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Taugenichts Reißwolf
Alter: 38 Beiträge: 1201
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21.04.2009 00:15 Es ist wie von Taugenichts
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Es ist wie
Es ist wie
tote Telefone
und verbogene Löffel,
man kann gut
damit leben,
wenn man selbst
ein paar Risse hat.
Es ist wie
leere Landstrassen,
mit Kreuzen
am Seitenstreifen,
es ist wie,
Grashalme pflücken
und Lieder darauf pfeifen
und sich dafür
als Mörder zu fühlen.
Es ist wie
blaue Hunde,
die miteinander reden,
nur um nicht
alleine denken
zu müssen.
Es ist wie
so kalt und leer
geworden zu sein,
dass man mehr
Wärme in sich hat,
als man je
bei Anderen
gesehen hat.
Es ist wie
unendlich viel
besser und größer
als alle Anderen zu sein,
aber trotzdem
ganz hinten
im Marathon
mitzulaufen.
Es ist wie
ein verdammter
Chauvinist zu sein,
obwohl man
nichts mehr mag,
als Frauen.
Es ist wie
melancholische
Gedichte schreiben,
nur um sie am Ende
ins Lächerliche
zu ziehen.
Geht ein Mann
zum Pathologen
und sagt:
haben sie mal
n' Ohr für mich?
Weitere Werke von Taugenichts:
_________________ Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage. |
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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21.04.2009 07:01
von Enfant Terrible
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Das Gedicht ist sehr gefühlvoll und begeistert durch schlichte, dennoch ergreifende Bilder. Du umschreibst die Verzweiflung, die Vereinsamung mit "Es ist wie" - nur muss ich leider sagen, dass es mir der "wie"'s gegen Ende des Werks doch ein bisschen zu viel wird, sodass die Aufzählung ein bisschen ihren Reiz und ihre Kreativität verliert. Du fängst mit brillianten Metaphern an und sinkst dann in Allgemeinheiten ab, die zwar durchaus Sinn ergeben und wahr sind, aber eben diese lyrische Dringlichkeit missen lassen. Das Gefühl verflüchtigt sich, es bleibt ein Hauch von Lamento zurück, und das Gedicht plätschert nur noch dahin.
Zitat: | Es ist wie
tote Telefone
und verbogene Löffel,
man kann gut
damit leben,
wenn man selbst
ein paar Risse hat. |
Top. Deine ersten Strophen sind oft eben die besten, und diese hier besonders. Auf den ersten Blick so einfach ... und doch, wie viel ist in diesem Vergleich drin!
Zitat: | Es ist wie
leere Landstrassen,
mit Kreuzen
am Seitenstreifen,
es ist wie,
Grashalme pflücken
und Lieder darauf pfeifen
und sich dafür
als Mörder zu fühlen. |
Auch das ist noch sehr stark - eben weil es Fragen aufwirft. Warum fühlt sich das LI beim Pflücken und Pfeifen als Mörder? Ich interpretiere es als weitere Steigerung der Einsamkeit. Wenn man das Gras und das Pfeifen als Symbole des Lebens interpretiert, dann fühlt sich das LI in seiner Depression unberechtigt, als Verbrecher, gar als Mörder, am Leben teilzuhaben. So ungefähr deute ich das zumindest - und die Strophe gefällt mir, weil sie sich wieder richtig anfühlt.
Zitat: | Es ist wie
blaue Hunde,
die miteinander reden,
nur um nicht
alleine denken
zu müssen. |
Hier allerdings sackt es schon ein bisschen ab. Für meinen Geschmack fehlt der Strophe Substanz; sie ist zu allgemein und gerade deshalb nicht dicht genug, um mich vom Hocker zu reißen.
Blaue Hunde? Warum blaue Hunde? Sie reden, um nicht alleine denken zum müssen. Schön, wahr - aber irgendwie auch zu wenig.
Zitat: | Es ist wie
so kalt und leer
geworden zu sein,
dass man mehr
Wärme in sich hat,
als man je
bei Anderen
gesehen hat. |
Auch hier kann ich nur nicken, dennoch berührt es mich nur bedingt. Kälte, Wärme ... ein sehr flacher Gegensatz, aus dem sich viel mehr herausholen ließe.
Dasselbe gilt auch für alle restlichen Zeilen: Du greifst Situationen auf, aber du ritzt sie nur am Allgemeinen an, du lässt mich nicht miterleben. Die Situationen sind zu wenig verdichtet - sie haben alle eine Wahrheit in sich, aber diese erscheint zu flach. Besser kann ich es leider nicht beschreiben.
Und das Ende? Da bin ich, um ehrlich zu sein, ein bisschen verwirrt. Wenn du mit "Ohr" ein ganz normales menschliches meinst, dann ist die Metapher nahezu treffend. Schön zynisch wäre sie, wenn man das "Ohr" als "Gehör schenken" deutet: Das LI fühlt sich so innerlich tot, dass es nur noch mit dem Pathologen reden kann.
Fazit: Guter Ansatz, allerdings zu breit getreten - das passiert allerdings oft, wenn man sich einen roten Faden wie das "Es ist so" nimmt, der sich immer wiederholt. Man ist oft versucht, immer weitere Strophen anzufügen, weil sie sich so schon an dem Thema aufziehen lassen.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Taugenichts Reißwolf
Alter: 38 Beiträge: 1201
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21.04.2009 09:21
von Taugenichts
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Ja, die Strophen werden immer schwächer....
"Es ist wie
melancholische
Gedichte schreiben,
nur um sie am Ende
ins Lächerliche
zu ziehen."
Da steht auch, dass es Absicht ist, die Frage wäre dann eher gewesen, warum das Gedicht immer schwächer wird und dann sogar in einem Witz endet... naja
_________________ Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage. |
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JGuy Mann spricht deutsch
Beiträge: 339 Wohnort: Saarpfalz
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21.04.2009 10:58
von JGuy
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Hallo, Taugenichts.
Deine Intention bezogen auf den Witz am Ende wurde mir schon beim Lesen der vorletzten Strophe klar und es zeichnete sich ab, dass etwas dergleichen kommt. Allerdings erscheint mir dieser hohle Witz erstens etwas zu brachial und zweitens so völlig aus dem Zusammenhang gerissen.
Ich hätte es vorgezogen, am Schluss etwas zu lesen, was vielleicht thematisch eher in den Kontext passt und einen erst einmal verblüfft, so dass dem Leser erst auf den zweiten Blick klar wird, dass das ins Lächerliche ziehen auf dieses Ende anspielt.
Das hätte dem Anfang, der mich wirklich angesprochen hat, einen fabelhaften Schlusspunkt aufgesetzt.
So empfand ich die Pointe eher enttäuschend.
_________________ ... on the other hand, a little knowledge and a vivid imagination can really make a person cuckoo.
-Wilson Wilson jr.-
Writer's block is a fancy term made up by whiners so they can have an excuse to drink alcohol.
-Steve Martin- |
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