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Teil 10


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag14.08.2010 23:49
Teil 10
von Lyrika
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„Ist das eine Hitze hier unten! Scheiße, ich hasse diese Jobs.“, schrie mir meine Kollegin Marie in mein Ohr. Wir beide hatten heute Nacht den Tresen im Keller der Disco übernommen. Die Disco war ein angesehener Treffpunkt in der Stadt und zu jederzeit gut besucht. Sie war auf drei Etagen aufgeteilt, die den Gästen, je nach Stimmung, Musik anbot. Im Keller spielten sie heute Black- und Soulmusik aus den 80ziger Jahren. Die Bässe wummerten, die Lichtorgel zauberte dazu die richtigen Farben und die Hitze nahm ein unmenschliches Maß an. Marie und ich spürten sie nicht nur am eigenen Leibe; wir spürten sie auch an unserem Arbeitspensum, was sich in dem Spülen der unzähligen Gläser widerspiegelte. Die Gäste tranken mehr denn je. Marie goß gerade fünf große Gläser Orangensaft ein und ließ geräuschvoll die Eiswürfel dazu.
„Geht das denn mit deinem Finger?“, rief sie mir zwischen Eiswürfelmaschine und Kühlschrank zu. Ich nickte nur und war schon wieder damit beschäftigt, die Bestellung eines Gastes anzunehmen. Ich hörte zu, nickte und machte mich daran, zwei Cocktails zusammenzustellen. Ich rannte hin und her. Gläser holen, Dekoration, Eiswürfel, alles in den Shaker und ab ins Glas. Michael Jackson gab gerade sein `Beat It` zum Besten, als ich das erste Mal nach langer Zeit wieder auf die Uhr schaute. Es war ein Uhr morgens. Noch bis sechs Uhr durchhalten, dachte ich und hielt mein Ohr wieder über den Tresen. Zwei Apfelsaft, drei Bier, sechs Cocktails, vier Jim Beam mit Coca Cola, ein Mineralwasser. Die Bestellungen rissen nicht ab. Marie und ich bräuchten Rollschuhe! Ich schlug es ihr zwischen zwei Bestellungen vor und lachend schüttete sie Wein in eine Karaffe. Trotz der vielen Arbeit lachten und scherzten wir. Es war eine ausgelassene Stimmung und ich war froh, daß ich heute zur Arbeit gegangen war. Nicht einen Gedanken verlor ich an Matthias, der nach meinem Entschluß ziemlich sauer auf meinem Sofa zurückgeblieben war. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, aber das war jetzt verflogen. Marie grinste mir entgegen und wippte im Takt der Bässe, während sie sich auf den Weg an das Ende des Tresens machte. Ich tat es ihr gleich und spülte die Gläser im Takt. Wir nahmen diesen Abend mit unserer Heiterkeit auf die leichte Schulter. Was kann es Schöneres geben, wenn man für seine Arbeit, nicht nur Geld, sondern auch noch Spaß bekommt? Nach einer Weile machte Marie eine Handbewegung und deutete mir damit an, daß sie jetzt das Gläserspülen übernehmen wollte. Die Gäste zeigten durch Handbewegungen oder durch das Hinhalten von Geldscheinen ihre Bestellung an. Ich flitzte von einem zum anderen, merkte mir drei Dinge auf einmal und servierte.
„Sorry, ich hatte ein Mineralwasser bestellt.“, entgegnete mir ein Gast am Ende des Tresens, dem ich gerade ein Bier hinschob und dabei schon den nächsten Drink im Kopf hatte. Um besserer hören zu können, schaute ich ihn nicht an, sondern drehte ihm mein Ohr hin.
„Was meinten Sie?“, fragte ich freundlich.
„Ich hatte ein Mineralwasser bestellt, kein Bier!“, flüsterte es leise. Flüstern in der Disco! Na, wie ich das liebte!
„Ich hab Sie nicht verstan…..“ Weiter kam ich nicht. Mir stockten die Worte im Hals, als ich mich zu ihm herumdrehte und in zwei tiefschwarze Augen schaute. Seine Antwort war ein Grinsen. Verwirrt glotzte ich ihn an.
„Du…Sie…hier. Ich meine, in der Disco…und heute.“, brabbelte ich vor mich hin. Er zuckte mit den Schultern und deutete auf seine Ohren, daß er mich nicht verstand.
„In englisch, bitte. Ich hatte ein Mineralwasser bestellt.“, rief er mir lauter entgegen. Ohne nachzudenken redete ich mit ihm englisch.
„Oh, Entschuldigung. Ich bringe dir gleich eins.“, sagte ich zurück und holte ein Glas, das Mineralwasser aus dem Kühlschrank und steuerte abermals auf ihn zu. Er sah so verdammt gut aus, roch wieder so frisch nach Seife und er sprach diesen herrlich englischen Akzent. Plötzlich stockte ich kurz vor ihm. Er lächelte mich an und wartete auf sein Getränk. Jetzt, wie ein Geistesblitz, zuckte es durch meine verstaubten Hirnwindungen. Jetzt, weiß ich, was mich die ganze Zeit gestört hat. Er sprach im Auto englisch und im Krankenhaus deutsch. Genau DAS hatte mich stutzig gemacht. Warum diese Sprachkünste? Wollte er bei mir Eindruck schinden? Ich kam vor ihm zum stehen und reichte ihm das Glas.
„Warum redest du nicht deutsch mit mir?“ Er schaute mich ratlos an und deutete wieder auf seine Ohren. Nun wurde ich langsam sauer.
„Du hast mit mir im Krankenhaus deutsch gesprochen. Warum jetzt nicht?“ Er zuckte mit den Achseln. Gut, dachte ich mir, dann halt in englisch. Ich wiederholte meine Fragen.
„Weil ich kein Wort deutsch kann!“, lachte er und warf den Kopf dabei in den Nacken.
Nun wurde es mir zu bunt und ich ließ ihn einfach sitzen, zumal die anderen Gäste drängten und Marie nahe am Rande eines Nervenzusammenbruchs war. Während meiner Arbeit bemerkte ich wie er mich beobachtete. Jeden meiner Handgriffe. Dabei trank er mit einer erotischen Weise sein Mineralwasser aus. Unter seinen Blicken fiel mir die Arbeit jetzt schwerer und ich verschüttete mehr Getränke auf den Boden, als in die Gläser. Marie verdrehte die Augen, hatte aber keine Zeit zum meckern. Mir stieg durch das Gehetzte die Wärme zu Kopf. Mein Blick fiel in seine Richtung. Er drehte fragend den Kopf zur Seite und deutete mit seiner Hand auf seinen eigenen kleinen Finger der linken Hand. Ich verstand seine Geste und schüttelte den Kopf. Er wollte mir doch nicht etwa weis machen, daß er nicht wüßte, was mit meinem Finger war, den er heute Nachmittag badagiert hatte? Er fixierte mich weiter mit seinem Blick. Ich wand mich unter diesen Blicken und schaute immer wieder verstohlen in seine Richtung. Er deutete auf sein leeres Glas. Jetzt nervte er mich. Mit schnellen Schritten war ich bei ihm. Ich nahm sein leeres Glas und wollte ihm Mineralwasser nachfüllen. Mit einem sicheren Griff um mein Handgelenk verhinderte er meine Handlung. Fragend und abwartend schaute ich ihn an. Er blickte mir tief in die Augen. Der Funke zwischen uns sprang bei der Ballade `Your Secret Love` über. Mir wurde schwindelig und mein Herz klopfte bis zum Hals. Er ließ mich los und öffnete den Mund. Die Worte kamen leise über seine Lippen. Es war kein deutsch und auch kein englisch. Um ihn besser verstehen zu können, beugte ich mich weiter über den Tresen. Meine linke Gesichtshälfte war jetzt ganz nahe an seinem Gesicht. Er sprach immer noch ganz leise. Kein deutsch, kein englisch.
„Was meinst du?“, drehte ich fragend mein Gesicht zu ihm und war von seinem Gesicht nicht einmal zehn Zentimeter weit entfernt. In diesem Moment küßte er mich auf den Mund. Ganz zärtlich, ganz sanft. Ich stand wie zur Salzsäule erstarrt da und ließ mich vor allen Leuten küssen!?! Mit einem Ruck riß ich mich von ihm los und ließ meine freie Hand klatschend auf seine Wange sausen.

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