18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Liebe einen Inder
Teil 20


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 00:01
Teil 20
von Lyrika
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Der Park lag nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Ich betrat ihn und ging zu der Stelle, an der Matthias und ich immer Picknick machten. Von weitem sah ich, das er noch nicht da war. Die Sonne neigt sich in Richtung Horizont und war bereit, der Nacht die Regie zu überlassen.
Ich setzte mich in das Gras und streckte meine Beine aus. Scharf trafen die Sonnenstrahlen auf meine Haut und ließen mich, trotzt ihres Untergangs, ihre Kraft spüren. Dieser Sommer war wirklich heiß, dachte ich und schloß meine Augen. Kindergeschreie, Hundegebell und Vogelgezwitscher drangen an mein Ohr. Ich ließ mich mit der Geräuschkulisse treiben und legte mich in das Gras. Ein Baby von Zayed. Unsanft striff der Gedanke abermals an meinem Verstand vorbei. Mit einem geräuschvollen abwertenden Grunzen jagte ich den Gedanken weiter. Er trollte sich und nahm eine Träne mit, die leise über meine Wange rollte. Verärgert strich ich sie weg. Warum mußte nur immer alles so kompliziert sein?
Ich gab mich meinem Selbstmitleid hin und sinnierte über mich. Nie ´Ja´ oder ´Nein´, immer nur ´Vielleicht´. Nie ´ich will´ oder ´ich will nicht´, immer nur ´mal sehen´. Nie die Entscheidungen so anpacken, daß ich auch die Konsequenzen aushielt. Immer versuchen verstohlen durch das Leben zu gehen? Wie alt war ich, um das ich mich erwachsen schimpfen konnte? Sara, irgendwann mußt du doch den Arsch hochbekommen. Aber war es denn so leicht? Wer hatte denn behauptet, das Leben sei leicht? Eigenartigerweise konnte ich wichtige Entscheidungen mit klaren Antworten ihren Weg geben. Aber das andere? Die Gefühle? Lag es daran, daß es mir nicht wichtig erschein? Es war aber wichtig, für andere und das machte es mir schwer.
Wie in dieser Situation. Matthias und ich wurden durch mich auf eine harte Probe gestellt. Ich hatte mich von jemand anderem küssen lassen und hatte es genossen. Nun konnte ich keine richtige Entscheidung treffen. Mit einem Mal schoß es mitten in den Kopf und ich gab mir auf die vorher gestellten Fragen selber eine Antwort.
Dieses Gefühl, dieses Gefühl der Leidenschaft konnte gar nicht mit ´Ja´ oder ´Nein´ beantwortet werden. Es war einfach da und es verlangte keine Antwort. Wollen sie diese Wohnung beziehen? Da reicht ein klares ´Ja´ oder ´Nein´. Aber doch nicht nach der Frage, ob ich eine Leidenschaft zu einem anderen Mann entwickelte. Es passierte einfach. Ausgelöst durch einen Kuß. Niemand wird gefragt, willst du diese Leidenschaft: ´Ja´ oder ´Nein´? Aber wenn ich hart an mir arbeiten würde, dann würde auch dieses Gefühl verschwinden. Ich dürfte nur nicht mehr an ihn denken und ihn auch nicht mehr sehen. Was ist, wenn er in die Disco käme? Ich riß die Augen auf und schloß sie auch schnell wieder, da die Sonnenstrahlen schmerzhaft auf meine Netzhaut trafen. Der Gedanke war mir noch gar nicht gekommen. Den Job kündigen konnte ich auch nicht. Wie hätte ich sonst meine Wohnung finanzieren können? Vielleicht war ja noch der Job an der Uni frei. Gleich am Montag würde ich nachfragen.
„Hallo, mein Schatz.“ Matthias Stimme riß mich aus meiner Welt der Gedanken. Ich zuckte kurz zusammen, bleib aber liegen, öffnete die Augen und schaute ihn an. Er stand über meinem Gesicht und spendete mir dadurch Schatten. Unsere Blicke verrieten, daß wir unsicher waren, was nun folgen würde. Er zeigte stumm neben mir auf die Wiese und ich deutete an, das er sich zu mir setzten sollte. Ich setzte mich auf, zog meine Beine an meinen Körper und verschränkte meine Arme um sie herum.
„Hallo.“, gab ich kleinlaut von mir. Verkrampft saßen wir nebeneinander und schauten uns nicht an. Minuten verbrachten wir mit Schweigen. Mit übertriebenem Interesse verfolgten wir die Aktivitäten der anderen Parkbesucher. Mir wurde meine Haltung unbequem und ich setzte mich seitlich auf meinen Hintern, legte einen Arm über meine seitlich ausgestreckten Beine und stützte mich mit dem anderen Arm im Gras ab. Dabei ließ ich meinen Blick weiter an den Parkbesuchern haften. Die Wärme, die ich dann spürte, kam nicht von der Sonne. Matthias war an mich gerückt und saß hinter mir. Er drückte seinen Oberkörper leicht an meinen Rücken und umarmte mich um den Bauch herum. Ich drehte mich nicht um.
„Sara, was passiert mit uns?“, fragte er ganz leise. Ich schluckte schwer und schwieg. Wieder diese Unentschlossenheit. Sollte ich ihm die Gefühle über Zayed beichten? Sollte ich ihm den Kuß beichten? Was würde ich gewinnen, was würde ich verlieren? Wie ich mich in diesem Moment haßte! So unehrlich, so mutlos. Würde mir Matthias einen Kuß beichten? Warum gab es keine Drehbücher für solche Situationen? Oder ne Anleitung?
„Ich weiß es nicht.“ Auch ich sprach leise. Du verdammte Lügnerin, du weißt jetzt schon was passiert und hast doch keinen Mut.
„Egal was ist, Sara, ich liebe dich.“ Halt doch die Klappe, dachte ich und kämpfte gegen meine Tränen. Es blitzte kurz in meinem Kopf auf, ich drehte mich ruckartig zu Matthias herum und küßte ihn. Ja, ich hatte mich in diesem Moment für Matthias entschieden. Wurde ich nun endlich erwachsen?
„Ich dich auch.“, sagte ich, als der Kuß geendet hatte. Liebvoll strich er mir über die Wange.
„Laß uns nie wieder so streiten.“, bat er und lächelte mich an. Oh, wie konnte ich nur so dumm sein. Hätte ich doch beinahe das Liebste aufgegeben, was ich hatte.
„Hatten wir einen Streit? Kann ich mich gar nicht erinnern.“, grinste ich und zwinkerte schelmisch mit den Augen von links nach rechts.
„Du bist mir schon eine.“, lachte er und wollte mich gerade wieder küssen, als ich mich aus seiner Umarmung entwand und aufstand.
„Ach ja, was bin ich dir denn für eine?“, fragte ich und stieß ihn leicht mit meinem Fuß in seinen Bauch. „Na, `nen paar Kilos zuviel, Herr Behrendt?“
„Na warte!“ Er sprang auf und wollte mich festhalten. Ich war schneller und rannte ein Stück weiter. Bis der Horizont die Sonne verschlang und der anfänglich dunkel werdende Himmel die ersten Sterne zum Leuchten brachte, spielten wir einkriege, lachten, küßten uns und schauten der Dämmerung zu, die keinen Chance gegen die aufziehende Nacht hatte. Erwachsene, die einen Moment wieder Kinder waren. Ein Moment, der nichts darüber erahnen ließe, was uns die nächsten Wochen erwarten würde. War es doch der letzte Moment den Matthias und ich so ausgelassen miteinander erleben durften.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Liebe einen Inder
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Neumond, Teil 1
von jcl
jcl Werkstatt 13 22.03.2024 15:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Teil des Schiffs, Teil der Crew
von NIKSTK
NIKSTK Roter Teppich & Check-In 8 19.07.2023 01:07 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Der Mann der es kann - Teil 1
von Günter Wendt
Günter Wendt Trash 13 21.05.2023 16:29 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Ein erster Teil meines Textes
von Willi60
Willi60 Einstand 4 26.07.2022 14:41 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Redlight District
Ein ganz normaler Mann (Teil 1)
von Hera Klit
Hera Klit Redlight District 6 12.06.2022 20:04 Letzten Beitrag anzeigen

BuchEmpfehlungBuchEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuch

von Nayeli Irkalla

von Schmierfink

von Valerie J. Long

von sleepless_lives

von Leveret Pale

von Probber

von Paradigma

von silke-k-weiler

von Selanna

von pna

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!