Ruhe Sanft

[elis]

Den Text habe ich als Studentin zusammen mit einem Freund geschrieben. Wir dachten damals an eine Sendereihe mit dem Titel "Dein Recht das unbekannte Wesen" und hatten von einem Fall gehört, bei dem es um einen nicht erfüllten Bestattungsvertrag ging.

"Je jünger man ist, desto absurder erscheint es einem, im Voraus zu planen, wie die künftigen Hinterbliebenen dereinst die eigene Beisetzung zelebrieren sollen. Und natürlich fragt man sich, wie die Vertragsverhandlungen aussehen könnten, beispielsweise dann, wenn eine resolute ältere Dame auf einen noch etwas unerfahrenen Bestatter trifft. So vielleicht?

An einem wunderschönen Frühlingstag morgens gegen 11 Uhr 30 betritt eine ältere Dame die Räumlichkeiten des Bestattungsunternehmens „Ruhe sanft“.

Bestatter: Einen wunderschönen guten …
Kundin: Wo kann ich mich setzen?
Bestatter: Bitte hier. – Was führt Sie zu mir, was kann …
Kundin: Setzen, Mund halten, folgendes: Sie wissen genau, der Mensch stirbt, mal früher, mal später, und wenn Sie weiter so viel rauchen, werden Sie mir noch zuvorkommen, junger Mann.
Bestatter: Aber …
Kundin: Kein Aber, junger Mann, widersprechen Sie nicht dauernd, das gehört sich nicht gegenüber dem schwachen Geschlecht.
Bestatter: Aber sehr verehrte gnädige Frau, ich wollte …
Kundin: Fräulein, mein Herr, werden Sie nicht anmaßend, setzen Sie sich endlich hin und halten Sie die Klappe. Nehmen Sie Vorbestellungen entgegen?
Bestatter: Aber selbstverständlich, unsere Firma  ist bekannt für …
Kundin: Gut, notieren Sie – Wie ich eben schon sagte, ist der Mensch sterblich.Wenn es also mich erwischen sollte, will ich folgendes geregelt wissen: Bei normalen Fällen gibt es Blumenschmuck, Glockengeläut und feierliche Predigten. Blumen will ich …
Bestatter: Aber selbstverständlich bekommen Sie Blumen, gnädige Frau, äh Fräulein.Rosen, Tulpen, Nelken, Vergissmeinnicht, ach dieser Duft, diese Blütenpracht,diese herrlichen Farben …
Kundin: Dieses Gemüse finden Sie schön? Daran verdienen noch nur die Gärtnereien?
Bestatter: Aber eben sagten Sie doch: Blumen will ich.
Kundin: Will ich nicht, junger Mann, das kommt davon, wenn Sie mich nicht ausreden lassen. Ich kann Blumen nicht ausstehen. Und was den Pfarrer betrifft …
Bestatter: Haben wir ein einmaliges Exemplar an der Hand, unschlagbar. Wir haben fünf Grundpredigten zur Auswahl, die aber selbstverständlich ganz nach Belieben kombiniert werden können. Und wenn Sie vielleicht spezielle Wünsche haben?
Kundin: Die habe ich, junger Mann.
Bestatter: Sehr wohl, und was darf ich notieren, gnädiges Fräulein?
Kundin: Nichts, Jungchen, Ihren Pfarrer können Sie behalten.
Bestatter: Und wie darf ich das verstehen?
Kundin: Sagen Sie mal, sind eigentlich alle Ihre Kollegen so schwer von Begriff? Seit Stunden versuche ich Ihnen begreiflich zu machen, dass ich keinen Pfarrer will und Predigt schon gar keine.
Bestatter: Aber was können wir denn dann für Sie tun? Seit Jahrzehnten ist unser Institut bekannt für seine geschmackvollen Arrangements, unsere Klienten waren immer sehr zufrieden.
Kundin: Das kann ja jeder sagen, aber kommen wir zur Sache, und jetzt hören Sie gefälligst einmal bis zum Ende zu.Also, keine Blumen, kein Pfarrer, keine Predigt, sondern: Feuerbestattung, und das Ganze bei den Klängen von (singend)  Yesterday, all my troubles seemed so far away .. dadada …
Bestatter: (singt mit) Now a shadow’s hanging over me …
Kundin: (Gesang abrupt abbrechend) Sind Sie eigentlich immer so kindisch, mit Ihnen kann man ja kein ernstes Wort reden.
Bestatter: Jetzt versteh ich gar nichts mehr.
Kundin: Das merk ich auch. Also, wie ist es? Können Sie meine Anweisungen jetzt festhalten oder geht das über Ihren Horizont?
Bestatter: Ich muss doch wirklich ..... jetzt mal wiederholen, was ich mir notieren durfte.
Erstens: Der Mensch ist sterblich.
Zweitens: Im Falle Ihres Ablebens keine Blumen,
Drittens: kein Pfarrer
Viertens: keine Predigt
Fünftens: Feuerbestattung
Sechstens: Yesterday.
Kundin: Na bitte, jetzt geht’s ja auf einmal. Sie brauchen offenbar nur eine feste Hand.
Bestatter: Soll das heißen, dass Sie mit allem einverstanden sind?
Kundin: Aber selbstverständlich junger Mann. Wo muss ich unterschreiben? Nun geben Sie schon her."

[*Gast*]

Guten Morgen elis,

kein Text, den ich in dieser Rubrik erwartet hätte. Viel zu gut!

Die alte Dame ist mir richtig sympathisch. Einen schönen Einstand hast Du hier mit ihr geliefert.

Lieben Gruß
Sabine