kaum mehr für Alte und schon gar nicht für Sterbende. Während sie über vergangene Zeiten sprachen und versuchten ein wenig die Zukunft zu sehen, betrachtete der junge Mann seinen väterlichen Freund. Zitternd saß der alte Mann in seinem Rollstuhl. Er war nur mehr ein Schatten seines Selbst. Nichts an ihm erinnerte noch an den großen stattlichen Mann, der er einst gewesen war. Seine Haut spannte sich wie brüchiges Pergament über die vertrocknenden Knochen. Das Zittern konnte er auch nicht mehr kontrollieren, genauso wenig wie er noch selbst aufstehen konnte. Früher war er einmal ein großer gepflegter Mann gewesen, doch von alledem war nicht mehr viel sichtbar. Stolz hatte er damals seine Uniform getragen, war mit seinen Mitgliedern mit marschiert. Die Orden die er erlangt hatte, glitzernd an seine Brust geheftet. Doch jetzt war er nur mehr ein altes zitterndes Wrack, bei dem man befürchtete, daß sein Körper bei einer stärkeren Berührung zusammenfallen würde. Dabei war alles noch gar nicht so lange her. Erst gute fünfzehn Jahre waren vergangen, seit ihn seine starke Gesundheit verlassen hatte. Jetzt war er hier, gefangen in seinem Körper, den er jahrzehntelang geschunden hatte und starb seinen langsamen Tod.
Er hatte doch so ein schönes Leben gehabt.  Er hatte den Krieg und die dabei erlittenen Qualen überlebt, doch dann verweigerten ihm die Sowjets als zweiter Vorarbeiter zu arbeiten, weil er nicht freiwillig zur Partei ging. Dabei war die Arbeit nichts Besonderes gewesen. Er hatte Schuhsohlen kleben und dafür jeden Tag drei Kilometer von seiner Wohnung zur Arbeit und wieder zurück gehen müssen. Es war die einzige Arbeit, die man ihm damals angeboten hatte. Und er hatte sie verloren, weil er nicht zur Partei gegangen war. „Ich mußte einmal schon freiwillig zur Partei gehen um Arbeit zu bekommen“, hatte er dem Vorarbeiter geantwortet. „Dann hat man mich freiwillig eingezogen und ich durfte freiwillig an die Ostfront. Nein, danke, ich bin vom freiwilligen Dienst geheilt.“ Am nächsten Tag, als er die drei Kilometer hinter sich gebracht hatte, erwartete ihn schon sein Vorarbeiter mit dem Kündigungsschreiben. „Wenn du dich doch entschließen solltest zur Partei zu gehen, kannst du gerne wieder hier anfangen“, sagte  er ihm als Entschuldigung und ließ ihn stehen.
Er verließ die nordöstliche Gegend Österreichs, nicht die Besatzungszone und siedelte sich im Süden des Landes an. Hier waren die Leute anders, auch die Besatzer waren gemütlicher. Es war grüner, mehr Wald und frische Luft, mehr Berge und weniger Zerstörung sichtbar. Die Leute hatten, speziell in den ländlicheren Gebieten, mehr Zeit. Sie aßen gern und tranken guten Wein. Die Wirtschaft war im Aufbau begriffen, und nachdem die Besatzungsmächte sich geeinigt hatten aus den besetzten Gebieten wieder abzuziehen, ging es richtig aufwärts.
Nachdem die Besatzer abgezogen waren, der Staat wieder sein eigenes Geld druckte und die Leute durch ehrliche Arbeit wieder zu diesem gelangen konnten, waren Versicherungen groß im Kommen. Er arbeitete damals für eine  dieser Gesellschaft und erlebte den Aufschwung in vollen Zügen mit. Alles wurde versichert, und wenn es nur war, um sein Hab und Gut im Falle eines neuen Krieges finanziell abgesichert zu haben. Den Leuten ging es gut, und ihm dadurch auch. Die Versicherungen zahlten sich aus, auch wenn es Anfangs nur kleine Sachen waren, die ihm sein täglich Brot brachten, so kamen im Laufe der Zeit auch Wohnungen, Häuser und Firmen zu seinen täglichen Einkünften. Danach waren Lebensversicherungen, welche zu dieser Zeit noch sehr neu waren der große Renner, und die zahlten sich schon sehr bald aus. Er schwamm, gewissermaßen, auf einer Welle des Erfolges und genoß seinen Erfolg. Es dauerte nicht lange, bis er ein größeres Auto fuhr als sein Chef.
„Bist du denn wahnsinnig“, hatte dieser damals zu ihm gesagt, „Wie kannst du dir nur einen Mercedes kaufen! Da denkt doch ein jeder, daß ich nichts kann.“
„Ich habe mein Geld eben gut angelegt“, antwortete er und genoß es den knallroten Wagen zu fahren.
In dieser Zeit kam er in Kontakt mit dem Besitzer eines kleinen Weinguts bei dem er öfter wegen des guten Weines einkehrte.
„Wenn du irgendwann einmal eine Arbeit bräuchtest, bei mir könntest du sofort als Vertreter anfangen. Du bist fleißig, pfiffig und hast einen guten Schmäh. Mit dir könnten wir das ganze Land beliefern.“
Da ihm seine Arbeit bei der Versicherung nicht mehr so viel Spaß machte, wie am Anfang, wechselte er zu dem kleinen Weingut und arbeitete sich schnell zum Verkaufsleiter des gesamten Süd- und Ostbereichs des Landes hinauf. Wie bei der Versicherung vorher, war er überzeugt, von seinen Produkten, ließ sich gerne mit den Kunden zu einem Plausch und dem einen oder anderen Viertel Wein nieder. Damit bekam er fast alle Gasthäuser und Restaurants in seine Hand.
Als man die einzelnen Weingüter in Genossenschaften zusammenschloß wechselte er wiederum und zog wieder in den Nordosten Österreichs, wo er vorher gelebt hatte. Es war eine, mittlerweile reiche, von Touristen aus der ganzen Welt durchzogene, Gegend geworden und der Wein erreichte hier  eine besondere Bedeutung. Er begann wieder als normaler Handelsvertreter bei der größten Weingenossenschaft der Wachau und krempelte abermals die Geschäfte um. Diesmal waren kleine Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Aschenbecher und Feuerzeuge die Lockvögel und er gab sie nur in kleinen Mengen ab.
„Sag mal, warum gibst du den Leuten nur so wenig, von den Werbesachen?“ hatte ihn damals sein Verkaufsleiter gefragt.
„Ganz einfach, wenn die Leute nur ein Stück davon bekommen, gehen sie vorsichtiger damit um, haben es länger und geben es nur ausgewählten Kunden zum Gebrauch. Und wenn die Sachen mal kaputt oder aus sind, fragen sie mich danach. Damit bekommen wir Stammkunden und auch Neukunden, die stolz auf unsere Produkte sind.“
So kam es, daß er der beste Weinverkäufer im gesamten Osten des Landes wurde, aber auch ein Opfer seiner Leidenschaft des Weintrinkens. Immer öfter begann er nach seiner Pensionierung schon morgens zum Glas zu greifen, speziell weil er plötzlich ohne Aufgabe dastand. Seine Kinder waren schon außer Haus, seine Frau gestorben, was sollte er denn noch machen, außer das, war er sein Leben lang gemacht hatte? Er besuchte seine ehemaligen Kunden und trank mit ihnen.
So lernte er auch einen Mann kennen, der damals bei einer wohltätigen Vereinigung gewesen war. „Wenn du Zeit hast, über christliche Grundsätze verfügst und gerne neue und interessante Leute kennenlernen willst, dann komm doch einfach mal mit. Wenn’s dich interessiert, dann kannst du ja drüber nachdenken, ob du nicht Mitglied werden willst.“
Was hab ich denn schon zu verlieren, dachte er sich damals, ging eines Tages mit und wurde Mitglied in der Vereinigung. Hier durfte er auch seine in der Vergangenheit erworbenen Orden tragen, ohne daß man ihn deswegen schief ansah. Hier hatte er ein Betätigungsfeld gefunden, das ihm gefiel. Er, der immer im christlichen Glauben gelebt hatte, ging mit gleichgesinnten zur Messe, und meistens gab es danach auch eine kleine oder größere Feier. Es wurden Fahnen, Standarten und Uniformen getragen. Keiner fragte damals was bekomme ich dafür? Es galt die Devise, was kann ich für das Gelingen der guten Sache beitragen. Doch die Jahre liefen ins Land, die Leute – und vor allem die Jungen – hatten weniger Zeit, weil die Arbeit genau davon immer mehr verlangte. Und so wurden es fast jährlich weniger. Als er General von seiner Abteilung wurde, waren es schon sehr viel weniger als zu der Zeit, als er angefangen hatte. Viele blieben trotz Arbeit und Familie noch dabei, so wie sein Adjutant, den er vor einigen Jahren aufgenommen hatte und der ihn jetzt auch noch besuchte. Sein Adjutant hatte ihn noch erlebt, als den großen stattlichen Mann, charmant, gepflegt, ein wenig eitel, trinkfest, und mit einer guten Singstimme, die er gerne für ein paar Stücke aus dem Zarewitsch ertönen ließ. Dann plötzlich hatte seine Gesundheit angefangen schwach zu werden. Der tägliche Alkoholkonsum hatte seine Venen brüchig gemacht, und dadurch mußte er immer öfter ins Krankenhaus. Bis er an den Rollstuhl gefesselt gewesen war. Aber das war schon lange her. Sein Adjutant würde ihm als General nachfolgen, das stand für ihn fest. Er hatte ihn schon immer gern gemocht, und er war sich sicher, daß es nun Zeit war für eine jüngere Führung. Doch auch sein Adjutant war nicht immer und jederzeit verfügbar, arbeitete er doch jetzt im Ausland. Aber er hatte, wie schon vorher in seinem Leben, alle Weichen gestellt. Den Kindern und Enkeln waren bereits alle Wertsache überschrieben worden. Er selbst hatte sich ins Pflegeheim zurückgezogen und wartete nun darauf zu sterben.
Der alte Mann verabschiedete seinen Adjutanten und Freund, wünschte ihm und seiner Familie noch ein schönes Weihnachtsfest und blieb alleine in seinem Zimmer zurück.
Ein halbes Jahr später erreichte seinen Adjutanten die Nachricht, daß sein Chef und väterlicher Freund in Ruhe eingeschlafen sei.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag07.02.2011 17:17

von Alogius
Antworten mit Zitat

Moin,

nachdem ich "Stille Wasser" kommentiert hatte, dachte ich mir, könnt' ja auch mal hier reinschauen.  Wink

Ich habe die erste Version gelesen, dann die neue. Die zweite Version liest sich für mich besser als die erste. Du hast die in den Kommentaren angemerkten Aspekte überarbeitet.

Zum Text:

Allgemein ist es ganz interessant, dass Du, wie auch in "Stille Wasser" von mir schon angemerkt, eine eigene Art hast, zu erzählen. Deine Texte (ich kenne nur die zwei) fügen sich in die Form des Berichtes. Wie schon geschrieben, das ist keinesfalls schlecht. Denn auch ein Bericht kann, wenn gut geschrieben, den Leser mitnehmen auf eine Reise, ihn berühren oder gewisse Sinne ansprechen, wie auch - um eine Phrase zu benutzen - zum Nachdenken anregen.
Das ist hier meiner Ansicht nach besser gelungen als in "Stille Wasser".

Stilistisch ist der Text sehr gut geschrieben. In Deinem Profil hab ich auch was von Versicherungen usw. gelesen - Du hast also Ahnung von der Thematik, und das merkt man dem Text auch an.
Was Dir gelingt ist, diese Biographie eines nunmehr alten Mannes zwar als Bericht, aber trotzdem nachvollziehbar und auch nachfühlbar zu beschreiben. Wie er den Umständen trotzt, wie er aufsteigt und Erfolg hat, dann aber etwas abrutscht und so weiter - das alles ist logisch aufgebaut, gibt interessante Einblicke in Ereignisse, die mancher vielleicht so auch gar nicht weiß oder kennt.

Du hattest angemerkt, dass Du den Text zu verschiedenen Zeitpunkten geschrieben hast. Dann hast Du ihn nun überarbeitet. So wirkt er jetzt auch homogener im weiteren Verlauf.
Gut finde ich, wie Du den Rückblick mit PQP einleitest, aber dann darauf verzichtest.

Ich nehme an, der Adjutant ist identisch mit dem Mann, der den älteren Herrn zu Anfang besucht? Das solltest Du noch etwas kennzeichnen und hervorheben, damit innerhalb des kleinen Rahmens "Mann besucht alten Mann - Text - Adjutant geht" die Übersicht nicht verloren geht.

Bevor ich einige wenige Detailanmerkungen mache, möchte ich noch etwas festhalten:
Der Text ist, in der gewählten Form (Bericht, Biographie, Lebensschau hat es einer hier genannt, was ganz gut passt) gut geschrieben.
Jetzt wäre es hoch interessant, wie Du diese Geschichte genau so erzählen würdest in anderer Form: Als Dialog vielleicht, eventuell eingebaut in ein Gespräch zwischen dem Besuch und dem biographierten Protagonisten, der seine Geschichte erzählt, sich erinnert etc. Welche Gefühle hat er? WIE erinnert er sich?
Das wäre mal interessant - nur eine klitzekleine Anregung meinerseits, wie Du das kommende Wochenende verbringen könntest. ^^
Ansatz wär nämlich dies:
Zitat:
Während sie über vergangene Zeiten sprachen und versuchten ein wenig die Zukunft zu sehen, betrachtete der junge Mann seinen väterlichen Freund.


Details (Auswahl):

Toller Satz:
Zitat:
Ein Fest für Kinder, kaum mehr für Alte und schon gar nicht für Sterbende.


Auch der hier:
Zitat:
Seine Haut spannte sich wie brüchiges Pergament über die vertrocknenden Knochen.


Und der:
Zitat:
Seine Haut spannte sich wie brüchiges Pergament über die vertrocknenden Knochen.


Zitat:
Stolz hatte er damals seine Uniform getragen, war mit seinen Mitgliedern mit marschiert.

Absicht? Sonst würde ich "mit" streichen.

Eine Frage dazu:
Zitat:
Er hatte Schuhsohlen kleben und dafür jeden Tag drei Kilometer von seiner Wohnung zur Arbeit und wieder zurück gehen müssen. Es war die einzige Arbeit, die man ihm damals angeboten hatte. Und er hatte sie verloren, weil er nicht zur Partei gegangen war. „Ich mußte einmal schon freiwillig zur Partei gehen um Arbeit zu bekommen“, hatte er dem Vorarbeiter geantwortet. „Dann hat man mich freiwillig eingezogen und ich durfte freiwillig an die Ostfront. Nein, danke, ich bin vom freiwilligen Dienst geheilt.“ Am nächsten Tag, als er die drei Kilometer hinter sich gebracht hatte, erwartete ihn schon sein Vorarbeiter mit dem Kündigungsschreiben. „Wenn du dich doch entschließen solltest zur Partei zu gehen, kannst du gerne wieder hier anfangen“, sagte er ihm als Entschuldigung und ließ ihn stehen.

Das liest sich, als hättest Du tiefen Einblick darin (Vater? Freunde?). Jedenfalls gefällt mir diese Passage sehr.
Vielleicht könntest Du Absätze machen zwischen wörtlicher Rede und Text, wegen der Übersicht.

Der anschließende Wechsel von der Versicherung zum Weingut geht recht flott. Vielleicht sollte da etwas eingeschoben werden, zum Übergang.

Zitat:
Viele blieben trotz Arbeit und Familie noch dabei, so wie sein Adjutant, den er vor einigen Jahren aufgenommen hatte und der ihn jetzt auch noch besuchte. Sein Adjutant hatte ihn noch erlebt, als den großen stattlichen Mann, charmant, gepflegt, ein wenig eitel, trinkfest, und mit einer guten Singstimme, die er gerne für ein paar Stücke aus dem Zarewitsch ertönen ließ.

Daraus schließe ich, dass der Adjutant auch der Besucher am Anfang ist? Das ist etwas verwirrend, da zu Beginn nur von einem "jungen Mann" die Rede ist.

Fazit:

Als Biographie schön geschrieben.
Hoch interessant wäre für mich, ob diese Geschichte nicht auch konkreter und weniger abstrahiert, nämlich direkt als Szene geschrieben werden könnte. Gerade die Freundschaft zwischen dem Alten und dem Jungen würde sich lohnen, aufgeschrieben zu werden.
Dennoch: gut geworden.

Am Rande:
Du hast den Text als "Realitätsgeschichte" konzipiert. Ich hab mal den Verdacht, dass da Autobiographisches verarbeitet ist, richtig? Wäre doch klasse, das noch auszubauen.
(Wenn es nicht einer persönlichen Geschichte entspringt, dann muss ich sagen: Die Idee lohnt dennoch, ausgebaut zu werden.^^)

Lg

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
klausge
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 42



Beitrag08.02.2011 13:36

von klausge
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Tom,
Der Text bezieht sich auf den letzten Weihnachsbesuch, welchen ich anno 2007 bei meinem Freund machte. Wir sprachen über viele Sachen, durch den Alkoholkonsum hatte er allerdings immer wieder Blackouts, und es war traurig für mich ihn so sterben zu sehen. Ich habe versucht in dem Text auch meine Gefühle und Gedanken, die ich an ihn hatte zu verarbeiten. Es ist eine ganze Menge, die er mir erzählt hat und ich müßte weitaus mehr schreiben, als ich hier getan habe, wenn ich alles aufschreiben wollte. Er hatte mich quasi adoptiert, als mein Vater 97 gestorben war. Dadurch hatte ich eine Vaterfigur und einen guten Freund für weitere 10 Jahre.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag08.02.2011 16:15

von Alogius
Antworten mit Zitat

Es tut mir leid, dass es so enden musste, aber ich denke, Du wirst viele gute Erinnerungen haben.
(Vielleicht schreibst Du ja eines Tages noch mehr davon auf. Es lohnt sich, glaube ich.)

Besten Gruß,

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Der Glücksritter
von Peter Hort
Peter Hort Werkstatt 0 22.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Der Bandit
von dirkheg
dirkheg Einstand 5 22.04.2024 12:43 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rechtliches / Urheberrecht / Copyright
Nach Vertragsabschluss wird der Verla...
von Mion
Mion Rechtliches / Urheberrecht / Copyright 34 22.04.2024 12:05 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Der rote Teppich hat Flecken - oder t...
von schreiby
schreiby Roter Teppich & Check-In 5 22.04.2024 10:09 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Der Renegat
von wohe
wohe Trash 2 22.04.2024 08:58 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlung

von WhereIsGoth

von EdgarAllanPoe

von Micki

von jon

von Beka

von Rike

von versbrecher

von hexsaa

von Elisa

von Jocelyn

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!