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[Dialog/Ambivalenter Charakter] Rokvi

 
 
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Schimmerpfennig
Erklärbär
S


Beiträge: 2



S
Beitrag29.06.2013 15:06
[Dialog/Ambivalenter Charakter] Rokvi
von Schimmerpfennig
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo erstmal!

So, hier kommt nun meine erste Übung ... Der Charakter, um den es geht, heißt Rokvi, ich habe schon eine recht genaue Vorstellung davon, wer er ist. Ich wollte die Aufgabe "Ambivalenter Charakter" machen, aber das ist in einem recht lagen Dialog ausgeartet, ich hoffe, ich konnte beides irgendwie miteinander verbinden. Hoffe, es findet sich jemand, der sich an das Dialogmonster wagt ... Für eine bessere Lesbarkeit habe ich Absätze eingefügt an Stellen, wo ich die normalerweise nicht gesetzt hätte.

Also, los gehts:
_________________________


Es gab sicher gemütlichere Orte für ein erstes Kennenlernen, doch nun war Zalira in der unangenehmen Lage, in einem engen Käfig auf der Ladefläche eines morschen Karren, Rücken an Rücken an einen Mörder gefesselt zu sein. Mit der aussicht, an genau diejenigen ausgeliefert zu werden, denen sie eigentlich ein Schnippchen schlagen wollten.
Als ob die Tatsache nicht schlimm genug war, dass ihr Plan schief gegangen war, sie nicht wusste, wo die anderen sich befanden und ob sie noch überhaupt noch lebten, nein, jetzt war sie ausgerechnet auf den aus der Gruppe angewiesen, dem sie immer schon am meisten misstraut hatte.

Die letzten Stunden hatte sie damit verbracht, ihn anzuschreien, ihm die Schuld zu geben und ihn und alle von seinem Schlag zu verfluchen. Zu ihrem großen Ärger hatte er einfach alles geschluckt, bis Zalira keine Kraft mehr hatte, wütend zu sein. Als die Sonne langsam tiefer sank und das Licht ihres teilweise mit einem Tuck abgedeckten Käfigs immer weniger wurde, brach sie ihr eisiges Schweigen. Nichts machte ihr mehr Angst als Stille in der Dunkelheit.

„Also …“, begann sie, doch wie sollte sie anfangen? Die Frage, die ihr am meisten auf dem Herzen brannte, konnte sie nicht stellen. Dafür hatte sie zu große Angst. „Wer bist du eigentlich?“, fragte sie stattdessen.

„Rokvi“, grunzte er. Seine Stimme klang, als würde sie der Hölle persönlich entspringen. Böse Erinnerungen an andere Kreaturen mit solchen Stimmen kämpften sich in ihrem Inneren hoch, doch sie schluckte sie wieder hinunter und verwandelte ihre Angst in Ärger.

„Und weiter?“ Sie wurde schroff, aber ihre Stimme zitterte mehr als beabsichtigt. Rokvi schwieg wieder und Zalira dachte schon, er würde gar nichts mehr sagen. Doch dann antwortete er, die Stimme noch tiefer und bedrohlicher.
„Nur Rokvi. Wer ich bin … für dich bin ich das Böse in Person, also warum fragst du?“
„Ich … ich habe noch nie, noch nie einen … nun ja, einen wie dich getroffen. Ich meine, mein ganzes Leben lang habe ich geglaubt, dass Leute wie du nicht mal unserer Sprache fähig sind und manchmal, verwirrst du mich. Ich könnte nicht mal sagen, wie alt du bist.“ Wieder antwortete er nicht sofort.

„Das liegt wohl daran, dass auch ich es nicht genau weiß.“ Er klang verbittert, seine Stimme wurde rauer und heller. „Erinnerungen habe ich seit etwa dreißig Jahren, aber da war ich schon … wie ich bin. Euer komischer Kauz mit dem Sehgestell … ich habe ihn gefragt. Er meinte, ich könnte gut und gerne einige hundert Jahre alt sein.“
„Ach, meint er? Ich würde sagen, dafür hast du dich aber gut gehalten. Ich hätte nicht gedacht, dass du so viel älter bist als ich.“
„Gutes Thema, wie wär’s, wenn wir zur Abwechslung mal über dich sprechen?“
„Ich habe schon alles erzählt.“
„Jaja, ich weiß, armes, kleines Ding, ohne Familie, in einem Bergwerk aufgewachsen, heul, heul. Als ob nicht jeder eine schlimme Kindheit ohne Familie gehabt hätte.“ Er schnaubte verächtlich.
„Schnauze, Bastard. Ich hab dich nicht nach deiner Meinung gefragt.“ Zalira war getroffen. Schroffe Bemerkungen war sie von ihm ja gewohnt, aber dass er sie auch hier aufzog, unter diesen Bedingungen, traf sie. Es wurde immer dunkler und die Angst kroch in ihre Beine und wühlte sich in Richtung Herz. Sie musste weiterreden. „Dann weißt du auch nichts über deine Familie?“

Zu ihrer Überraschung antwortete er. Sogar einigermaßen versöhnlich. „Nein. Ich hatte so etwas wie einen Vater, aber als es gefährlich wurde, habe ich ihn verlassen, zu seinem Schutz. Er war nur ein Mensch, alt und blind. Ich habe mich um ihn gekümmert, wie er sich um mich gekümmert hatte. Das war ich ihm schuldig.“

„Du warst jemandem was schuldig?“
„Ja, stell dir vor“, fauchte Rokvi. Er hatte seine Arme angespannt und damit Zaliras Schulter durch die Ketten, an die sie gefesselt waren, nach hinten gerissen.
„Au, pass doch auf!“
Er beachtete ihren Protest nicht. „Ja, es gibt einen Menschen, der mir geholfen hat, der mich nicht verurteilt hat, weil ich Fell im Gesicht habe oder spitze Ohren oder lange Krallen -“„-Oder scharfe Zähne“, warf Zalira ein.
„Oder das, stimmt. Ich glaube auch, dass es ihm nichts ausgemacht hätte, selbst wenn er hätte sehen können, dass ich ein Dämon bin, er war ohne Vorurteile und einfach hilfsbereit! Weißt du, auch ich war einmal in der Situation, in der ich Hilfe brauchte, als nämlich … als Rul beschloss, uns aus dem Land zu jagen, da hatte keiner eine Chance, keiner. Ich wäre fast gestorben, aber Havk, er hat mich versteckt, ohne Fragen zu stellen.“

„Und trotzdem bist du ein Mörder!“, zischte Zalira. „Dir wurde geholfen, von einem Menschen und trotzdem, trotz allem, bist du ein eiskalter Killer.“

Sie hörte, wie Rokvi geräuschvoll ein- und ausatmete. Eine kurze Pause, dann: „Ich leugne es nicht. Nein, ich habe es gerne getan, denn es waren keine Menschen, die es verdient hatten, zu leben. Weißt du eigentlich, wen ich umgebracht habe? Hat man dir das auch erzählt? Oder war es vielmehr so: Oh, das ist Rokvi, der Schatten von Alas’batah, der Auftragsmörder der Rebellen, ein typischer Dämon, er ist dumm und grob und gewalttätig aber er ist gut genug, um unseren Arsch zu retten, also sei nett zu ihm!“, ahmte er die Stimme von Shiza nach.

Zalira spürte, wie sie rot wurde. Es war noch nicht allzu lange her, dass sie es zu ihr gesagt hatte. Sie spürte, wie Rokvi sich wieder entspannte.
„Es ist wahr, du hast uns mehr als einmal gerettet“, gab sie kleinlaut zu.
„Es tut mir Leid, dass wir hier jetzt festsitzen“, sagte er leise und diesmal klang seine Stimme fast natürlich.

„Was können wir jetzt tun? Hast du eine Idee?“
„Nun, eigentlich ist es ganz einfach, aber es wird dir nicht gefallen.“
„Wie es aussieht, habe ich keine Wahl, als mir deinen Vorschlag anzuhören, denn mir fällt nichts ein.“

„Tja, das liegt nun mal daran, dass du eben kein Dämon bist und dir gewisse Dinge nun mal verschlossen bleiben.“ Da war er wieder, der alte, arrogante und leicht überheblich Rokvi. Auch wenn Zalira ihn nicht sah, spürte sie sein spöttisches Lächeln. „Es ist ganz einfach: Wir werden die Fesseln los, entkommen dem Käfig, töten die beiden Schwachköpfe, die so dumm waren, mich einzufangen und suchen die anderen.“

„Klingt ja super, bis auf einen kleinen Fehler: Wir sitzen seit Stunden aneinandergefesselt, wenn es so leicht wäre, die Ketten zu durchtrennen, dann –“ Doch sie wurde vom Rasseln eben jener Ketten unterbrochen, die nun auf dem Käfigboden klimperten.

„Toll, ganz toll, warum machst du das erst jetzt?!“
„Du hast vorher nicht gefragt.“ Rokvi drehte sich zu ihr um und rieb sich die klauenbewährten Hände. Zalira war außer sich.
„Du … du … wir hätten uns schon vor Stunden auf die Suche nach den anderen machen können!“

„Shht! Jetzt halt mal die Luft an. Erstens: ich hatte schon die ganze Zeit die Vermutung, dass auch die anderen gefangen wurden. Wenn das stimmt, dann würden sie uns alle zusammen in ein Lager bringen, nämlich in das an der Grenze, wo wir sowieso hinwollten. Zumindest wenn ich den Sonnenstand richtig beobachtet habe und der Duft der Blutfichten mich nicht täuschen, sind wir tatsächlich auf dem Weg dorthin. Warum also laufen? Die anderen kommen schon früher oder später zu uns. Zweitens habe ich vor etwa einer Stunde eine zweite Kutsche gehört, als du endlich mal deine Klappe gehalten hast. Sie war einige hundert Meter weiter auf einer Nebenstraße. Das könnten sie schon sein.“

Dazu fiel Zalira nichts mehr ein. In einer Sache hatte Shiza sich getäuscht: Dumm war Rokvi nicht.
„Gut, und nun?“ Statt zu antworten griff Rokvi in das Eisengitter des Käfigs und verbog es. Er hatte einige Mühe, doch schließlich schaffte er es, ein akzeptables Loch zu schaffen.
„Du bleibst hier“, wies er sie an.
„Aber –“
„Nein.“ Er warf ihr einen endgültigen Blick zu, huschte mit einer unheimlichen Stille durch das Loch und verschwand Richtung Kutschbock. Es war mucksmäuschenstill. Plötzlich verlangsamte sich der Wagen und Rokvi kehrte zurück, Hände und Mund voller Blut.

„Musste das sein?“, fragte Zalira und starrte angewidert und schockiert auf das Blut, dass ihm vom Kinn tropfte. Rokvi zuckte mit den Schultern.
„Los jetzt. Das Lager ist nicht weit, möglicherweise haben sie Späher ausgesandt.“

Zalira kletterte aus dem Käfig, während Rokvi um den Wagen herumging, mit einem Hieb seiner Klauen das Geschirr des treuen Ackerponys zerriss und ihm einen Klaps auf die Hinterhand gab. Mit einem empörten Wiehern hoppelte es die Straße zurück, die sie gekommen waren. Zalira riskierte einen Blick auf den Kutschbock. Von den Männern war nicht mehr viel zu erkennen.
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Drakenheim
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Wohnort: Burg Drakenheim Gelehrtenturm


Beitrag16.07.2013 09:40

von Drakenheim
Antworten mit Zitat

Yaye, langer Dialog. Wirklich lang.

Rokvi ist also ein Dämon. Es gibt so einige Geschichten über Dämonen und Menschen, wobei Dämonen oft unter dem Generalverdacht des "Der-ist-böse-und-dumm" stehen.

Hm, ich bin dieser Tage damit beschäftigt, wild und heftig den Inu Yasha Anime zu gucken, deswegen habe ich im Moment ein starkes Bild von Dämonen im Kopf, das schwer zu verdrängen ist. (Sesshomaru-sama!love) Es ist nicht leicht, ein 100jähriges Wesen darzustellen, weil es ganz anders reagiert, ruhiger, langsamer, verschlossener als junge Wesen.

Am Anfang gefällt mir, dass Rokvi die junge Dame sich austoben lässt und alles an sich abgleiten lässt, bis sie keine Kraft mehr hat. Am Ende dagegen wird er schroff, ungeduldig und beleidigend. Formulierungen wie "Shht! Jetzt halt mal die Luft an. " und "als du endlich mal deine Klappe gehalten hast" passen nicht zu einem 100jährigen. Sie passen eher zu einem neunzehnjährigen, den man eine Nacht lang beleidigt hat und der jetzt endlich Dampf ablassen kann. Ich finde auch, dass er erstaunlich offen zu dem jungen Ding ist. Aber das ist wohl der Kürze des Textes geschuldet, du hattest nicht viel Zeit, das Geheimnis seines Lebens unterzubringen, also muss er es ihr freiwillig anvertrauen.

Die schlechten Eigenschaften, die du ihm geben wolltest, waren das Arroganz und Blutdurst? Er muss wohl recht gern töten, denn ich an seiner Stelle hätte nur die Fesseln gelöst und wäre mit ins Lager gefahren, rein ins Herz des Feindes. Die Arroganz ist leider durch seine Offenheit ihr gegenüber abgeschwächt worden.

Oh, eine Logik-Sache noch. Sie beginnt den Dialog mit der Frage "Wer bist du", erinnert sich aber im Laufe des Gesprächs daran, wie Shiza ihn ihr bereits beschrieben hat.
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Schimmerpfennig
Erklärbär
S


Beiträge: 2



S
Beitrag16.07.2013 14:07
Danke fürs feedback!
von Schimmerpfennig
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Hey!

Klingt, als müsste ich mir Inu Yasha mal zu Gemüte führen Smile

Aber erst mal vielen Dank für dein Feedback! Hab schon gedacht, der lange Text hat auch den geduldigsten Forumsschreiber verschreckt.

Nach mehrmaligen beschäftigen und vor allem jetzt, wo du es angesprochen hast, ist mir auch überdeutlich bewusst, dass Rokvi tatsächlich ein wenig zu zickig ist. Da sprichst du wirklich einen wichtigen Punkt an.

Arroganz und Blutdurst war meine Intention, aber vor allem soll er ja auch einen kurzen Geduldsfaden haben, daher die Schroffheit.

Dass die Infos ein wenig zu schnell rüberkommen, war mir auch bewusst. In der "richtigen" Geschichte würde all das kleckerweise und Stück für Stück in den verschiedensten Szenen hervorkommen.
Für subtiles andeuten ist der Text noch immer zu kurz, ich bin jedenfalls noch nicht handfertig genug, um es in den wenigen Zeilen unterzubringen.

Aber das mit der Zickigkeit ist wirklich ein guter Punkt, danke!
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