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Teil 46


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 01:00
Teil 46
von Lyrika
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Je näher der Bus dem Krankenhaus kam, desto mehr bereute ich meine Entschlossenheit, Matthias zu besuchen.
Ich konnte nicht unterscheiden, ob ich Angst vor der Begegnung mit Matthias und seiner Reaktion hatte oder davor, Zayed oder Vivek zu begegnen. Verächtlich schnaubte ich durch die Nase und fand die Angst unberechtigt. Schließlich bin ich mit Matthias zusammen und habe ein Recht darauf ihn zu besuchen, dachte ich und stand auf. Der Bus hielt, zischend gingen die Türen auf und ich stieg aus.
Mayästhetisch präsentierte sich das Krankenhaus vor mir. Es war ein riesiges Gebäude und mir in dieser Darstellung noch nie aufgefallen.
„Ich hab ja auch noch nie so darauf gestarrt wie heute.“, murmelte ich und setzte mich in Bewegung.
Den Weg von der Bushaltestelle bis zum Eingang des Krankenhauses rotierten meine Gedanken, was ich machen würde, wenn ich Zayed oder Vivek gegenüber stehen würde. Unsicher betrat ich die Vorhalle des Krankenhauses und steuerte wie in einem schlechten Krimi die nächste Säule an, die zur Verzierung in der Vorhalle stand. Mit Adleraugen luckte ich hinter ihr vor. Durch meinen kürzlichen Besuch im Krankenhaus wußte ich, wo es zur Rettungsstelle ging. Einen Schritt nach dem anderen und immer die Tür der Rettungsstelle im Blick tastete ich mich weiter zu der nächsten Säule. Als ich hinter dieser stand, atmete ich zufrieden auf, daß nichts geschehen war. Leider war die Vorhalle sehr groß und ich mußte noch ein kleines Stück bewältigen, ehe ich mich auf den Weg zu den Stationen machen konnte. Der Trubel an Menschen in der Vorhalle bot mir meiner Ansicht nach noch zusätzlichen Schutz, nicht gesehen zu werden. Ich war so mit mir selber beschäftigt, daß ich die anderen Menschen kaum wahrnahm. Die nächste Säule noch, dann das große Hinweisschild, die angelehnte Tür und ich war unentdeckt durch die Vorhalle gekommen. Ja, das dachte ich, bis mir sich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich fuhr herum und wäre fast über meine eigenen Füße gestolpert.
„Hoppla, junge Frau.“, sagte der Mann, dessen Hand meine Schulter berührt hatte.
„Himmel, Arsch und Zwirn! Sie haben mir aber einen Schrecken eingejagt.“ Ich faßte mir auf die Brust, in der Höhe meines Herzens und lächelte ihn an. Der mir unbekannte Mann hatte eine Uniform an und ich bekam das Gefühl, daß er nicht einer der freundlichsten Wesen dieser Erde war.
„Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ Schaft beäugte er mich und schwang seine Arme hinter seinen Rücken, wippte ein wenig vor und zurück und wartete auf eine Antwort.
„Ich will meinen Freund besuchen gehen.“ Wie ein kleines Kind kam ich mir vor und es behagte mir überhaupt nicht, in die Fänge dieses Mannes geraten zu sein. Wie ich inzwischen erkannt hatte, gehörte er dem Sicherheitspersonal an.
„Aha, Freund besuchen. Und warum schleichen Sie dann um die Säulen herum?“
„Ja, meinen Freund. Und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was Sie das angeht.“ Patzig schleuderte ich ihm meine aufsteigende Antipathie entgegen. Es beruhte auf Gegenseitigkeit, weil dieser Mann sich nun seiner Pflicht sehr bewußt wurde.
„Wenn Sie, wie Sie behaupten, Ihren Freund besuchen wollen, dann wüßten Sie ja, auf welcher Station er liegt und bräuchten hier nicht so um die Säulen zu geistern.“ Nun schwang er seine Arme vom Rücken zu seiner Brust herum, verschränkte sie dort, stellte ein Bein seitlich von sich ab und schaute mich mit schiefgelegtem Kopf an.
„Was soll das denn hier werden?“, giftete ich ihn an und ahmte seine Körperhaltung nach. Angriffslustig kniff ich meine Augen zu kleinen Schlitzen zusammen und wartete nun auf seine Antwort. Er verharrte in seiner Stellung, musterte mich und holte leise tief Luft.
„Was das hier werden soll? Das kann ich Ihnen sagen. Sie wären nicht die Erste und nicht die Letzte, die die Hilflosigkeit einiger Patienten ausnutzt. Sie wissen, was ich meine?“ Er stellte seinen Kopf in die Horizontale und blickte mich mißbilligend an. Mein Innerstes schrie danach, ihm kräftig gegen das Schienbein zu treten.
„Das ist ja echt ´ne Frechheit! Wohl zu viele Krimis geglotzt? Sie spinnen ja!“, rutschte es aus mir heraus. Das wäre nicht das Schlimmste gewesen. Aber mir dabei an die Stirn zu tippen, was ihm unmißverständlich zeigte, das ich ihn für bekloppt hielt, setzte dem Ganzen die Krone auf. Man konnte zusehen, wie dem Uniformierten meine Aussage und Geste tief seine männliche Ehre angriff. Augenblicklich ruckte es in seinem Körper, die verschränkten Arme entschlangen sich und einer seiner muskulösen Hände packte mich unsanft am Oberarm.
„So, Fräulein, das war’s dann wohl! Mitkommen!“ Jetzt war es an der Zeit mein Bein sprechen zu lassen. Mit einem gezielten Tritt paarte sich mein Fuß mit seinem Schienbein. In den Filmen klappt so was immer, dachte ich verdutzt, weil der Tritt diesem Uniformierten zwar den Schmerz ins Gesicht trieb, nicht aber, das er mich losließ. Im Gegenteil. Der Griff an meinem Oberarm verstärkt sich und ich wimmerte auf, weil ich den Schmerz, dem ich ihm verpaßt hatte auf diese Weise zu spüren bekam.
„Aua! Lassen Sie mich…los!“ Keuchend versuchte ich ihm seine Finger umzubiegen, die sich wie festgeschweißt um meinen Oberarm krallten. „Du Arsch!“, fauchte ich ihn an und wand mich hin und her.
„Na, das wird ja immer besser! Anzeige wegen Diebstahl, Beleidigung, Köperverletzung.“ Grinsend fing der Uniformiert an, mich durch die Vorhalle zu stoßen. Immer fest seine Finger um meinen Oberarm gekrallt.
„Was? Wegen was? Diebstahl?“ Ich und Diebstahl? Wie um alles in der Welt kam dieser Kerl darauf? Egal, dachte ich und wollte das nicht auf mir sitzen lassen.
„Das Einzige, was hier gestohlen wurde, ist wohl dein Hirn!“ Er grinste weiter. Den anderen Menschen in der Vorhalle war die aufsteigende Auseinandersetzung nicht entgangen. Er schob mich, ich bockte dagegen. Wild fauchte ich ihn an, mal antwortet er ungehalten. Die Auseinandersetzung gewann an Lautstärke.
„So verhalten sich alle, die arme und hilflose Patienten beklauen.“, rief er lauter, sodaß die Umstehenden es hören konnten. Ich schämte mich und wurde rot.
„Das stimmt nicht. Der lügt!“, verteidigte ich mich. Ein älteres Pärchen war stehen geblieben und schüttelte verachtend im Takt ihre Köpfe.
„Loslassen!“, befahl ich ihm und versuchte stehen zu bleiben. Mit verdrehten Augen sammelte er seine Kräfte und nahm zur Unterstützung seinen anderen Arm, legte ihn mir auf den Rücken und stieß mich nach vorn. Wir waren so in unserem Kampf vertieft, daß wir nicht bemerkten, daß sich uns jemand genährt hatte Und gegen diesen jemand stieß ich ungewollt durch den Schwung, den der Uniformierte mir verpaßt hatte.
„Oha.“, sagte dieser Jemand und ich schaute auf.
„Zayed! Zum Glück! Sag ihm, daß ich nicht geklaut habe.“, rief ich erleichtert. Hatte ich doch alles versucht, ihm nicht zu begegnen, so war ich jetzt froh, daß er vor mir stand. Nun bemerkte ich, daß der Uniformierte und ich bis kurz vor die Tür zur Rettungsstelle gekommen waren. Was einen so alles entgeht, wenn man gegen so einen Gorilla kämpft, dachte ich und schaute Zayed hilfesuchend an.
„Ah, Dr. Shetty, gut das Sie da sind. Hier hab ich wieder eine geschnappt, die lange Finger gemacht hat. Hat sich hinter den Säulen der Vorhalle rumgetrieben.“ Zufrieden griente der Uniformierte bis über beide Ohren, ließ mich aber nicht los.
„Ja, wo warst du denn schon wieder? Hat der Onkel Doktor dir nicht gesagt, die Vorhalle ist nichts für dich? Bist aber auch ein böses Mädchen!“, sagte Zayed zu mir in einem Ton, als wenn ich bekloppt wäre. Mit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. Dann drehte er sich ein wenig zu dem Uniformierten und sagte im leisen Ton: „Sie ist ganz harmlos. Aber sie entwischt mir immer wieder von Station 17. Sie spielt dann gerne verstecken mit mir.“ Der Uniformierte schaute mich an, nickte beruhigt und lockerte den Griff an meinem Oberarm.
„Ach so, Station 17. Verstehe, Herr Doktor. Sie meinen, Sie ist…“ Er beendete den Satz nicht mit Worten, sondern mit der Geste, die ich Minuten vorher zu ihm gemacht hatte. Er tippte sich an die Stirn und schaute auf mich herab. Mir hatte es die Sprache verschlagen, da ich allmählich begriff, was Station 17 für eine Abteilung sein mußte.
„Ja, ist sie, aber wirklich ganz harmlos. Handzahm.“, sagte Zayed und es war nicht zu übersehen, daß er gleich platzten würde vor lachen.
„Na, wenn das so ist. Dann nehmen Sie sie mit?“, fragte der Uniformierte und ließ mich endlich los.
„Ich kümmere mich um sie. Na komm. Hoppi. Hoppi.“ Zayed packte mich an der Hand und zog mich mit sich. Ich war völlig perplex und trotte hinter ihm her. Jetzt dachte der Uniformierte, ich sei nicht mehr ganz dicht in der Birne. Eigentlich sollte mir das ja egal sein, aber es störte mich, das einer so was von mir dachte. Zayed steuerte auf die Fahrstühle zu. Weder er noch ich sagten ein Wort.

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