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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 04:13
Kopfschmerzen
von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Mitstreiter, dieser Text ist für die Werkstatt bestimmt.
Wie bereits "Der Spieler", gehört dieser Abschnitt zu meinem Romanprojekt. Beide Texte können unabhängig voneinander gelesen werden. Chronologisch spielt dieser Text vor "Der Spieler".

Es handelt sich hierbei um die Einführung zweier Polizisten, primär der weiblichen Protagonistin.
-------------------------------------------------------------------------------------

Der Herbst hatte bereits tiefe Spuren in New York hinterlassen. Ein milder Wind wechselte sich mit starken Regengüssen ab und bereiteten einem großen Teil der Bevölkerung starke Kopfschmerzen, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch Julia Perkins, Lieutenant des NYPD, war nicht verschont geblieben. Die verschriebenen Medikamente waren nur kurzzeitig wirksam geblieben und hatten zu erneut heftigen Migräneanfällen und starker Übelkeit geführt. Sie war vom Betriebarzt krank geschrieben und bis auf weiteres beurlaubt worden. Widerwillig hatte sie es geschehen lassen.

In ihrer Wohnung hatte sie das Radio auf Maximum aufgedreht und war eingeschlafen. Endlich. Ihre Dienstwaffe lag neben ihr, eine leere Johnny Walker schlummerte am Fußende ihres Bettes. Überall lagen Kleidungsstücke von ihr verstreut. Die Vorhänge waren zugezogen und MMFD, der örtliche kleine Metall-Sender, versuchte mit einer „Metall non- Stopp “- Aktion eine neue Hörerschaft zu gewinnen. Ihr bescherte sie endlich wieder Schlaf.
 
Plötzlich wurde sie aus ihrem Schlummer gerissen.
»Hey, Leute, wir müssen unser Programm leider kurz unterbrechen für ‘ne wichtige Mitteilung. Der Chirurg konnte seine Führung weiter ausbauen. Der neue Stand: Der Chirurg führt mit 9, die Bullen weit abgeschlagen mit 0. Und weiter geht’s mit Sepultura und Roots, Bloody, Roots...«
Das Radio verabschiedete sich in kleinste Teile und die abrupte Stille bewirkte in ihr sogleich ein stetig anwachsendes Ohrenrauschen. Julia legte ihre Magnum zurück aufs leere Kopfkissen neben sich.
»Verdammt!«

Ein dumpfer Schmerz schlich sich langsam hinzu. Julia Perkins drückte ihren Kopf tiefer ins Kissen, als das erste Stechen ihren Hinterkopf erreichte und sich ein hoher Summton von den Seiten an ihre Schläfen drückte.
Absolute Stille war in ihrer Wohnung, aber in ihr herrschte Krieg, zu dem sich noch Zorn hinzugesellte.
Sie würgte den eigenen Ärger hinunter und wünschte sich das verdammte Radio zurück.
An Schlaf konnte sie nicht mehr denken.
Sie ignorierte das aufkommende Stechen und konzentrierte sich auf das beruhigende Ohrenrauschen.

Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken und mit einem wissenden Lächeln erhob sie sich und schlurfte zur Haustür.
Dich schickt der Himmel.
 
Nachdem sie den Summer betätigt hatte, ließ sie die Haustür einen Spalt geöffnet und trabte zurück ins Schlafzimmer. Als sie Schritte am Eingang hörte, schaltete sie die Nachttischlampe ein und blickte erwartungsvoll auf den Flur.
»Äh, hallo, Julia«, sagte Sam Elliot, als er ihr Schlafzimmer betrat, sich kurz umsah und die Einzelteile des Radios auf dem Fußboden verstreut vorfand.
»Hallo Sam, schön dich zu sehen. Wie geht’s dir?«, zog Julia Perkins sein Interesse zurück auf sich. Sie verzog dabei ihr Gesicht, denn die Migräne war noch nicht abgeflaut.
»Na ja, nicht so besonders. Unser gemeinsamer Freund »Der Chirurg« hat wieder zugeschlagen« , erwiderte Sam.
»Ja ich hab‘s schon im Radio gehört.«
»Ach so deshalb«, grinste Sam Elliot. »Na ja, auf jeden Fall haben wir bis jetzt nur drei Finger und einen Hodensack gefunden«, erklärte er.
»Ist doch toll. Wir machen Kopien von diesem Hodensack, hängen sie dann in der Stadt aus und fragen, ob dieser Sack jemandem bekannt vorkommt«, ätzte Julia.
»Ich mach uns jetzt erst mal einen Kaffee. In der Zwischenzeit kannst du dich anziehen«, sagte Sam und ging in die Küche.

Julia zog ihre Magnum hervor, schnappte die Trommel auf und nahm alle Patronenhülsen heraus. Dann schnappte sie die Trommel zurück und ließ sie mit ihren zarten Fingern rotieren. Sie hörte Sam in der Küche herumwerkeln und spannte den Hahn.
Den Lauf gegen ihre Schläfe gepresst, schloss sie die Augen und drückte ab.
Das Leben wird mich einen Tag länger haben.
Sie lächelte, legte ihre Waffe aufs Kissen und fing an sich anzukleiden.

Als sie die Küche betrat, hatte Sam bereits den Tisch hergerichtet. Sie gesellte sich zu ihm und sah ihm dankend in sein freundliches Gesicht. Er bemerkte den schwachen Abdruck des Laufs an ihrer linken Schläfe, sagte aber nichts, sondern goss ihr Kaffee ein und meinte lapidar: »So, es ist hergerichtet, Prinzessin. Nehmen sie bitte Platz.«
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gold
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4943
Wohnort: unter Wasser
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Beitrag27.07.2013 09:41

von gold
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Zitat:
Da lachte jedes Spielers Herz.

kleine Anmerkung:hast dich sicher verschrieben:
es muss heißen: da lachte jedes Spielerherz.

Lg gold


_________________
es sind die Krähen
die zetern
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Make Tofu Not War (Goshka Macuga)

Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso)
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Paradigma
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 54
Beiträge: 959
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Beitrag27.07.2013 10:12

von Paradigma
Antworten mit Zitat

Hallo Constantin,

manches erscheint mir an diesem Text absolut unlogisch.

Menschen mit Kopfschmerzen, vor allem mit Migräne, sind Licht- und Geräuschempfindlich. Never ever würde man sich da den Metall-Sender auf volle Lautstärke einstellen und dabei einschlafen. Das wäre im Gegenteil die reinste FOLTER!

Das Radio verabschiedete sich in kleinste Teile? Hä? Nach längeren Überlegen komme ich zu dem Schluss, das es die Prota an die Wand geworfen hat? Du kannst das ja mal versuchsweise ausprobieren: Nie und nimmer zerspringt das Radio in kleinste Teile bei so einer Aktion. Beschädigt, Gehäuse kaputt - ja. Aber "kleinste Teile" bekämst du nur, wenn sich IM Radio ein Sprengsatz befunden hätte, der explodiert ist ...

Mit Migräne hat man übrigens auch keine Lust, sich aufzusetzen und mit Gewalt ein Radio durch die Gegen zu werfen - weil das zu einem heftigen Schmerzanstieg führen würde durch die Blutdruckveränderungen.

Ist Sam Elliot ihr Lover? Nie und nimmer empfängt eine Frau ihren Kollegen im Bett liegend ... oder hat sie nur ein Schlafzimmer, aber keinen Wohnraum mit Sofa, auf das sie sich legen könnte. Besuch will man mit Migräne übrigens auch nicht kriegen.

Und einen sichtbaren Abdruck an der Stirn zu hinterlassen, muss man einen Gegenstand über längere Zeit fest anpressen - oder kurze Zeit so fest, das es ECHT weh tut. Kannst ja mal ausprobieren. Aber bitte nicht mit einem Revolver.


_________________
Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.

William Faulkner
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 11:08

von Constantine
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Hallo Para,

vielen Dank für dein sehr hilfreiches Feedback, was die Logiklöcher angeht. Mit Migräne habe ich persönlich keine Erfahrung, wie man unschwer am hiesigen Textbeispiel gesehen hat. Stattdessen bin ich in vielerlei Hinsicht über das Ziel hinausgeschossen.

Was das Schicksal des Radios angeht, so habe ich es zeimlich schwammig rübergebracht, aber nur zur Klärung: Julia Perkins wirft das Radio nicht gegen die Wand. Für diese Kraftanstrengung wäre sie nicht in der Lage. Stattdessen hat sie es mit einem gezielten Schuss zum Schweigen gebracht.
Finde die Idee, es mit einem kräftigen Wurf zum Schweigen zu bringen besser.

In Anbetracht meiner falsch beschriebenen Migräne muss ich einiges neu überdenken.

Sam Elliot ist nicht ihr Lover. Von ihrer Seite kam, so hoffe ich, kein Signal in diese Richtung. Deinen Gedanken mit der Couch werde ich sehr gerne übernehmen.
Sie sind Kollegen, die sich lange kennen, und auch wenn Julia Perkins vieles verdrängt, Sam Elliot kennt sie gut und weiss um ihre emotionalen Probleme.

Julia wollte ich darstellen, dass sie emotional instabil ist. Anstelle das Radio auszuschalten, lässt sie ihre Wut und ihren Frust daran aus. Und dieses "Spiel" mit dem leeren Revolver, sollte es auch zu verdeutlichen versuchen, dass wir es eigentlich mit einer Polizistin zu tun haben, die lieber nicht im Dienst sein sollte.

Meine Idee wäre jetzt, entweder ich verzichte völlig auf die Migräne und zeige Julia Perkins, die aufgrund unkontrollierter Wutausbrüche erstmal suspendiert ist, im Bett liegen und das Radio mit voller Lautstärke laufen lässt. In kleinste Einzelteile wird es sodann nicht atomisiert, aber die Radio-Meldung wird dazu führen, dass das Radio mit einem kräftigen Wurf gegen die Wand zum Schweigen gebracht wird.

Oder ich bleibe bei meiner Migräne-Idee und lasse das Radio weg. Sam Elliots Besuch würde sie anfangs nicht haben wollen, aber aufgrund wichtiger Ereignisse empfängt sie ihn doch, wo er ihr eigentlich das erzählt, was im Radio erwähnt worden ist.
Ich glaube, mit der Migräne mache ich mir das Leben ziemlich schwer.

Was meinst du?

LG,
Constantine
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 11:11

von Constantine
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Danke gold. Deine Korrektur habe ich übernommen.

LG,
Constantine
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MiaFey
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 49
Beiträge: 116
Wohnort: München


Beitrag27.07.2013 11:14

von MiaFey
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Hallo Constantine,

da ich ein Migräneopfer bin, muss ich Paradigma recht geben.  Dunkelheit und Ruhe ist da angesagt.  Kein Radio und wenn es noch so leise wäre.

Aber mir ist noch etwas aufgefallen. Auch wenn sich das in den Staaten abspielt. Aber vom Betriebsarzt krankgeschrieben und bis auf weiteres beurlaubt???
Ja was denn nun? Krank oder Urlaub?

LG,
Mia
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KeTam
Geschlecht:weiblichUngeduld

Alter: 49
Beiträge: 4947

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Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag27.07.2013 11:22
Re: Migräne
von KeTam
Antworten mit Zitat

Hallo Constantine,

ich habe etwas rumgewerkelt in deinem Text, ich hoffe, du kannst was davon gebrauchen!

Constantine hat Folgendes geschrieben:

Der Herbst hatte bereits tiefe Spuren in New York hinterlassen.
Ich finde, dieser Satz holpert, was den Ausdruck betrifft. "Tiefe Spuren hinterlassen" ... Vielleicht fällt dir da noch eine treffendere Formulierung ein.

Ein milder Wind wechselte sich mit starken Regengüssen ab
Auch das passt nicht ganz zu den "tiefen Spuren". Da würde ich evtl. das "mild" durch "heftig" ersetzen.
Prinzipiell mag ich es, wenn man mit einer Wetterbetrachtung einsteigt. Auch wenn immer gesagt wird, das solle man vermeiden ...


und bereiteten einem großen Teil der Bevölkerung starke Kopfschmerzen, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch Julia Perkins, Lieutenant des NYPD, war nicht verschont geblieben. Die verschriebenen Medikamente waren nur kurzzeitig wirksam geblieben und hatten zu erneut heftigen Migräneanfällen und starker Übelkeit geführt. Das hört sich so an, als hätten die Medikamente zu Migräne geführt.

Sie war vom Betriebarzt krank geschrieben und bis auf weiteres beurlaubt worden. Widerwillig hatte sie es geschehen lassen.

In ihrer Wohnung hatte sie das Radio auf Maximum aufgedreht und war eingeschlafen. Also, das geht gar nicht. Da schliesse ich mich Paradigma an! Endlich. Ihre Dienstwaffe lag neben ihr, eine leere Johnny Walker schlummerte am Fußende ihres Bettes. Überall lagen Kleidungsstücke von ihr ist klar, kannst du streichen. verstreut. Die Vorhänge waren zugezogen und MMFD, der örtliche, kleine Metall-Sender, versuchte mit einer „Metall non- Stopp “- Aktion eine neue Hörerschaft zu gewinnen. Ihr bescherte sie hier stimmt der Bezug nicht. Das "sie" bezieht sich auf "die Hörerschaft" endlich wieder Schlaf.
 
Plötzlich wurde sie aus ihrem Schlummer gerissen.
»Hey, Leute, wir müssen unser Programm leider kurz unterbrechen für ‘ne wichtige Mitteilung. Der Chirurg konnte seine Führung weiter ausbauen. Der neue Stand: Der Chirurg führt mit 9, die Bullen weit abgeschlagen mit 0. Und weiter geht’s mit Sepultura und Roots, Bloody, Roots...«
Das Radio verabschiedete sich in kleinste Teile Da war mir auch erst nicht klar, was das jetzt bedeutet. und die abrupte Stille Hier bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich denke, das "Eintreten" der Stille kann abrupt sein. Die Stille selbst aber nicht. bewirkte in ihr klar. sogleich ist m.M.n. ein unnötiges Füllwort. ein stetig anwachsendes Ohrenrauschen. Julia legte ihre Magnum zurück aufs leere Kopfkissen neben sich. Ich dachte, da lag die Magnum schon.
»Verdammt!«

Ein dumpfer Schmerz schlich sich langsam hinzu. Ich finde, das hört sich so an, als hätte sie vorher keine Schmerzen gehabt, aber ich dachte, sie hätte Migräne. Julia Perkins drückte ihren Kopf tiefer ins Kissen, als das erste Stechen ihren Hinterkopf erreichte Diesen Satz würde ich der Logik halber umstellen. Erst erreicht das stechen ihren Hinterkopf, dann drückt sie den Kopf tiefer ins Kissen. und sich ein hoher Summton von den Seiten Das ist m.M.n. redundant: Die Schläfen sind ja "an der Seite".an ihre Schläfen drückte.
Absolute Stille war in ihrer Wohnung, find ich holprig. Ich würde diesen Satz umstellen. "in ihrer Wohnung war absolute Stille". Eigentlich stört mich das "war" aber "herrschte" hast du ja kurz darauf verwendet. Daher vielleicht sogar eher: "In ihrer Wohnung war es absolut still. aber in ihr herrschte Krieg, zu dem sich noch Zorn hinzugesellte. Ich finde das ist klar. Krieg beinhaltet das doch, oder?
Sie würgte den eigenen welchen sonst? Ärger hinunter und wünschte sich das verdammte Radio zurück.
An Schlaf konnte sie nicht mehr denken. Vielleicht: "An Schlaf war nicht mehr zu denken".
Sie ignorierte das aufkommende Stechen Ich finde, das passt hier nicht. Das Stechen ist ja bereits erwähnt worden, ist bereits "aufgekommen". Deshalb würde ich "aufkommende" streichen. und konzentrierte sich auf das beruhigende Ohrenrauschen.

Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken Welche Gedanken? Du hast uns hier nicht an ihren Gedanken teilhaben lassen. und mit einem wissenden Lächeln erhob sie sich und schlurfte zur Haustür.
Dich schickt der Himmel.
 
Nachdem sie den Summer betätigt hatte, ließ sie die Haustür einen Spalt geöffnet und trabte zurück ins Schlafzimmer. Als sie Schritte am Eingang hörte, schaltete sie die Nachttischlampe ein und blickte erwartungsvoll auf den Flur.
»Äh, hallo, Julia«, sagte Sam Elliot, als er ihr Schlafzimmer betrat, sich kurz umsah und die Einzelteile des Radios auf dem Fußboden verstreut vorfand. Hier würde ich mir das "sagte" sparen. "Sam Elliot betrat das Schlafzimmer und sah sich um, ..." Irgendwie so was, direkt hinter der wörtlichen Rede.
»Hallo Sam, schön dich zu sehen. Wie geht’s dir?«, zog Julia Perkins sein Interesse zurück auf sich. Sie verzog dabei ihr Gesicht, denn die Migräne war noch nicht abgeflaut.
»Na ja, nicht so besonders. Unser gemeinsamer Freund »Der Chirurg« hat wieder zugeschlagen« , erwiderte Sam. Klar!
»Ja ich hab‘s schon im Radio gehört.«
»Ach so deshalb«, grinste Sam Elliot. »Na ja, auf jeden Fall haben wir bis jetzt nur drei Finger und einen Hodensack gefunden«, erklärte er.
»Ist doch toll. Wir machen Kopien von diesem Hodensack, hängen sie dann in der Stadt aus und fragen, ob dieser Sack jemandem bekannt vorkommt«, ätzte Julia.
»Ich mach uns jetzt erst mal einen Kaffee. In der Zwischenzeit kannst du dich anziehen«, sagte Sam und ging in die Küche.

Julia zog ihre Magnum hervor, schnappte die Trommel auf und nahm alle Patronenhülsen heraus. Dann schnappte sie die Trommel zurück und ließ sie mit ihren zarten Fingern rotieren. Sie hörte Sam in der Küche herumwerkeln und spannte den Hahn.
Den Lauf gegen ihre Schläfe gepresst, schloss sie die Augen und drückte ab.
Das Leben wird mich einen Tag länger haben. Ja, wenn sie keine Patrone drin lässt, versteh ich das Spielchen nicht ganz. Ist dann ja klar, dass nichts passiert.
Sie lächelte, legte ihre die Waffe aufs Kissen und fing an sich anzukleiden.

Als sie die Küche betrat, hatte Sam bereits den Tisch hergerichtet. Sie gesellte sich zu ihm und sah ihm dankend in sein freundliches Gesicht. Ich finde das zu allgemein. Wie sieht er aus? Was macht sein Gesicht so freundlich? Er bemerkte den schwachen Abdruck des Laufs an ihrer linken Schläfe, hier wechselst du die Perspektive. Wenn du das bringen willst, dass er es bemerkt, dann musst du das anders schreiben. Sie muss irgendwie bemerken, dass er es bemerkt. Verstehst du? sagte aber nichts, sondern goss ihr Kaffee ein und meinte lapidar: »So, es ist hergerichtet, Prinzessin. Nehmen sie bitte Platz.«


Ich denke, du kannst da was schönes draus machen. Der Herbst, die abgefuckte Polizistin, das Verhältnis zu ihrem Kollegen usw.
Nur, was mich eben auch sehr gestört hat, ist die Migräne, die einfach keine ist. Vielleicht wäre eine Lösung, dass du sie nur "normale" Kopfschmerzen haben lässt?

Lg, KeTam.
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 11:23

von Constantine
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Hallo Mia,

Dank dir. Ich habe mir mit der Migräne keinen Gefallen getan und tendiere auf das Fallenlassen der Migräne-Idee und der Änderung der Szene dahingehend.

krank geschrieben und beurlaubt....ja, das ist widersprüchlich doppelgemoppelt. Werde ich ändern.

LG,
Constantine
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KeTam
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Beitrag27.07.2013 11:29

von KeTam
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Hallo Constantine,

ich habs mir grad noch mal angeschaut, mein "Gewerkel" und hoffe, es wirkt nicht abschreckend!   Wink

Lg, KeTam.
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Constantine
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Beitrag27.07.2013 11:37

von Constantine
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Hallo KeTam,

vielen Dank für deine Mühe und deine Vorschläge nehme ich sehr gerne an.

Migräne ist definitiv raus aus dem Spiel. Damit habe ich mir ein Eigentor geschossen.
Kopfschmerzen...ist eine gute Idee. Dann hat es sich auch mit dem Krankschreiben oder dem Suspendieren erledigt. Das Radio könnte etwas leiser anbleiben, dass sie die Nachhrichten mitbekommt.

Ich finde, mit Wetterbeschreibungen zu beginnen nicht schlimm. Vom Wetter geht's dann ein wenig ins Innere der Protagonistin, in der sozusagen auch ein leichter Sturm herrscht.

Einen Gedanken, aus dem Julia gerissen wird, werd ich noch hinzufügen. Hat auch gefehlt.

Den Perspektivwechsel zum Schluss werd ich beheben. Ich glaube, es wäre ein zu harter Wechsel in der Szene, plötzlich aus Sam Elliots Sicht zu beschreiben.

LG,
Constantine

p.s.: Absolut nicht abschreckend. Keine Sorge. Wenn ich manchmal meine Meinung zu manchem Text abgebe, dann tobe ich mich auch gut aus. Passt.
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KeTam
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Beitrag27.07.2013 13:09

von KeTam
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Constantine hat Folgendes geschrieben:

Ich finde, mit Wetterbeschreibungen zu beginnen nicht schlimm. Vom Wetter geht's dann ein wenig ins Innere der Protagonistin, in der sozusagen auch ein leichter Sturm herrscht.


Da hast du mich falsch verstanden: Ich finde das auch sehr schön, selbst wenn mir oft gesagt wurde, das wäre ein No-Go. Ich mags total, auch aus dem Grund, den du ansprichst, als Überleitung zum Innenleben der Protagonisten.
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 13:21

von Constantine
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Hi KeTam,

Sorry, auch ein Missverständnis. Smile
Meine Antwort wegen des Einstiegs mit Wetterbeschreibungen bezog sich auf deinen zweiten Satz "Auch wenn immer gesagt wird, das solle man vermeiden".
Dass du diese Einstiege magst, habe ich verstanden. Ich mag sie auch, No-Go hin oder her.Wenn's passt... Smile

LG,
Constantine
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KeTam
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Beitrag27.07.2013 14:05

von KeTam
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Hallo Constantine,

ich find das interessant, da du viele Fragen aufwirfst: Wer ist dieser Spieler, warum diese seltsame Mission usw. Wobei ich natürlich so eine Ahnung habe, da ich ja vorher deinen anderen Text gelesen habe! Ich hoffe, du kannst was von meinen Anmerkungen brauchen.


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Der Spieler war vor 24 Stunden in New York angekommen, um der Stadt seinen speziellen Stempel aufzudrücken. Wie lange er für seine selbstgewählte Mission in dieser Stadt das ist klar, würd ich einfach mal streichen. verweilen würde, wusste er nicht. Es käme darauf an, welches Ereignis zuerst eintreten würde: der Überdruss auf die Stadt oder die Polizei im Nacken. Ich bin mir da nicht sicher, was den Ausdruck betrifft. Da stört mich was. Vielleicht nur das "den" am Anfang ... Bis dahin könnte er seinem Motto folgen: Lasset die Spiele beginnen.

Er begann am Nachmittag mit einem Spaziergang im Stadtteil Queens und atmete die Angst, den Hass, die Wut, die Trauer und die Liebe, aber auch die Gefühlsleere ein. Der letzte Punkt - das Fehlen von Gefühlen und Anteilnahme [color=blue] das ist klar, was der letzte Punkt ist und ich finde, dieser Satzt wird so zu weitschweifig. und die daraus resultierende Gier nach Emotionen - war ihm zutiefst zuwider. [/color]
Allein schon der Gedanke daran ließ ihn innerlich losschreien.
»Du weißt erst, was Leben heißt, wenn du den Tod in den Arsch gefickt hast«. Die Worte seines alten Herrn befolgte er als Lebensmaxime.
 Vielleicht: Die Worte seines alten Herrn: Seine Lebensmaxime.
Der Spieler blieb stehen und suchte die Blicke der ihm entgegenkommenden Menschen ab. Für mich holpert das: "Die Blicke absuchen". Und ich würde anstatt "entgegenkommenden Menschen" nur "Entgegenkommenden" schreiben.
Gier hatte viele Gesichter. Sie war für ihn auf Anhieb aufgrund ihrer offensichtlichen Erscheinungsform erkennbar. Eitelkeit. Arroganz. Stolz. Narzissmus. Aber es existierte ein noch viel subtilerer Alptraum, eine pervertierte Form der Gier, die sich hinter Worten und Masken versteckt hielt. Anpassung. Regeln. Pflichten. Gesetze.
Ich finde das hier ein bisschen zu verworren. Vielleicht bin ich auch grad zu doof, um da durchzusteigen.
Tote Seelen hinter gierigen Augen, die in ihrem Schicksal lustvoll aufgingen.
Näherndes Sirenengeheul, welches wie ein "als", denn es wird ja tatsächlich ein Echo erzeugt. immer lauter werdendes, ohrenbetäubendes Echo zwischen den Häuserschluchten hin und her geworfen wurde, riss ihn aus seiner Gedankenwelt. Er sah mehrere Feuerwehrfahrzeuge an sich vorbei rasen, dicht gefolgt von einigen Krankenwagen. Den Satz würde ich direkter formulieren: Mehrere Feuerwehrfahrzeuge/Löschzüge, dicht gefolgt von einem Krankenwagen rasten an ihm vorbei. Er eilte voller Freude zu seinem Mustang, ließ den Motor aufheulen und machte sich an die Verfolgung. Ich finde das hier etwas unlogisch. Du schreibst ja vorher, dass er einen Spaziergang macht. Und jetzt ist da plötzlich sein Wagen so nah, dass er sofort einsteigen kann. Weißt du, was ich meine?
Du kannst fliehen und dich verstecken, aber du kannst mir nicht entkommen! Und das verstehe ich jetzt gar nicht: Wen meint er damit? Na gut, aber vielleicht ergibt sich das ja aus dem Text, etwas später.

Er trat das Gaspedal voll durch, um den Anschluss nicht zu verpassen, klar! und nach einer Weile wiesen Rauchschwaden ihm den Weg.
Die Einsatzfahrzeuge standen vor einem brennenden, mehrstöckigen redundant: Hochhäuser sind immer mehrstöckig. Hochhaus. Eine Handvoll Polizisten hatte eine Absperrung errichtet. Aus dem fünften Stock stachen Flammen und Rauch heraus, aus dem Gebäude retteten sich verängstigte, hustende Menschen, während andere davor standen, mit Tränen in ihren Augen, und erhobenen Armen, und hinauf blickten, wo mehrere Bewohner aus den Fenstern nach Hilfe schrieen.
Der Spieler hielt an. Du beschreibst aus der Sicht des Spielers. Er hat angehalten und sieht das alles, daher kannst du das streichen, musst es nicht explizit erwähnen. Die Feuerwehrmänner spulten ihr einstudiertes Manöver wie ein Uhrwerk ab. Er griff in sein Handschuhfach, entnahm ihm ein länglich, silbriges Etui und stieg aus seinem Wagen.
Die Sanitäter rannten mit Tragen, Sauerstoffgeräten und Verbandszeug zu den Verletzten und behandelten einige gleich vor Ort, andere wurden vorsichtig zum Sanitätswagen transportiert.
 
Sein Blick fiel auf die sich drängenden Schaulustigen, den qualifizierten Teilnehmern für das Finale, und er musste sich ein Lächeln verkneifen, bei dieser sich ihm darbietenden Auswahl.
Hier fänd ichs schön, wenn du uns zeigen könntest, was er sieht!
Ich werde mir ein »I love New York« T-Shirt zulegen. Ich liebe diese Stadt jetzt schon.
Langsam ging er auf das brennende Gebäude zu und mischte sich suchend unter die Schaulustigen.
»Das ist der real shit, Mann... kein TV-Mist, sondern echt, spürbar,... fühlst du es? Diese Intensität. Riechst du es, Mann? Unglaublich... ein unglaubliches Gefühl«, teilte jemand seine Begeisterung mit dem Nebenstehenden, der gerade damit beschäftigt war, das Geschehen zu fotografierente.
»Ich weiß, was du meinst«, meinte Wortwiederholung. dieser und zoomte auf die panischen, verängstigten, tränenerfüllten, nach Hilfe schreienden, nach Luft ringenden und vom Feuer versengten Gesichter.
 
Der Spieler spürte eine Flut an Emotionen, die den Schaulustigen als Nahrung diente. Wie Süchtige, die nach ihrer Droge verlangten, die vor ihnen war, standen sie vor dem brennenden Gebäude.
Er scannte durch die Menge der Umstehenden und fand ihn, seinen Sieger. Jener war sichtlich amüsiert und beobachtete fasziniert das Geschehen. Auch hier würde ich mir eine nähere Beschreibung wünschen! Der Spieler stellte sich diskret hinter ihn.
 
Niemand bemerkte, wie er dem Sieger ein Beruhigungsmittel injizierte und bevor dieser in die Knie sacken konnte, packte ihn der Spieler mit sicherem Griff.
»Mein Freund ist vor Anspannung ohnmächtig geworden«, murmelte er zu den Umstehenden und schleppte den Sieger aus der Menschenmenge hinaus und zu seinem Wagen, wo er ihn auf seinen Rücksitz lud.
Der Spieler startete den Motor und fuhr los.

Die Abendnachrichten tauchten vor seinem inneren Auge auf, wenn über den Sieger berichtet werden würde. Live und in Farbe.
»Wenn wir es nicht mit eigenen Augen sehen würden, wir würden es nicht glauben… fahr näher ran, Donny, das ist ja unglaublich…«, würde der Reporter zu seinem Kameramann sagen. Neben ihnen zahlreiche Schaulustige, die sich eingefunden hätten. Dessen war er sich sicher.
Der Jackpot.
Was dem beneidenswerten Sieger zustand? Selbst im Zentrum des Geschehens zu stehen und Furcht und Schmerz am eigenen Leib zu erfahren. Der Sieger würde den Leuten eine gute Show bieten. Von allem etwas. Dramatik, jede Menge atemberaubende Action, packende Spannung, etwas Schmerz und Tränen, und zum Schluss ein versöhnliches Happy-End.
Cut. Perfekt. Kopieren.
 
Er würde den denkwürdigen Moment für den Sieger aufnehmen und ihm mit der Post schicken. Als ein Andenken. Als seine unvergessliche Goldmedaille.
Die Leute werden dich lieben, aber viel wichtiger wird sein, was du für dich dabei mitnimmst.
Vielleicht, eines Tages, würde der heutige Sieger eines dieser inspirierenden Bücher schreiben. »Der schönste Tag in meinem Leben und wie ich Moslem wurde. «
Das war Zukunftsmusik und für einen Spieler nicht mehr interessant. Was hingegen interessanter da du vorher schreibst, es wäre für den Spieler nicht interessant, kannst du das jetzt nicht steigern. Daher einfach: Interessant. war, war der morgige Tag, mit seinen grenzenlosen Möglichkeiten.
Da lachte jedes Spielers Herz.
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 14:29
Kopfschmerzen (editiert)
von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Mitstreiter, ich habe versucht eure Kritikpunkte einfliessen zu lassen und hoffe, dass es mir gelungen ist.

-------------------------------------------------------------------------------------

Der Herbst hatte New York im unbarmherzigen Griff. Ein heftiger Wind wechselte sich mit starken Regengüssen ab und bereiteten einem großen Teil der Bevölkerung starke Kopfschmerzen. Auch Julia Perkins, Lieutenant des NYPD, war nicht verschont geblieben und ihr Versuch, sich ihnen mit Medikamenten zu erwehren, war nur kurzzeitig von Erfolg gekrönt gewesen und hatte bei ihr zu starker Übelkeit geführt. Nachdem sie sich im Revier erbrochen und zum Betriebsarzt begeben musste, hatte dieser sie krank geschrieben. Widerwillig hatte sie es geschehen lassen.

In ihrem Wohnzimmer lief ihr Radio. Sie hatte sich auf die Couch gelegt und war eingeschlafen. Ihre Dienstwaffe lag neben ihr, eine leere Johnny Walker schlummerte am Fußende der Couch. Überall lagen Kleidungsstücke verstreut. Die Vorhänge waren zugezogen und MMFD, der örtliche kleine Metall-Sender, versuchte mit einer »Metall Non-Stopp«- Aktion eine neue Hörerschaft zu gewinnen. Ihr bescherte die Gitarrenmusik endlich wieder Schlaf.

Plötzlich wurde sie aus ihrem Schlummer gerissen.
»Hey, Leute, wir müssen unser Programm leider kurz unterbrechen für ‘ne wichtige Mitteilung. Der Chirurg konnte seine Führung weiter ausbauen. Der neue Stand: Der Chirurg führt mit 9, die Bullen weit abgeschlagen mit 0. Und weiter geht’s mit Sepultura und Roots, Bloody, Roots...«
Ihren Arm zum Radio ausgestreckt, ergriff sie es und schleuderte es kräftig gegen die nächste Wand. Mit einem Scheppern verstarben die ersten Takte Sepulturas und die eintretende abrupte Stille bewirkte ein stetig anwachsendes Ohrenrauschen.
»Verdammt!«
Ihre Übelkeit meldete sich zurück und ein erstes Stechen erreichte ihren Hinterkopf. Julia Perkins presste ihren Kopf tiefer ins Kissen, als sich ein hoher Summton an ihren Schläfen ausbreitete.

In ihrer Wohnung war absolute Stille, aber in ihr herrschte Krieg, zu dem sich Zorn hinzugesellte. Sie würgte den Ärger hinunter und wünschte sich das verdammte Radio zurück.
An Schlaf war nicht mehr zu denken.

Sie ignorierte das Stechen und konzentrierte sich auf das Ohrenrauschen, um sich zu beruhigen. Sie hasste es, wenn ihr Körper tat, was er wollte und sie dem hilflos zusehen musste. Dann, ein noch größeres Problem, waren ihre unkontrollierten Wutausbrüche. Das war bereits das dritte Radio in diesem Monat.

Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken und mit einem wissenden Lächeln erhob sie sich und schlurfte zur Haustür.
Dich schickt der Himmel.

Nachdem sie den Summer betätigt hatte, ließ sie die Haustür einen Spalt geöffnet und trabte zurück ins Wohnzimmer. Als sie Schritte am Eingang hörte, schaltete sie die Stehlampe ein, setzte sich auf die Couch und blickte erwartungsvoll auf den Flur.
»Äh, hallo, Julia«, betrat Sam Elliot das Wohnzimmer und sah sich kurz um. Sie bemerkte, dass sein Blick auf dem kaputten Radio auf dem Fußboden haften blieb.
»Hallo Sam, schön dich zu sehen. Wie geht’s dir?«
Sie verzog ihr Gesicht, denn das Stechen war noch nicht abgeflaut.
»Na ja, nicht so besonders. Unser gemeinsamer Freund »Der Chirurg« hat wieder zugeschlagen.«
»Ja ich hab‘s schon im Radio gehört.«
»Ach so deshalb«, grinste Sam. »Na ja, auf jeden Fall haben wir bis jetzt nur drei Finger und einen Hodensack gefunden«, erklärte er.
»Ist doch toll. Wir machen Kopien von diesem Hodensack, hängen sie dann in der Stadt aus und fragen, ob dieser Sack jemandem bekannt vorkommt!«
»Ich mach uns jetzt erst mal einen Kaffee. In der Zwischenzeit kannst du dich anziehen«, verabschiedete sich Sam in die Küche.

Julia zog ihre Magnum hervor, schnappte die Trommel auf und nahm bis auf eine alle Patronenhülsen heraus. Dann schnappte sie die Trommel zurück und ließ sie mit ihren zarten Fingern rotieren. Sie hörte Sam in der Küche herumwerkeln und spannte den Hahn.
Den Lauf fest gegen ihre Schläfe gepresst, schloss sie die Augen und drückte ab.
Das Leben wird mich einen Tag länger haben.
Sie lächelte, legte die Waffe aufs Kissen und fing an sich anzukleiden.

Als sie die Küche betrat, hatte Sam bereits den Tisch hergerichtet. Sie gesellte sich zu ihm und sah dankend in sein freundliches Gesicht. Er zwinkerte ihr zu und schenkte ihr ein Lächeln. Sie erwiderte es, bemerkte aber, dass sein Blick einen Moment zu lange an ihrer linken Schläfe verweilte, während er sich sodann den Kaffeetassen zuwendete. Sie ging mit den Fingern durch ihr zerzaustes Haar und strich es an den Seiten glatt.
Ich danke dir für diesen kurzen Frieden.
Er goss ihr Kaffee ein und meinte lapidar: »So, es ist hergerichtet, Prinzessin. Nehmen sie bitte Platz.«
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Paradigma
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Beitrag27.07.2013 14:46

von Paradigma
Antworten mit Zitat

Deutlich besser. Bei Kopfschmerzen würde ich trotzdem kein Metall hören. Kann sie nicht einfach einen verdorbenen Magen haben?

Zitat:
Dann, ein noch größeres Problem, waren ihre unkontrollierten Wutausbrüche. Das war bereits das dritte Radio in diesem Monat.


Show, not Tell. Das sie unkontrolliert und undbeherrscht ist, steltl der Leser früh genug fest. 3 Radios im Monat halte ich auch bei einem absoluten Choleriker für arg übertrieben. Wenn sie so schlimm wäre, wäre sie längst vom Dienst suspendiert, weil sie irgendeinen Blödsinn gemacht hat.

Zitat:
und mit einem wissenden Lächeln erhob sie sich


Sie ahnt oder hofft vielleicht, wer da kommt. Aber ein wissendes Lächeln impliziert, das sie mehr weiß, als ihr Gegenüber. Den gibt es hier aber nicht.


_________________
Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.

William Faulkner
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KeTam
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Beitrag27.07.2013 14:55

von KeTam
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Hallo Constantine,

ich finds so auch viel besser und war erstaunt, wie schnell du bist!

Lg, KeTam.
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 14:56

von Constantine
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Hallo KeTam,

vielen Dank für deine Erbsen. Da sind einige dabei, die ich sehr gerne übernehmen werde.

Als der Spieler mit seinem Spaziergang anfing, ist er wenige Schritte gegangen und lässt eher die Stadt auf sich wirken. Ich habe darauf verzichtet expliziert zu sagen, dass er seinen Wagen in der Nähe geparkt hatte. Aufgrund der Weitläufigkeit der Starssenblöcke, künden sich vielleicht manche Rettungswagen lautstark durch Sirengeheul an und ich denke, er hat ausreichend Zeit, um seinen Wagen zu erreichen.

"Du kannst fliehen und dich verstecken, aber du kannst mir nicht entkommen!"
Damit meint er diese angesprochene Gier nach Emotionen, die er aufspüren möchte.

"Sein Blick fiel auf die sich drängenden Schaulustigen, den qualifizierten Teilnehmern für das Finale, und er musste sich ein Lächeln verkneifen, bei dieser sich ihm darbietenden Auswahl."
Hier fänd ichs schön, wenn du uns zeigen könntest, was er sieht!

Hierbei wollte ich die Schaulustigen gesichtlos belassen und nicht zu sehr ins Detail gehen. Was das konkrete Auswahlkriterium des Spielers ist, versuchte ich im folgenden Text zu beschreiben, wenn die Schaulustigen fasziniert zusehen, was sich vor ihnen abspielt. und der kurze Dialog.
Ob es noch detailierter, tiefer geht? Bestimmt.
Frage ist nur: Ist es notwendig, oder bekommt der Leser ausreichend Einblick, um das Geschehen zu verstehen. Mit zu vielen Beschreibungen droht man zu sehr das Tempo der Szene zu drosseln.

"Jener war sichtlich amüsiert und beobachtete fasziniert das Geschehen. Auch hier würde ich mir eine nähere Beschreibung wünschen!"
Vielleicht würde hierbei zu sehr die Gefahr bestehen, die Perspektive zu verlassen. Und eine erneute Tempo-Reduktion könnte auch geschehen.
Ich werd es mir überlegen.

LG,
Constantine
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Constantine
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Beitrag27.07.2013 15:01

von Constantine
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@Para: Dank dir. Guter Einwand mit dem Radio und dem wissenden Lächeln. Werd ich ändern.
Die Sache mit dem verdorbenen Magen werd ich mir durch den Kopf gehen lassen.

@KeTam: Smile
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KeTam
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Beitrag27.07.2013 15:15

von KeTam
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Ich bin einfach mal gespannt, was da noch so kommt!

Freut mich, wenn ich dir irgendwie helfen konnte.

Lg, KeTam.
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag27.07.2013 15:20
Der Spieler (editiert)
von Constantine
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Der Spieler war vor 24 Stunden in New York angekommen, um der Stadt seinen speziellen Stempel aufzudrücken. Wie lange er für seine selbstgewählte Mission verweilen würde, wusste er nicht. Es käme darauf an, welches Ereignis zuerst eintreten würde: der Überdruss auf die Stadt oder die Polizei im Nacken. Bis dahin könnte er seinem Motto folgen: Lasset die Spiele beginnen.

Er begann am Nachmittag mit einem Spaziergang im Stadtteil Queens und atmete die Angst, den Hass, die Wut, die Trauer und die Liebe, aber auch Gefühlsleere ein. Der letzte Punkt und die daraus resultierende Gier nach Emotionen war ihm zutiefst zuwider.
Schon der Gedanke daran ließ ihn innerlich losschreien.
»Du weißt erst, was Leben heißt, wenn du den Tod in den Arsch gefickt hast«. Die Worte seines alten Herrn. Seine Lebensmaxime.
 
Der Spieler blieb stehen und suchte die Blicke der ihm Entgegenkommenden ab.
Gier hatte viele Gesichter. Sie war für ihn auf Anhieb aufgrund ihrer offensichtlichen Erscheinungsform erkennbar. Eitelkeit. Arroganz. Stolz. Narzissmus. Aber es existierte ein noch viel subtilerer Alptraum, eine pervertierte Form der Gier, die sich hinter Worten und Masken versteckt hielt. Anpassung. Regeln. Pflichten. Gesetze.
Tote Seelen hinter gierigen Augen, die in ihrem Schicksal lustvoll aufgingen.
Sirenengeheul, welches als ein immer lauter werdendes, ohrenbetäubendes Echo zwischen den Häuserschluchten hin und her geworfen wurde, riss ihn aus seiner Gedankenwelt. Mehrere Feuerwehrfahrzeuge, dicht gefolgt von einigen Krankenwagen, rasten an ihm vorbei. Er eilte voller Freude zu seinem Mustang, ließ den Motor aufheulen und machte sich an die Verfolgung.
Du kannst fliehen und dich verstecken, aber du kannst mir nicht entkommen!

Er trat das Gaspedal voll durch und nach einer Weile wiesen Rauchschwaden ihm den Weg.
Die Einsatzfahrzeuge standen vor einem brennenden Hochhaus. Eine Handvoll Polizisten hatte eine Absperrung errichtet. Aus dem fünften Stock stachen Flammen und Rauch heraus, aus dem Gebäude retteten sich verängstigte, hustende Menschen, während andere davor standen, mit Tränen in ihren Augen, erhobenen Armen, und hinauf blickten, wo mehrere Bewohner aus den Fenstern nach Hilfe schrieen.
Der Spieler hielt an. Die Feuerwehrmänner spulten ihr einstudiertes Manöver wie ein Uhrwerk ab. Er griff in sein Handschuhfach, entnahm ihm ein länglich, silbriges Etui und stieg aus seinem Wagen.
Die Sanitäter rannten mit Tragen, Sauerstoffgeräten und Verbandszeug zu den Verletzten und behandelten einige gleich vor Ort, andere wurden vorsichtig zum Sanitätswagen transportiert.
 
Sein Blick fiel auf die sich drängenden Schaulustigen, den qualifizierten Teilnehmern für das Finale, und er musste sich ein Lächeln verkneifen, bei dieser sich ihm darbietenden Auswahl.
Ich werde mir ein »I love New York« T-Shirt zulegen. Ich liebe diese Stadt jetzt schon.
Langsam ging er auf das brennende Gebäude zu und mischte sich suchend unter die Schaulustigen.
»Das ist der real shit, Mann... kein TV-Mist, sondern echt, spürbar,... fühlst du es? Diese Intensität. Riechst du es, Mann? Unglaublich... ein unglaubliches Gefühl«, teilte jemand seine Begeisterung mit dem Nebenstehenden, der gerade damit beschäftigt war, das Geschehen zu fotografieren.
»Ich weiß, was du meinst«, erwiderte dieser und zoomte auf die panischen, verängstigten, tränenerfüllten, nach Hilfe schreienden, nach Luft ringenden und vom Feuer versengten Gesichter.
 
Der Spieler spürte eine Flut an Emotionen, die den Schaulustigen als Nahrung diente. Wie Süchtige, die nach ihrer Droge verlangten, die vor ihnen war, standen sie vor dem brennenden Gebäude.
Er scannte durch die Menge der Umstehenden und fand ihn, seinen Sieger. Jener war sichtlich amüsiert und beobachtete fasziniert das Geschehen. Der Spieler stellte sich diskret hinter ihn.
 
Niemand bemerkte, wie er dem Sieger ein Beruhigungsmittel injizierte und bevor dieser in die Knie sacken konnte, packte ihn der Spieler mit sicherem Griff.
»Mein Freund ist vor Anspannung ohnmächtig geworden«, murmelte er zu den Umstehenden und schleppte den Sieger aus der Menschenmenge hinaus und zu seinem Wagen, wo er ihn auf seinen Rücksitz lud.
Der Spieler startete den Motor und fuhr los.

Die Abendnachrichten tauchten vor seinem inneren Auge auf, wenn über den Sieger berichtet werden würde. Live und in Farbe.
»Wenn wir es nicht mit eigenen Augen sehen würden, wir würden es nicht glauben… fahr näher ran, Donny, das ist ja unglaublich…«, würde der Reporter zu seinem Kameramann sagen. Neben ihnen zahlreiche Schaulustige, die sich eingefunden hätten. Dessen war er sich sicher.
Der Jackpot.
Was dem beneidenswerten Sieger zustand? Selbst im Zentrum des Geschehens zu stehen und Furcht und Schmerz am eigenen Leib zu erfahren. Der Sieger würde den Leuten eine gute Show bieten. Von allem etwas. Dramatik, jede Menge atemberaubende Action, packende Spannung, etwas Schmerz und Tränen, und zum Schluss ein versöhnliches Happy-End.
Cut. Perfekt. Kopieren.
 
Er würde den denkwürdigen Moment für den Sieger aufnehmen und ihm mit der Post schicken. Als ein Andenken. Als seine unvergessliche Goldmedaille.
Die Leute werden dich lieben, aber viel wichtiger wird sein, was du für dich dabei mitnimmst.
Vielleicht, eines Tages, würde der heutige Sieger eines dieser inspirierenden Bücher schreiben. »Der schönste Tag in meinem Leben und wie ich Moslem wurde. «
Das war Zukunftsmusik und für einen Spieler nicht mehr interessant. Interessant war hingegen der morgige Tag, mit seinen grenzenlosen Möglichkeiten.
Da lachte jedes Spielerherz.

1234Wie es weitergeht »

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Constantine
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Beitrag27.07.2013 19:25
Kopfschmerzen (editiert)
von Constantine
Antworten mit Zitat

Herzliches Dankeschön an die hilfreichen Feedbacks. Der Text ist viel besser geworden.
-------------------------------------------------------------------------------------

Der Herbst hatte New York im unbarmherzigen Griff. Ein heftiger Wind wechselte sich mit starken Regengüssen ab und bereiteten einem großen Teil der Bevölkerung starke Kopfschmerzen. Auch Julia Perkins, Lieutenant des NYPD, war nicht verschont geblieben und ihr Versuch, sich ihnen mit Medikamenten zu erwehren, war nur kurzzeitig von Erfolg gekrönt gewesen und hatte bei ihr zu starker Übelkeit geführt. Nachdem sie sich im Revier erbrochen und zum Betriebsarzt begeben musste, hatte dieser sie krank geschrieben. Widerwillig hatte sie es geschehen lassen.

In ihrem Wohnzimmer lief ihr Radio. Sie hatte sich auf ihre Couch gelegt und war eingeschlafen. Ihre Dienstwaffe lag neben ihr, eine leere Johnny Walker schlummerte am Fußende der Couch. Überall lagen Kleidungsstücke verstreut. Die Vorhänge waren zugezogen und MMFD, der örtliche kleine Metall-Sender, versuchte mit einer „Metall Non-Stopp“- Aktion eine neue Hörerschaft zu gewinnen. Ihr bescherte die Gitarrenmusik endlich wieder Schlaf.
Plötzlich wurde sie aus ihrem Schlummer gerissen.
»Hey, Leute, wir müssen unser Programm leider kurz unterbrechen für ‘ne wichtige Mitteilung. Der Chirurg konnte seine Führung weiter ausbauen. Der neue Stand: Der Chirurg führt mit 9, die Bullen weit abgeschlagen mit 0. Und weiter geht’s mit Sepultura und Roots, Bloody, Roots...«

Ihren Arm zum Radio ausgestreckt, ergriff sie es und schleuderte es kräftig gegen die nächste Wand. Mit einem Scheppern verstarben die ersten Takte Sepulturas und die eintretende abrupte Stille bewirkte ein stetig anwachsendes Ohrenrauschen.
»Verdammt!«

Ihre Übelkeit meldete sich zurück und ein erstes Stechen erreichte ihren Hinterkopf. Julia Perkins presste ihren Kopf tiefer ins Kissen, als sich ein hoher Summton an ihren Schläfen ausbreitete.
In ihrer Wohnung war absolute Stille, aber in ihr herrschte Krieg, zu dem sich Zorn hinzugesellte.
Sie würgte den Ärger hinunter und wünschte sich das verdammte Radio zurück.
An Schlaf war nicht mehr zu denken.
Sie ignorierte das Stechen und konzentrierte sich auf das Ohrenrauschen, um sich zu beruhigen. Sie hasste es, wenn ihr Körper tat, was er wollte und sie dem hilflos zusehen musste.

Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken und mit einem Lächeln erhob sie sich und schlurfte zur Haustür.
Dich schickt der Himmel.
Nachdem sie den Summer betätigt hatte, ließ sie die Haustür einen Spalt geöffnet und trabte zurück ins Wohnzimmer. Als sie Schritte am Eingang hörte, schaltete sie die Stehlampe ein, setzte sich auf die Couch und blickte erwartungsvoll auf den Flur.

»Äh, hallo, Julia«, betrat Sam Elliot das Wohnzimmer und sah sich kurz um. Sie bemerkte, dass sein Blick auf dem kaputten Radio auf dem Fußboden haften blieb.
»Hallo Sam, schön dich zu sehen. Wie geht’s dir?« Sie verzog ihr Gesicht, denn das Stechen war noch nicht abgeflaut.
»Na ja, nicht so besonders. Unser gemeinsamer Freund »Der Chirurg« hat wieder zugeschlagen.«
»Ja ich hab‘s schon im Radio gehört.«
»Ach so deshalb«, grinste Sam. »Na ja, auf jeden Fall haben wir bis jetzt nur drei Finger und einen Hodensack gefunden«, erklärte er.
»Ist doch toll. Wir machen Kopien von diesem Hodensack, hängen sie dann in der Stadt aus und fragen, ob dieser Sack jemandem bekannt vorkommt!«
»Ich mach uns jetzt erst mal einen Kaffee. In der Zwischenzeit kannst du dich anziehen«, verabschiedete sich Sam in die Küche.

Julia zog ihre Magnum hervor, schnappte die Trommel auf und nahm bis auf eine alle Patronenhülsen heraus. Dann schnappte sie die Trommel zurück und ließ sie mit ihren zarten Fingern rotieren. Sie hörte Sam in der Küche herumwerkeln und spannte den Hahn.
Den Lauf fest gegen ihre Schläfe gepresst, schloss sie die Augen und drückte ab.
Das Leben wird mich einen Tag länger haben.
Sie lächelte, legte die Waffe aufs Kissen und fing an sich anzukleiden.

Als sie die Küche betrat, hatte Sam bereits den Tisch hergerichtet. Sie gesellte sich zu ihm und sah dankend in sein freundliches Gesicht. Er zwinkerte ihr zu und schenkte ihr ein Lächeln. Sie erwiderte es, bemerkte aber, dass sein Blick einen Moment zu lange an ihrer linken Schläfe verweilte, während er sich sodann den Kaffeetassen zuwendete. Sie ging mit den Fingern durch ihr zerzaustes Haar und strich es an den Seiten glatt.
Ich danke dir für diesen kurzen Frieden.
Er goss ihr Kaffee ein und meinte lapidar: »So, es ist hergerichtet, Prinzessin. Nehmen sie bitte Platz.«
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag28.07.2013 14:30
Der Spieler II
von Constantine
Antworten mit Zitat

Der Spieler war in sein Hotelzimmer zurückgekehrt und hatte gerade auf seinem Tisch Zeitungen ausgebreitet. Er hatte sie chronologisch sortiert.
Wie friedlich sie daliegen.
Im Hintergrund hatte er eine Symphonie vom Tschaikowski laufen lassen, die den Zeitungsartikeln ihren Schrecken nahm, würde man die Zeitungen nur betrachten. Die Älteste datierte den 9. September, die Jüngste den 17. November.
Schlagzeile: »Menschliche Überreste im Central Park gefunden.«
Schlagzeile: »Leichenteile Im Lagerhaus - Hat New York einen neuen Serienmörder?«
Polizeiaussagen und Spekulationen füllten die Berichte.

Der Spieler setzte sich auf ein Sofa und ass. Direkt vor ihm flimmerte der Fernseher, der auf lautlos geschaltet war. Kräftige, gepolsterte Boys kämpften um einen Ball und versuchten ihrem sinnlosen Dasein zu entkommen.
Der nächste Werbeblock begann und sein Blick fiel erneut auf die Schmierenblätter, die sich Zeitungen schimpften.
Schlagzeile: »Der Chirurg hat wieder zugeschlagen. Wer vermisst seinen Penis oder kennt jemanden, der seinen vermisst?«
Der Spieler spürte eine Erektion in sich aufsteigen, als die Symphonie ihren Höhepunkt erreichte.
Dieser schwule Hurensohn.
Schlagzeile: »Chirurg hinterlässt weibliche Brust. Frauen, passt auf eure Möpse auf!«
Mieser Stil.

Er legte den Teller weg, nahm die Zeitung in die Hand und las den Bericht sehr genau. Der Bericht dieses Schmierenblattes hatte eine schreckliche Schreibe. Die New York Times war im Vergleich sehr gut geschrieben, objektiver und zeigte mehr Pietät, aber das Bildmaterial des Schmierenblattes war einzigartig. Keinerlei Polizeiabsperrung, keinerlei Polizeibeamten oder gar Anzeichen der Spurensicherung waren zu erkennen. Der Spieler war sich sicher, der Fotograf muss vor der Polizei am Tatort gewesen sein.
Foto von Cain Petri. Zweifellos ein Pseudonym.

Ein Rauschen, welches regelmäßig von einem hohlen Ton, der sie wie das Reiben eines platter Reifens auf Asphalt anhörte, unterbrochen wurde, riss den Spieler aus seinen Gedanken.
Die Symphonie war zu Ende.

Er stand auf, setzte die Nadel auf Anfang der Platte und ließ den Raum ein weiteres Mal durch Tschaikowski beschallen. Es war seine einzige Schallplatte, die das Erdbeben in L.A. überlebt hatte.
Vielleicht sollte ich auf CD umsteigen.

Das Football- Spiel war zu Ende und in den Nachrichten schwieg eine Reporterin mit sich bewegendem Mund. Er konzentrierte sich auf ihre Lippen: »...Polizei ohne Fortschritte im Chirurgenfall. Die Bevölkerung ist verängstigt. Dem New Yorker Polizeichef Wilkins steht das Wasser bis zum Hals. Sein Amt könnte gefährdet sein...«

Der Spieler knipste den Kasten aus, löschte das Licht, legte sich auf die Couch und beobachtete den Schimmer der Zeitungen im Mondlicht.
Tschaikowski kam erneut zum Höhepunkt und in ihm regte sich eine weitere Erektion.
Perfekt, gestand er neidvoll ein. Darin waren schwule Künstler gut. Sie machten ihre Werke perfekt.
Der Spieler schloss die Augen und schlief kurz darauf von Müdigkeit übermannt ein. Spielen ist anstrengend und ihm würde ein noch größeres bevorstehen.

Das Ende von Tschaikowskis Symphonie bekam er nicht mehr mit. Der auf dem Tisch ausgebreitete Schrecken war verflogen.
Fürs erste.
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