Tierarzt/ Randnotizen 147

[Taugenichts]

Tierarzt/ Randnotizen 147

Auf dem Weg,
trage ich ihn, in eine Plastikplane gehüllt,
um Abstand zu schaffen,
zwischen dem panisch Glotzenden
und mir,

zwischen dem glaukomischen,
bis zum kurz vor dem Platzen befindlichen,
rotgeäderten Auge,
dem ganzen scheissen und pissen,
dem Tod und mir.
Dem Tod und mir.

Beim Tierarzt hieve ich
den Körper/ meinen Hund/ das Tier
auf den metallisch kalten, tja,
auf was eigentlich,
den Ort der Toten,
die Scheiss-Stätte des Lebens,
den Altar der geronnen Kotze,
da hockt er dann,
ruckelt herum, wie ein impotenter Löwe,
zerrt seinen gelähmten Unterleib nach,
kackt und furzt, pisst,
die Erinnerung pisst, tropft,
aus meinen Augenwinkeln.

Ein Häufchen Elend, genau das,
guckt mich aus geschwollenen,
lebensgierigen, Augen an.

Dann wird die erste Spritze gesetzt,
die ihn in sich zusammensacken lässt.
Den stolzesten Köter der Welt,
den, der alle angebellt hat,
der alle gebissen hat,
plumps, macht sein schlaffe leib.

Dann schiebt sie ihm die nächste
Spritze rein, er kackt noch ein paar Mal,
wird unter meinen Händen ruhiger, stiller,
hört langsam auf zu atmen.

Gegenüber steht mein Vater,
den ich hasse
und flennt wie ein Kleinkind,
wird von einer Tierarzthelferin
auf einen Stuhl gehievt,
würde mich nicht wundern,
wenn er auch gleich,
vor Angst einkackt.

Ich unterzeichne die Dokumente,
drücke meinem Vater den Kopf:

dem Vater, der einmal in Unterhosen,
mit einem Seil in der Hand
zu mir sagte: ich will sterben
und dem ich antwortete: hier gehts eh nicht,
der Dachbalken trägt dein Gewicht nicht.

Der Mann, der mir in der Pubertät mal sagte:
ich bin enttäuscht von dir,
du bist fett und dumm.

Der Hund hört auf zu atmen.
Die Ärztin sagt, er sei
firedlich gestorben
und ich will sie fragen,
ob sie mir auch
so eine Spritze gibt. Bitte,
bitte, bitte, bitte.

Ich wuchte die Leiche in einen Sack,
den Sack in einen Koffer,
damit mein Vater,
gelähmt von Hass und Alkohol und Diabetes,
ihn nach Hause schleppen kann.

Bei ihm, umarme ich ihn,
höre kienen dank, tschüss, sagt er,
und...

Die bäume zerren an ihren Nährstoffen,
versuchen zu überleben, bilden Phosphatkreisläufe,
Blätter werden gelb, Herbst
und meine Gefühle,
ziehe ich in mich zurück,
werde selbst Herbst,
selbst Mord, binde mir Hörner auf,
Autos rauschen vorbei,
manche der Fahrer würden es verstehen, hoffe ich:

Hall, Fenster, Menschen,
ich stehe vor der Universität,
warte auf jemanden, der mich versteht,
Frauen kommen, ich will bloß ficken
und ich gebe vor:

ein netter Mensch zu sein,
ein gesunder Mensch zu sein,
menschlich zu sein,
jemand der betet,
jemand der leben will
und doch
ist alles für mich Anstrengung, ist alles
verzweifelter Austausch
von Atp zu Adp,
ist Reflex
ist sinnlos.
Und haploid, ohne Zusatz, ohne Fortpflanzung,
ist totes Taxa, ist geisselllose Zelle,
ist Steinzelle, ist verholztes Gewebe,
ist Stagnation,
ist meine Hörner,
ist mein Schwanz,
bin ich,
Tier
und sehne mich, nach einer,
erlösenden Spritze, nach Ruhe, nach Tod, nach Ende.

[Pencake]

Nabend Taugenichts.

Guter Text.
Mach mal die Rechtschreibfehler raus,
damit auch das Äußere deinem
Stück gerecht wird.

HG, Niko

[lupus]

servus,

ich kann nicht sagen ob das Gedicht gut ist, ob du gut bist, aber ich weiß, dass es mich aus den Schlapfen gestülpt hat.

ich find's saumäßig gut
da is ne Menge
Verzweiflung, Wut, Trauer, Liebe (echte und pflichtgetreue)
in einer ziemlich starken Sprache

hab's sehr gern gelesen

mehr kann ich nicht sagen

lgl