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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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07.06.2010 17:00 Des Menschen Sucht nach Leben von BlueNote
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Die Beschreibung:
Es ist wie ein Gebet, ein Lichtstreif, ein Windhauch, der mein Fenster öffnet und den Verstand mit hinaus ins Freie weht, ihn über Bäume hinweg durch das Land trägt, so dass Menschen mit Fingern auf ihn zeigen können. Ich setze ein großes, weißes Segel. Das ist, was ich fühle.
Die Begründung:
Glaube nur nicht, dass dein Leben lang genug sei! In diesem Moment ist es bereits schon wieder zu spät für genau diesen einen Moment. Immer wird es zu spät sein! Für das Leben, die Liebe, das Klima, die Fortpflanzung - für die Menschen in den Gräben, in den Lagern, in den Todeszellen. Viel zu spät, ihnen jetzt noch eine Träne nachzuweinen.
Die Alternative:
Halte mich nicht auf! Ich muss vorankommen in meinem Leben! Es möglichst schnell hinter mich bringen! Ich muss die Lebensleiter hinaufklettern, die Meere durchschwimmen, die Berge bezwingen, die Lüfte erobern! Ich renne über Wiesen, über Felder, vorbei am Wasser, hier am breiten Strom entlang, muss hinüber auf die andere Seite, denn dort befindet sich das, was ich ein Leben lang gesucht habe: mein Glück, der Sonnenschein, der Regenbogen. Oder vielleicht doch nur mein Grab.
Der Zweifel:
Die Luft ist so bewegungslos. Wie kann die Welt um uns herum Wirklichkeit sein? Der Vogel, der sich in der Luft hält, das Segelboot, das nicht untergeht, die Wahrheit, die für alle Menschen gleich ist, mein Leben, das in vorhersehbaren Bahnen verläuft und gelenkt wird von Richtlinien, die sich irgendwer ausgedacht hat?
Die Richtlinien:
Achte darauf, dass du immer ein sauber gewaschenes Gesicht hast, sich deine Gedanken innerhalb der Richtlinien bewegen, du deinen Wagen nicht im Parkverbot abstellst, du nicht lügst, du nicht mordest, du nicht lauter schreist, als es dein Nachbar ertragen kann! Und achte vor allem darauf, dass dein Haus keinen Schatten wirft! Bedenke aber auch den Unfug, den du in die Welt setzt, der nutzlos herumliegt und auch noch Jahre nach dir nutzlos herumliegen wird. Vergiss aber vor allem nie, so sagt es die Richtlinie, immer weiter diese Straße entlang zu laufen, durch U-Bahnschächte, durch Tunnel, durch Gänge, durch Rohre! Zwänge dich durch Öffnungen, denn der Mensch sucht sein Leben lang nach einer passenden Öffnung, durch die er sich zwängen kann! Und so zwänge auch du dich durch dein Leben und durch die Zeit! Strebe zum Licht, wie die Pflanze, die sich durch die Erdekrume bohrt, gehe weiter, bleibe niemals stehen, denn der Stillstand bedeutet den …
Der Ratgeber schreibt vor:
Die Zündschnur nicht feucht werden lassen! Den Holzstab durch die Öffnung der Flasche führen und bis auf den Grund gleiten lassen! Die Schnur anzünden, sich schnell entfernen! Nach wenigen Augenblicken werden Sie Ihr Wunder erleben, Ihr blaues und rotes Wunder! Es wird Sie begeistern! Sie werden beten, dem Hersteller danken und vor Begeisterung zu schreien beginnen, ihre Kinder umarmen und ihre Frau küssen. Und vielleicht werden Sie vor Glück weinen. Fühlen Sie ihr Leben jetzt, fühlen Sie, worauf es ankommt! Wachen Sie auf, kehren Sie um, leben Sie mit! Ehe es endgültig zu spät ist. Zu spät, um zu leben, zu lieben, zu empfinden, zu träumen, zu vegetieren.
Das Ergebnis:
Viele sind begeistert, schwören auf die Wirkung und zeigen es offenherzig mit dem leuchtenden Glanz ihrer Augen. Kommen nicht los und wollen nicht loskommen. Sind gefangen in sich und von der Faszination. Wir helfen Ihnen gerne! Pfeifen Sie auf die Wirklichkeit, auf ihre Stellung, die Gesellschaft, das Publikum, die Anerkennung, die Beförderung, den Aufstieg, das Fliegen, die Menschen, die Farben, die Liebe, das Leben, die Gesundheit, das Glück und wählen Sie einfach: den schleichenden Tod!
Weitere Werke von BlueNote:
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Ilona Klammeraffe
I
Beiträge: 558 Wohnort: irgendwo in Hessen
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I 07.06.2010 21:52
von Ilona
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Soirry, auf mich wirkt das recht abstrus. Was willst Du denn damit sagen?
Grüße
Ilona
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dschingis Eselsohr
Alter: 52 Beiträge: 305
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08.06.2010 07:11
von dschingis
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Das ist die Ironie eines überaus glücklichen, äußerst zufriedenen, völlig zielgerichteten, durchaus ausgeglichenem Menschen.
Warum Glückliche Grund zur Ironie haben? Weiß ich auch nicht.
Zitat: | Viel zu spät, ihnen jetzt noch eine Träne nachzuweinen.
| Und davon friert mich. Aber das ist okay, ich liebe Kälte.
Dein Text ist unverständlich, wahrscheinlich. Mich hat er aus zwei Gründen mehr berührt, als alles, was ich hier je zuvor gelesen habe. Aber da werde ich wohl alleine mit sein. Glaube ich. Und das ist ein Grund, der zwei.
Darf ich Dir Federn anbieten? Ich weiß, die sind Dir egal ...
Bianka
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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08.06.2010 13:15
von BlueNote
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Zitat: |
Darf ich Dir Federn anbieten? Ich weiß, die sind Dir egal ...
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Federn Federn! WO???
Ich bin ganz verrückt auf diese Federn! Kann es sein, dass du mich verwechselt hast? Ein bisschen (geteert und ein bisschen) gefedert und alles ist doch echt flauschig. Was will man mehr?
Aber Spaß beiseite, wir haben hier ja schließlich einen sehr ernsthaften Text zu besprechen. Die Frage "Was willst Du denn damit sagen?" lässt mich zwar immer ein bisschen in mich selbst zusammensacken, aber sei's drum - hier folgt eine Semi-Erklärung des Autors: Die Substantive im Titel "Mensch", "Sucht" und "Leben" bilden ein Dreieck, in dessen Grenzen der Leser selbst seine eigene Welt entdecken muss und bestenfalls über die Menschen, das eigene Leben oder die eigene Sucht nachdenken wird. Und dschingis, deine Kritik war die schönste, die ich bisher bekommen habe Ich hoffe, du überlegst es dir nicht noch anders.
Eine seltsame Episode am Rande: Ich hatte diesen Text in einer Rohfassung bereits schon einmal auf einer Homepage veröffentlicht. Darauf schrieb mir ein Mädl, sie hätte mit diesem Text ein Casting (??) gewonnen und damit ihre Sucht (??) überwunden. Merkwürdig, nicht?
Zitat: |
Aber da werde ich wohl alleine mit sein.
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Das glaube ich allerdings auch. Aber ich finde, es reicht, wenn der Text dem Autor und wenigstens einem Leser gefällt.
BN
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dschingis Eselsohr
Alter: 52 Beiträge: 305
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08.06.2010 14:18
von dschingis
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BlueNote hat Folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Darf ich Dir Federn anbieten? Ich weiß, die sind Dir egal ...
|
Federn Federn! WO???
Ich bin ganz verrückt auf diese Federn! Kann es sein, dass du mich verwechselt hast? | nein, ich hatte keine Ahnung,wer sich hinter diesem I. versteckt, aber ich habe mit dem Autor dieses Textes gesprochen und bei dem vermutete ich eine völlige Federngleichgültigkeit. Also schön, wenn Du geteert und gefedert werden willst, werde ich Dir Deinen Wunsch nicht abschlagen ...
BlueNote hat Folgendes geschrieben: |
Und dschingis, deine Kritik war die schönste, die ich bisher bekommen habe Ich hoffe, du überlegst es dir nicht noch anders. | Aber woher denn? Es ist meine Meinung und was sollte Deine Erklärung daran ändern? Im Gegenteil. Dein Text hat mich erinnert und das hat mit Deiner Erklärung nichts zu tun.
BlueNote hat Folgendes geschrieben: |
Eine seltsame Episode am Rande: Ich hatte diesen Text in einer Rohfassung bereits schon einmal auf einer Homepage veröffentlicht. Darauf schrieb mir ein Mädl, sie hätte mit diesem Text ein Casting (??) gewonnen und damit ihre Sucht (??) überwunden. Merkwürdig, nicht? | Ein bisschen mehr Respekt vor der Wirkung Deiner Texte, bitte!^^
BlueNote hat Folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Aber da werde ich wohl alleine mit sein.
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Das glaube ich allerdings auch. Aber ich finde, es reicht, wenn der Text dem Autor und wenigstens einem Leser gefällt.
| Von "gefallen" kann keine Rede sein. Gefallen ist anders. Aber wem gefällt schon, was man fühlt, denkt und sagt?
Gerade darum gut.
Bianka
_________________ Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.
Voltaire
zuletzt appeliert alles Erzählen an ein latentes Vorwissen des Lesers - und bleibt in seinem Gelingen von dessen Fülle abhängig. - Hans Wollschläger |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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08.06.2010 23:30
von BlueNote
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Hi Dschingis,
Zitat: |
vermutete ich eine völlige Federngleichgültigkeit.
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Wo gibt's denn so was: Federngleichgültigkeit?
Ich habe mich sehr gefreut!
Ciao
BlueNote
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Gast2 Eselsohr
G
Beiträge: 459
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G 16.06.2010 16:36 ... von Gast2
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Hallo BN,
ich habe das erst jetzt gelesen und bin schwer beeindruckt! Ein völlig anderer BN.
Mehr habe ich nicht zu dem Text zu sagen, ist alles gesagt.
Liebe Grüße
Heidi
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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16.06.2010 16:43
von BlueNote
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Hi Dela,
das ist für mich das Faszinierende am Schreiben: immer mal wieder ein bisschen anders zu schreiben. Die "authentische" Schreibe, also eine Schreibe, die sich immer nur selbst treu bleibt, überlasse ich gerne dem ... ähm den anderen.
Ich bin beeindruckt, dass du schwer beeindruckt bist, ist der Text doch sehr theoretisch - und nicht unbedingt besonders "durchsichtig" (ohne Erklärung). Sogar ziemlich "konstruiert" ... Aber ich mag nun mal konstruierte Texte ... Für mich ist das nichts Negatives.
Zitat: |
Mehr habe ich nicht zu dem Text zu sagen, ist alles gesagt.
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Ja, vor allem vom Autor
Ciao
BN
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Gast2 Eselsohr
G
Beiträge: 459
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G 16.06.2010 17:00 ... von Gast2
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Es ist vom Autor BN im Text für mich alles gesagt.
Im ersten Teil erklärst du das Leben eines jeden-sehr schön am Beispiel des weissen Segels, die Offenheit.
Dann die Lebenssucht, möglichst viel/alles mitzunehmen, voran zu kommen, aber doch das Gefühl zu haben, eigentlich etwas anderes zu wollen.
Daher entsteht der Wunsch auszubrechen, sich gegen die Regeln zu sträuben, sei es in etwas-einer Sucht Halt zu finden, die aber wieder nur vorgaukelt und den Menschen zugrunde richtet!
So verstehe ich den Text.
Berichtige mich, denn ich habe die Kommentare und auch deinen
nicht gelesen.
Liebe Grüße
Heidi
-dachte auch, dass du nicht gefedert werden willst, wie komme ich darauf?
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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16.06.2010 17:09
von BlueNote
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Auf keinen Fall! Ich lese die Deutungen der Leser viel lieber als meine eigene. Manchmal glaube ich auch, der Leser hat mehr Recht, als ich selbst.
(Kürzlich wollte mir jemand diese Haltung tatsächlich ausreden.)
OK! Manchmal glaube ich es - aber nicht immer
BN
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Gast2 Eselsohr
G
Beiträge: 459
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G 16.06.2010 17:12 .. von Gast2
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Sehr gut-so sollte es sein.
Mir ist es auch wichtig, was MIR der Text sagt, wenn auch der Autor vielleicht etwas anderes meinte.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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16.06.2010 17:16
von BlueNote
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Zitat: |
Mir ist es auch wichtig, was MIR der Text sagt, wenn auch der Autor vielleicht etwas anderes meinte.
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Sehr vernünftig! Diese Aufklärungen des Autors finde ich immer ein wenig peinlich. Aber ich mach das auch immer wieder mal - allerdings mehr so als Ansprorn zur Kritik oder Interpretationshilfe gedacht.
BN
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Azura Leseratte
A Alter: 30 Beiträge: 113 Wohnort: Freiburg
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A 16.06.2010 20:35
von Azura
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"Manchmal glaube ich auch, der Leser hat mehr Recht, als ich selbst"
Dem Satz stimme ich vollkommen zu. Wieso solltest du dir den ausreden lassen? (Manchmal merke ich erst durch die Meinung eines Lesers, was ich mit einem Text unbewusst sagen wollte. Tja, wenn ich denken würde, bevor ich schreibe...)
Aber jetzt zum Text selbst. Ich mag diesen ironischen Unterton, der alles zerreißt, für mich ist es so, als sei sowohl das "im-Moment-Leben" als auch das "auf-ein-Ziel-zuleben" verwerflich, alles daran ist unsinnig, aber schön ist es trotzdem... Soweit meine Gedanken dazu. Ich finde den Text sehr gut gelungen, auch wenn der Leser einfach ins kalte Wasser geworfen wird, der Text beginnt sehr plötzlich und ich musste erst einmal stutzen, für mich war da so gut wie keine Einführung - aber das braucht es auch gar nicht. (Ich gehe gern im kalten Wasser schwimmen)
Insgesamt finde ich die aufgefassten Gedanken sehr spannend, solchen Lebensunsinngedanken begegnet man nicht an jeder Straßenecke, und schon gar nicht mit so einer schönen Verpackung. Besonders gefällt mir der erste Absatz, die Bilder sind sehr schön und es ist eine sehr eigene Beschreibung.
Fazit: ♥
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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17.06.2010 13:24
von BlueNote
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Hi Azura,
Zitat: |
Manchmal merke ich erst durch die Meinung eines Lesers, was ich mit einem Text unbewusst sagen wollte.
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Ich schreibe zwar meistens eher bewusst als unbewusst, wichtig ist aber doch, was beim Leser ankommt. Als Schreiber muss man lediglich dafür sorgen, dass das noch im Rahmen bleibt.
Zitat: |
Tja, wenn ich denken würde, bevor ich schreibe
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Bist du ein Medium Außerirdischer - oder der Sklave deiner Gedanken?
Zitat: |
der Text beginnt sehr plötzlich und ich musste erst einmal stutzen
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Ich habe mir den Text eher als Sprechtext (Sprechtheater) oder als Radio-Feature gedacht, weniger als Erzählung mit den üblichen Konventionen. Dafür ist diese DSFo-Untergruppe ja auch da - wobei auf diesen Text aber weniger der Begriff "Biografisches" zutrifft, denn es handelt sich ja eher um einen Vortrag von Gedanken.
Ich danke dir für deinen Kommentar.
... und wenn du gerne im kalten Wasser schwimmen gehst, dann haben wir im Moment ja genau die richtige Witterung für dich
Ciao
BN
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